Das neue Wohnungseigentumsrecht (WEG)

IMMOBILIENRECHT Nr. 3
03.11.2007 | Dieter Bethge, Malte Beuster

Am 01. Juli 2007 trat das Gesetz zur Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes und anderer Gesetze vom 26. März 2007 (BGBl. 2007 I, S. 370) in Kraft. Diese WEG-Novelle bewirkt die bislang umfangreichsten Änderungen des Wohnungseigentumsgesetzes vom 15. März 1951 (WEG).

Als wichtige Änderungen seien beispielhaft erwähnt:

1. Neuregelung des Verfahrensrechts

Eine ganz wesentliche Änderung stellt die Neuregelung des Verfahrensrechts dar. Während vor der WEG-Novelle für die in § 43 Abs. 1 WEG a. F. aufgezählten Verfahren die Gerichte der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG) zuständig waren, ist das Wohnungseigentumsverfahren nunmehr aus dem Anwendungsbereich der FGG herausgenommen und den Regelungen der Zivilprozessordnung (ZPO) unterstellt worden.

a) Örtliche und sachliche Zuständigkeit, Berufungsgericht

Örtlich zuständig ist gemäß § 43 WEG zukünftig grundsätzlich das Gericht, in dessen Bezirk das Grundstück liegt. Sachlich ist gemäß § 23 Nr. 2 lit. c GVG - mit Ausnahme von Klagen Dritter nach § 43 Nr. 5 WEG - das Amtsgericht ausschließlich zuständig.

Berufungs- und Beschwerdegericht für erstinstanzliche Verfahren vor dem Amtsgericht ist damit grundsätzlich das Landgericht.

b) Sonderregelungen der §§ 44 bis 50 WEG, Anfechtungsklage

Die §§ 44 bis 50 WEG beinhalten verschiedene Sonderregelungen zur Durchführung eines Klageverfahrens nach der ZPO (beispielsweise für die Anfechtungsklage gegen Beschlüsse einer Eigentümerversammlung).

Gemäß § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG muss die Anfechtungsklage innerhalb eines Monats nach der Beschlussfassung erhoben werden. Die Vorschriften über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach den §§ 233 bis 238 ZPO gelten gemäß § 46 Abs. 1 Satz 3 WEG entsprechend. Ferner ist die Anfechtungsklage binnen Frist von zwei Monaten ab Beschlussfassung zu begründen.

Gemäß § 44 WEG reicht - in Abwandlung der Vorschrift des § 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO - eine Kurzbeschreibung der beklagten Wohnungseigentümer in der Klageschrift dergestalt aus, dass sich die Klage gegen alle Wohnungseigentümer einer bestimmten Liegenschaft mit Ausnahme des Klägers richtet. Um die Zustellung zu ermöglichen, sind in der Klageschrift zudem der Verwalter, der gemäß § 45 Abs. 1 WEG Zustellungsvertreter der Wohnungseigentümer ist, und der gemäß § 45 Abs. 2 WEG bestellte Ersatzzustellungsvertreter mit Namen und Anschriften zu bezeichnen.

Allerdings hat die namentliche Bezeichnung der verklagten Wohnungseigentümer (Eigentümerliste) gemäß § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG spätestens bis zum Schluss der Verhandlung zu erfolgen, da ansonsten ein Verstoß gegen den abgewandelten aber nicht aufgehobenen § 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO vorliegt.

Der Verwalter ist gemäß § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 WEG Zustellungsvertreter der teilrechtsfähigen Gemeinschaft und nach § 27 Abs. 2 Nr. 1 WEG berechtigt, im Namen aller Wohnungseigentümer und mit Wirkung für und gegen sie Zustellungen entgegenzunehmen, soweit sie an alle Wohnungseigentümer gerichtet sind. Der Verwalter ist als Zustellungsvertreter jedoch insbesondere dann ausgeschlossen, wenn er selbst Anfechtungsklage erhebt, einer Anfechtungsklage als Nebenintervenient beitritt oder wegen eines Interessenkonfliktes die Gefahr besteht, dass er die Wohnungseigentümer nicht sachgerecht informieren wird. Gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 WEG sind die Wohnungseigentümer daher verpflichtet, für diesen Fall vorsorglich einen Ersatzzustellungsvertreter sowie dessen Vertreter zu bestellen.

