Die aktuelle Rechtsprechung zur Haftung des Gesellschafters eines in der Rechtsform einer GbR konzipierten geschlossenen Immobilienfonds für die Darlehensverbindlichkeiten der Fondsgesellschaft

IMMOBILIENRECHT Nr. 5
15.10.2008 | Dr. Christian Stari

Einleitung

Zuletzt hatten wir Sie mit Kurzinfo Nr. 1 vom 27. Februar 2007 über den Stand der Rechtsprechung zur Haftung des Gesellschafters eines geschlossenen Immobilienfonds für Verbindlichkeiten der Fondsgesellschaft in Kenntnis gesetzt. In jüngster Zeit gab es einige neue Entscheidungen zu diesem Thema, die Anlass zur Frage geben, ob von der bislang recht strikten Rechtsprechung, die grundsätzlich keine Zweifel an einer solchen Haftung des Gesellschafters erkennen ließ, nunmehr abgerückt werden soll. Dabei haben sich verschiedene Fallgruppen herausgebildet, die es im Einzelnen näher zu betrachten gilt.

I. Fallgruppen

1. Unmittelbarer Beitritt durch Anleger

Im "Normalfall" hat der Gesellschafter persönlich eine rein privatschriftliche Zeichnungs- oder Beitrittserklärung unterzeichnet, mit welcher er als Gesellschafter einer Fondsgesellschaft beigetreten ist. In dieser Beitritts-/Zeichnungserklärung ist die zu erbringende Einlage definiert. Hinweise auf darüber hinaus übernommene konkrete Haftungsrisiken ergeben sich in der Regel nicht. Allerdings findet sich in der Regel ein Hinweis auf den Gesellschaftsvertrag und oftmals auch auf Finanzierungsverträge. Seit den Urteilen des Bundesgerichtshofs vom 17. Oktober 2006, Az: XI ZR 19/05 und XI ZR 185/05 - vergleiche hierzu auch unsere Kurzinfo Immobilienrecht Nr. 1 vom 27. Februar 2007 -, steht fest, dass Gesellschafter, die auf diesem Wege persönlich einer Fondsgesellschaft beigetreten sind, für die Verbindlichkeiten der Fondsgesellschaft persönlich mit ihrem Privatvermögen auch dann haften, wenn der die Haftung begründende Darlehensvertrag schon vor dem Beitritt des Gesellschafters abgeschlossen worden ist. Der Bundesgerichtshof betont, dass es grundsätzlich für einen Anleger eines geschlossenen Immobilienfonds erwartbar war, dass die Fondsgesellschaft entsprechende Darlehensverbindlichkeiten zur Finanzierung des gesellschaftseigenen Objektes aufnehmen würde oder ggf. auch bereits aufgenommen hat. Für die Haftung des Gesellschafters nach § 130 HGB analog auch für die vor seinem Beitritt begründeten Verbindlichkeiten genügt es, wenn er aus den Gesamtumständen ersehen konnte und davon ausgehen durfte und musste, dass entsprechende Verbindlichkeiten der Fondsgesellschaft bestehen.

In diesem "Normalfall" ist grundsätzlich von einer Haftung des Gesellschafters für die Verbindlichkeiten der Fondsgesellschaft auszugehen.

2. Unmittelbarer Beitritt durch Vollmachtstreuhänder

Mitunter hat ein Anleger seinen Beitritt zur Fondsgesellschaft nicht persönlich erklärt, sondern hat einen Dritten, einen so genannten Vollmachtstreuhänder, beauftragt, den Beitritt zur Fondsgesellschaft im Namen des Anlegers zu erklären, alle für den Beitritt erforderlichen Verträge im Namen des Anlegers abzuschließen. Gesellschafter sollte der Anleger selbst werden. Eine solche Vollmacht verstößt nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung gegen das Rechtsberatungsgesetz und ist mithin unwirksam. Folglich ist auch der Fondsbeitritt, der nicht persönlich, sondern über einen solchen Vollmachtstreuhänder erklärt wurde, fehlerhaft (vgl. nur BGH Urt. v. 02. Dezember 2003, Az: XI ZR 421/02).

