NEUE URTEILE ZUR HAFTUNG UND ZU SCHADENSERSATZANSPRÜCHEN VON ANLEGERN GESCHLOSSENER IMMOBILIENFONDS

IMMOBILIENRECHT Nr. 11
02.08.2010 | Dr. Christian Stari

I. Zur Haftung von Anlegern geschlossener Immobilienfonds nach dem Widerruf der Beitrittserklärung

Mit unserer Kurzinfo Immobilienrecht Nr. 10 vom 22. April 2010 hatten wir über das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 15. April 2010 in der Rechtssache C-215/08 berichtet. Es ging in dieser Entscheidung um die Frage, ob ein Anleger, der seinen Beitritt zu einem geschlossenen Immobilienfonds nach den Bestimmungen des Haustürwiderrufsgesetzes widerrufen hatte, im Folgenden gegenüber der Fondsgesellschaft verpflichtet sein kann, ein negatives Auseinandersetzungsguthaben auszugleichen. Der Bundesgerichtshof hatte dem Europäischen Gerichtshof die Rechtsfragen vorgelegt, ob die Haustürgeschäfte-Richtlinie (Richtlinie 85/577/ EWG) grundsätzlich auf den Beitritt zu einem geschlossenen Immobilienfonds anwendbar ist und inwieweit die vom BGH praktizierte Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft auf einen solchen Fall mit EU-Recht in Übereinstimmung steht.

Beide Fragen hat der Europäische Gerichtshof bejaht.

Nunmehr hat der Bundesgerichtshof mit seinem Urteil vom 13. Juli 2010, Az: II ZR 292/06, unter Berücksichtigung der Ausführungen des Europäischen Gerichtshofs das bei ihm rechtshängige Verfahren abgeschlossen. In diesem Verfahren hatte eine Fondsgesellschaft gegenüber einem nach den Bestimmungen des Haustürwiderrufsgesetzes aus der Gesellschaft ausscheidenden Gesellschafter ein negatives Auseinandersetzungsguthaben geltend gemacht. Der Bundesgerichtshof hat diesen Anspruch rechtskräftig bestätigt. Unter Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft betont der Bundesgerichtshof, dass auch die aus den Bestimmungen des Haustürwiderrufsgesetzes hergeleitete Kündigung eines Anlegers eines geschlossenen Immobilienfonds nur "ex nunc", d. h. nur für die Zukunft, nicht jedoch "ex tunc" für die Vergangenheit gilt. Eine Rückabwicklung der Beteiligung gegenüber der Fondsgesellschaft ist damit ausgeschlossen. Darüber hinaus führt die Anwendbarkeit der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft dazu, dass für den Anleger bezogen auf den Stichtag seines Ausscheidens eine Auseinandersetzungsbilanz zu erstellen ist. Ist sie negativ, ist der Anleger verpflichtet, den Auseinandersetzungsfehlbetrag gegenüber der Gesellschaft auszugleichen. Der Anspruch der Gesellschaft gegen den Anleger auf Verlustdeckung ergibt sich aus § 739 BGB.

Damit ist zulasten der Anleger und zugunsten der Fondsgesellschaften aber auch der die Fondsgesellschaften finanzierenden Banken nunmehr abschließend höchstrichterlich bestätigt, dass der Widerruf eines Anlegers nach den Bestimmungen des Haustürwiderrufsgesetzes nicht zu dessen "Enthaftung" führt.

II. Zu Schadensersatzansprüchen von Anlegern geschlossener Immobilienfonds gegenüber Dritten

Nachdem somit auch für die Fälle des "Haustürwiderrufs" die Frage der Haftung der Gesellschafter im Innenverhältnis gegenüber der Fondsgesellschaft selbst geklärt ist, darüber hinaus der Bundesgerichtshof mit seinem Urteil vom 19. Oktober 2009, Az: II ZR 240/08, einen Weg aufgezeichnet hat, im Falle einer wirtschaftlich sanierungsbedürftigen Fondsgesellschaft unter gewissen Voraussetzungen einen nichtsanierungswilligen Gesellschafter aus der Gesellschaft auszuschließen mit der Folge, dass auch dieser zur anteiligen Verlustdeckung gem. § 739 BGB verpflichtet ist - vgl. hierzu auch unsere Kurzinfo Immobilienrecht Nr. 9 vom 22. Januar 2010 - und schließlich i. d. R. auch kein Zweifel an der Haftung des Anlegers im Außenverhältnis gegenüber den finanzierenden Banken besteht - vgl. hierzu bereits unsere Kurzinfo Immobilienrecht Nr. 5 vom 15. Oktober 2008 - rückt nunmehr die Frage in den Fokus, ob ein Anleger Dritte wegen eines sich aus seiner Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds ergebenden Schadens in Regress nehmen kann.

