KURZINFO IMMOBILIENRECHT

IMMOBILIENRECHT Nr. 1
14.06.2004 | Dr. Christian Stari, Andreas Noack

I) Aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofs zur Zulässigkeit des Ausschlusses des gesetzlichen

Kündigungsrechts des Mieters in einem Wohnungsmietvertrag

a. Rechtslage vor der Mietrechtsreform

Vor In-Kraft-Treten des Mietrechtsreformgesetzes vom 19. Juni 2001, war es übliche Praxis das ordentliche Kündigungsrecht des Mieters im Rahmen von Wohnungsmietverträge für einen bestimmten Zeitraum auszuschließen, um auf diesem Wege eine hohe Fluktuation bei den Mietern im Interesse des Vermieters zu vermeiden.

b. Streitstand nach der Mietrechtsreform

Nach der Mietrechtsreform wurde verbreitet die Ansicht vertreten, dass ein solcher befristeter Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts des Mieters sich nicht mit der Schutzvorschrift des § 573 c Abs. 4 BGB vereinbaren lasse. Durch diese Vorschrift wird ausdrücklich eine für den Mieter nachteilige Abweichung von den gesetzlichen Kündigungsfristen für unwirksam erklärt. Dies wurde damit begründet, dass die durch die Reform abgekürzten Kündigungsfristen - ausweislich der amtlichen Begründung - vor dem Hintergrund eingeführt wurden, dass der "in der heutigen modernen Gesellschaft zunehmend verlangten Mobilität und Flexibilität" und damit dem Interesse des Mieters an einer kurzfristigen Aufgabe seiner Wohnung Rechnung getragen werden sollte. Ein befristeter Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts würde diesem Zweck zuwiderlaufen und sei daher mit der gesetzlichen Neuregelung unvereinbar. 

Dagegen wurde unter Verweis auf die Begründung des Regierungsentwurfes, in welchem die Möglichkeit eines befristeten Ausschlusses des Kündigungsrechts ausdrücklich erwähnt wird, die Ansicht vertreten, dass die insoweit bestehende alte Rechtslage durch das Reformgesetz nicht beeinträchtigt werden sollte und somit ein befristeter Ausschluss des Kündigungsrechts weiterhin zulässig sein müsse.

c. Entscheidung des BGH - Keine Änderung der Kündigungsfristen

Mit seiner Entscheidung vom 22. Dezember 2003 (Az: VIII ZR 81/03) hat der Bundesgerichtshof nunmehr diese Frage eindeutig dahingehend geklärt, dass auch nach der Mietrechtsreform der befristete Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts des Mieters wirksam individualvertraglich vereinbart werden kann. Der Senat begründet seine Entscheidung damit, dass durch den vereinbarten Kündigungsverzicht die gesetzlich vorgeschriebenen Kündigungsfristen nicht verändert würden, da der Lauf der Kündigungsfristen zunächst ein Kündigungsrecht voraussetze und ausschließlich dieses Gegenstand der Parteivereinbarung sei und somit der Schutzzweck des § 573 c Abs. 4 BGB nicht betroffen sei.

d. Zumutbare Vertragsbeendigung durch Nachmieterstellung

Die Anerkennung des vereinbarten Kündigungsausschlusses stelle auch deshalb keine unzumutbare Belastung für den Mieter dar, da dieser die Möglichkeit habe durch die Stellung eines Nachmieters seine Verpflichtung aus dem Mietverhältnis zu beenden, wodurch ausreichend das durchaus anzuerkennende Mobilitätsinteresse der Mieter geschützt werde.

e. Keine Umgehung der gesetzlich beschränkten Möglichkeiten für Zeitmietverträge

Schließlich stellte der Bundesgerichtshof klar, dass die Vereinbarung auch nicht gegen § 575 Abs. 4 BGB verstoße, wonach Zeitmietverträge nur noch in Ausnahmefällen zulässig sind, da hierdurch lediglich gewährleistet werden sollte, dass Wohnraummietverhältnisse nicht mehr alleine durch Zeitablauf und ohne Kündigungsschutz für den Mieter enden sollten. Die Neuregelung zielt also darauf ab, den Mieter vor dem Verlust seiner Wohnung zu schützen und nicht vor einer längeren Vertragsbindung durch den befristeten Ausschluss des Kündigungsrechts.

f. Konsequenzen für die Praxis

Diese Entscheidung hat weitgehende Konsequenzen für die Gestaltung von Wohnungsmietverträgen. Nachdem der Bundesgerichtshof einen Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts für die Dauer von 60 Monaten als wirksam angesehen hat, kann durch dieses Gestaltungsinstrument nunmehr wieder dem Interesse des Vermieters an einer langfristigen Bindung des Mieters Rechnung getragen werden. Die Frist von 60 Monaten sollte dabei als Richtwert gelten, welcher aus Gründen der Rechtssicherheit nicht überschritten werden sollte.

II) Aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofs zum Anspruch eines Kreditnehmers gegenüber der finanzierenden Bank auf Sicherheitenaustausch

Am 03. Februar 2004 verkündete der für Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs seine Entscheidung dazu, ob einem Kreditnehmer im Falle der Veräußerung des beliehenen Objektes ein Anspruch auf Austausch des Sicherungsobjektes gegen den Kreditgeber zusteht.

a. Weiterentwicklung der bisherigen Rechtsprechung

Aufbauend auf die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, nach welcher eine Verpflichtung des Darlehensgebers besteht, den Darlehensnehmer dann gegen eine angemessene Vorfälligkeitsentschädigung aus einem Festzinsvertrag mit vertraglich vereinbarter Laufzeit zu entlassen, wenn der Kreditnehmer ein anerkennungswertes Bedürfnis an einer anderweitigen Verwertung des beliehenen Objektes hat, hat der XI. Senat nunmehr eine weitere Möglichkeit der Vertragsanpassung für grundsätzlich zumutbar erklärt.