Es stellt sich die Frage, ob die Vorschrift des § 130 HGB auch auf diesen fehlerhaft beigetretenen Gesellschafter anwendbar ist, ob also der so fehlerhaft beigetretene Gesellschafter ebenfalls für vor seinem Beitritt begründete Verbindlichkeiten haftet.

Der Bundesgerichtshof hat diese Frage bislang noch nicht entschieden. In einem Urteil vom 18. Juli 2006, Az: XI ZR 143/05, stellt er im Rahmen seiner Begründung für die Haftung des Anlegers für Altverbindlichkeiten der Fondsgesellschaft nach § 130 HGB auf einen wirksamen Beitritt eines Gesellschafters ab. Das bedeutet jedoch nicht zwingend, dass er im Falle eines unwirksamen Beitritts eine solche Haftung ablehnen würde. Es gelten die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft. Fraglich ist, wie sich diese Grundsätze auf den fehlerhaften Beitritt zu einer Fondsgesellschaft über einen Vollmachtstreuhänder auswirken. Das Oberlandesgericht Saarbrücken hat in einem Urteil vom 22. Dezember 2005, Az: 8 U 91/05, die Haftung eines Scheingesellschafters für Altverbindlichkeiten nach § 130 HGB ausdrücklich abgelehnt. Allerdings ging es im dortigen Fall nicht um einen geschlossenen Immobilienfonds, gleichwohl lässt sich die Begründung auch auf die fehlerhaft einem geschlossenen Immobilienfonds beigetretenen Anleger übertragen. Das Oberlandesgericht Saarbrücken hebt hervor, dass der Bundesgerichtshof die analoge Anwendung des § 130 HGB auf Personengesellschaften damit begründet, dass eine solche umfassende Haftung des Neugesellschafters auch für vor seinem Eintritt begründete Verbindlichkeiten sowohl dem Wesen der Personengesellschaft als auch dem Verkehrsschutzinteresse entspricht, da die Gesellschaft grundsätzlich kein eigenes, zugunsten des Gläubigers gebundenes garantiertes Haftungskapital besitzt. Dieses Verkehrsschutzinteresse wäre im Hinblick auf einen nach Abschluss des Darlehensvertrages fehlerhaft in eine Fondsgesellschaft eintretenden Anleger nicht ohne Weiteres gegeben. Schließt die Bank den Darlehensvertrag vor dem Beitritt der Gesellschafter ab, trägt sie ggf. das Risiko eines späteren fehlerhaften Beitritts weiterer Anleger. Darüber hinaus steht ihr die Immobilie als Haftungsmasse zur Verfügung.

In einem aktuellen Urteil des Bundesgerichtshofs vom 18. Juni 2008, Az: XI ZR 194/07, hat der Bundsgerichtshof eine Haftung eines Gesellschafters für Verbindlichkeiten der Fondsgesellschaft gegenüber der finanzierenden Bank abgelehnt. In diesem Fall ging es allerdings nicht um einen wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz fehlerhaften Beitritt eines Anlegers zur Fondsgesellschaft, auch ging es nicht um die Haftung für Darlehensverbindlichkeiten der Fondsgesellschaft selbst. Gegenstand dieses Klageverfahrens war vielmehr ein Darlehensvertrag, den der Anleger ursprünglich vertreten durch einen Bevollmächtigten im eigenen Namen mit der finanzierenden Bank zur Finanzierung seines Eigenkapitals abgeschlossen hatte. Dieser Darlehensvertrag war wegen eines durchgreifenden Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz unwirksam, so dass die darlehensgebende Bank gegenüber dem Anleger keinerlei Ansprüche aus dem Darlehensvertrag herleiten konnte (vergleiche hierzu auch unsere Kurzinfos Immobilienrecht Nr. 4 vom 13. Juni 2005 und Nr. 6 vom 16. Dezember 2005). Die Bank hatte nunmehr, da die Darlehensvaluta an die Fondsgesellschaft ausgekehrt worden war, primär gegenüber der Fondsgesellschaft einen Anspruch auf Rückzahlung der Darlehensvaluta aus bereicherungsrecht geltend gemacht. Für diesen gegen die Fondsgesellschaft gerichteten bereicherungsrechtlichen Anspruch sollte der Anleger nunmehr über den Umweg des § 128 HGB als Gesellschafter, der persönlich für die Verbindlichkeiten der Fondsgesellschaft haftet, in Anspruch genommen werden. Dies hat der Bundesgerichtshof in der genannten Entscheidung unter Hinweis auf den Schutzgedanken des Rechtsberatungsgesetzes abgelehnt. Der Bank sei es nach Treu und Glauben verwehrt, den Gesellschafter über den Umweg der Gesellschafterhaftung für Verbindlichkeiten in Anspruch zu nehmen, die sich aus einem in seinem Namen abgeschlossenen aber wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz unwirksamen Darlehensvertrag ergeben.