In diesem Zusammenhang sind zwei aktuelle Rechtsprechungsentwicklungen hervorzuheben:

1. Prospekthaftungsansprüche beim vom Wegfall der Anschlussförderung im sozialen Wohnungsbau betroffenen Gesellschaften

Nachdem das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 11. Mai 2006, Az: BVerwG 5 C 10.05, die Entscheidung des Berliner Senates vom 04. Februar 2003, eine Anschlussförderung für Objekte des sozialen Wohnungsbaus in Berlin fortan nicht mehr zu bewilligen, bestätigt hat, fühlten sich viele Anleger - was durchaus nachvollziehbar war - getäuscht, gingen sie doch zum Zeitpunkt ihres Beitritts zur Fondsgesellschaft von einer insgesamt 30jährigen Förderung aus und war es doch allen Beteiligten klar, dass die Fondsgesellschaften wirtschaftlich nur bei einer 30jährigen Förderung existieren könnten.

Im Folgenden haben sowohl die betroffenen Gesellschafter als auch die Fondsgesellschaften selbst versucht, zivilrechtliche Ansprüche gegenüber dem Land Berlin geltend zu machen. Diese Versuche waren im Ergebnis leider nicht erfolgreich. Das Landgericht und das Kammergericht in Berlin vertraten - stark verkürzt die Auffassung, dass das Land Berlin auch zivilrechtlich nicht in Anspruch genommen werden könne, wenn es verwaltungsrechtlich nicht verbindlich eine Anschlussförderung zugesagt habe; insbesondere sei das Land Berlin nicht für etwaige abweichende Aussagen im Fondsprospekt verantwortlich.

In der Folge stellte sich somit die Frage, inwieweit sonstige Dritte für etwaige fehlerhafte Angaben zu Anschlussförderung in einem Fondsprospekt in Anspruch genommen werden können. In diesem Zusammenhang stellte sich bereits die vorrangige Frage, ob überhaupt von einem Fehler in den Fondsprospekten ausgegangen werden könne. In den gegen das Land Berlin geführten Prospekthaftungsklagen haben die Instanzgerichte oftmals bereits einen Prospektfehler abgelehnt.

In einem Einzelfall hatte das Kammergericht mit Urteil vom 26. September 2008, Az: 14 U 49/08, einen Prospektfehler allerdings angenommen. In diesem Verfahren ging es um Schadensersatzansprüche eines Anlegers gegenüber dem Initiator einer Fondsgesellschaft. Die gegen diese Entscheidung gerichtete Revision hat der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 19. Oktober 2009, Az: II ZR 241/08, nicht zur Entscheidung angenommen. Er hat dies damit begründet, dass der zugrunde liegende Prospekt nicht hinreichend deutlich darüber aufgeklärt habe, dass kein Rechtsanspruch auf eine Anschlussförderung bestanden habe.

In einer Serie von insgesamt elf Urteilen vom 22. März 2010, Az: II ZR 66/08, II ZR 184/08, II ZR 185/08, II ZR 198/08, II ZR 3/09, II ZR 162/08, II ZR 181/08, II ZR 193/08, II ZR 215/08, II ZR 168/08 und II ZR 178/08, ging es um sog. GEHAG-Fonds. Gründungsgesellschafterin war die GEHAG GmbH, deren Anteile mehrheitlich vom Land Berlin gehalten werden. Zur Frage der Bewilligung einer Anschlussförderung hieß es in den der Entscheidung zugrunde liegenden Fondsprospekten z. B. wörtlich wie folgt:

"Nach Ablauf des ersten Förderungszeitraumes von 15 Jahren wird gemäß Senatsbeschluss vom 14. April 1992 (…) eine Anschlussförderung für Wohnungen der Wohnungsbauprogramme ab 1977 gewährt… Details über die Anschlussförderung (Zuschüsse bzgl. Darlehensregelung) liegen noch nicht vor…

Ein Wegfall der Mittel wäre bei Verletzung der Förderungsbestimmungen denkbar bzw. bei Zahlungsunfähigkeit des Senates…

Auch können prospektierte Ergebnisse z. B. durch Änderungen von Gesetzgebungs-, Rechtsprechungs- oder Verwaltungspraxis beeinflusst werden."