c) Kostenfragen

Das Zivilprozessverfahren wird dem juristischen Laien zukünftig voraussichtlich die Möglichkeit nehmen, ein Verfahren selbst zu führen, da er schon bei Klageeinreichung konkrete Anträge stellen und eine schlüssige Begründung liefern muss. Hier werden somit wahrscheinlich schon früher Rechtsanwaltskosten als bisher entstehen. Auch für die Kostenentscheidung gelten nunmehr die §§ 91ff, 269 Abs. 3 ZPO. Während nach der alten Rechtslage regelmäßig Anwaltskosten unabhängig vom Verfahrensausgang von den Parteien nicht zu erstatten waren, müssen diese somit in Zukunft grundsätzlich nach dem Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens von den Parteien getragen werden. Ausnahmen hierzu regelt § 49 WEG. Wird durch das Gericht gemäß § 21 Abs. 8 WEG nach billigem Ermessen entschieden, so können auch die Prozesskosten nach billigem Ermessen verteilt werden. Zudem ermöglicht § 49 Abs. 2 WEG dem Verwalter auch dann Prozesskosten aufzuerlegen, wenn er nicht Partei ist, wenn er die Tätigkeit des Gerichts veranlasst hat oder ihm grobes Verschulden trifft.

2. Erweiterung der Beschlusskompetenzen

Ein Hauptanliegen der WEG-Novelle bestand darin, die Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit der Eigentümergemeinschaften zu stärken. Im neuen WEG wurde nunmehr die Willensbildung der Wohnungseigentümer erleichtert und eine gesetzliche Beschlusskompetenz für einzelne praktisch bedeutsame Fälle begründet:

a) Aufhebung der Veräußerungsbeschränkung

In vielen Teilungserklärungen wird der Verkauf des Wohnungseigentums davon abhängig gemacht, dass der Verwalter oder ein anderer Wohnungseigentümer diesem Verkauf zustimmt. Gemäß § 12 Abs. 4 WEG kann die Eigentümerversammlung diese Veräußerungsbeschränkung nunmehr mit einfacher Mehrheit ersatzlos aufheben. 

b) Verteilung der Betriebs- und Verwalterkosten

Der neue § 16 Abs. 3 WEG begründet für die Wohnungseigentümer eine Beschlusskompetenz für die Verteilung der Kosten der Verwaltung und der Betriebskosten des gemeinschaftlichen Eigentums oder des Sondereigentums im Sinne des § 556 BGB, die nicht unmittelbar gegenüber Dritten abgerechnet werden. Diese Beschlusskompetenz darf gemäß § 16 Abs. 5 WEG nicht ausgeschlossen oder eingeschränkt werden.

c) Verteilung der Kosten baulicher Maßnahmen

Nach § 16 Abs. 4 WEG kann nunmehr mit qualifizierter Mehrheit im Einzelfall die Verteilung der Kosten für Instandhaltungs- oder Instandsetzungsmaßnahmen oder bauliche Veränderungen abweichend vom allgemeinen oder vereinbarten Maßstab geregelt werden, wenn der abweichende Maßstab dem Gebrauch oder der Möglichkeit des Gebrauchs durch die Wohnungseigentümer Rechnung trägt.

d) Modernisierungsmaßnahmen

Im Interesse einer dauerhaften Erhaltung des Verkehrswertes der Anlage begründet § 22 Abs. 2 WEG die Kompetenz, mit qualifizierter Mehrheit Maßnahmen zu beschließen, die der Modernisierung oder der Anpassung des Gemeinschaftseigentums an den Stand der Technik dienen.

e) Zahlungsmodalitäten

Gemäß § 21 Abs. 7 WEG kann nunmehr abweichend vom Gesetz und unabhängig von bestehenden Vereinbarungen die Art und Weise von Zahlungen, die Fälligkeit und die Folgen des Verzugs sowie der Kosten für eine besondere Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums oder für einen besonderen Verwaltungsaufwand mit Stimmenmehrheit beschlossen werden.

