KURZINFO IMMOBILIENRECHT

IMMOBILIENRECHT Nr. 7
27.04.2006 | Dr. Christian Stari, Andreas Noack

I) Vereinheitlichung der Rechtsprechung des BGH zum kreditfinanzierten Erwerb von Steuersparimmobilien

1. Bisheriger Sachstand

Mit unserer Kurzinfo Immobilienrecht Nr. 6 vom 16. Dezember 2005 hatten wir Sie über den bis dahin aktuellen Stand der Rechtsprechung zum kreditfinanzierten Erwerb von Steuersparimmobilien informiert. Wir hatten insbesondere über den Streit zwischen dem II. und XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs berichtet. Zwischen diesen Senaten herrscht Uneinigkeit insbesondere darüber, inwieweit die Rechtsscheinstatbestände der §§ 171, 172 BGB im Hinblick auf den unwirksam bevollmächtigten Vertreter eines Anlegers Anwendung finden können. Für den Erwerb von Fondsanteilen hatte dies der II. Zivilsenat abgelehnt; für den Erwerb von Eigentumswohnungen dagegen hatte der XI. Zivilsenat die Anwendbarkeit dieser Rechtsscheinstatbestände bejaht.

 

2. Unter den Senaten abgestimmte aktuelle Entscheidungen

Nunmehr hatte der XI. Senat des Bundesgerichtshofs in insgesamt vier Entscheidungen vom 25. April 2006 (Az.: XI ZR 193/04, XI ZR 29/05, XI ZR 106/05 und XI ZR 219/04) erneut über die Rechte des Anlegers von Steuersparimmobilien für den Fall zu entscheiden, dass die Vollmacht des eingeschalteten Treuhänders unwirksam war. Bereits im Vorfeld hatte Günter Nobbe, Vorsitzender Richter des XI. Zivilsenats, angekündigt, dass man sich nunmehr mit dem II. Zivilsenat abstimmen werde, so dass eine Einheitlichkeit der Rechtsprechung gewahrt bzw. wieder hergestellt werde. Eine solche Abstimmung sollte auch vor dem Hintergrund der geänderten Geschäftsverteilungspläne beim Bundesgerichtshof stattfinden, wonach nunmehr nur noch der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs für sämtliche Darlehensverträge zwischen Kreditinstituten und Verbrauchern zuständig sein soll.

In den Entscheidungen vom 25. April 2006 wurde nun Folgendes entschieden:

Zunächst betont der Bundesgerichtshof, dass der Erwerb eines Immobilienfondsanteils und das Darlehen, das zur Finanzierung dieses Erwerbes dient, ein verbundenes Geschäft im Sinne des § 9 Abs. 1 Verbraucherkreditgesetz (VerbrKrG) darstellen, wenn zwischen beiden Verträgen eine wirtschaftliche Einheit besteht. Diese wirtschaftliche Einheit wird immer dann unwiderleglich vermutet, wenn die Initiative für den Abschluss des Kreditvertrages nicht vom Kreditnehmer, sondern von der Bank bzw. dem Anlagevermittler, der den Kredit neben dem Fondsbeitritt mit vermittelt hat, ausging. Einschränkend und abweichend von der früheren Rechtsprechung des II. Zivilsenats hebt der Bundesgerichtshof jedoch nunmehr hervor, dass die Annahme eines verbundenen Geschäftes nur dann in Betracht kommt, wenn das Darlehen nicht grundpfandrechtlich abgesichert ist. Immer dann, wenn es sich um einen grundpfandrechtlich gesicherten Realkredit handelt, scheidet die Annahme eines Verbundgeschäftes aus. Insoweit hat sich also der XI. Zivilsenat mit seiner Rechtsprechung durchgesetzt. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn das Grundpfandrecht nicht vom Erwerber, sondern von der Fondsgesellschaft vorab bestellt wurde.

Auf der anderen Seite werden die Rechte der Anleger erweitert, sofern der Darlehensvertrag zur Finanzierung des Fondsbeitritts nicht grundpfandrechtlich gesichert ist. In einem solchen Fall kann der Anleger und Darlehensnehmer, der durch falsche Angaben zum Erwerb einer Fondsbeteiligung bewogen wurde, seine Ansprüche, die ihm gegen die Fondsgesellschaft zustehen, auch der den Fondsbeitritt finanzierenden Bank entgegenhalten und zumindest insoweit die Rückzahlung des Kredites verweigern, soweit ihm gegen die Fondsgesellschaft ein Anspruch auf Auszahlung eines positiven Abfindungsguthabens zusteht. Darüber hinaus steht in diesen Fällen dem Anleger die Möglichkeit offen, den Darlehensvertrag nach § 123 BGB wegen Täuschung anzufechten, soweit die Täuschung auch für den Abschluss des Darlehensvertrages kausal war. Auch kann er Schadensersatzansprüche gegen den Vermittler aus Verschulden bei Vertragsschluss der kreditgebenden Bank entgegenhalten.

