Die Unwirksamkeit der formularmäßigen Zwangsvollstreckungsunterwerfung bei Forderungsabtretung an Finanzinvestoren unter Berücksichtigung des Risikobegrenzungsgesetztes
Einleitung
Die Unwirksamkeit der formularmäßigen Zwangsvollstreckungsunterwerfung bei Forderungsabtretung an Finanzinvestoren unter Berücksichtigung des Risikobegrenzungsgesetztes.
Der Kredithandel nach dem Risikobegrenzungsgesetz war Gegenstand unserer Kurzinfo Bank- und Kreditwesenrecht Nr. 1 vom 21. Januar 2009. Im Rahmen dessen haben wir bereits auf ein Urteil des Landgerichts Hamburg vom 09. Juli 2008 - 318 T 183/07 - hingewiesen, das noch vor Inkrafttreten des Risikobegrenzungsgesetzes ergangen ist.
Das Landgericht Hamburg hatte entschieden, dass die formularmäßige Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung in einer Grundschuldbestellungsurkunde hinsichtlich der Darlehensforderung unwirksam sei, wenn die Bank die Kreditforderung frei an beliebige Dritte abtreten kann. Es bleibt nunmehr abzuwarten, inwieweit dieses Urteil Auswirkungen für die Zukunft haben wird. Der Bundesgerichtshof hat über die vom Landgericht Hamburg zugelassene Rechtsbeschwerde noch zu entscheiden.
I. Die Ausgangslage
Die Gewährung von Darlehen, die dem Erwerb einer Immobilie oder der Errichtung eines Hauses dienen, werden typischerweise von der Sicherung durch eine Grundschuld und der Abgabe eines abstrakten Schuldversprechens oder Schuldanerkenntnisses durch den Besteller der Grundschuld abhängig gemacht. Darüber hinaus verlangen die Banken in der Regel, dass der Besteller sich sowohl hinsichtlich des Anspruchs auf Duldung der Zwangsvollstreckung aus der Grundschuld als auch hinsichtlich des Anspruchs aus dem Schuldanerkenntnis respektive dem Schuldversprechen der sofortigen Zwangsvollstreckung unterwirft. Diese Unterwerfungserklärung bedarf der notariellen Beglaubigung und stellt einen Titel dar, aus dem die Banken, wenn das Darlehen nicht mehr bedient wird, unmittelbar und ohne Durchführung eines Erkenntnisverfahrens vollstrecken können.
II. Das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 09. Juli 2008
Der Entscheidung des Landgerichts Hamburg lag ein Sachverhalt zugrunde, nach dem eine Darlehensforderung nebst Grundschuld von der ursprünglichen Darlehensgeberin an eine andere Bank und von dieser wiederum an einen Dritten abgetreten wurde. Der Darlehensnehmer hatte sich in der Grundschuldbestellungsurkunde der sofortigen Zwangsvollstreckung in den belasteten Grundbesitz und wegen der damit zusammenhängenden Darlehensforderung der sofortigen Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen unterworfen. Auf Betreiben des Dritten ordnete das zuständige Amtsgericht die Zwangsversteigerung des Immobiliarvermögens an.
Nachdem das Amtsgericht die hiergegen gerichtete Erinnerung des Schuldners zurückwies, gab das Landgericht Hamburg der hiergegen eingereichten sofortigen Beschwerde statt.
Nach Auffassung des Landgerichts Hamburg soll die formularmäßige Unterwerfung des Darlehensnehmers und Bestellers einer Sicherungsgrundschuld unter die sofortige Zwangsvollstreckung eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB begründen, wenn die das Darlehen gewährende Bank Forderungen und Grundschuld frei an beliebige Dritte - und damit insbesondere auch an nicht dem KWG unterliegende Finanzinvestoren - abtreten kann.
Zwar habe der Bundesgerichtshof die formularmäßige Vollstreckungsunterwerfung mit Blick auf das berechtigte Interesse des Kreditgebers an einem raschen Gläubigerzugriff als AGB-rechtlich zulässig angesehen. Im Rahmen dessen habe der Bundesgerichtshof jedoch noch nicht das in neuerer Zeit auftretende Phänomen des massenhaften Verkaufs von Kreditforderungen an Finanzinvestoren berücksichtigt. Unter Berücksichtigung dieser neuen Entwicklung und des damit einhergehenden Missbrauchspotentials, wenn Forderungen an Dritte abgetreten werden, die nicht der Aufsicht nach § 6 KWG unterliegen, könne eine AGB-rechtliche Zulässigkeit nicht mehr angenommen werden.
