Fernwärme - Wie sicher sind Ihre Verträge?

ENERGIERECHT Nr. 37
11.06.2014 | 

Die Fernwärmeversorgung war in den letzten Jahren vermehrt Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen. Hierbei haben sich die Gerichte nicht nur mit dem jeweiligen Herzstück eines Fernwärmelieferungsvertrages - der Preisanpassungsklausel - beschäftigt, sondern sind auch den Fragen nachgegangen, wie es zu einem wirksamen Vertragsschluss mit dem Kunden kommen kann (siehe aktuelles BGH Urteil vom 15. Januar 2014, Az.: VIII ZR 111/13) und wie ein wirksamer Wärmelieferungsvertrag geschlossen werden kann, der von der AVBFernwärmeV abweicht.

Hinzu kommt, dass das statistische Bundesamt in 2013 typische "Fernwärme-Indizes" umbasiert hat. Spätestens durch diese Umbasierung sind Sie als Fernwärmeversorger dazu angehalten, Ihre Preisanpassungsklauseln anzupassen. Nehmen Sie die Umbasierung als Chance, Ihre Fernwärmelieferungsverträge auf sichere Beine zu stellen! Wenn Sie aufgrund der Umbasierung ohnehin Ihre Fernwärmelieferungsverträge anpassen müssen, sollten Sie also im gleichen "Atemzug" prüfen, ob weiterer Änderungsbedarf besteht. Wir wollen Ihnen daher aufzeigen, auf welche Punkte Sie insbesondere achten sollten.

I. Haben Sie einen allgemeinen Fernwärmeversorgungsvertrag?

Unsere Erfahrung hat gezeigt, dass die meisten Fernwärmeversorgungsunternehmen von der Möglichkeit Gebrauch machen, von der AVBFernwärmeV abweichende Fernwärmelieferungsverträge mit ihren Kunden abzuschließen. Hierbei wird jedoch regelmäßig nicht berücksichtigt, dass sie einen von der AVBFernwärmeV abweichenden Fernwärmeversorgungsvertrag erst dann abschließen können, wenn sie dem Kunden vorher einen AVBFernwärmeV-konformen Versorgungsvertrag angeboten haben! Haben Sie Ihren Kunden keinen AVB-konformen Fernwärmeversorgungsvertrag angeboten, kann dies u. U. sogar dazu führen, dass der mit Ihren Kunden abgeschlossene Fernwärmeversorgungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen ist. Insbesondere die Oberlandesgerichte Brandenburg und Köln kommen zu dem Ergebnis, dass der von der AVBFernwärmeV abweichende Fernwärmelieferungsvertrag nicht wirksam zustande kommt, wenn dem Kunden vorher kein AVB-konformer Vertrag angeboten wurde.

ACHTUNG!
Das Risiko zeigt sich insbesondere beim Thema Laufzeit des Vertrages. Vereinbaren Sie mit dem Kunden eine von der AVBFernwärmeV abweichende Laufzeit und können Sie nicht nachweisen, dass Sie dem Kunden vorher einen AVB-konformen Vertrag angeboten haben, läuft der Vertrag auf unbestimmte Zeit und kann von dem Kunden jederzeit ordentlich gekündigt werden. 

Dieses Risiko können Sie vermeiden, indem Sie für Ihre Kunden einen AVB-konformen Fernwärmeversorgungsvertrag vorhalten. Bei der Gestaltung eines allgemeinen AVB-konformen Fernwärmeversorgungsvertrages sind wir Ihnen selbstverständlich gerne behilflich. Sprechen Sie uns hierzu gerne an.

ACHTUNG - BESTÄTIGUNGSKLAUSEL reicht nicht aus!
Auch wenn Sie den Kunden durch eine vertragliche Klausel bestätigen lassen, dass Sie ihm einen AVB-konformen Vertrag vorab angeboten haben, reicht das nicht aus. Eine sog. Bestätigungsklausel hält regelmäßig der AGB-Kontrolle nicht stand. Ein von der AVB abweichender Vertrag kommt also nur dann wirksam zustande, wenn Sie nachweisen können, dass Sie dem Kunden tatsächlich einen AVB-Vertrag angeboten haben.

II. Preisanpassungsklauseln - Nutzen Sie die Chance der Umbasierung! 

Das statistische Bundesamt hat im August 2013 den Erzeugerpreisindex für gewerbliche Produkte auf das neue Basisjahr 2010 umgestellt. Eine Vielzahl von Fernwärmeversorgungsunternehmen stellen in ihren Preisanpassungsklauseln auf den Erzeugerpreisindex für gewerbliche Produkte ab. Wenn Sie den Erzeugerpreisindex im Rahmen Ihrer Preisanpassungsklausel verwenden, müssen Sie den Basisindex in Ihrer Preisanpassungsklausel ab der letzten vor der Basisumstellung liegenden Abrechnung umstellen. Erst nach der Umstellung, können Sie zukünftig den auf der neuen Basis errechneten Preisindex verwenden.

III. Preisanpassungsklausel - Rückblick

Wenn Sie also ohnehin Ihre Preisanpassungsklausel aufgrund der Umbasierung überprüfen bzw. abpassen müssen, sollten Sie die Chance nutzen und gleichzeitig prüfen, ob Ihre Preisanpassungsklausel der bisherigen BGH-Rechtsprechung standhalten kann. Die wesentlichen Punkte, die sie bei der Gestaltung ihrer Preisanpassungsklausel zu berücksichtigen haben, sind:

  • Eine Preisanpassungsklausel nach § 24 AVBFernwärmeV muss sowohl ein Kosten- als auch ein Marktelement aufweisen.
  • Es wird keine Kostenechtheit, aber eine Kostenorientierung verlangt.
  • Als Kosten sind regelmäßig die Beschaffungs-, Lohn- und Investitionskosten zu berücksichtigen. 
  • Es sind die jeweiligen Verhältnisse auf dem Wärmemarkt angemessen zu berücksichtigen (Wärmemarktelement).
  • Die Berechnungsfaktoren in der Preisanpassungsklausel müssen vollständig und für den Kunden allgemein verständlich sein (Transparenzgebot).

Gerne können Sie uns unverbindlich Ihre Preisblatt mit Ihrer Preisanpassungsklausel übermitteln, so dass wir für Sie prüfen können, ob Ihre Preisanpassungsklausel zu überarbeiten ist.

 

 

Redaktion:

Rechtsanwältin Wibke Reimann und Rechtsanwältin Dr. Fatima Massumi

BEHTGE.REIMANN.STAR Rechtsanwälte, Berlin

Sekretariat: Katja Schäbsdat, Tel.: 030 / 89 04 92 - 12, Fax: 030 / 89 04 92 - 10

 

Recht aktuell wird nach sorgfältig ausgewählten Unterlagen erstellt. Diese Veröffentlichung verfolgt ausschließlich den Zweck, bestimmte Themen anzusprechen und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Für die Anwendung im konkreten Fall kann eine Haftung nicht übernommen werden. Sollten Sie weitere Fragen zu den angesprochenen Themen haben, so wenden Sie sich bitte an unsere Ansprechpartner. Der Nachdruck - auch auszugsweise - ist nur mit Quellenangabe gestattet.



# Tags: Recht Aktuell, Energierecht, Wibke Reimann, Dr. Birgit Ortlieb, Dr. Fatima Massumi-Kindermann, Dr. Christian Dümke