In der Praxis wurde dieses Urteil mitunter auch auf den wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz fehlerhaften Beitritt eines Anlegers zur Fondsgesellschaft übertragen. Es wurde die Auffassung vertreten, dass Anleger, die durch einen Vollmachtstreuhänder wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz fehlerhaft einer Fondsgesellschaft beigetreten sind, ebenso wenig für die Verbindlichkeiten der Fondsgesellschaft haften. Dies solle sich ebenfalls aus dem Schutzgedanken des Rechtsberatungsgesetzes ergeben. Auf entsprechende Anfrage hin hat der Vorsitzende des XI. Zivilsenats beim Bundesgerichtshof, Herr Dr. Nobbe, mit Schreiben vom 06. Oktober 2008 klargestellt, dass mit dem Urteil vom 18. Juni 2008 die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft nicht infrage gestellt werden und das Urteil nicht auf Fälle des fehlerhaft über einen Vollmachtstreuhänder beigetretenen Anlegers übertragbar ist.

Insofern bleibt also festzuhalten, dass auch der fehlerhaft über einen Vollmachtstreuhänder in eine Fondsgesellschaft beigetretene Gesellschafter grundsätzlich für die Verbindlichkeiten aus einem Darlehensvertrag zwischen Fondsgesellschaft und finanzierender Bank gegenüber der finanzierenden Bank haftet, auch wenn es sich um Altverbindlichkeiten handelt.

3. Mittelbare Beteiligung über einen Gesellschaftstreuhänder

Bei einigen Fondsgesellschaften sind die Anleger selbst nicht als Gesellschafter der Fondsgesellschaft beigetreten, vielmehr haben sie einen so genannten Vereinbarungstreuhänder beauftragt, sich im eigenen Namen, jedoch im wirtschaftlichen Interesse des jeweiligen Anlegers zu Beteiligen. Der Anleger ist lediglich Treugeber, während der Treuhänder Gesellschafter geworden ist. Mit dieser Fallkonstellation hat sich das Landgericht Berlin in einem Urteil vom 21. Mai 2008, Az: 4 O 12/07, auseinander gesetzt. Das Landgericht Berlin hat die Klage einer finanzierenden Bank gegen den Anleger, der hier lediglich Treugeber, nicht jedoch Gesellschafter war, auf quotale Zahlung des auf ihn entfallenden Darlehensteils abgewiesen. Das Landgericht Berlin begründet dies mit der fehlenden Gesellschafterstellung des Anlegers. Zwar hatte der Treuhänder seinen sich aus dem Treuhandvertrag gegenüber dem Anleger ergebenden Anspruch auf Freistellung von Verbindlichkeiten aus und im Zusammenhang mit der Beteiligung an die Bank abgetreten, jedoch hielt das Landgericht Berlin diese Abtretung für unwirksam, da in dem Treuhandvertrag eine Abtretung solcher Ansprüche ausdrücklich ausgeschlossen war.

Im Ergebnis hat das Landgericht Berlin allerdings einen solchen Freistellungsanspruch des Treuhänders gegenüber den Anlegern nicht in Abrede gestellt, dieser müsse allerdings vom Treuhänder selbst geltend gemacht werden. Im Ergebnis führt dieses Modell lediglich dazu, dass die Bank nicht unmittelbar auf die Anleger zugreifen kann, sondern dies über den Treuhänder geschehen muss.

