Urteil des Bundesgerichtshofs zur Verwendung von Mantelgesellschaften

GESELLSCHAFTSRECHT Nr.2
05.01.2004 | Dr. Christian Stari

Urteil des Bundesgerichtshofs zur Verwendung von Mantelgesellschaften

Die Vorschriften für die Gründung einer GmbH hat der Bundesgerichtshof nunmehr auf die Verwendung eines "alten" GmbH-Mantels ausgedehnt. Es stellt sich die Frage, inwieweit die Verwendung eines GmbH-Mantels als Alternative zur Neugründung einer Gesellschaft noch attraktiv ist.

1. Bisherige Rechtsprechung zur Vorratsgesellschaft

Der BGH-Beschluss vom 7. Juli 2003 (AZ: II ZB 4/02) setzt eine Tendenz fort: Dass die Verwendung einer "auf Vorrat" gegründeten GmbH wirtschaftlich eine Neugründung darstellt, hatte der Bundesgerichtshof bereits mit Beschluss vom 9. Dezember 2002 (AZ: II ZB 12/02) entschieden (siehe hierzu auch unsere Kurzinfo Gesellschaftsrecht Mai 2003). Eine solche "Vorrats-GmbH" liegt dann vor, wenn eine GmbH - ausgestattet mit dem Mindeststammkapital von 25.000 Euro - als Verwaltungsgesellschaft sozusagen "für die Schublade" gegründet und ins Handelsregister eingetragen wird. Einziger Zweck dieser Konstruktion ist die Verwaltung des eigenen Vermögens. Jederzeit kann ein Interessent die Vorrats-Gesellschaft erwerben, wenn er kurzfristig unter Umgehung der bürokratischen Gründungsverfahren in der Rechtsform einer GmbH tätig werden will. Durch Satzungsänderung und Bestellung eines neuen Geschäftsführers wird die GmbH mit Leben erfüllt.     

Auch auf diese Form der wirtschaftlichen Neugründung durch Ausstattung der Vorratsgesellschaft mit einem Unternehmen und erstmalige Aufnahme des Geschäftsbetriebes sind die Gründungsvorschriften des GmbH-Gesetzes anzuwenden, hatte der Bundesgerichtshof entschieden. Das betrifft insbesondere die Gewährleistung der Kapitalausstattung.     

2. Neue Rechtsprechung zur Mantelgesellschaft

Mit seinem Beschluss vom Juli 2003 hat der Bundesgerichtshof an diese Rechtsprechung angeknüpft. Er erweiterte die Anwendung der GmbH-Gründungsvorschriften auf die Verwendung eines "alten" GmbH-Mantels.     

Zunächst stellt sich die Frage, wann eine Mantelverwendung im Sinne dieser neuen BGH-Rechtsprechung vorliegt.     

Für die Abgrenzung der Mantelverwendung von beispielsweise der Umorganisation oder Sanierung einer noch aktiven GmbH definiert der BGH-Beschluss: Inwieweit betreibt die - alte - Gesellschaft noch ein aktives Unternehmen, "an das die Fortführung des Geschäftsbetriebes [...] in irgendeiner wirtschaftlich noch gewichtbaren Weise anknüpft." Von der Verwendung eines alten GmbH-Mantels kann nach dem BGH-Beschluss nur dann die Rede sein, wenn es sich um eine inaktive Gesellschaft handelt, die ihren Geschäftsbetrieb eingestellt hat und vom neuen Eigentümer mit "neuem Leben" erfüllt wird.     

Die Wiederverwendung eines alten Gesellschaftsmantels muss gegenüber dem Registergericht offen gelegt werden. Die Offenlegung der wirtschaftlichen Neugründung ist mit folgenden Versicherungen gem. § 8 Abs. 2 GmbH-Gesetz (GmbHG) zu verbinden:         

  • Die in § 7 Abs. 2 und 3 GmbHG bezeichneten Leistungen sind auf die Stammeinlagen bewirkt.     
  • Der Gegenstand der Leistung befindet sich zu diesem Zeitpunkt endgültig in der freien Verfügung der Geschäftsführer.     

Diese Versicherung ist am satzungsmäßigen Stammkapital der Gesellschaft auszurichten, so dass im Zeitpunkt der Offenlegung die Gesellschaft noch ein Mindestvermögen in Höhe der satzungsgemäßen Stammkapitalziffer besitzen muss. Von dieser Summe müssen sich mindestens 12.500 Euro, andernfalls ein Viertel wertmäßig in der freien Verfügung der Geschäftsführung befinden.

3. Risiken bei der Mantel-Verwendung

Die Gründer trifft das Risiko einer Unterbilanzhaftung. Die Gesellschafter haben dafür einzustehen, dass zum Zeitpunkt der Anmeldung die Einlagen nicht schon durch Verluste ganz oder teilweise aufgezehrt sind. Stichtag für die Unterbilanzhaftung der Gesellschafter bei der wirtschaftlichen Neugründung ist der Tag der Offenlegung gegenüber dem Handelsregister.     

Neben dieser Unterbilanzhaftung ist noch die Handelndenhaftung zu beachten, die § 11 Abs. 2 GmbHG regelt: Sie trifft zu, wenn die Geschäfte ohne Zustimmung aller Gesellschafter vor Offenlegung der wirtschaftlichen Neugründung aufgenommen werden.      

4. Empfehlung

Die Verwendung eines alten GmbH-Mantels für die Neugründung einer Gesellschaft ist wegen der nun damit verbundenen Risiken nicht mehr zu empfehlen.  Die Verwendung einer Vorratsgesellschaft kann dagegen durchaus weiterhin sinnvoll sein, wenn aus unternehmerischen Gründen kurzfristig eine neue GmbH benötigt wird, um am Markt aufzutreten. Damit verbundene Risiken müssen bei der vertraglichen Gestaltung des Erwerbs einer Vorratsgesellschaft berücksichtigt werden.     

gez.  

Dr. Christian Stari 

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# Tags: Gesellschaftsrecht, Dr. Christian Stari, Recht Aktuell