KURZINFO IMMOBILIENRECHT

IMMOBILIENRECHT Nr. 4
13.06.2005 | Dr. Christian Stari, Andreas Noack

I) Die Entwicklung der Rechtsprechung des BGH zu den Rechten des Kreditnehmers gegenüber der Bank beim kreditfinanzierten Erwerb von Anteilen an einem geschlossenen Immobilienfonds

1. Ausgangslage

Mit unseren Kurzinfos Nr. 2 vom 22. Juni 2004 und Nr. 3 vom 24. August 2004 hatten wir die sechs Urteile des II. Zivilsenats des BGH, im Rahmen derer die Rechte des Kreditnehmers gegenüber der Bank beim kreditfinanzierten Erwerb von Anteilen an einem geschlossenen Immobilienfonds erheblich ausgeweitet wurden, im Einzelnen dargestellt. 

Der II. Zivilsenat des BGH hat insbesondere den Anwendungsbereich des Verbraucherkreditgesetzes (VerbrKrG) auch auf diese Darlehensverträge ausgeweitet und die sich daraus ergebenden Rechte der Anleger gegenüber der finanzierenden Bank definiert. Im Kern ging es in diesen Urteilen darum, dass der BGH grundsätzlich das VerbrKrG überhaupt auf derartige Darlehensverträge für anwendbar erklärt hat und zwar auch dann, wenn diese grundbuchlich abgesichert waren. Darüber hinaus hat der II. Zivilsenat des BGH in den ihm zur Entscheidung vorgelegten Fällen die Voraussetzungen für das Vorliegen eines verbundenen Geschäftes im Sinne des § 9 VerbrKrG angenommen und dies damit begründet, dass die Bank in die Vertriebsorganisation der Fondsinitiatoren eingegliedert gewesen sei. 

Der II. Zivilsenat lies es für die Annahme eines verbundenen Geschäftes genügen, dass der Vermittler der Beteiligung den Anlegern Formulare der finanzierenden Bank für den Abschluss des Darlehensvertrages vorgelegt hat und ein vom Fondsinitiator ausgewählter Treuhänder im Namen der Anleger die Darlehensverträge mit der finanzierenden Bank abgeschlossen hat. Schließlich hat der II. Zivilsenat des BGH die Anwendbarkeit der §§ 171, 172 BGB und damit das Recht der finanzierenden Bank, sich auf einen durch die Vorlage der den Treuhänder legitimierenden Originalvollmachten begründeten Rechtsschein zu berufen, in Frage gestellt.

Damit eröffnete der II. Zivilsenat des BGH für den Anleger die Möglichkeit, den zur Finanzierung seines Fondsbeitritts abgeschlossenen Darlehensvertrag in der Weise rückabzuwickeln, dass er seinerseits die geleisteten Zins- und Tilgungsraten zurückverlangen konnte, während er im Gegenzug an die finanzierende Bank seinen Fondsanteil sowie etwaige gegenüber Fondsinitiatoren bestehende Schadensersatzansprüche abzutreten hatte. 

2. Streit der Zivilsenate des BGH

a) Die Rechtsprechung des V. sowie insbesondere des XI. Zivilsenats

Diese Rechtsprechung des II. Zivilsenats des BGH ist teilweise auf sehr deutliche Kritik anderer Zivilsenate gestoßen.

Zunächst hat sich der V. Zivilsenat des BGH mit Urteil vom 08. Oktober 2004 (AZ: V ZR 18/04) mit der Frage auseinandergesetzt, welcher Personenkreis in den Schutzbereich der §§ 171, 172 BGB einzubeziehen sei. In einem Fall, welcher den Abschluss eines Immobilienkaufvertrages nebst Darlehensvertrag durch einen Geschäftsbesorger im Namen des Anlegers betraf, stellte der V. Zivilsenat klar, dass ein Treuhänder bei Vorlage der Originalvollmacht unter Rechtsscheingesichtspunkten auch gegenüber dem Initiator legitimiert sei. Dabei hob das Gericht hervor, dass im Jahre 1992 auch für die Initiatoren eines solchen Steuersparmodells kein Anlass bestand, an der Wirksamkeit der dem Treuhänder bzw. Geschäftsbesorger erteilten Vollmacht zu zweifeln. Insoweit sei auch der Initiator schutzwürdig in dem Sinne, dass der durch die Vorlage der Originalvollmacht gesetzte Rechtsschein gemäß §§ 171, 172 BGB auch im Hinblick auf die mit dem Initiator selbst abgeschlossenen Verträge gelte.