Ansprüche gegen Gründungsgesellschafter, Fondsinitiatoren, maßgebliche Betreiber, Manager und Prospektherausgeber können dem Rückzahlungsanspruch der Bank jedoch nicht entgegengehalten werden. Der II. Zivilsenat hatte dies ursprünglich anders entschieden.

Schließlich setzt sich der XI. Zivilsenat auch insoweit durch, als die Rechtsscheinstatbestände der §§ 171, 172 BGB auch dann Anwendung finden, wenn es sich um ein Verbundgeschäft im Sinne des VerbrKrG handelt. Sofern also die einem Treuhänder erteilte Vollmacht wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz unwirksam ist, bleibt der Darlehensvertrag, den der Treuhänder im Namen des Anlegers abgeschlossen hat, wirksam, wenn er über eine entsprechende schriftliche Vollmacht verfügt und diese im Original oder in notarieller Ausfertigung der Bank bei Abschluss des Darlehensvertrages vorgelegt worden ist.

3. Fazit

Insgesamt sind mit diesen Entscheidungen die Rechte der Anleger nur für die Fälle gestärkt worden, im Rahmen derer der zur Finanzierung des Fondsbeitritts aufgenommene Darlehensvertrag nicht durch eine seitens der Fondsgesellschaft zugunsten der finanzierenden Bank bestellte Grundschuld gesichert wurde. In allen übrigen Fällen scheidet die Annahme eines Verbundgeschäftes nunmehr aus, so dass es kaum eine Möglichkeit für den Anleger gibt, sich aus den Verpflichtungen aus dem den Fondsbeitritt finanzierenden Darlehensvertrag zu entziehen.

Sobald die Urteilsgründe vorliegen, werden wir Sie im Rahmen einer gesonderten Kurzinfo hierüber noch einmal eingehend informieren.

II) Aktuelle Rechtsprechung des BGH zu den Rechtsfolgen eines Widerrufs des Erwerbers eines Fondsanteils oder einer Eigentumswohnung nach dem Haustürwiderrufsgesetz

1. Bisheriger Sachstand

Der Bundesgerichtshof ging bislang davon aus, dass der Widerruf eines Kreditvertrages, welcher der Finanzierung einer Eigentumswohnung (Stichwort: Schrottimmobilie) diente, dazu führte, dass der Anleger zur sofortigen Rückzahlung des Darlehens verpflichtet sein sollte und an den Kaufvertrag über den Erwerb der Immobilie gebunden blieb.

Mit Kurzinfo Immobilienrecht Nr. 6 vom 16. Dezember 2005 hatten wir darüber berichtet, dass der Europäische Gerichtshof mit seinen zwei Urteilen vom 25. Oktober 2005 einen weit reichenden Schutz des Anlegers auch im Hinblick auf den kreditfinanzierten Immobilienerwerb eingefordert hat, es unbillig sei, den Verbraucher, welcher den Kreditvertrag in einer Haustürsituation abgeschlossen habe, ohne wirksam auf sein Widerrufsrecht hingewiesen worden zu sein, die mit dem Immobilienerwerb verbundenen Risiken tragen zu lassen.

2. BGH erweitert Anwendungsbereich des Haustürwiderrufsgesetzes

Mit seinem Urteil vom 12. Dezember 2005 (Az.: II ZR 327/04) hat der Bundesgerichtshof ausdrücklich im Anschluss an diese Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs die Anwendbarkeit des Haustürwiderrufsgesetzes ausgeweitet und damit weiteren Anlegern die grundsätzliche Möglichkeit eröffnet, derartige Kreditverträge zu widerrufen.

Ging der Bundesgerichtshof bislang davon aus, dass in den Fällen, in denen die Vertragsverhandlungen durch einen Vermittler geführt wurden, stets die positive Kenntnis der finanzierenden Bank von der Haustürsituation erforderlich sei, so stellt er nunmehr lediglich darauf ab, ob objektiv eine Haustürsituation gegeben war. Sofern dies der Fall sei, sei diese stets der finanzierenden Bank unabhängig von einer positiven Kenntnis zuzurechnen. In derartigen Fällen besteht also immer dann, wenn über das Widerrufsrecht nicht ordnungsgemäß belehrt wurde, die Möglichkeit des Anlegers, den Kreditvertrag zu widerrufen. In dem der Entscheidung des Bundesgerichtshofs zugrunde liegenden Sachverhalt ging es um einen Kredit zur Finanzierung eines Fondsbeitritts. Der Anleger konnte seinen Kreditvertrag wirksam widerrufen, die Rückzahlung der geleisteten Zins- und Tilgungsraten (jedenfalls, soweit noch nicht verjährt) verlangen und war im Gegenzug lediglich verpflichtet, der finanzierenden Bank seinen Fondsanteil im Wege der Abtretung zu übertragen.

