Mietendeckel verfassungswidrig

Bundesverfassungsgericht, Berliner Mietendeckel verfassungswidrig, keine Gesetzgebungskompetenz des Landes Berlin, Gesetz von Anfang an nichtig, Mieter zur Nachzahlung der Differenz verpflichtet, Schattenmiete, ordentliche Kündigung, außerordentliche Kündigung, Verschulden
16.04.2021 | 

Nach Monaten der Unsicherheit herrscht nun Klarheit: Der umstrittene Berliner Mietendeckel verstößt gegen das Grundgesetz und ist daher nichtig. Dies hat das Bundesverfassungsgericht mit einem am 15. April 2021 veröffentlichten Beschluss entschieden.

Zur Entscheidung

Das oberste deutsche Gericht hat festgestellt, dass das MietenWoG Bln deshalb gegen das Grundgesetz verstößt, weil dem Land Berlin eine Gesetzgebungskompetenz zur Regelung der Miethöhe (sog. Mietpreisrecht) nicht zusteht. Diese liegt beim Bund und der hat mit den Regelungen im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) das Mietpreisrecht abschließend geregelt, so dass das Land Berlin keine Befugnis hatte und auch in Zukunft nicht hat, in diesem Bereich landesgesetzliche Regelungen zu erlassen. Damit ist der Berliner Mietendeckel verfassungswidrig und somit nichtig.

Das Grundgesetz differenziert in Art. 70 ff. GG zwischen der konkurrierenden und der ausschließlichen Gesetzgebung. Das Bundesverfassungsgericht verdeutlichte, dass das Mietpreisrecht in die konkurrierende Gesetzgebung fällt, in der den Ländern eine Kompetenz nur dann zusteht, wenn der Bund von seiner (vorrangigen) Kompetenz keinen Gebrauch gemacht hat. Dies hat der Bund aber u.a. mit den bundesgesetzlichen Regelungen zur Mietpreisbremse nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts abschließend getan.

Da der Mietendeckel im Wesentlichen denselben Gegenstand - nämlich den Schutz des Mieters vor überhöhten Mieten - regelt, besteht keine Gesetzgebungskompetenz des Landes Berlin, womit ein Verstoß gegen das Grundgesetz vorliegt.

Ab wann gilt die Entscheidung?

Der Beschluss ist rechtskräftig, ein Rechtsmittel gibt es nicht. Das heißt, dass das Gesetz von Anfang an nichtig ist und die Mietverhältnisse ab sofort wieder so zu behandeln sind, als hätte es nie einen Mietendeckel gegeben.

Was bedeutet das für die während der „Geltungsdauer“ des Mietendeckels nicht eingeforderten Mieten und was müssen Vermieter tun?

Mieter müssen die Miete nachzahlen, wenn Vermieter sich in Reaktion auf den Mietendeckel nicht mit ihnen auf eine Miete nach dem Mietendeckel geeinigt haben. Haben also Vermieter lediglich die Vertragsmiete nicht mehr entgegengenommen oder eingefordert, um eine Ordnungswidrigkeit zu vermeiden, sind die Mieter zur Nachzahlung der Differenz zu der vertraglich vereinbarten Miete verpflichtet.  

Zur Erinnerung: Der Mietendeckel bestand aus zwei Stufen. In der ersten Stufe wurden mit dem Inkrafttreten des Gesetzes am 23. Februar 2020 die Mieten auf die Höhe der sog. Stichtagsmiete eingefroren. Betroffen waren Mieterhöhungen, die nach dem Stichtag wirksam wurden und Staffelmieten. Hier müssen die Mieter nun nachzahlen. Gleiches gilt dann, wenn der Vermieter während der Geltungsdauer des Mietendeckels nach dem BGB wirksame Mieterhöhungen erklärt hat. Wurde hiervon vom Vermieter wegen des Mietendeckels abgesehen, wäre hierfür jetzt der richtige Zeitpunkt.

Auf der zweiten Stufe wurden die Mieten am 23. November 2020 auf die im Gesetz definierte Mietobergrenze abgesenkt. Die Differenz ist nun von den Mietern nachzuzahlen.

Da die Mieter von sich aus die Mieten nachzahlen müssen, müssten Vermieter grundsätzlich nichts tun. Allerdings empfehlen wir, die Mieter aktiv zur Zahlung aufzufordern und anzumahnen, um insoweit die Voraussetzung für einen Verzug zu begründen.

Was gilt bei Mietverträgen, die während der Geltungsdauer des Mietendeckels neu abgeschlossen wurden?

Wer bei Neuverträgen zwei Mieten vereinbart hat, also eine „Mietendeckelmiete“ und eine „Vertragsmiete“ (sog. Schattenmiete) hat richtig gehandelt. Wenn die Vereinbarung technisch richtig gemacht worden ist, gilt die Schattenmiete von Anfang an und die Mieter müssen nachzahlen.

Kann Mietern jetzt wegen Zahlungsverzug gekündigt werden?

Soweit ein ausreichender Rückstand mit den geschuldeten Mieten vorliegt, kommt sowohl eine ordentliche als auch eine außerordentliche Kündigung des Mietverhältnisses durch den Vermieter nach den gesetzlichen Vorschriften in Betracht. Ein besonderer Kündigungsschutz wegen der jetzt durch das Verfassungsgericht festgestellten Nichtigkeit des Gesetzes gibt es grundsätzlich nicht.

Eine Kündigung setzt aber neben einem ausreichenden Zahlungsrückstand auch einen Verzug und damit ein Verschulden voraus. Insoweit kann nicht ausgeschlossen werden, dass Berliner Gerichte ein Verschulden verneinen werden, wenn die Mieter im Vertrauen auf den Mietendeckel nicht gezahlt haben und nunmehr nicht direkt nachzahlen. Aus diesem Grund empfiehlt es sich, die Mieter nunmehr anzumahnen. Erschwerend dürften sich die Mieter entgegenhalten lassen müssen, wenn der Vermieter sie zuvor auf die Zweifel an der Verfassungsgemäßheit des Mietendeckels hingewiesen und geraten hat, die zunächst gesparten Beträge zurückzulegen.

Was ist mit der Mietpreisbremse des BGB?

Die Mietpreisbremse gilt weiterhin. Während der Geltungsdauer des MietenWoG Bln stellten Verstöße gegen die Mietpreisbremse Ordnungswidrigkeiten dar. Dies ist jetzt nicht mehr der Fall. Mieter müssen Verstöße gegen die Mietpreisbremse zivilrechtlich geltend machen.

Weiterhin gilt aber § 5 Wirtschaftsstrafgesetz (WiStG). Hiernach handelt ordnungswidrig, wer eine unangemessen hohe Miete verlangt. Dies kann im Einzelfall der Fall sein, wenn die Miete die ortsübliche Vergleichsmiete um 20% übersteigt.

Können wir Sie bei der Nachforderung offener Mieten unterstützen oder möchten Sie klären, ob die Möglichkeiten einer Vertragskündigung wegen im Einzelfall aufgelaufener Zahlungsrückstände möglich sind?

In allen Fragen rund um den Mietendeckel und in Bezug auf die Folgen von dessen Nichtigkeit, stehen wir Ihnen mit unserem Team gerne beratend zur Verfügung.

 

Redaktion:

Rechtsanwalt Stefan Hagen, Rechtsanwalt Andreas Noack, Rechtsanwalt Linus Spohn

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