Besonders harsch kritisierte der XI. Zivilsenat mit seinem Urteil vom 16. Oktober 2004 (AZ: XI ZR 255/03) die vorangegangenen Urteile des II. Zivilsenats. Wörtlich führte nunmehr der XI. Zivilsenat aus, die Rechtsprechung des II. Zivilsenats "entbehrt einer gesetzlichen Verankerung und ist mit grundlegenden Prinzipien des Vertretungsrechts nicht vereinbar."

Zunächst schließt sich der XI. Zivilsenat der Auffassung des V. Zivilsenats an, wonach die Anwendbarkeit der Rechtsscheinsgrundsätze der §§ 171, 172 BGB auch gegenüber der kreditgebenden Bank nicht eingeschränkt oder gar ausgeschlossen sei. Der XI. Zivilsenat betont, dass insbesondere eine Einschränkung dieser Rechtsscheinsgrund-sätze durch die Regelung in § 9 VerbrKrG zum verbunden Geschäft nicht gerechtfertigt sei. Schon rechtssystematisch sei diese Regelung nicht einschlägig. 

Nur unter den engen Voraussetzungen des Vorliegens eines Vollmachtsmissbrauches könne einem Vertragspartner das Recht abgesprochen werden, sich auf den durch die Vorlage der Originalvollmacht gesetzten Rechtschein zu berufen.

In diesem Zusammenhang hebt der XI. Zivilsenat hervor, dass auch alleine die fehlende Einflussnahme des Anlegers auf die Auswahl des Treuhänders es nicht rechtfertige, diesen Treuhänder nicht wie einen echten Vertreter zu behandeln. Auch hier gelte, dass nur dann, wenn andere Umstände vorlägen, aus denen sich ein bewusstes Zusammenwirken zwischen Initiator und Treuhänder zum Nachteil des Anlegers ergäbe zu Gunsten des Treuhänders ein Rechtsschein im Sinne des §§ 171, 172 BGB auch nicht durch den Gebrauch der Originalvollmacht gesetzt werden könne. 

Schließlich weist der XI. Zivilsenat darauf hin, dass die Anwendbarkeit des Verbraucherkreditgesetzes regelmäßig schon daran scheitere, dass die Darlehensverträge, die zur Finanzierung der Einlageverpflichtungen der Anleger gegenüber der Fondsgesellschaft abgeschlossen wurden, grundbuchlich gesichert seien. Gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG sei das Verbraucherkreditgesetz auf solche Realkredite nicht anwendbar. Dies gelte auch dann, wenn die Grundschuld, welche zur Besicherung des Darlehensvertrages der Bank eingeräumt wurde, bereits vor Abschluss des Darlehensvertrages zu Gunsten der Bank bestellt worden war.

Der XI. Zivilsenat bekräftigt diese Rechtsprechung mit Urteilen vom 09. November 2004 (AZ: XI ZR 315/03), 11. Januar 2005 (AZ: XI ZR 272/03) und zuletzt vom 15. März 2005 (AZ: XI ZR 135/04). Stets hebt der XI. Zivilsenat des BGH hervor, dass der Treuhänder auch gegenüber der finanzierenden Bank nach Maßgabe der §§ 171, 172 BGB, das heißt mit Vorlage der Originalvollmacht unter Rechtsscheinsgesichtspunkten zur Vertretung befugt gewesen sei. 