Der Senat geht davon aus, dass eine Ablösung des Kredits nicht erforderlich ist, wenn das Sicherungsinteresse der Bank dadurch gewahrt bleibt, dass eine äquivalente Sicherheit durch den Darlehensnehmer zur Verfügung gestellt wird, um die ursprünglich gewährte Sicherheit abzulösen.

b. Zumutbarkeit für den Kreditgeber

Ein solcher Austausch soll dem Kreditgeber stets dann zumutbar sein, wenn die vom Kreditnehmer angebotene Sicherheit das Risiko des Darlehensgebers genauso gut abdeckt, wie die ursprünglich vereinbarte und vom Darlehensnehmer gewährte Sicherheit, der Kreditnehmer bereit und in der Lage ist, sämtliche mit dem Sicherheitenaustausch verbundenen Kosten zu übernehmen und dem Kreditgeber auch keine sonstigen Nachteile bei der Verwaltung oder Verwertung der Ersatzsicherheit drohen.

c. Neue Gestaltungsmöglichkeiten

Die Entscheidung ermöglicht bei Immobilientransaktionen einen erheblich größeren Gestaltungsspielraum, als es die bisherige Rechtsprechung zur Kreditablösung gegen Vorfälligkeitsentschädigung erlaubte, was in der Gesamtschau auch eine nicht unerhebliche Kostenersparnis für den Kreditnehmer mit sich bringen dürfte.

III) Widerruf von Realkreditverträgen - Erneuter Vorlagebeschluss zum EuGH

a. EuGH-Entscheidung zum Widerruf von Realkreditverträgen

Seit der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 13. Dezember 2001, mit welcher dieser entschieden hatte, dass die europäische Haustürgeschäfterichtlinie dahingehend auszulegen ist, dass sie zum einen auch auf Realkreditverträge Anwendung findet und zum anderen das Widerrufsrecht des Verbrauchers, der nicht über sein Recht belehrt wurde, nicht auf ein Jahr befristet werden darf, waren vergleichbare Fallkonstellationen wiederholt Gegenstand der höchstrichterlichen Rechtsprechung.

b. Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu den Rechtsfolgen des Widerrufsrechts

Nachdem das genannte EuGH-Urteil zunächst große Hoffnungen bei den Anlegern schürte, zeigten die nachfolgenden Entscheidungen des Bundesgerichtshofs, dass eine grundlegende Verbesserung der Position des Anlegers auch durch die Entscheidung des EuGH nicht gewährleistet wird.

Der Bundesgerichtshof hat zwar das Widerrufsrecht des Verbrauchers im Hinblick auf in einer Haustürsituation abgeschlossene Realkreditverträge übernommen, jedoch als Rechtsfolge die Rückabwicklung des Darlehensvertrages und damit die sofortige Rückzahlung der Darlehensvaluta nebst marktüblicher Zinsen seit Überlassung des Kapitals grundsätzlich als interessengerecht angesehen (vgl. BGH Urt. v. 12.11.2002 - XI ZR 47/01). Eine Erstreckung des Widerrufsrechts auf das Immobilienerwerbsgeschäft hat der BGH indes im Grundsatz verneint, da ein verbundenes Geschäft im Sinne des § 9 Abs. 2 des Verbraucherkreditgesetzes (nunmehr § 358 BGB) nicht anzunehmen sei, da das Verbraucherkreditgesetz auf Realkreditverträge keine Anwendung finden könne. Zwar räumte er ein, dass in Ausnahmefällen dennoch ein verbundenes Geschäfts angenommen werden könne, doch ließ er offen, bei welcher Fallgestaltung dies tatsächlich in Betracht kommen würde.

Dies hat zur Folge, dass der Verbraucher aus dem Immobilienerwerbsvertrag verpflichtet bleibt und ihm somit lediglich die Möglichkeit einer "Umschuldung" durch eine Refinanzierung bei einem anderen Darlehensgeber eingeräumt wird.

c. Vorlagebeschluss des Landgerichts Bochum

Dies hat das Landgericht Bochum nunmehr zum Anlass genommen erneut den EuGH anzurufen, um zu klären, ob die vom Bundesgerichtshof im Grundsatz zu den Rechtsfolgen des Widerrufs vertretene Position mit der europäischen Haustürgeschäfterichtlinie vereinbar ist.

d. Ausblick

Die Entscheidung des EuGH zu dieser Frage wird in jedem Fall weit reichende Konsequenzen haben; entweder für die Anleger, die in ihrer Position erheblich gestärkt werden könnten oder für die finanzierenden Banken und die jeweiligen Veräußerer der Immobilien bzw. Immobilienbeteiligungen, sofern die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bestätigt und somit nahezu jegliches Risiko von diesen genommen wird. Wir werden über die weiteren Entwicklungen im Rahmen unserer Reihe "Recht aktuell" berichten.

Redaktion

Redaktion: Rechtsanwalt Dr. Christian Stari und Rechtsanwalt Andreas Noack

Herausgeber: Bethge.Reimann.Stari Rechtsanwälte, Berlin 

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# Tags: Dr. Christian Stari, Andreas Noack, Immobilienrecht, Recht Aktuell