BGH: Die unverändert übernommene Preisanpassungsregelung des § 4 AVBGasV in Sonderverträge ist unwirksam / Bestpreisabrechnung in der Grundversorgung ist zulässig.

18.09.2013 | 

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 31. Juli 2013, Az. VIII ZR 162/09 festgestellt, dass Preisanpassungsklauseln in Gaslieferverträgen mit Sonderkunden - die außerhalb der gesetzlichen Grundversorgung beliefert werden - unwirksam sind, wenn hierbei unverändert den Wortlaut der gesetzlichen Preisanpassungsregelung des § 4 Abs. 2 und 2  AVBGasV übernommen wird. Derartige Klauseln genügen nach Auffassung des BGH wegen mangelnder Transparenz nicht den Anforderungen des § 307 BGB.

 

Der BGH gibt damit seine bisherige gefestigte Rechtsprechung auf, wonach Preisanpassungsklauseln in Sonderverträgen zulässig seien, wenn diese das gesetzliche Leitbild der AVBGasV unverändert übernehmen (vgl. Senatsurteile vom 15. Juli 2009 -VIII ZR 225/07, Rn. 19ff.; VIII ZR 56/08, Rn. 21 ff.; vom 14.Juli 2010 -VIII ZR 246/08, Rn. 32 ff.).

 

Auslöser dieser gravierenden Änderung in der Rechtsauffassung des BGH ist die Entscheidung des EuGH vom 21. März 2013, Rs C 92/11. Der EuGH hatte dort auf eine Anfrage des BGH festgestellt, dass die Wirksamkeit derartige Preisklauseln an der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen ("Klausel-Richtlinie") zu messen sei.  Nach den Vorgaben dieser Richtlinie sei es für die Zulässigkeit eines einseitigen Preisänderungsrechts durch das Versorgungsunternehmen von wesentlicher Bedeutung, dass der Vertrag den Anlass und den Modus der  Änderung der Entgelte für die zu erbringende Leistung transparent darstelle. Diesen Anforderungen genüge die Regelung in der AVBGasV nicht. An dieses Auslegungsergebnis sah sich der BGH in seiner aktuellen Entscheidung gebunden.

 

Ob sich hieraus für Sondervertragskunden Rückzahlungsansprüche gegen ihren Gasversorger ergeben, ist wegen der Vielzahl möglicher Konstellationen jeweils im Einzelfall zu prüfen. Von erheblicher Bedeutung ist z.B. die Frage, ob überhaupt ein Sonderkundenvertrag vorliegt.

 

Hierzu stellt der BGH in seiner Entscheidung vom 31. Juli 2013 noch einmal klar, dass die Praxis der sog. "Bestabrechnung" in der Grundversorgung, bei der Kunden je nach Abnahmemenge automatisch nach dem für sie günstigsten Tarif abgerechnet werden, nicht dazu führt, dass diese Kunden automatisch als Sonderkunden anzusehen seien. Ein Energieversorgungsunternehmen sei durchaus berechtigt, mehrere Allgemeine Tarife i.S.d. § 36 EnWG nebeneinander anzubieten (vgl. auch BGH, Urteil vom 11.05.2011, VIII ZR 42/10). In der Vergangenheit hatten einige Gerichte dies anders beurteilt (z.B. Kammergericht Berlin, Urteil vom 28.10.2008, Az: 21 U 160/06; OLG Oldenburg, Urteil vom 12.02.2010, 6 U 164/09).

 

(BGH: Urteil vom 31. Juli 2013, VIII ZR 162/09)

 

Ansprechpartner: Rechtsanwalt Christian Dümke



# Tags: News, Energierecht, Dr. Christian Dümke, Wibke Reimann, Dr. Fatima Massumi-Kindermann, Dr. Birgit Ortlieb