Auch hebt der XI. Zivilsenat des BGH hervor, dass jedenfalls zu Beginn der 90iger Jahre weder der finanzierenden Bank noch den Initiatoren die Unwirksamkeit der Vollmachten bekannt gewesen sein konnte. Besonders hervorzuheben ist das Urteil vom 11. Januar 2005, da dies einen Darlehensvertrag betraf, der zur Finanzierung der Beteiligung eines Anlegers an einem in der Rechtsform einer GbR konzipierten geschlossenen Immobilienfonds abgeschlossen worden war. Der XI. Zivilsenat verneint in diesem Fall das Vorliegen eines verbundenen Geschäftes, da der Nachweis für eine einheitliche Vertriebsorganisation nicht geführt worden sei und allein die Einschaltung eines Treuhänders eine solche Annahme nicht rechtfertige. 

Folglich erachtete der XI. Zivilsenat in diesem Fall den Darlehensvertrag zur Finanzierung des Fondsbeitritts aus Gründen des Rechtsscheins als wirksam.

 

b) Fortsetzung der Rechtsprechung des II. Zivilsenates

Der II. Zivilsenat hält trotz der Kritik an seiner Rechtsprechung fest. Mit Urteil vom 24. Januar 2005 (AZ: II ZR 408/02) wiederholt er seine Ausführungen insbesondere zum verbundenen Geschäft. Dort ging es um einen Darlehensvertrag, den ein Anleger zur Finanzierung seiner Beteiligung an einem in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG konzipierten geschlossenen Immobilienfonds vertreten durch einen Treuhänder abgeschlossen hat. Die Besonderheit des dortigen Falls war, dass der Anleger durch eine Täuschung zum Fondsbeitritt veranlasst worden war. Der BGH nahm hier ein verbundenes Geschäft an, da er von einer einheitlichen Vertriebsorganisation ausgehen konnte. Maßgeblich dafür war, dass der Vermittler der Beteiligung Darlehensantrag und Bonitätsunterlagen an den Anleger und von diesem zurück an die finanzierende Bank übermittelte. Im Ergebnis stellte der II. Zivilsenat fest, dass der betroffene Anleger nicht zur Rückzahlung der Darlehensvaluta verpflichtet sei, sondern der Bank nur die Abtretung des erworbenen Fondsanteils sowie etwaiger ihm gegenüber den Initiatoren zustehender Schadensersatzansprüche schulde.

Mit Urteil vom 31. Januar 2005 (AZ: II ZR 200/03) bestätigte der II. Zivilsenat des BGH im Hinblick auf einen Darlehensvertrag, der der Finanzierung der Beteiligung an einem in der Rechtsform einer GbR konzipierten geschlossenen Immobilienfonds betraf, diese Rechtsprechung nochmals. Die Besonderheit hier war, dass der Fondsprospekt fehlerhafte Angaben zu Anschaffungs- und Herstellungskosten enthielt und das der dortige Initiator unter anderem im Hinblick auf diesen Fonds wegen Kapitalanlagebetrugs rechtskräftig verurteilt worden war. Auch in diesem Fall konnte der II. Zivilsenat des BGH ein verbundenes Geschäft annehmen. Der Vermittler der Beteiligung hatte von der finanzierenden Bank standardisierte Kreditvertragsvordrucke erhalten, diese ausgefüllt und an den Anleger weitergeleitet. Auch hier schuldete der Anleger im Ergebnis der finanzierenden Bank nur die Abtretung seines Fondsanteils und etwaiger gegenüber den Initiatoren bestehender Schadensersatzansprüche.

Mit seinem Urteil vom 21. März 2005 (AZ: II ZR 411/02) schließlich setzt sich der BGH noch einmal mit der Anwendung des Verbraucherkreditgesetzes und insbesondere dem Ausnahmetatbestand des § 3 Abs. 2 VerbrKrG auseinander. 