Bemerkenswert ist diese Entscheidung auch insoweit, als der II. Zivilsenat ausdrücklich darauf hinweist, dass er sich vor dieser Änderung seiner Rechtsprechung rückfragend an den XI. Zivilsenat gewandt hatte, welcher keine Einwände gehabt hätte.

Es kann somit davon ausgegangen werden, dass diese Rechtsprechung als gefestigt gilt und somit zu einer nachhaltigen Stärkung der Rechte der Verbraucher beiträgt.

3. Die sich aus dem Haustürwiderrufsgesetz ergebenden Rechtsfolgen unter Berücksichtigung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft

Nochmals hat sich der Bundesgerichtshof nunmehr in einem seiner bereits erwähnten aktuellen Urteile vom 25. April 2006 (Az.: XI ZR 193/04) mit den Rechtsfolgen befasst, die sich aus einem Widerruf des Kreditvertrages, welcher zwecks Finanzierung eines Fondsbeitritts abgeschlossen wurde, ergeben. Dabei stand die Frage im Mittelpunkt, inwieweit die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft dazu führen, dass der Anleger im Rahmen der Rückabwicklung des Kreditvertrages statt seines Fondsanteils der Bank lediglich den ihm bei seinem Ausscheiden aus der Gesellschaft zustehenden Abfindungsanspruch der Bank übertragen und entsprechend verrechnen kann, im Übrigen jedoch zur Rückzahlung der erlangten Darlehensvaluta verpflichtet bleibt. Die Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft führt grundsätzlich dazu, dass auch bei einem Widerruf der Beitrittserklärung nach dem Haustürwiderrufsgesetz nicht eine Rückabwicklung sondern nur ein außerordentliches Ausscheiden für die Zukunft von dem Gesellschafter geltend gemacht werden kann. Das Oberlandesgericht Stuttgart hatte dies mit seinem Berufungsurteil vom 18. Mai 2004 (Az.: 6 U 30/04) angenommen und damit begründet, dass der Gesellschafter der Gesellschaft selbst wirksam beigetreten sei und er mit dem Darlehen, auch soweit dieses unmittelbar an die Fondsgesellschaft gezahlt wurde, seine Einlageverpflichtung gegenüber dem Fonds erfüllt habe. Vor diesem Hintergrund kam das OLG Stuttgart zu der Rechtsauffassung, dass auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass von einem verbundenen Geschäft im Sinne des Verbraucherkreditgesetzes auszugehen sei, der Anleger nicht seinen Fondsanteil, sondern lediglich sein Abfindungsguthaben an die Bank herausgeben könne, welches in dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall allerdings positiv war.

Der Bundesgerichtshof hat hierzu nun Folgendes festgestellt:

Sofern der Darlehensvertrag gemäß den Vorschriften des Haustürwiderrufsgesetzes widerrufen wird und dieser Darlehensvertrag mit dem Fondsbeitritt ein verbundenes Geschäft im Sinne des VerbrKrG darstellt, ist es nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Widerrufsregelungen erforderlich, den Darlehensnehmer vor einer weiteren Inanspruchnahme des Darlehensgebers zu schützen. In diesen Fällen hat eine Rückabwicklung des Darlehensvertrages zu erfolgen. Der Anleger selbst kann als Kreditnehmer die von ihm auf das Darlehen gezahlten Beträge vom Kreditgeber zurückverlangen, muss sich allerdings die erhaltenen Fondsausschüttungen anrechnen lassen.

4. Fazit

Mit dieser Entscheidung werden die sich aus dem Haustürwiderrufsgesetz ergebenden Rechte der Anleger weiter gestärkt. Allerdings hat der Bundesgerichtshof diesen weitgehenden Schutz des Anlegers bislang nur für den Fall bestätigt, dass ein verbundenes Geschäft zwischen Fondsbeitritt und Darlehensvertrag angenommen werden kann. Noch nicht entschieden ist die Frage, wie weit der sich aus dem Haustürwiderrufsgesetz ergebende Anlegerschutz in den Fällen gilt, in denen nicht zusätzlich auch noch die Voraussetzungen für ein verbundenes Geschäft vorliegen. Auch hier werden wir Sie über die weitere Entwicklung der Rechtsprechung auf dem Laufenden halten.