III. Bedeutung für die Praxis der Kreditwirtschaft
Sollte sich die Rechtsansicht des Landgerichts Hamburg durchsetzen, hätte dies für die Praxis der Kreditwirtschaft erhebliche Auswirkungen. Zunächst wären zahlreiche Darlehensgeber, insbesondere Banken, hiervon betroffen, die plötzlich nicht mehr aus einem Titel vollstrecken könnten, sondern einen solchen erst erwirken müssten, was sowohl zeit- als auch kostenintensiv wäre. Aber auch der an Bedeutung zunehmende Markt für durch dinglich gesicherte Immo¬biliendarlehen gedeckte Schuldverschreibungen profitiert von der erleichterten Vollstreckbarkeit, die zudem in die Bewertung der Deckungsmasse und damit mittelbar auch in die Bewertung der Anleihe durch den Markt einfließt und würde somit einen erheblichen Eingriff erfahren.
IV. Bewertung der Rechtsprechung des Landgerichts Hamburg unter Berücksichtigung des Risikobegrenzungsgesetzes und Ausblick
Die Entscheidung des Landgerichts Hamburg ist zu Recht auf Kritik gestoßen. Das Landgericht stellt sich bereits in Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Mit Urteil vom 27. Februar 2007 (BGH, Urt. v. 27. Februar 2007 - XI ZR 195/05) hatte der Bundesgerichtshof zur Wirksamkeit der Abtretung eines notleidenden Kredits Stellung genommen und diese ausdrücklich bejaht. Der Bundesgerichtshof hatte das Interesse der Bank an freier Abtretbarkeit der Kreditforderung aus der vielfach bestehenden Notwendigkeit der Refinanzierung und dem Interesse an einer Entlastung des Eigenkapitals (§ 10 KWG) hergeleitet und somit jedenfalls zu erkennen gegeben, dass er die oben aufgezeigte Praxis der Vollstreckungsunterwerfung des Kreditnehmers für wirksam erachtet.
Mit Urteil des Bundesgerichtshofs vom 22. Juli 2008 (BGH, Urt. v. 22. Juli 2008 - XI ZR 389/07) hat der XI. Zivilsenat ausdrücklich auf die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Bezug genommen, nach der der Schuldner durch ein formularmäßiges vollstreckbares Schuldversprechen nicht entgegen Treu und Glauben benachteiligt wird.
Nunmehr hat auch der Gesetzgeber durch die Verabschiedung des Risikobegrenzungsgesetzes ausdrücklich zu erkennen gegeben, dass er die Abtretung von Darlehensforderungen billigt. Der Schutz der Darlehensnehmer ist - auch im Hinblick auf eine Vollstreckung aus einer Vollstreckungsunterwerfungserklärung durch den Kreditgeber oder einem Dritten - erhöht worden. Der Gesetzgeber billigt offensichtlich weiterhin die Möglichkeit der Vollstreckungsunterwerfung und hält die formularmäßige Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung ebenfalls nicht für eine unangemessene Benachteiligung des Kreditnehmers. Ansonsten hätte er die formularmäßige Unterwerfung unter die sofortige Zwangswollstreckung für diesen Fall ausdrücklich für unwirksam erklärt.
Es ist also zu erwarten, dass der VII. Senat des Bundesgerichtshofs (Az.: VII ZB 62/08) dem deutlichen Signal des für das Bankrecht zuständigen XI. Senats folgend der Rechtsbeschwerde stattgibt und die formularmäßige Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung in einer Grundschuldbestellungsurkunde weiterhin für wirksam erachten wird. Die Entscheidung des XI. Senats des Bundesgerichtshofs bleibt nunmehr abzuwarten.
Redaktion
Redaktion: Rechtsanwalt Dr. Christian Stari und Rechtsanwalt Malte Beuster
Herausgeber: Bethge.Reimann.Stari Rechtsanwälte, Berlin
Sekretariat: Susanne Rothe, Tel: 030 - 890492-11, Fax: 030 - 890492-10
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