Der II. Zivilsenat bekräftigt seine Auffassung, wonach dieser Ausnahmetatbestand im Hinblick auf den Darlehensvertrag, der der Finanzierung der Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds dient, nicht anwendbar ist, wenn das Grundpfandrecht, welches zur Besicherung dieses Darlehensvertrages dient, zeitlich vor Abschluss des Darlehensvertrages zu Gunsten der finanzierenden Bank bereits bestellt war. 

Sinn und Zweck der Ausnahmevorschrift rechtfertige deren Anwendung im Hinblick auf die Erforderlichkeit eines effektiven Anlegerschutzes nicht. Vor diesem Hintergrund sei in jedem Fall des kreditfinanzierten Erwerbs einer Fondsbeteiligung zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für ein verbundenes Geschäft vorliegen. Der BGH nahm dies in dem zur Entscheidung stehenden Fall an, da die finanzierende Bank hier die Selbstauskunftsformulare, welche der vom Initiator eingeschaltete Vermittler den Anlegerinteressenten übergeben hatte, benutzte und den Darlehensvertrag mit dem vom Initiator ausgewählten Treuhänder abschloss.

3. Resümee

Es ist innerhalb des BGH zu einem mittlerweile offen ausgetragenen Konflikt zwischen dem II. und dem XI. Zivilsenat gekommen. Dies ist nicht nur bedauerlich, sondern sowohl im Interesse einer Rechtssicherheit für die betroffenen Fondsgesellschaften, deren Anleger und sonstigen Vertragspartner als auch im Hinblick auf das Gebot der Einheitlichkeit der Rechtsprechung schlicht unerträglich.

Strittig ist zunächst die Frage, ob das Verbraucherkreditgesetz auf derartige Darlehensverträge auch dann Anwendung findet, wenn die zur Besicherung der Darlehensverträge dienende Grundschuld vor Abschluss der Verträge bereits bestellt worden war. Es wäre wünschenswert, wenn der eine oder andere Zivilsenat diese Frage bei nächster Gelegenheit nunmehr dem Großen Zivilsenat des BGH zur abschließenden Entscheidung vorlegen würde.

Geht man grundsätzlich von einer Anwendbarkeit des Verbraucherkreditgesetzes aus, stellt sich sodann die Frage, ob ein verbundenes Geschäft im Sinne des § 9 VerbrKrG vorliegt oder nicht. Die Kriterien hierfür sind einheitlich zu definieren, wobei nach hier vertretener Auffassung eine schematische Annahme des Vorliegens eines verbundenen Geschäftes schon rechtsdogmatisch unzulässig ist, dass es vielmehr einer genauen Einzelfallprüfung unterliegen muss, ob die Tatbestandsvoraussetzungen tatsächlich erfüllt sind oder nicht.

II) Aktuelle Entscheidungen des BGH zu den im Namen der Fondsgesellschaft unter Einschaltung eines Geschäftsbesorgers / Treuhänders abgeschlossenen Darlehensverträgen

1. Fragestellung

Der BGH vertritt in nunmehr ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass immer dann, wenn ein einzelner Anleger einen Geschäftsbesorger/Treuhänder damit beauftragt, in seinem Namen entweder eine Immobilie zu erwerben oder den Beitritt zu einem geschlossenen

Immobilienfonds zu erklären, ein Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz vorliegt. Dies hat zur Folge, dass der Darlehensvertrag, den der Geschäftsbesorger / Treuhänder im Namen des Anlegers zur Finanzierung des Immobilienerwerbs bzw. des Fondsbeitritts abgeschlossen hat, ebenfalls unwirksam ist, wenn nicht die Wirksamkeit unter Rechtsscheinsgesichtspunkten ausnahmsweise in Betracht kommt.

Im Hinblick auf diese Rechtsprechung wurde vielfach die Auffassung vertreten, dass folglich auch ein Darlehensvertrag, den ein Geschäftsbesorger / Treuhänder im Namen der Fondsgesellschaft selbst zur Finanzierung beispielsweise des Erwerbs der gesellschaftseigenen Immobilie oder der Sanierung bzw. Modernisierung des gesellschaftseigenen Objektes abgeschlossen hat, unwirksam sein müsse.

