Aktuelles zum Thema Darlehensvertrag

Bank- und Kapitalmarkrecht Nr. 15
10.02.2016 | 

Bei der Beratung und Betreuung von Immobilieninvestoren spielen Rechtsfragen rund um die Finanzierung eine große Rolle. Einige unserer Mandanten treten hierbei als Verbraucher auf, so dass wir nachfolgend auf ein Gesetzesvorhaben und zwei aktuelle Entscheidungen zu Verbraucherdarlehensverträgen hinweisen.

I. Widerrufsrecht nur noch bis Juni 2016!

Mit Kurzinfo Nr. 14 vom 12. Januar 2016 hatten wir die aktuelle Entwicklung zu Widerrufsmöglichkeiten von Verbraucherdarlehensverträgen dargestellt. Das Bundeskabinett hat am 27. Januar 2016 beschlossen, das "ewige Widerrufsrecht" für die zwischen 2002 bis 2010 abgeschlossenen Verbraucherdarlehensbeträge (sog. Alt-Verträge) zu beenden. Das spätestens zum 21. März 2016 in Kraft tretende Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie soll eine entsprechende Regelung vorsehen.

In der Pressemitteilung des Bundesjustizministeriums vom 27. Januar 2016 wurde ausgeführt, dass Verbraucher nach Inkrafttreten des Gesetzes lediglich drei Monate Zeit haben sollen, von einem etwaig bestehenden Widerrufsrecht Gebrauch zu machen.

Ein möglicherweise bestehendes Widerrufsrecht für Verbraucherdarlehensverträge, die zwischen den Jahren 2002 und 2010 abgeschlossen worden sind, kann danach nur bis Mitte Juni 2016 ausgeübt werden. Danach wird diese Möglichkeit voraussichtlich nicht mehr bestehen!

II. Keine Pflicht zur Zahlung von Vorfälligkeitsentschädigung bei Kündigung wegen Zahlungsverzugs (BGH, Urt. v. 19. Januar 2016 - XI ZR 103/15)

Der für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat hat mit Urteil vom 19. Januar 2016 entschieden, dass § 497 Abs. 1 BGB (in der bis zum 10. Juni 2010 geltenden Fassung) eine spezielle Regelung zur Schadensberechnung bei notleidenden Krediten enthält, die vom Darlehensgeber infolge Zahlungsverzuges des Darlehensnehmers vorzeitig gekündigt worden sind. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs schließe die Vorschrift die Geltendmachung einer als Ersatz des Erfüllungsinteresses verlangten Vorfälligkeitsentschädigung aus.

1. Sachverhalt

Die beklagte Kreissparkasse hatte zwei nicht am Rechtsstreit beteiligten Verbrauchern im Jahr 2004 jeweils ein zum 30. November 2016 fälliges Verbraucherdarlehen gewährt, für deren Rückzahlung u. a. eine Grundschuld an einem Grundstück als Sicherheit diente, das im Eigentum einer aus den Darlehensnehmern und dem Kläger bestehenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts stand. In den Jahren 2010 und 2011 wurden die beiden Darlehen vorzeitig wegen Zahlungsverzuges der Darlehensnehmer durch die Beklagte gekündigt und die noch offene Darlehensvaluta fällig gestellt. Die Beklagte begehrte zudem die Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung. Zur Abwendung der Zwangsvollstreckung zahlte der Kläger an die beklagte Kreissparkasse die verlangte Vorfälligkeitsentschädigung, wobei er sich deren Überprüfung dem Grunde und der Höhe nach vorbehielt. Die u. a. auf Rückzahlung dieses Betrages nebst Zinsen gerichtete Klage hatte in beiden Vor¬instanzen keinen Erfolg. Der Bundesgerichtshof hat auf die Revision des Klägers das Berufungsurteil teilweise aufgehoben und die Beklagte unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils zur begehrten Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung nebst Zinsen verurteilt.

2. Die Entscheidung

Der Bundesgerichtshof hat das Berufungsurteil teilweise aufgehoben und die Beklagte unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils zur Rückzahlung der geleisteten Vorfälligkeitsentschädigung verurteilt.

Bisher war umstritten, ob der Darlehensgeber im Fall einer außerordentlichen Kündigung eines Verbraucherdarlehensvertrages infolge Zahlungsverzugs des Darlehensnehmers anstelle des Verzögerungsschadens eine Vorfälligkeitsentschädigung als Ersatz seines Nichterfüllungsschadens verlangen kann. Der Wortlaut des § 497 Abs. 1 BGB in der hier maßgeblichen bis zum 10. Juni 2010 geltenden Fassung ist nicht eindeutig. Nach dieser Vorschrift hat der Darlehensnehmer, der mit seiner Zahlungsverpflichtung in Verzug kommt, den geschuldeten Betrag mit dem dort festgelegten Verzugszinssatz zu verzinsen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs lasse sich dem Wortlaut der Vorschrift zwar nicht entnehmen, ob damit zugleich eine Sperrwirkung in dem Sinne verbunden ist, dass eine andere Form des Schadensersatzes nicht geltend gemacht werden kann. Dies ergebe sich jedoch aus der Gesetzgebungsgeschichte und dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift. Nach der Gesetzesbegründung sollte der Verzugszins nach Schadensersatzgesichtspunkten zu ermitteln und ein Rückgriff auf den Vertragszins grundsätzlich ausgeschlossen sein. Der Gesetzgeber habe damit die Schadensberechnungsmöglichkeiten einer einfachen und praktikablen Neuregelung zuführen wollen. Zugleich sollte mit der Festlegung der Höhe des Verzugszinses auch dem Verbraucher die Möglichkeit gegeben werden, die Höhe der Mehraufwendungen im Verzugsfall selbst zu berechnen. Dieses Ziel der (Prozess-)Vereinfachung würde indes nicht erreicht werden können, wenn der Darlehensgeber anstelle der einfachen Verzugszinsberechnung auf die im Zeitpunkt der Wirksamkeit der Kündigung bestehenden Zahlungsrückstände eine Vorfälligkeitsentschädigung beanspruchen könnte. Zudem würde bei Zubilligung einer Vorfälligkeitsentschädigung, die im Ausgangspunkt auf den Vertragszins beruht, das vornehmliche Ziel des Gesetzgebers verfehlt, einen Rückgriff auf den Vertragszins für die Schadensberechnung nach Wirksamwerden der Kündigung grundsätzlich auszuschließen. Eine damit möglicherweise verbundene Besserstellung des vertragsbrüchigen Schuldners gegenüber dem vertragstreuen Schuldner habe der Gesetzgeber bewusst in Kauf genommen.