In einem aktuellen Urteil vom 05. August 2008 hat das Oberlandesgericht München, Az: 5 U 5228/07, die persönliche Haftung eines Anlegers für Verbindlichkeiten der Fondsgesellschaften im Rahmen eines solchen Treuhandmodells gegenüber der finanzierenden Bank abgelehnt, obwohl das Treuhandverhältnis aufgrund einer Insolvenz des Treuhänders mittlerweile beendet und die Anleger folglich unmittelbar Gesellschafter der Fondsgesellschaft geworden waren. Wie auch das Landgericht Berlin hat auch das Oberlandesgericht München zunächst einmal hervorgehoben, dass der Gesellschafter, der nicht unmittelbar an einer Gesellschaft beteiligt ist, auch nicht unmittelbar im Außenverhältnis haftet. Als haftender Gesellschafter kommt grundsätzlich nur der Treuhänder in Betracht, der dann seinerseits einen Freistellungsanspruch gegenüber dem Anleger geltend machen kann. In dem der Entscheidung des Oberlandesgerichts München zugrunde liegenden Fall bestand die Besonderheit zunächst darin, dass der Anleger den Treuhandvertrag mit dem Treuhänder nicht selbst abgeschlossen hatte, er hatte hier vielmehr einen Bevollmächtigten beauftragt, in seinem Namen den Treuhandvertrag mit dem Treuhänder abzuschließen. Auch diese dem Bevollmächtigten erteilte Vollmacht war wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz unwirksam, so dass folglich auch der Treuhandvertrag zwischen Anleger und Treuhänder nicht wirksam zustande gekommen war. Obwohl aufgrund der Insolvenz des Treuhänders der Gesellschafter, wie ausgeführt, zwischenzeitlich unmittelbarer Gesellschafter geworden war, lehnt das Oberlandesgericht München in seiner Entscheidung eine Haftung analog § 128 HGB ab und beruft sich dabei auf die Unwirksamkeit des Treuhandvertrages. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts München würden in diesem Fall die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft nicht greifen, da es mit dem Schutzgedanken des Rechtsberatungsgesetzes nicht in Übereinstimmung zu bringen wäre, wenn der Anleger wegen eines durchgreifenden Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nicht einmal wirksam mittelbarer Gesellschafter geworden ist. Eine weitere Besonderheit des dortigen Falles bestand darin, dass die Anleger mit ihren Haftungsquoten weder im Darlehensvertrag noch namentlich im Rahmen von Schuldübernahmeerklärungen erwähnt wurden. Auch sah im dortigen Fall der Gesellschaftsvertrag keine Verpflichtung der Treugeber vor, persönlich im Wege des Schuldbeitritts eine Mithaftung zu übernehmen.

In einem derartigen Fall - fehlerhafte mittelbare Beteiligung eines Anlegers über einen Treuhänder bei durchgreifendem Verstoß des Treuhandvertrages gegen das Rechtsberatungsgesetz - besteht die Möglichkeit, dass ein Anleger nicht für Verbindlichkeiten der Fondsgesellschaft persönlich in Anspruch genommen werden kann. Hinzuweisen ist allerdings darauf, dass dieses Urteil des Oberlandesgerichts München noch nicht rechtskräftig ist. Die unterlegene Bank hat die Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesgerichtshof eingelegt.

4. Unmittelbarer Beitritt in Haustürsituation

Schließlich ist der Fall hervorzuheben, dass ein Anleger in einer so genannten Haustürsituation der Fondsgesellschaft beigetreten ist, ohne über das sich daraus ergebende Widerrufsrecht - ordnungsgemäß - belehrt worden zu sein. Nach den Bestimmungen des seinerzeit gültigen Haustürwiderrufsgesetzes kann ein Anleger, der über sein Widerrufsrecht nicht ordnungsgemäß belehrt wurde, dieses Widerrufsrecht auch heute noch ausüben. Dieses Widerrufsrecht führt jedoch nicht zur Rückabwicklung der Beteiligung und begründet insbesondere auch keinen Anspruch des Anlegers auf Rückzahlung der Einlage. Vielmehr finden auch hier die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft Anwendung. In seinem Urteil vom 27. Juni 2006, Az: II ZR 218/04, hat der Bundesgerichtshof hervorgehoben, dass ein Anleger, der in einer Haustürsituation einer Fondsgesellschaft beigetreten ist, ohne über sein Widerrufsrecht belehrt worden zu sein, hieraus ein Sonderkündigungsrecht herleiten kann. Das heißt, er kann jederzeit fristlos seine Beteiligung an der Fondsgesellschaft kündigen. Die Kündigung führt dazu, dass er sodann einen Anspruch auf Zahlung eines etwaigen positiven Auseinandersetzungsguthabens hat.

