Geplantes Messstellenbetriebsgesetz enthält wichtige Änderungen für Messstellenbetreiber

ENERGIERECHT Nr. 53
10.12.2015 | 

Der Gesetzgeber plant derzeit eine Reform der rechtlichen Rahmenbedingungen des Messwesens. Sollte der aktuelle Referentenentwurf des Messstellenbetriebsgesetzes (MsbG) im Rahmen des "Gesetzes zur Digitalisierung der Energiewende" verabschiedet werden, würden sich daraus erhebliche Änderungen - insbesondere für Netzbetreiber, die nach derzeitiger Rechtslage gemäß § 21 b EnWG grundsätzlich auch der zuständige Messstellenbetreiber sind - ergeben.

Neue Rechtsfiguren

Der aktuelle Entwurf des Messstellenbetriebsgesetzes definiert in § 2 MsbG die Rechtsfigur des "grundzuständigen Messstellenbetreibers", der gemäß § 3 Abs. 1 MsbG zur Wahrnehmung des Messstellenbetriebs für alle Messstellen eines Netzgebietes verpflichtet wird, solange und soweit kein Dritter nach §§ 5,6 MsbG den Messstellenbetrieb durchführt. Das MsbG weist diese Aufgabe zunächst dem örtlich zuständigen Netzbetreiber zu. Insoweit ändert sich somit grundsätzlich nichts zur derzeitigen Rechtslage.

Eine weitere neue Rechtsfigur des MsbG ist der sogenannte "Smart Meter Gateway Administrator". Gemäß § 2 MsbG eine natürliche oder juristische Person, die als Messstellenbetreiber oder in dessen Auftrag für den technischen Betrieb des intelligenten Messsystems verantwortlich ist.

Genehmigungspflicht des "grundzuständigen Messstellenbetreibers"

Die Aufnahme einer Tätigkeit als "grundzuständiger Messstellenbetreiber" bedarf gemäß § 4 Abs. 1 MsbG der Genehmigung der nach Landesrecht zuständigen Behörde. Unklar ist derzeit, ob diese Pflicht auch die Netzbetreiber betreffen soll, die bereits nach geltendem Recht den Messstellenbetrieb ausüben oder nur für künftig neu hinzukommende Messstellenbetreiber gelten soll.

Neue Entflechtungsanforderungen für den Messstellenbetrieb

Ein Netzbetreiber, der gleichzeitig die Aufgabe des "grundzuständigen Messstellenbetreibers" wahrnimmt, soll gemäß § 3 Abs. 4 MsbG verpflichtet werden, zur Gewährleistung von Transparenz sowie diskriminierungsfreier Ausgestaltung und Abwicklung des grundzuständigen Netzbetriebes, die Unabhängigkeit des Messstellenbetriebes von anderen Tätigkeitsbereichen der Energieversorgung über die informationelle und buchhalterische Entflechtung sicherzustellen; die § 6a-6c des EnWG sollen dabei entsprechende Anwendung finden.

Diese Regelung wird erhebliche Auswirkungen für Stadtwerke haben, da der Messstellenbetrieb derzeit überwiegend im Netzbetrieb angesiedelt ist und nun dort eine neue organisatorische Einheit geschaffen werden müsste.

Neue Veröffentlichungspflichten

Gemäß § 9 Abs. 3 MsbG ist der "grundzuständige Messstellenbetreiber" künftig verpflichtet, allgemeine Bedingungen für den Messstellenbetrieb im Internet zu veröffentlichen und zu diesen Bedingungen Verträge abzuschließen. § 10 MsbG enthält Vorgaben zum Inhalt dieser Verträge.

Pflichten des "Smart Meter Gateway Administrator"

Die Verantwortung des "Smart Meter Gateway Administrator" umfasst gemäß § 25 MsbG die Ausübung des Smart Meter Gateways und der informationstechnischen Anwendung von Messgeräten und anderen an das Smart Meter Gateway angebundenen technischen Einrichtungen.

