Kurzinfo für Gasnetzbetreiber! Beschwerdefrist gegen Festlegungsbescheid der Bundesnetzagentur läuft am 20. Mai 2011 ab! Hier: Dienstleistungsverträge in der Kostenprüfung

ENERGIERECHT Nr. 9
13.05.2011 | Wibke Reimann

Einleitung

Sehr geehrte Damen und Herren,

aus aktuellem Anlass möchten wir Sie darauf hinweisen, dass am 20. Mai 2011 die Beschwerdefrist gegen den Festlegungsbescheid zu den Vorgaben zur Durchführung der Kostenprüfung zur Bestimmung des Ausgangsniveaus der Betreiber von Gasversorgungsnetzen i.S.d. § 3 Nr. 6 EnWG für die zweite Regulierungsperiode nach § 6 Abs. 1 ARegV der Bundesnetzagentur vom 13. April 2011, veröffentlicht im Amtsblatt am 20. April 2011, abläuft.

Aus unserer Sicht besteht für die Gasversorgungsnetzbetreiber dringender Handlungsbedarf, die Dienstleistungen von verbundenen Unternehmen einkaufen.

1. Rechtsgrundlage für die Kostenprüfung

§ 4 Abs. 5a GasNEV

"Betreiber von Gasversorgungsnetzen können Kosten oder Kostenbestandteile, die auf Grund von Dienstleistungen durch Dritte anfallen, maximal in der Höhe ansetzen, wie sie anfielen, wenn sie die Leistungen selbst erbringen würden. Der Betreiber des Gasversorgungsnetzes hat die erforderlichen Nachweise zu führen."


Die Anwendung dieser Regelung ist umstritten.

Die Bundesnetzagentur will maximal und ausschließlich die tatsächlich beim Dienstleister anfallenden Kosten in der Kostenprüfung zugunsten des Netzbetreibers berücksichtigen. Etwaige Margen würden, so die klare Aussage der Bundesnetzagentur, nicht anerkannt werden. Aus Sicht der Bundesnetzagentur soll nach der GasNEV und der ARegV den Netzbetreibern keine weitere Marge als die gewährt werden, die sich aus der zugelassenen Eigenkapitalverzinsung ergebe. Synergiegewinne seien nur im Hinblick auf Kosteneinsparungen während der Anreizregulierungsperiode möglich, wenn Synergien während der Regulierungsperiode bezogen auf Ausgangskosten erzielt würden. Damit wendet die Bundesnetzagentur die Grundsätze der Kostenprüfung bei Pachtmodellen nunmehr auch auf Dienstleistungen an. Der Unterschied liegt aber hier darin, dass z.B. bei Betriebsführungsverträgen, anders als bei Pachtmodellen, gar keine Eigenkapitalverzinsung realisiert werden kann.

Die Bundesnetzagentur bereitet diese Kostenprüfung nun durch die Festlegung vom 13. April 2011 vor.

Nach unserer Einschätzung gibt § 4 Abs. 5 a) GasNEV diese Anwendungspraxis nicht her. Vielmehr kann es nur darauf ankommen, welche Kosten dem Netzbetreiber entstünden, wenn er die Leistung selbst erbrächte (fiktive Kosten) und dass die Kosten der Dienstleistung angemessen sind, d.h. wie sich die Kosten im Marktvergleich darstellen.

2. Festlegungen der Bundesnetzagentur vom 13. April 2011 (BK9-11/605-1, Ziffer 4)

a. Gesonderte Erhebungsbögen mit genauen Kostenangaben des Dienstleisters gefordert!


Unter Ziffer 4. des Beschlusses hat die Bundesnetzagentur festgelegt, dass Netzbetreiber für die Ihnen gem. § 10 Abs. 2 EnWG gegenüber von verbundenen Dritten erbrachten Dienstleistungen jeweils einen eigenen Erhebungsbogen nach Maßgabe der Anordnungen in Ziffer 2 c bis 2 e unter Abgabe einer Dienstleistungsnummer zu übermitteln haben.

Eine Konkretisierung dieser Vorgabe ergibt sich aus Anlage K 1 zum Beschluss, wonach gem. Ziffer 1.3 der Anlage a Netzbetreiber nach § 4 Abs. 5 a Satz 2 GasNEV verpflichtet sind, neben dem Erhebungsbogen für die Kosten des Netzbetreibers jeweils gesonderte Erhebungsbögen für die zehn wertmäßig größten Dienstleistungsverträge mit verbundenen Unternehmen im Sinne des § 10 Abs. 2 EnWG vorzulegen, aus denen sich die Kosten für die Dienstleistung ergeben.

Beachte: Relevanz nicht nur für Mehrheitsbeteiligungen!

Als verbundenes Unternehmen i.S.d. § 10 Abs. 2 EnWG gilt jedes Unternehmen, welches auch nach § 311 Abs. 1 HGB lediglich 1/5 der Stimmrechte einer Gesellschaft innehat. Damit werden in der Regel sogar Beteiligungen mit nur 20 % als verbundene Unternehmen im Sinne dieser Festlegung angesehen, auch wenn bei dieser Höhe der Beteiligung grundsätzlich kein verbundenes Unternehmen im Sinne des HGB und auch nicht im Sinne der Fusionskontrollverordnung vorläge.

b. Auskunftspflichten

Das bedeutet, dass der Netzbetreiber die tatsächlich beim Dienstleister für die erbrachten Betriebsführungsleistungen angefallenen Kosten kennen und in einem gesonderten Erhebungsbogen aufschlüsseln müsste.

