Insolvenzantragspflicht und Organhaftung bei einer durch die COVID-19-Pandemie bedingten Insolvenz vorübergehend ausgesetzt (COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz – COVInsAG)

26.03.2020 | 

Was regelt der Gesetzentwurf?

Die straf- und haftungsbewehrte Insolvenzantragspflicht der Geschäftsführer und Vorstände von haftungsbeschränkten Gesellschaften und Vereinen wird für einen vorübergehenden Zeitraum, bis zum 30. September 2020 ausgesetzt. Auf diese Weise sollen die Unternehmen die Gelegenheit erhalten, die Insolvenz, insbesondere unter Inanspruchnahme der bereitzustellenden staatlichen Hilfen, abzuwenden.

Die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht soll nur dann nicht greifen, wenn die Insolvenz nicht auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht und keine weiteren Aussichten darauf bestehen, eine eingetretene Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen.

Welche Folgen hat die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht?

Die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht ist mit weitgehenden Folgen verknüpft. So gelten Zahlungen, die im ordnungsgemäßen Geschäftsgang erfolgen, insbesondere solche Zahlungen, die der Aufrechterhaltung oder Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebes oder der Umsetzung eines Sanierungskonzeptes dienen, als mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar, so dass eine persönliche Haftung der Geschäftsleiter wegen solcher Zahlungen nach Eintritt der Insolvenzreife ausgeschlossen werden soll (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 1 COVInsAG)

Daneben gilt eine bis zum 30. September 2023 erfolgende Rückzahlung eines bis zum 30. September 2020 gewährten Kredits sowie die Rückgewähr einer in diesem Zeitpunkt gewährten Sicherheit für Kredite Dritter als nicht gläubigerbenachteiligend und wird somit nachhaltig einem Anfechtungsrisiko entzogen (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 2 COVInsAG).

Weiter sind Kreditgewährungen und Besicherungen im Aussetzungszeitraum nicht als sittenwidriger Beitrag zur Insolvenzverschleppung anzusehen (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 3 COVInsAG). Hierdurch sollen Geldgeber geschützt und damit Finanzierungshemmnisse abgebaut werden.

Schließlich werden die sonstigen Insolvenzanfechtungsmöglichkeiten weiter eingeschränkt, um auch hierdurch Sanierungsbemühungen zu erleichtern (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 4 COVInsAG).

Wer trägt die Beweislast für den Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie?

Der Gesetzgeber hat erkannt, dass der Ursachenzusammenhang nur sehr schwer eindeutig nachweisbar sein wird, so dass die Antragspflichtigen durch eine Vermutung dahingehend entlastet werden sollen, dass bei bestehender Zahlungsfähigkeit am 31. Dezember 2019 davon auszugehen ist, dass die spätere Insolvenzreife auf der COVID-19-Pandemie beruht und Aussichten darauf bestehen, eine bestehende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen.

Hierdurch soll gewährleistet werden, dass die derzeit bestehenden Unsicherheiten und Schwierigkeiten hinsichtlich des Nachweises der Kausalität und der Prognostizierbarkeit der weiteren Entwicklung in keiner Weise zulasten des Antragspflichtigen geht.

Zwar soll diese Vermutung widerleglich sein, allerdings soll eine solche Widerlegung nur dann in Betracht kommen, wenn keine Zweifel daran bestehen, dass die COVID-19-Pandemie nicht ursächlich für die Insolvenzreife war und dass die Beseitigung einer eingetretenen Insolvenzreife nicht gelingen konnte. An eine solche Widerlegung sollen höchste Anforderungen zum Schutz der Antragspflichtigen gestellt werden.

Was geschieht im Fall eines Gläubigerantrages auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens?

Der Gesetzesentwurf sieht flankierend auch einen Schutz vor Gläubigeranträgen vor. Durch die vorgesehene Regelung soll für einen Zeitraum von drei Monaten nach dem Inkrafttreten des Gesetzes verhindert werden, dass Gesellschaften, die am 01. März 2020 noch nicht insolvent waren, durch Gläubigeranträge in ein Insolvenzverfahren gezwungen werden. Eine Eröffnung eines Insolvenzverfahrens aufgrund eines Gläubigerantrages kommt danach nur dann noch in Betracht, wenn glaubhaft gemacht wird, dass die Insolvenzreife bereits vor dem 01. März 2020 eingetreten war.

Eine Ausnahme soll nur für die außerhalb der Insolvenzordnung geregelten Antragsrechte der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht und weiteren Aufsichtsbehörden gelten.

Was gilt nach dem 30. September 2020?

Eine Ermächtigung der Bundesregierung für eine Verlängerung des Aussetzungszeitraums ist derzeit in dem Entwurf zunächst nicht vorgesehen. Es muss aber davon ausgegangen werden, dass bei einer über den 30. September 2020 fortbestehenden Beeinträchtigung durch die COVID-19-Pandemie auch hier eine Verlängerung durch ein entsprechendes Nachfolgegesetz zu erwarten sein wird.

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