Der Bundesgerichtshof kommt in seinen Entscheidungen nunmehr zu dem Ergebnis, dass derartige Aussagen im Fondsprospekt so verstanden werden müssen, als sei die Anschlussförderung dem Grunde nach bereits bewilligt und es müsse nur noch über das "Wie der Förderung" abschließend entschieden werden. Ein Prospektfehler wurde in diesen Fällen vom Bundesgerichtshof somit bestätigt.

Der Bundesgerichtshof hat - anders als das Kammergericht in der Vorinstanz - auch angenommen, dass diese fehlerhafte Aussage im Fondsprospekt nach der Lebenserfahrung, ursächlich für die Entscheidung des Anlegers, der Gesellschaft beizutreten, gewesen ist. Eine Ausnahme, von dieser grundsätzlichen Lebenserfahrung abzuweichen, komme in den vorliegenden Fällen nicht in Betracht.

Damit steht grundsätzlich fest, dass sich jedenfalls die GEHAG in den im Mittelpunkt der Entscheidung stehenden Fonds (GEHAG-Fonds 11, 15 und 18) gegenüber den Anlegern schadensersatzpflichtig gemacht hat.

Es stellt sich die Frage, welche Auswirkungen diese Urteile auf Anleger anderer geschlossener Immobilienfonds hatten. Dies ist in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht zu beurteilen. In rechtlicher Hinsicht ergibt sich bereits aus den obigen Ausführungen, dass die Frage, ob tatsächlich ein Prospektfehler vorliegt, jeweils im Einzelfall anhand der Formulierungen im Prospekt zu überprüfen ist. Nur dann, wenn die Anschlussförderung dem Grunde nach als sicher dargestellt wird, liegt ein Prospektfehler vor. Darüber hinaus ist in jedem Einzelfall die Frage der Verjährung etwaiger Schadenseratzansprüche zu prüfen.

In wirtschaftlicher Hinsicht ist zu berücksichtigen, dass Prospekthaftungsansprüche, nachdem das Land Berlin als Prospektverantwortlicher, wie oben ausgeführt, leider ausscheidet, nur gegenüber den aus dem Fondsprospekt sich ergebenden Prospektverantwortlichen Initiatoren, Gründungsgesellschaftern und Prospektherausgebern geltend gemacht werden können. An den GEHAG-Fonds ist das Land Berlin mehrheitlich beteiligt. Die GEHAG GmbH ist damit solvent, so dass davon ausgegangen werden kann, dass auch wirtschaftlich Ansprüche gegenüber der GEHAG erfolgreich durchgesetzt werden können. Bei rein privaten Initiatoren-Gruppen ist dies i. d. R. nicht der Fall. Sofern die damaligen Initiatoren-Gesellschaften und Prospektverantwortlichen überhaupt noch existieren, ist leider in einer Vielzahl der Fälle davon auszugehen, dass diese wirtschaftlich kaum in der Lage wären, im Ergebnis diese sich aus dem Wegfall der Anschlussförderung ergebenden Risiken zu tragen. Spätestens die Geltendmachung entsprechender Schadensersatzansprüche dürfte oftmals zur Insolvenz privater Initiatoren-Gesellschaften führen. In jedem Einzelfall sollte bei Geltendmachung von Prospekthaftungsansprüchen auch die Bonität eines Prospektverantwortlichen mit berücksichtigt werden.

2. Prospektfehler im Zusammenhang mit Prospektaussagen zur Haftung der Gesellschafter

Fondsprospekte enthalten i. d. R. Aussagen zur Frage der Haftung der Gesellschafter gegenüber den finanzierenden Banken sowie zur Frage der Reihenfolge einer Verwertung der der Bank zur Verfügung stehenden Haftungsmasse. Auch hier hat sich der Bundesgerichtshof jüngst zu der Frage geäußert, inwiefern derartige Prospektangaben zutreffend gefasst wurden.

 

a) Prospektaussagen zur quotalen Haftung

Mit den bereits zitierten Urteilen vom 22. März 2010 hat der Bundesgerichtshof auch zur Frage Stellung genommen, ob ein Prospektfehler darin zu sehen ist, dass in den Prospekten angegeben wurde, die Gesellschafter würden für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft entsprechend ihrer Beteiligungsquote haften, tatsächlich der Umfang der quotalen Haftung durch Leistungen aus dem Gesellschaftsvermögen jedoch nicht gemindert wird, statt dessen auch in notariellen Schuldunterwerfungsurkunden der jeweils anteilige Haftungshöchstbetrag des Anlegers festgeschrieben ist.