Der Smart Meter Gateway Administrator bedarf gemäß § 25 MsbG einer besonderen Zertifizierung. Erforderlich ist ein Zertifikat des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik oder die erfolgreiche Zertifizierung durch eine Zertifizierungsstelle, die gemäß ISO/IEC 27006 bei einer nach dem Akkreditierungsgesetz zuständigen Stelle akkreditiert ist.

Es besteht derzeit branchenintern die Befürchtung, dass viele kleinere Netzbetreiber aus Personal- und Kostengründen nicht in der Lage sein könnten, die Entflechtungs- und Zertifizierungsanforderungen zu erfüllen und daher gezwungen sind, die Tätigkeit als "grundzuständiger Messstellenbetreiber" abzugeben. Hier bleibt die weitere Diskussion abzuwarten.

Abgabe des Messstellenbetriebes und Ausschreibungspflicht

Netzbetreiber sollen künftig die ihnen zunächst zugewiesene Aufgabe als "grundzuständiger Messstellenbetreiber" freiwillig an einen Dritten abgeben können. Ein entsprechendes Verfahren regelt § 41 ff. MsbG.

Für Netzbetreiber, die sich zur Erfüllung der gesetzlichen Pflichten nicht in der Lage sehen, oder ihren Pflichten tatsächlich nur unzureichend nachkommen, besteht gemäß § 45 MsbG sogar eine gesetzliche Pflicht zur Abgabe des Messstellenbetriebes.

Wird die Aufgabe abgegeben, ist der neue grundzuständige Messstellenbetreiber vom bisher zuständigen Netzbetreiber im Rahmen eines im Gesetz in § 41 ff. MsbG näher ausgeführtem Ausschreibungsverfahrens zu ermitteln. Diese Ausschreibung soll gemäß § 41 Abs. 3 MsbG "durch die Bundesnetzagentur auf ihrer Internetpräsenz informatorisch begleitet werden". Der Wechsel des grundzuständigen Messstellenbetreibers, ist zudem gemäß § 43 Abs. 4 MsbG im Bundesanzeiger bekannt zu machen.

Unklar ist in diesem Zusammenhang zum jetzigen Zeitpunkt der Entwurfsfassung, ob die Aufgabe des grundzuständigen Messstellenbetreibers durch eine Drittvergabe dem Netzbetreiber dauerhaft verloren geht oder er diese Aufgabe auch nur zeitlich befristet abgeben kann, um sie möglicherweise zu einem späteren Zeitpunkt wieder an sich zu ziehen.

Es bleibt abzuwarten, mit welchem genauen Inhalt das neue Messstellenbetriebsgesetz letztendlich verabschiedet wird. Gleichwohl ist bereits jetzt erkennbar, dass auf die Netzbetreiber im Rahmen ihrer Wahrnehmung des Messstellenbetriebes neue Herausforderungen zukommen werden. 

Wenn Sie Fragen zum geplanten Messstellenbetriebsgesetz oder dessen Umsetzung haben sprechen sie uns gerne an.

 

 

Redaktion:

Rechtsanwalt Dr. Christian Dümke

BEHTGE.REIMANN.STAR Rechtsanwälte, Berlin

Sekretariat: Katja Schäbsdat, Tel.: 030 / 89 04 92 - 12, Fax: 030 / 89 04 92 - 10

 

Recht aktuell wird nach sorgfältig ausgewählten Unterlagen erstellt. Diese Veröffentlichung verfolgt ausschließlich den Zweck, bestimmte Themen anzusprechen und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Für die Anwendung im konkreten Fall kann eine Haftung nicht übernommen werden. Sollten Sie weitere Fragen zu den angesprochenen Themen haben, so wenden Sie sich bitte an unsere Ansprechpartner. Der Nachdruck - auch auszugsweise - ist nur mit Quellenangabe gestattet.



# Tags: Recht Aktuell, Energierecht, Dr. Fatima Massumi-Kindermann, Dr. Christian Dümke, Dr. Birgit Ortlieb, Wibke Reimann