Aktuelle Entscheidungen des Bundesgerichtshofes zur Frage der quotalen Haftung der Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts

IMMOBILIENRECHT Nr. 12
01.07.2011 | Andreas Noack

Einleitung

Mit unserer Kurzinfo Nr. 9 vom 22. Januar 2010 hatten wir zuletzt zum Stand der obergerichtlichen Rechtsprechung zur Frage der haftungsrechtlichen Auswirkungen der so genannten quotalen Haftung berichtet. Mit zwei Urteilen vom 08. Februar 2011, welche jedoch erst im Mai 2011 veröffentlicht wurden, hat der Bundesgerichtshof nunmehr weitgehende Klarheit zu Lasten der Gesellschafter geschaffen.

Im Kern geht es um die Frage der Bezugsgröße der quotalen Haftung, nämlich die Frage, ob sich diese anhand der Ausgangsdarlehensvaluta oder aber der Restvaluta zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme berechnet, was ja nach Umfang der bereits erfolgten Tilgung erhebliche Auswirkungen haben kann.

1. Stand der obergerichtlichen Rechtsprechung

Wie berichtet, wurde der Streit über die Auswirkungen einer so genannten quotalen Haftung in zwei gegensätzlichen Entscheidungen des Kammergerichts Berlin auf den Punkt gebracht.

Mit Urteil vom 11. November 2008, Az: 4 U 12/07, hatte der 4. Senat des Kammergerichts zugunsten der Gesellschafter entschieden, dass sich die Quote stets nur auf die offene Restforderung gegenüber der GbR beziehe, so dass Leistungen der Gesellschaft oder einzelner Gesellschafter auf die Schuld der Gesellschaft zu einer Reduzierung der Haftung des einzelnen, quotal haftenden Gesellschafters führen sollten.

Unmittelbar danach, am 12. November 2008, urteilte der 24. Senat des Kammergerichts genau gegenteilig (Az: 24 U 102/07) und stellte fest, dass sich die quotale Haftung der Gesellschafter "auf die in den Verträgen vereinbarten Darlehenssummen und Kosten und nicht auf den jeweiligen späteren Stand der Darlehensforderungen" bezieht.

2. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofes

Mit der Entscheidung über die Revision gegen das zweite genannte Urteil des Kammergerichts hat der Bundesgerichtshof am 08. Februar 2011 (II ZR 263/09) nunmehr die Entscheidung des 24. Senats bestätigt und hat zumindest für den dort zu beurteilenden Darlehensvertrag festgestellt, dass sich die quotale Haftung auf die Ausgangsvaluta des Darlehens bezieht.

Der Bundesgerichtshof hat in seinem Leitsatz wie folgt ausgeführt:

"Ist die Haftung der Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts für eine vertragliche Verbindlichkeit der Gesellschaft in dem Vertrag zwischen der Gesellschaft und ihrem Vertragspartner auf den ihrer Beteiligungsquote entsprechenden Anteil der Gesellschaftsschuld beschränkt worden ( sog. quotale Haftung), so ist durch Auslegung der die Gesellschaftsschuld begründenden Vereinbarung zu ermitteln, in welchem Umfang Tilgungen aus dem Gesellschaftsvermögen oder Erlöse aus dessen Verwertung nicht nur die Schuld der Gesellschaft, sondern auch anteilig den Haftungsbetrag jedes einzelnen Gesellschafters mindern."

Zur Begründung führt der Senat aus, dass die quotale Haftung kein gesetzliches Haftungskonzept sei, so dass es den Vertragspartnern im Zusammenhang mit der individuellen Vereinbarung einer solchen quotalen Haftung freistehe ebenfalls zu vereinbaren, dass Tilgungen aus dem Gesellschaftsvermögen anteilig auch die Schuld des haftenden Gesellschafters mindern sollen. Sofern eine solche Vereinbarung aber nicht ausdrücklich getroffen wurde und auch nicht im Wege der Auslegung des Vertrages ermittelt werden kann, so soll es bei der Ausgangsvaluta als Bezugsgröße für die Berechnung der Quote bleiben.

Auch wenn dies auf den ersten Blick eine nunmehr durchaus offene Rechtslage suggerieren mag, muss man doch feststellen, dass Regelungen zur Anrechnung von Tilgungen aus dem Gesellschaftsvermögen sich in der absoluten Mehrzahl der hier relevanten Darlehensverträge nicht werden finden lassen, so dass in der Regel davon auszugehen sein wird, dass sich die quotale Haftung der Gesellschafter nach Maßgabe der Ausgangsvaluta bestimmen wird. Die Gesellschafter sind somit bei einer in Bezug auf die Restvaluta zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme überproportionalen Inanspruchnahme auf einen Ausgleichsanspruchs gegenüber ihren Mitgesellschaftern angewiesen. Dies bedeutet zugleich, dass das Insolvenzrisiko auf die Gesellschafter verlagert wird, da der Kreditgeber mit fortschreitender Tilgung, eine stets steigende Absicherung durch die überproportionale Haftung der einzelnen quotal anhand der Ausgangsvaluta haftenden Gesellschafter erlangt.

In einer ebenfalls am 08. Februar 2011 verkündeten Entscheidung (Az: II ZR 243/09) hat der 2. Senat des Bundesgerichtshofes zudem klargestellt, dass die Ausgangsvaluta auch dann Bezugsgröße für die quotale Haftung bleibt, wenn die Bank sich in Vergleichen mit einzelnen Gesellschaftern mit einem geringeren als dem ihrer Beteiligungsquote entsprechenden Haftungsbetrag begnügt hat, da die Haftungsanteile der Gesellschafter im Innenverhältnis durch einen solchen Teilverzicht der Bank gegenüber einzelnen Gläubigern nicht berührt werde.

3. Zusammenfassung

Es ist damit zusammenfassend festzuhalten, dass nunmehr in der Regel davon auszugehen sein wird, dass sich die quotale Haftung der Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts sich nach der Ausgangsdarlehensvaluta bestimmt und zwischenzeitlich erfolgte Tilgungen aus Gesellschaftsmitteln keine Berücksichtigung finden, so dass bei einer überproportionalen Inanspruchnahme unter Berücksichtigung der Restvaluta nur ein Ausgleich über die Inanspruchnahme bislang nicht in Anspruch genommener Mitgesellschafter bleibt. Sollte sich hier ein Ausgleich aus wirtschaftlichen Gründen nicht realisieren lassen, trägt der von der Bank in Anspruch genommene Gesellschafter das Ausfallrisiko.

Redaktion

Redaktion: Rechtsanwalt Andreas Noack

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