In diesen Prospektangaben zur quotalen Haftung der Gesellschafter konnte der Bundesgerichtshof keinen Prospektfehler erkennen. Der Bundesgerichtshof meint, dass mit den Aussagen im Fondsprospekt noch nicht zwingend der Eindruck erweckt werde, dass jede Tilgungsleistung aus dem Vermögen der Fondsgesellschaft quotal dem haftenden Gesellschafter zugute kommen müsse.

Prospekthaftungsansprüche aus derartigen Formulierungen scheiden somit i. d. R. aus.

 

b) Prospektaussagen zur Verwertungsreihenfolge

Bereits mit Urteil vom 22. September 2009, Az: XI ZR 179/07, hat sich der Bundesgerichtshof jedoch mit der Frage auseinander gesetzt, wie Aussagen zur Verwertungsreihenfolge im Fondsprospekt zu werten sind. In dem dort der Entscheidung zugrunde liegenden Fondsprospekt hieß es in diesem Zusammenhang wörtlich wie folgt:

"Die Gesellschafter haften gegenüber Gläubigern der Gesellschaft mit dem Gesellschaftsvermögen als Gesamtschuldner. Mit ihrem sonstigen Vermögen haften sie nur quotal entsprechend ihrer kapitalmäßigen Beteiligung an der Gesellschaft. Soweit Gläubiger durch Grundpfandrechte gesichert sind, haftet zunächst das Grundstück wie auch für öffentliche Lasten - insgesamt."

[Hervorhebung durch den Unterzeichner]

Tatsächlich war es jedoch so, dass es auf Grundlage des zwischen der finanzierenden Bank und der Fondsgesellschaft abgeschlossenen Darlehensvertrages im Belieben der Bank stand, ob sie bei Fälligkeit des Darlehens tatsächlich zunächst das Grundstück oder, was auch möglich gewesen wäre, erst die Gesellschafter voll in Anspruch nehmen würde. Durch die anders lautende Formulierung im Fondsprospekt sei für den Anleger der Eindruck erweckt worden, dass in jedem Fall zunächst das Grundstück verwertet werden müsse mit der Folge, dass der Anleger selbst dann nur noch anteilig für den nach Verwertung verbleibenden Restbetrag des Darlehens hafte. Insofern geht der Bundesgerichtshof bei dieser Formulierung von einem Prospektfehler aus.

Darüber hinaus kommt der Bundesgerichtshof auch zu dem Ergebnis, dass in derartigen Fällen eine Schadensersatzpflicht der finanzierenden Bank grundsätzlich möglich sei. In dem vorliegenden Verfahren hatte der Anleger unter Beweisantritt vorgetragen, dass die finanzierende Bank vor der Anwerbung von Anlegern die Konzeption und den Fondsprospekt geprüft hatte, ihr dabei die streitige Haftungs- und Verwertungsregelung aufgefallen war, sie gegenüber den Initiatoren erklärt hatte, sie könnte eine solche subsidiäre Haftungsregelung in den Darlehensverträgen nicht vereinbaren, sie dann mit den Initiatoren jedoch vereinbart hatte, von einer klarstellenden Änderung im Fondsprospekt könnte abgesehen werden. Der Bundesgerichtshof vertritt nun die Auffassung, dass dann, wenn sich dieser Vortrag im Rahmen einer Beweisaufnahme bestätige von einem kollusiven Zusammenwirken zwischen Bank und Initiator zulasten der Anleger auszugehen sei, so dass sich dann die Bank auch gegenüber dem Anleger schadensersatzpflichtig gemacht habe.

Zur Aufklärung des Sachverhalts und ggf. Beweiserhebung wurde das Verfahren an die die Instanzgerichte zurückverwiesen. Ob dort der Nachweis eines kollusiven Zusammenwirkens geführt werden kann, ist derzeit nicht absehbar. 

 

3. Schadensersatzansprüche der Anleger geschlossener Immobilienfonds bei Kick-back-Zahlungen an Banken

In den vergangenen Jahren hat sich der Bundesgerichtshof mehrfach mit der Frage auseinandergesetzt, inwieweit Berater und Vermittler von Kapitalanlagen über ihnen gewährte Rückvergütungen (Kick-backs) aufklären müssen.

Grundsätzlich ging die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs allgemein davon aus, dass über Innenprovisionen erst dann ungefragt aufgeklärt werden müsse, wenn diese eine Größenordnung von 15 % der vermittelten Kapitalanlagen erreichten (vgl. BGH, Urt. v. 22. März 2007, Az: III ZR 218/06).