III) Neues vom Bundesgerichtshof zur Haftung des Anlegers für Altverbindlichkeiten der Fondsgesellschaft

1. Bisheriger Sachstand

Mit unseren Kurzinfos Immobilienrecht Nr. 4 vom 13. Juni 2005 und Nr. 6 vom 16. Dezember 2005 haben wir über die zum Teil unterschiedlichen Urteile des Kammergerichts, des Oberlandesgerichts Dresden sowie des Oberlandesgerichts München zur Frage, inwieweit ein in eine Fondsgesellschaft eintretender Gesellschafter für Altverbindlichkeiten der Fondsgesellschaft haftet berichtet. Die Frage war insbesondere für so genannte "Altfälle" relevant, das heißt für solche Fälle, die Fondsbeitritte betrafen, die vor Veröffentlichung des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 07. April 2003 (Az.: II ZR 56/02) lagen, da der Bundesgerichtshof in dieser Entscheidung erstmals für die Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts die Haftung für Altverbindlichkeiten in entsprechender Anwendung des § 130 HGB angenommen hatte (vgl. hierzu unsere Kurzinfo Immobilienrecht Nr. 4 vom 13. Juni 2005).

Im Ergebnis machten die Gerichte die Haftung des Anlegers für Altverbindlichkeiten - insbesondere Darlehensverbindlichkeiten - der Fondsgesellschaft unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes davon abhängig, inwieweit sich diese Verbindlichkeiten mit hinreichender Deutlichkeit aus dem Fondsprospekt, welcher Grundlage für den Fondsbeitritt gewesen war, ergaben. Sofern diese nicht erkennbar war, so sollte der Vertrauensschutz eingreifen und somit eine Haftung des Gesellschafters entfallen.

 

2. Erweiterung der Haftung für Altverbindlichkeiten durch den BGH auch in "Altfällen"

Diese Rechtsprechung kann durch ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofs vom 12. Dezember 2005 (Az.: II ZR 283/03) nunmehr als bestätigt angesehen werden.

Zwar ging es im vorliegenden Fall nicht um die Haftung eines in eine Fondsgesellschaft eintretenden Gesellschafters, jedoch ist die Interessenlage vergleichbar: Es ging um die Frage, ob ein in eine BGB-Gesellschaft eintretender Gesellschafter für Verbindlichkeiten der Gesellschaft aus Versorgungsverträgen (Gas, Strom, Wasser) für die im Eigentum der Gesellschaft stehenden Mietshäuser haften sollte. Dies hat der Bundesgerichtshof auch für einen "Altfall" ausdrücklich bestätigt, da das Bestehen solcher Verbindlichkeiten zum Zeitpunkt des Beitritts zu dieser Gesellschaft offensichtlich gewesen sei und somit der eintretende Gesellschafter nicht schutzwürdig sei.

Letztlich wird es künftig für die Frage der Haftung für Altverbindlichkeiten also immer darauf ankommen, ob der Gesellschafter vor seinem Beitritt zur Gesellschaft diese Verbindlichkeiten kannte oder kennen musste, mithin ob dieser schutzwürdig ist oder nicht.

IV) Zur Nachschusspflicht des Gesellschafters einer in der Rechtsform einer BGB-Gesellschaft begründeten Publikumsgesellschaft

1. Bisheriger Sachstand

Mit unserer Kurzinfo Immobilienrecht Nr. 6 vom 16. Dezember 2005 hatten wir ferner bereits über das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 04. Juli 2005 (Az.: II ZR 354/03) berichtet. Der Bundesgerichtshof hat mit dieser Entscheidung die Kriterien festgelegt, die beachtet werden müssen, wenn eine Nachschusspflicht im Gesellschaftsvertrag wirksam begründet werden soll.