Wurde ein Verbraucherdarlehensvertrag wegen Zahlungsverzuges gekündigt, kann die Geltendmachung einer Vorfälligkeitsentschädigung neben dem Verzugszins im Einzelfall unzulässig sein.

III. Kündigung eines Bausparvertrages zur Zinsersparnis wirksam! (OLG Hamm, Beschl. v. 30. Dezember 2015 - 31 U 191/15)

Das OLG Hamm hat mit Beschluss vom 30. Dezember 2015 entschieden, dass eine Bausparkasse einen Bausparvertrag mit festem Zinssatz, der seit zehn Jahren zuteilungsreif ist, vom Bausparer aber weiter angespart wird, gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB kündigen und so der Verpflichtung zur Zahlung der im Bausparvertrag vereinbarten Zinsen entgehen kann.

1. Sachverhalt

Der Kläger hatte bei der beklagten Bausparkasse 1991 einen Bausparvertrag mit einer Bau¬sparsumme von DM 44.000,00 (€ 22.496,42) abgeschlossen. Die Vertragsbedingungen der Bausparkasse sahen vor, dass das vom Kläger angesparte Bauguthaben jährlich mit 3 % zu verzinsen sei und die Bausparkasse nicht kündigen durfte, solange der Bausparer seine vertragliche Verpflichtung erfüllt. Ende 1997 lagen die im Vertrag vereinbarten Zutei-lungsvoraussetzungen vor, der Kläger nahm jedoch kein Bauspardarlehen in Anspruch. Ende 2014 kündigte die beklagte Bausparkasse den Vertrag zum 30. Juni 2015 unter Hinweis auf § 489 BGB. Nach dieser Vorschrift kann ein Darlehensnehmer einen Darlehensver¬trag mit einem festen Sollzinssatz in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren seit dem vollständigen Empfang des Darlehens mit sechsmonatiger Frist kündigen. Der Bausparer hat auf Feststellung geklagt, dass die Kündigung der beklagten Bausparkasse den Bausparvertrag nicht beendet hat.

2. Die Entscheidung

Die Feststellungsklage wurde abgewiesen. Das OLG Hamm hat entschieden, dass die beklagte Bausparkasse den Bausparvertrag der Parteien zum 30. Juni 2015 wirksam gekündigt hat. Die Voraussetzungen des Kündigungsrechts nach § 489 BGB hätten vorgelegen. Der Bausparvertrag sei ein Darlehensvertrag mit der Besonderheit, dass die Bausparkasse und der Bausparer mit der Inanspruchnahme des Bauspardarlehens ihre jeweiligen Rollen als Darlehensgeber und Darlehensnehmer tauschten. In der Ansparphase sei daher die Bausparkasse Darlehensnehmerin.

Der Bausparvertrag der Parteien habe einen gebundenen Sollzins vorgesehen und sei unter Einhaltung der gesetzlichen Frist gekündigt worden. Der vollständige Empfang der Darlehensvaluta stehe in einem Bausparfall der eingetretenen Zuteilungsreife gleich. Die Norm wolle den Darlehensnehmer vor überlangen Bindungen an festgelegte Zinssätze schützen. Sie gelte auch für die Bausparkassen in der Ansparphase, wobei auf den Zeitpunkt der Zu¬teilungs¬reife abzustellen sei, weil die Höhe des von der Bausparkasse in der Ansparphase entgegen zu nehmenden Darlehensbetrages nicht festgelegt sei. Mit dem Eintritt der Zuteilungsreife liege es allein beim Bausparer, seinen Anspruch auf Erhalt der Bausparsumme zu begründen, indem er das der Bausparkasse gewährte Darlehen kündige und die Voraussetzung für die Valutierung seines Bauspardarlehens schaffe. Auch die Bausparbedingungen der beklagten Bausparkasse hätten das gesetzliche Kündigungsrecht nicht ausschließen können, weil die gesetzliche Bestimmung zwingendes Recht sei.

Selbstverständlich stehen wir Ihnen auch für weitergehende Fragen rund um Ihre Immobilieninvestition zur Verfügung.

 

 

Redaktion:

Rechtsanwalt und Dipl.-Kfm (FH) Malte Beuster, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht

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# Tags: Recht Aktuell, Bank- und Kapitalmarktrecht, Malte Beuster