Mit Urteil vom 19. Dezember 2006, Az: XI ZR 56/05, hat der Bundesgerichtshof allerdings entschieden, dass eine Bank, die ihrem Kunden den Erwerb von Fondsanteilen - dort in Form von Aktienfonds - empfiehlt, von vornherein darüber aufzuklären hat, dass und in welcher Höhe sie von der Fondsgesellschaft Rückvergütungen erhält. Verschweigt sie derartige Zahlungen geht der Bundesgerichtshof von einem Verstoß gegen das in § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG normierte Interessenskonfliktverbot aus. Dieser Verstoß macht die Bank schadensersatzpflichtig gegenüber dem Anleger.

Mit Beschluss vom 20. Januar 2009, Az: XI ZR 10/07, bestätigte und verfestigte der Bundesgerichtshof diese Rechtsprechung. Er betont nochmals, dass die Bank, die einen Kunden hinsichtlich seiner Geldanlagen berät und ihm eine konkrete Investition empfiehlt, ungefragt über etwaige Rückvergütungszahlungen aufklären muss. In diesem Zusammenhang stellt der Bundesgerichtshof klar, dass sich die Aufklärungspflicht aus einem konkreten Beratungsvertrag zwischen der Bank und dem Anleger ergebe. Auch hob der Bundesgerichtshof hervor, dass es nicht darauf ankomme, um welche Form der Kapitalanlage es sich handele. Schließlich stellte der Bundesgerichtshof nun nicht mehr auf einen sich explizit aus dem WpHG ergebenden Interessenkonflikt ab, sondern stützte seine Entscheidung maßgeblich auf den allgemeinen "Grundsatz der Vermeidung von vertragswidrigen Interessenkonflikten".

Mit Urteil vom 12. Mai 2009, Az: XI ZR 586/07, führte der Bundesgerichtshof die verbraucherfreundliche Rechtsprechung fort und kam zu dem Ergebnis, dass eine Bank u. U. vorsätzlich ihre Organisationspflichten verletzt, wenn sie Mitarbeiter nicht auf bestehende Aufklärungspflichten hinweist. Der Bundesgerichtshof stützte sich dabei auf eine Richtlinie der Deutschen Bankenaufsicht aus dem Jahr 1997, aus der sich bereits Aufklärungs- und Informationspflichten auch im Hinblick auf Rückvergütungen ergaben. In der Nichtumsetzung entsprechender Richtlinien sieht der Bundesgerichtshof ein Organisationsverschulden der Bank, für welches sie letztlich auch gegenüber dem so fehlerhaft beratenen Kunden haftet.

Schließlich hat der Bundesgerichtshof mit aktuellem Urteil vom 15. April 2010, Az: III ZR 196/09, klargestellt, dass sich diese weitgehenden Aufklärungspflichten nur für Banken ergeben, dass freie Anlagevermittler - namentlich im dortigen Urteil AWD - jedoch nicht ungefragt über Rückvergütungen aufklären müssen. Hier meint der Bundesgerichtshof, dass es für jeden Verbraucher klar sei, dass freie Vermittler nur entgeltlich arbeiteten und es selbstverständlich sei, dass diese entsprechende Innenprovisionen bzw. Rückvergütungen erhalten würden.

Für die Anleger geschlossener Immobilienfonds bedeutet dies Folgendes: Sofern sie bei ihrer Entscheidung, einem geschlossenen Immobilienfonds beizutreten, nicht von einem freien Vermittler, sondern von dem Bankberater unmittelbar beraten wurden, kommen Schadensersatzansprüche gegenüber der beratenden Bank grundsätzlich in Betracht. Dies setzt jedoch voraus, dass der Anleger in seinem konkreten Fall nachweisen kann, dass die Bank für die Vermittlung eine Rückvergütung erhalten hat. Sofern ein solcher Nachweis gelingt, besteht für den Anleger grundsätzlich die Möglichkeit, die ihn beratende Bank auf Schadensersatz dahingehend in Anspruch zu nehmen, dass er Zug um Zug gegen Übertragung seiner Beteiligung von der finanzierenden Bank aus allen sich aus der Beteiligung ergebenden Risiken freizustellen ist und ihm jeglicher bereits entstandener Schaden zu ersetzen ist. 

Redaktion

Redaktion: Rechtsanwalt Dr. Christian Stari

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# Tags: Dr. Christian Stari, Immobilienrecht, Recht Aktuell