2. Oberlandesgericht Celle: Treuepflicht kann Nachschusspflicht begründen

Das Oberlandesgericht Celle hat in einem Urteil vom 21. Dezember 2005 (Az.: 9 U 96/05) hervorgehoben, dass auch ohne hinreichende konkrete vertragliche Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag der Gesellschafter ausnahmsweise aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht zu Nachschusszahlungen an die Gesellschaft verpflichtet sein kann. Dies könne dann der Fall sein, wenn bei einem Vergleich der alternativen Haftungsbelastungen unter Berücksichtigung des berechtigten Interesses des Anlegers an der Wahrung der wirtschaftlichen Handlungsfreiheit die Zerschlagung wirtschaftlicher Chancen ökonomisch sinnlos sei. In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt ging es um eine oHG mit quotaler Haftung. Im konkreten Fall hat das Oberlandesgericht Celle eine solche Treuepflicht zwar abgelehnt, doch stellte es Kriterien auf, bei deren Vorliegen eine solche Treupflicht gegeben sein könnte:

Zum einen dürfte die mit der Nachschusszahlung begründete wirtschaftliche Belastung des Anlegers nicht höher liegen als die auf den Anleger im Falle der Zerschlagung der Gesellschaft zukommende Belastung. Zum anderen müsse die Nachschussforderung ihrer Höhe nach in absoluten Zahlen und in Relation zum Einlagebetrag gesehen nicht als unzumutbar zu qualifizieren sein. Schließlich dürften die Zahlungen nicht als Zahlungen in ein "Fass ohne Boden" gefordert werden, was bedeutet, dass mit den Zahlungen der Fortbestand der Gesellschaft als gesichert angesehen werden müsste, so dass zukünftige weitere Inanspruchnahmen der Gesellschafter als weitestgehend ausgeschlossen erscheinen müssen.

Gerade hieran fehlte es in dem der Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle zugrunde liegenden Sachverhalt. Da durch den Nachschuss eine künftige Inanspruchnahme nicht nachhaltig ausgeschlossen werden könnte, hat das OLG Celle die auf Zahlung des Nachschusses gerichtete Klage der Fondsgesellschaft abgewiesen. Die Revision zum Bundesgerichtshof wurde jedoch ausdrücklich zugelassen.

3. Der Bundesgerichtshof bleibt seiner Linie treu

Mit einem aktuellen Urteil vom 23. Januar 2006 (Az.: II ZR 126/04) bleibt der Bundesgerichtshof seiner bisherigen Linie treu und lehnt Nachschussverpflichtungen eines GbR-Gesellschafters auch im Falle einer Publikumsgesellschaft ab. Nochmals betont der Bundesgerichtshof, dass Nachschussverpflichtungen durch einen Mehrheitsbeschluss nur dann begründet werden können, wenn die gesellschaftsvertragliche Bestimmung eindeutig ist und Ausmaß und Umfang einer möglichen zusätzlichen Belastung bereits erkennen lässt. Er hebt hervor, dass eine Formulierung, wonach eine Nachschusspflicht dann bestehen soll, wenn die laufenden Einnahmen die laufenden Ausgaben nicht mehr decken und wenn vorgesehen ist, dass die Höhe und Fälligkeit eventueller Nachschüsse sich aus einem von der Geschäftsführung zu erstellenden Wirtschaftsplan ergeben, nicht ausreichend ist.

Der Bundesgerichtshof setzt sich auch kurz mit der Frage auseinander, ob sich aus der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht eine Zahlungsverpflichtung des Gesellschafters herleiten lässt. Er weist allgemein darauf hin, dass Nachschussforderungen nur in Ausnahmefällen möglich sein können und grundsätzlich nur dann, "wenn diese im Gesellschaftsinteresse geboten und ihm unter Berücksichtigung seiner eigenen schutzwürdigen Belange zumutbar sind".

Die Tatsache, dass die Gesellschafter grundsätzlich persönlich haften, reiche für die Begründung einer Nachschusspflicht nicht aus. Auch allein die Tatsache, dass ohne Nachschusszahlungen die Insolvenz der Gesellschaft drohe, reiche danach nicht aus.

4. Fazit

Es bleibt nunmehr also abzuwarten, ob der Bundesgerichtshof den Rechtsgedanken, den das Oberlandesgericht Celle noch einmal aufgegriffen hat, nunmehr weiter vertieft. Im Ergebnis könnte dies dazu führen, dass bei einem hinreichend belastbaren Sanierungskonzept, welches zu einer "echten" Sanierung der Gesellschaft führt, eine Nachschusspflicht dann begründet werden kann, wenn im Falle einer sofortigen Insolvenz der Gesellschaft die auf die Anleger zukommenden wirtschaftlichen Belastungen nachweisbar höher sind. Auch an diesen Nachweis werden sicherlich hohe Anforderungen zu stellen sein.

Über die weitere Entwicklung der Rechtsprechung werden wir Sie wie gewohnt informieren.

Redaktion

Redaktion: Rechtsanwalt Dr. Christian Stari und Rechtsanwalt Andreas Noack

Herausgeber: Bethge.Reimann.Stari Rechtsanwälte, Berlin 

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