3. Die Gemeinschaft als teilrechtsfähiger Verband

a) Rechtsfähigkeit der Gemeinschaft

Nach § 10 Abs. 6 WEG kann die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer im Rahmen der gesamten Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums gegenüber Dritten und Wohnungseigentümern selbst Rechte erwerben und Pflichten eingehen und Inhaberin der als Gemeinschaft gesetzlich begründeten und rechtsgeschäftlich erworbenen Rechte und Pflichten sein. Sie übt die gemeinschaftsbezogenen Rechte der Wohnungseigentümer aus und nimmt die gemeinschaftsbezogenen Pflichten der Wohnungseigentümer wahr, ebenso bezogene sonstige Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer, soweit diese gemeinschaftlich geltend gemacht werden können oder zu erfüllen sind. Die Gemeinschaft muss die Bezeichnung "Wohnungseigentümergemeinschaft", gefolgt von der bestimmten Angabe des gemeinschaftlichen Grundstücks führen und kann vor Gericht klagen und verklagt werden.

b) Verwaltungsvermögen

In § 10 Abs. 7 WEG wird das Verwaltungsvermögen aufgezählt und der Wohnungseigentümergemeinschaft als Rechtssubjekt zugeordnet. 

c) Haftungskonzept

Gemäß § 10 Abs. 8 WEG haftet jeder Wohnungseigentümer für die während der Zugehörigkeit zur Gemeinschaft fällig gewordenen Verbindlichkeiten im Außenverhältnis anteilig unmittelbar. Auch die Haftung wegen nicht ordnungsgemäßer Verwaltung im Innenverhältnis ist auf den Miteigentumsanteil beschränkt.

d) Aufgaben und Befugnisse des Verwalters

§ 27 WEG unterscheidet zwischen Innen- und Außenverhältnis. Entsprechend der Regelung des § 27 Abs. 1 WEG begründet der Verwalter keine Vertretungsmacht, sondern lediglich Rechte und Pflichten im Innenverhältnis. § 27 Abs. 2 und 3 WEG bestimmen hingegen das Minimum an Vertretungsbefugnis des Verwalters nach außen (als Vertreter der Wohnungseigentümer in deren Eigenschaft als Mitberechtigte am gemeinschaftlichen Grundstück [§ 27 Abs. 2 WEG] und als Vertreter der teilrechtsfähigen Gemeinschaft [§ 27 Abs. 3 WEG]).

4. Ausblick

Das neue Wohnungseigentumsrecht weist noch eine Reihe von Problemen, Ungereimtheiten und Versäumnissen auf, so dass es auch in Zukunft im Fokus des juristischen Interesses bleiben wird. Erst Rechtsprechung und Gesetzesänderungen werden zu einer notwendigen Klärung beitragen. Wir werden über aktuelle Entwicklungen berichten.

Redaktion

Redaktion: Rechtsanwalt Dieter Bethge und Rechtsanwalt Malte Beuster

Herausgeber: Bethge.Reimann.Stari Rechtsanwälte, Berlin 

Sekretariat: Susanne Rothe, Tel: 030 - 890492-11, Fax: 030 - 890492-10

Recht aktuell wird nach sorgfältig ausgewählten Unterlagen erstellt. Diese Veröffentlichung verfolgt ausschließlich den Zweck, bestimmte Themen anzusprechen und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Für die Anwendung im konkreten Fall kann eine Haftung nicht übernommen werden. Sollten Sie weitere Fragen zu den angesprochenen Themen haben, so wenden Sie sich bitte an unsere Ansprechpartner. Der Nachdruck - auch auszugsweise - ist nur mit Quellenangabe gestattet.

Wenn Sie die Publikation nicht mehr erhalten wollen, teilen Sie uns dies bitte per E-Mail mit.



# Tags: Dieter Bethge, Malte Beuster, Immobilienrecht, Recht Aktuell