2. Kein Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz

Dieser Rechtsauffassung hat sich der BGH - hier zuständig der XI. Zivilsenat - nicht angeschlossen.

Erstmals hat sich der BGH mit Beschluss vom 21. Dezember 2004 (AZ: XI ZR 313/03) zu dieser Frage geäußert. Der BGH hat die Wirksamkeit des Darlehensvertrages damit begründet, dass die Fondsgesellschaft mit der Einschaltung eines Geschäftsbesorgers / Treuhänders und Bevollmächtigung dieses Geschäftsbesorgers / Treuhänders im Rahmen des Abschlusses verschiedener Verträge zulässigerweise Geschäftsführungsaufgaben auf einen Dritten übertrage. Der Geschäftsbesorger / Treuhänder werde damit gewissermaßen als Geschäftsführer der Fondsgesellschaft und damit außerhalb des Anwendungsbereiches des Rechtsberatungsgesetzes tätig.

Diese Rechtsauffassung hat der XI. Zivilsenat mit Urteil vom 15. Februar 2005 (AZ: XI ZR 396/03) ausdrücklich bestätigt und noch einmal im Einzelnen begründet. 

Im Ergebnis bleibt somit festzuhalten, dass auch dann, wenn ein Geschäftsbesorger / Treuhänder, der selbst nicht Gesellschafter der Fondsgesellschaft ist, im Namen der Fondsgesellschaft Verträge abgeschlossen hat, er damit nicht gegen das Rechtsberatungsgesetz verstößt, mithin diese Verträge wirksam sind.

III) Die Haftung der Anleger eines in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts konzipierten geschlossenen Immobilienfonds für vor ihrem Beitritt begründete Verbindlichkeiten der Fondsgesellschaft

1. Ausgangslage

Nach einer älteren BGH-Rechtsprechung haften die Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts für Verbindlichkeiten der

Gesellschaft grundsätzlich persönlich nur aufgrund einer gesonderten persönlichen rechtsgeschäftlichen Verpflichtung, die allerdings in der Regel im Abschluss einer Vereinbarung zwischen der Gesellschaft und dem Vertragspartner der Gesellschaft gesehen wurde. Nach dieser älteren Rechtsprechung hafteten auf diesem Wege für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft jedoch nur die Gesellschafter, die zum Zeitpunkt der Begründung der Gesellschaftsverbindlichkeiten bereits wirksam der Gesellschaft beigetreten waren.

Mit Urteil vom 27. September 1999 (AZ: II ZR 371/98) hat der BGH entschieden, dass die Gesellschafter von vornherein für Verbindlichkeiten der Gesellschaft persönlich und mit ihrem Privatvermögen haften, da eine Haftungsbeschränkung im Innenverhältnis Dritten gegenüber grundsätzlich als unwirksam angesehen wurde.

Mit Urteil vom 07. April 2003 (AZ: II ZR 56/02) hat der BGH entschieden, dass bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts die Regelung des § 130 HGB entsprechend anzuwenden ist mit der Folge, dass ein in die Gesellschaft eintretender Gesellschafter auch für Altverbindlichkeiten der Gesellschaft haftet. Gleichzeitig hat der BGH jedoch in dieser Entscheidung festgestellt, dass aus Gründen des Vertrauensschutzes diese neue Rechtsprechung keine Rückwirkung entfaltet. Das bedeutet zunächst, dass ein Haftung für Altverbindlichkeiten ausgeschlossen ist und somit, dass Gesellschafter, die nach Abschluss des Darlehensvertrages der Gesellschaft beigetreten sind, zumindest aus dem Gesellschaftsverhältnis selbst nicht für die Darlehensverbindlichkeiten haften.