Hinweis:

Dienstleister - als verbundene Unternehmen - sind vorsorglich unverzüglich aufzufordern, die Kosten mitzuteilen.

 

c. Ausnahmen

  • Die Kosten sind nicht aufzuschlüsseln, sofern die Summe der Kosten, die sich aus allen Vertragsverhältnissen mit demselben Dienstleistungserbringer ergeben, 5 % der nach § 4 Abs. 3 und 4 ARegV angepassten Erlösobergrenze des Kalenderjahres 2010, abzüglich der Kosten für die Inanspruchnahme der vorgelagerten Netzebene, übersteigen.
  • Wenn die Dienstleister keine verbundenen Unternehmen sind.


Interessanterweise werden Dienstleister, die keine verbundenen Unternehmen sind, anders behandelt als verbundene Unternehmen. Denn ausweislich der Ziffer 4. der Festlegung und auch der Anlage K 1 zum Beschluss der Bundesnetzagentur ist hinsichtlich der Dienstleistung Dritter ausschließlich darzulegen, dass die Kosten für die Dienstleistung angemessen sind. Hier erwartet die Bundesnetzagentur später jedoch einen Nachweis z. B. anhand von durchgeführten Ausschreibungsverfahren. Ferner sind die Dienstleistungsverträge vorzulegen. In den Erhebungsbogen muss lediglich das Dienstleistungsentgelt eingetragen werden.

3. Auswirkungen insbesondere bei Stadtwerke-Kooperationen

Durch den Festlegungsbescheid sind unmittelbar zunächst nur die Netzbetreiber betroffen, welche eine Dienstleistung von einem verbundenen Unternehmen einkaufen. Denn sie sind zur Datenübermittlung verpflichtet. Nur die ist zunächst Gegenstand der Festlegung.

Der Kostenansatz der Bundesnetzagentur führt dazu, dass Netzbetreiber oder andere Dienstleister über Dienstleistungen keine zusätzlichen Gewinne realisieren können. Denn die Bundesnetzagentur will auch bei Dienstleistungen Dritter keine Margen anerkennen! Diese Wirkung wird aber erst mit dem Kostenbescheid eintreten.

Beachte:

Die Kürzung von Betriebsführungsentgelten in der Kostenprüfung führt nicht automatisch zu einer Anpassung des Betriebsführungsentgelts im Betriebsführungsvertrag.

4. Empfehlung: Beschwerde

Aus unserer Sicht besteht derzeit akuter Handlungsbedarf.

Netzbetreibern, die Dienstleistungen von verbundenen Dritten einkaufen, welche die von der Bundesnetzagentur angegebenen Schwellenwerte überschreiten, sollten Beschwerde gegen den Festlegungsbescheid einzulegen. Aus unserer Sicht müssen allerdings die Netzbetreiber, welche Dienstleistungen für Dritte erbringen, noch keine Beschwerde gegen den Feststellungsbescheid einlegen. Denn diese werden nicht unmittelbar zur Datenübermittlung herangezogen. Vielmehr erfolgt die Datenherausgabe an den Netzbetreiber aufgrund der vertraglichen Beziehung zum Dienstleister.


Die Beschwerdefrist läuft am

20. Mai 2011

ab, da die Festlegung erst am 20. April 2011 im Amtsblatt veröffentlicht wurde.Für eine Beschwerde sprechen folgende Argumente:

 

  •     Bestandskraft der Festlegung wird verhindert
  •     Offenhalten der Zulässigkeit der Datenanforderung
  •     Entscheidung vor der eigentlichen Kostenprüfung möglich, jedenfalls aber vor einer Kostenprüfung Strom


Die Kosten einer Beschwerde sind überschaubar. In einem vergleichbaren Verfahren wurde als Streitwert z.B. vom OLG Celle ein Betrag in Höhe von 30.000,00 EUR angesetzt. Darauf würden Gerichtskosten in Höhe von 1.360,00 EUR anfallen. Anwaltskosten der Gegenseite sind in der Regel nicht zu erstatten, da sich die Bundesnetzagentur in der Regel selbst vertritt.

5. Rechtswidrigkeit der Festlegung

 Gegen die Rechtmäßigkeit der Festlegung sprechen aus unserer Sicht folgende Argumente:

  •     Willkürliche Ungleichbehandlung von verbundenen Unternehmen und Dritten
  •     Ggf. Unmöglichkeit (erfordert eine gesonderte Prüfung) der Herausgabe von Daten
  •     Nicht gedeckt von der Ermächtigungsgrundlage
  •     Unverhältnismäßigkeit der Anforderung, einen Erhebungsbogen auszufüllen
  •     Unverhältnismäßigkeit, da Daten nicht erforderlich sind, um das Ausgangsniveau zu bestimmen (bei sonstigen Dritten werden die Daten auch nicht angefordert)

Falls Sie noch weitere Fragen zu dieser Thematik haben, wenden Sie sich bitte an die nachstehenden Ansprechpartnerinnen:

Rechtsanwältin Wibke Reimann: reimann@brs-rechtsanwaelte.de, 030/890492-12

Rechtsanwältin Dr. Fatima Massumi: massumi@brs-rechtsanwaelte.de, 030/890492-12

 

gez.
Wibke Reimann
Rechtsanwältin

Anlage:
Auszüge aus dem Festlegungsbescheid

Redaktion

Redaktion: Rechtsanwältin Wibke Reimann

Herausgeber: Bethge.Reimann.Stari Rechtsanwälte, Berlin 

Sekretariat: Susanne Rothe, Tel: 030 - 890492-11, Fax: 030 - 890492-10

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