Für sanierungsbedürftige Fondsgesellschaften bietet sich der Weg der Kündigung nach den Bestimmungen des Haustürwiderrufsgesetzes nicht ohne Weiteres an, da hier nicht von einem positiven, sondern von einem negativen Auseinandersetzungsguthaben auszugehen ist. Ungeklärt ist bislang die Frage, ob der Gesellschafter in einem solchen Fall dann verpflichtet ist, neben dem Verlust der Einlage auch noch weitere Zahlungsverpflichtungen gegenüber der Fondsgesellschaft in Höhe des negativen Auseinandersetzungsguthabens hinzunehmen. Der Bundesgerichtshof hat nunmehr mit Beschluss vom 05. Mai 2008, Az: II ZR 292/06, diese Frage dem Europäischen Gerichtshof zur Beantwortung vorgelegt. Der Bundesgerichtshof führt hierin aus, dass auf Grundlage der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft eine solche Zahlungspflicht anzunehmen wäre. Gleichwohl sieht sich der Bundesgerichtshof unter Berücksichtigung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 betr. den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen gehindert, eine solche Zahlungspflicht zu bestätigen, da er nicht ausschließen kann, dass eine solche Zahlungsverpflichtung gegen die genannte Verbraucherschutzrichtlinie verstößt. Sollte der Europäische Gerichtshof die Frage dahingehend beantworten, dass eine solche Zahlungspflicht nicht mit Europäischem Recht in Übereinstimmung zu bringen wäre, würde dies im ersten Schritt bedeuten, dass Gesellschafter nach ihrem Austritt aus der Gesellschaft dieser gegenüber nicht auf Zahlung eines negativen Auseinandersetzungsguthabens herangezogen werden könnten. Damit ist noch nicht zwingend die Frage geklärt, ob die Gesellschafter in diesem Falle im Außenverhältnis gegenüber Gläubigern der Gesellschaft, wie insbesondere den finanzierenden Banken, haften. Gleichwohl ist davon auszugehen, dass aus der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes sich zumindest Anhaltspunkte auch für die Frage der Haftung im Außenverhältnis ergeben. Allerdings ist mit einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs, nachdem die Frage erst vor kurzem vorgelegt wurde, realistischer Weise nicht vor Ablauf von zwei bis drei Jahren zu rechnen.

Auch aus dieser Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 05. Mai 2008 wurde mitunter die Rechtsauffassung hergeleitet, dass jeder fehlerhafte Beitritt eines Gesellschafters dazu führe, dass dieser nicht mehr für Verbindlichkeiten der Fondsgesellschaft hafte, die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft damit für solche Fälle aufgegeben würden. Dies sollte namentlich auch gelten, wenn der Beitritt aufgrund unwirksamer Vollmacht wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz unwirksam ist (vergleiche Ausführungen zu Ziffer 2.). Auch hierzu hat sich der Bundesgerichtshof schriftlich auf entsprechende Anfrage hin geäußert. Mit Schreiben vom 01. Oktober 2008 stellt der Vorsitzende des insoweit zuständigen II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs, Herr Prof. Dr. Götte, klar, dass mit dem Vorlagebeschluss nur infrage gestellt wird, ob die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft auch dann anzuwenden sind, wenn die Fehlerhaftigkeit auf ein unwirksames Haustürgeschäft zurückzuführen sei; nur hierfür gelte die zu berücksichtigende Europäische Verbraucherschutzrichtlinie, nur insoweit sei der Europäische Gerichtshof überhaupt zuständig. Im Übrigen würden bei aus anderen Gründen fehlerhaften Gesellschafterbeitritten die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft weiterhin uneingeschränkt gelten.

