Preisanpassungsrecht in Grundversorgungsverträgen droht zu kippen!

ENERGIERECHT Nr. 35
09.05.2014 | 

Nachdem der EuGH GVV-Preisanpassungsklauseln in Sonderkundenverträgen für unwirksam erklärt hat (unser Recht Aktuell - Kurzinfo zum Energierecht Nr. 25 vom 25. März 2013) droht jetzt die Unwirksamkeit des § 5 Strom/GasGVV für die Grundversorgungsverträge!

Der Generalanwalt hat heute seine Schlussanträge gestellt (Schlussanträge vom 08. Mai 2014 in den Rechtssachen C-359/11 und C-400/11). Wenn sich der Generalanwalt mit seiner Auffassung durchsetzt, ist § 5 Strom/GasGVV auch im Rahmen der Grundversorgungsverträge unwirksam, weil die Regelung nicht den Transparenzanforderungen (zumindest) der Energierichtlinien gerecht wird.

Da der EuGH regelmäßig den Schlussanträgen der Generalanwälte folgt, empfehlen wir Ihnen, sich bereits heute mit der Frage auseinanderzusetzen, was eine entsprechende Entscheidung des EuGH für Sie bedeutet.

Was ist Inhalt der Schlussanträge?

§ 5 Strom/GasGVV entspricht nicht den Transparenzanforderungen der Energierichtlinien (Elektrizitäts-Richtlinie 2003/54/EG und Gas-Richtlinie 2003/55/EG), weil der Kunde weder über Anlass, Voraussetzung und Umfang einer Preisänderung informiert wird. Auch wenn der Anwendungsbereich der Klauselrichtlinie (Richtlinie 93/13/EWG) im Grundversorgungsbereich nicht eröffnet sei, hilft das nicht darüber hinweg, dass auch grundversorgte Kunden (mit der Information über die Preisanpassung) transparent über Anlass, Voraussetzung und Umfang einer Preisänderung informiert werden müssen. Hieran zeigt sich einmal mehr, wie wichtig die transparente Darstellung von Anlass, Voraussetzung und Umfang einer Preisänderung ist!

Die gute Nachricht!

Der Generalanwalt hat die zeitliche Begrenzung der EuGH-Entscheidung beantragt, d.h. die Entscheidung soll nur für die Zukunft und nicht für die Vergangenheit gelten! Rückforderungsansprüche der grundversorgten Kunden wären damit ausgeschlossen. Der Generalanwalt sieht durchaus sowohl die wirtschaftlichen Folgen für die (deutsche) Energiebranche als auch den Umstand, dass die Versorger auf die Wirksamkeit einer nationalen Regelung vertrauen durften, also gutgläubig waren.

Was bedeutet das für die Grundversorger?

  • Ab dem Tag, an dem der EuGH sein Urteil verkünden wird, sind Preisanpassungen im Grundversorgungsbereich gestützt auf § 5 Strom/GasGVV erheblichen Risiken ausgesetzt.
  • Der Gesetzgeber ist nun gehalten, § 5 Strom/GasGVV zu überarbeiten und eine Regelung zu schaffen, die den Anforderungen der EUGH-Rechtsprechung gerecht wird. Wir halten es dann nicht für ausgeschlossen, dass eine entsprechende Regelung dann wiederum in Ihre Sonderkundenverträge möglich sein könnte.

Was passiert zwischen der Verkündung des EuGH Urteils und dem Erlass einer neuen GVV-Regelung?

Für Sie stellt sich jedoch insbesondere die Frage, wie Sie mit dem kritischen Zeitraum zwischen der Urteilsverkündung des EuGH und dem Erlass eines neuen § 5 Strom/GasGVV- umgehen müssen. Die nächste Preisanpassung steht für Januar 2015 vor der Tür (nach Anpassung der Umlagen und Netznutzungsentgelte), wir gehen jedoch nicht davon aus, dass der Gesetzgeber bis Januar 2015 eine neue Regelung erlassen wird.

Aus unserer Sicht könnte eine Möglichkeit sein, mit Ihren grundversorgten Kunden interimsweise eine Preisanpassungsklausel zu vereinbaren, die die EuGH-Rechtsprechung berücksichtigt. Sprechen Sie uns an, wenn wir Sie bei der Gestaltung einer Interimslösung für Ihre Grundversorgungsverträge unterstützen können!

 

 

 

Redaktion:

Rechtsanwältin Wibke Reimann und Rechtsanwältin Dr. Fatima Massumi

BEHTGE.REIMANN.STAR Rechtsanwälte, Berlin

Sekretariat: Katja Schäbsdat, Tel.: 030 / 89 04 92 - 12, Fax: 030 / 89 04 92 - 10

 

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# Tags: Recht Aktuell, Energierecht, Dr. Fatima Massumi-Kindermann, Dr. Christian Dümke, Dr. Birgit Ortlieb, Wibke Reimann