2. Aktuelle Urteile des Kammergerichts Berlin sowie des OLG Dresden

Das Kammergericht in Berlin hat nunmehr mit Urteil vom 24. November 2004 (AZ: 26 U 38/04) entschieden, dass dieser Vertrauensschutz nicht im Hinblick auf Anleger gelte, die sich an einem geschlossenen Immobilienfonds beteiligen. Jedenfalls dann, wenn sich aus Fondsprospekt und gegebenenfalls auch aus dem Gesellschaftsvertrag ergibt, dass und in welcher Größenordnung die Fondsgesellschaft, welcher er nunmehr beitritt, Verbindlichkeiten - das heißt in der Regel Darlehensverbindlichkeiten - eingegangen ist und die Gesellschafter hierfür - zumindest quotal - persönlich haften, kann sich der Anleger, der nach Abschluss des Darlehensvertrages der Fondsgesellschaft beigetreten ist, nicht mit dem Argument des Vertrauensschutzes der Haftung für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft entziehen. Vielmehr haftet er in diesen Fällen unabhängig davon, wann der Darlehensvertrag abgeschlossen wurde.

Diese Rechtsauffassung vertritt auch das OLG Dresden in einem Urteil vom 22. Dezember 2004 (AZ: 8 U 1432/04). Die Urteile sind bislang noch nicht rechtskräftig geworden. Es bleibt abzuwarten, ob es insoweit demnächst zu einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs kommen wird.

IV) Die Nachschusspflicht des Anlegers eines in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts konzipierten geschlossenen Immobilienfonds

1. Ausgangslage

Gemäß § 707 BGB ist ein Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts nicht verpflichtet, Nachschüsse an die Gesellschaft zu leisten. Dies gilt unabhängig von der finanziellen Situation der Gesellschaft. Der Gesellschafter ist nur verpflichtet, die mit seinem Beitritt ausdrücklich begründeten Einlage- und Zahlungsverpflichtungen gegenüber der Gesellschaft zu erbringen. 

Entsprechend hoch waren bislang die Anforderungen, die in Rechtsprechung und Literatur an eine in einem Gesellschaftsvertrag vorgesehene Nachschussverpflichtung gestellt wurden. Nur dann, wenn sich für die betroffenen Gesellschafter aus der Nachschussklausel im Darlehensvertrag exakt ergibt, welcher Betrag ggf. nachzuschießen ist, wurde eine solche Klausel als wirksam erachtet. Die allgemeine Klausel, wonach bei Liquiditätsmehrbedarf Nachschüsse zu leisten wären, wird allgemein

2. Aktuelles Urteil des Kammergerichts

Das Kammergericht in Berlin hat mit Urteil vom 21. Januar 2005 (Az.: 14 U 180/03) die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Anleger an einem in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts konzipierten geschlossenen Immobilienfonds zu Nachschusszahlungen verpflichtet werden kann, neu aufgeworfen. Im dort zugrunde liegenden Fall sah der Gesellschaftsvertrag der GbR bislang keinerlei Regelungen zur Nachschusszahlung vor. Das Kammergericht lässt nunmehr einen verbindlichen Beschluss über eine Sonderumlage der Gesellschafter, welcher mit qualifizierter (3/4-) Mehrheit gefasst wird, genügen, um eine solche Nachschusspflicht zu begründen, wenn gleichzeitig die gesellschaftsvertragliche Grundlage im Wege der Satzungsänderung angepasst wird. 

Das bedeutet, dass mit entsprechender Mehrheit die Gesellschafter die Zahlung einer Sonderumlage durch gleichzeitige Satzungsänderung beschließen können. Das Kammergericht sieht hier keinen unzulässigen Eingriff in den Kernbereich der Rechte des Anlegers bzw. Gesellschafters, da insbesondere der Zweck der Gesellschaft nicht geändert würde. Die Rechte des Gesellschafters seien dadurch gewahrt, dass ihm ggf. ein Sonderkündigungsrecht zuzubilligen sei, worüber im vorliegenden Fall jedoch nicht entschieden werden musste.