II. Zwangsvollstreckungsmöglichkeiten der finanzierenden Bank gegenüber dem Gesellschafter/Anleger

Unabhängig von der Frage, ob die Gesellschafter haften, stellt sich die Frage, ob diese den unmittelbaren Zwangsvollstreckungsmaßnahmen der finanzierenden Banken ausgesetzt sind. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Anleger sich i. d. R. nicht selbst der Zwangsvollstreckung in sein privates Vermögen unterworfen hat, sondern einen Dritten bevollmächtigt hat, entsprechende Erklärungen in seinem Namen abzugeben.

Der Bundesgerichtshof lässt keinen Zweifel an der Unwirksamkeit dieser im Namen des Gesellschafters abgegebenen Zwangsvollstreckungsunterwerfungserklärungen (BGH Urt. v. 17. Oktober 2006, Az: XI ZR 19/05).

Allerdings stellt sich die Frage, ob sich ein Anleger auf die Unwirksamkeit dieser in seinem Namen abgegebenen Zwangsvollstreckungsunterwerfungserklärung berufen kann oder ob es ihm im Einzelfall unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt ist, sich hierauf zu berufen. In dem zitierten Urteil vom 17. Oktober 2006 führt der Bundesgerichtshof aus, dass sich der Anleger auf die Unwirksamkeit nur dann berufen könne, wenn Darlehensvertrag und/oder Gesellschaftsvertrag keine Verpflichtung zur Abgabe einer solchen Zwangsvollstreckungsunterwerfungserklärung enthielten. In der zitierten Entscheidung erklärt er die Zwangsvollstreckung aus der dort angegriffenen notariellen Urkunde für unwirksam und stellt maßgeblich darauf ab, dass der dort zugrunde liegende Gesellschaftsvertrag eine Vollstreckungsunterwerfung nicht vorsah. Auch der dem Streitfall zugrunde liegende Darlehensvertrag sah eine entsprechende Verpflichtung nicht vor. Nicht abschließend beantwortet ist damit die Frage, was gilt, wenn nur der Darlehensvertrag oder nur der Gesellschaftsvertrag eine entsprechende Verpflichtung vorsehen. In einem solchen Fall ist zumindest von einem erhöhten Vollstreckungsrisiko auszugehen.

Durch eine aktuelle Entscheidung vom 17. April 2008, Az: V ZR 146/07, hat der Bundesgerichtshof darüber hinaus klargestellt, dass ein Notar die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung verweigern kann - und ggf. muss -, wenn derjenige, der im Namen der Anleger die Zwangsvollstreckungsunterwerfungserklärungen abgegeben hat, nicht über eine ihn legitimierende notarielle Vollmacht sondern lediglich über privatschriftliche Vollmachten verfügte. In solchen Fällen kann die Bank nunmehr schon aus formalen Gründen gehindert sein, Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen Gesellschafter einzuleiten.

III. Resümee

Aus alldem ergibt sich, dass es mittlerweile in einer Vielzahl von Fällen für Anleger möglich sein dürfte, sich erfolgreich gegen drohende Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegenüber den finanzierenden Banken zu wehren. Ein solcher Erfolg kann sich oftmals jedoch als Pyrrhus-Sieg erweisen, da in der Regel der einer Fondsgesellschaft wirksam beigetretene Anleger für die Verbindlichkeiten der Fondsgesellschaft persönlich haftet, mithin die Bank erfolgreich gegen ihn eine Zahlungsklage führen könnte.

Chancen für den Anleger sich gegen die persönliche Inanspruchnahme erfolgreich zu wehren, gibt es nur in Ausnahmefällen, namentlich bei einer unwirksamen, fehlerhaften unmittelbaren Beteiligung über einen Vereinbarungstreuhänder oder in Fällen des Beitritts zu einer Fondsgesellschaft in einer Haustürsituation.

Redaktion

Redaktion: Rechtsanwalt Dr. Christian Stari

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