Zunächst zeigt somit das Kammergericht einen Weg auf, wie möglicherweise erforderliche Sanierungskonzepte im Rahmen geschlossener Immobilienfonds rechtsverbindlich gestaltet werden können. Auf der anderen Seite ergibt sich aus der Entscheidung auch, dass bei einer entsprechenden Satzungsänderung ein Sonder-kündigungsrecht des Anlegers besteht, so dass ein solcher Beschluss ggf. willkommener Anlass für einzelne Gesellschafter sein könnte, ihre Mitgliedschaft in der Gesellschaft durch Ausübung des Sonderkündigungsrechts zu beenden.

V) Widerruf von Realkreditverträgen - Update

1. Ausgangslage

Mit unseren Kurzinfos zum Immobilienrecht Nr. 1 vom 14. Juni 2004 und Nr. 2 vom 22. Juni 2004 hatten wir bereits über ein vor dem Europäischen Gerichtshof anhängiges Verfahren zur Widerrufbarkeit von Realkreditverträgen berichtet. 

Im Kern geht es um Folgendes: 

Der Europäische Gerichtshof hatte zuvor entschieden, dass die Möglichkeit, einen in einer Haustürsituation unterzeichneten Realkreditvertrag nach den Bestimmungen des Haustürwiderrufsgesetzes zu widerrufen nicht durch die Regelung des Verbraucherkreditgesetzes ausgeschlossen sein kann. Danach stand fest, dass somit auch ein Realkreditvertrag nach den Bestimmungen des Haustürwiderrufsgesetzes grundsätzlich widerrufbar ist. 

Streitig waren die Konsequenzen, die sich aus einem solchen Widerruf ergeben. Der Bundesgerichtshof - XI. Zivilsenat - hat hierzu entschieden, dass der Widerruf eines solchen Darlehensvertrages die Rückabwicklung in der Weise zur Folge habe, dass der Anleger verpflichtet sei, die Darlehensvaluta sofort zurückzuzahlen. Zusätzlich müsse er im Wege der Nutzungsentschädigung Zahlungen in Höhe des marktüblichen Zinses ebenfalls an die finanzierende Bank zurückzahlen. 

Bereits auf Grundlage eines Vorlagebeschlusses des Landgerichts Bochum zeichnete sich ab, dass diese Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vor dem Europäischen Gerichtshof keinen Bestand haben wird.

 

2. Aktueller Vorlagebeschluss des Hanseatischen Oberlandesgerichts Bremen

Derzeit ist aufgrund des Vorlagebeschlusses des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen ein weiteres Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof anhängig, im Rahmen dessen es um die Auswirkungen des Widerrufs eines Realkreditgesetzes nach den Bestimmungen des Haustürwiderrufsgesetzes geht (Rechtssache C-229/04). 

In seinem Schlussplädoyer vom 02. Juni 2005 hat der Generalanwalt Philippe Léger die Rechtsauffassung des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs zunächst jedoch in einem nicht unwesentlichen Punkt bestätigt: Der Widerruf des Darlehensvertrages habe zwingend und denklogisch die sofortige Fälligkeit der Rückzahlung der offenen Darlehensvaluta zur Folge. Allerdings spricht der Generalstaatsanwalt der finanzierenden Bank das Recht ab, marktübliche Zinsen im Wege

der Nutzungsentschädigung zu verlangen. Ein Anspruch auf diese Zinsen sei nicht mit europäischem Recht vereinbar. Zur Frage, inwieweit die finanzierende Bank ggf. gesetzliche Verzugszinsen geltend machen könne, äußerte sich der Generalstaatsanwalt nicht. 

Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs, welcher in der Sache in der Regel dem Schlussplädoyer des Generalstaatsanwalts folgt, ist noch im Laufe dieses Jahres zu erwarten. Wir werden hierüber und über die sich dann daraus ergebenden Konsequenzen weiter berichten.

Redaktion

Redaktion: Rechtsanwalt Dr. Christian Stari und Rechtsanwalt Andreas Noack

Herausgeber: Bethge.Reimann.Stari Rechtsanwälte, Berlin 

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