NEUREGELUNGEN ZUM ARBEITNEHMERDATENSCHUTZ

ARBEITSRECHT Nr. 3
01.03.2010 | Glenn Dammann, Stephanie Musiol

Einleitung

Der Arbeitnehmerdatenschutz ist in der jüngeren Vergangenheit aufgrund des Umgangs verschiedener Großunternehmen mit personenbezogenen Arbeitnehmerdaten zunehmend in den Fokus der öffentlichen Diskussion geraten.

Nicht zuletzt als Reaktion hierauf hat der Gesetzgeber in die am 1. September 2009 in Kraft getretene Novelle II des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) auch Neuregelungen zum sog. "Arbeitnehmerdatenschutz" aufgenommen. Auch wenn diese Regelung bislang über eine allgemeine Rahmenregelung für den Umgang mit Arbeitnehmerdaten in Unter-nehmen nicht hinausgehen, führen sie in der Praxis doch zu wesentlichen Neuerungen für Arbeitgeber. Die diesbezüglich wohl wichtigsten Änderungen stellen die Neueinführung des § 32 BDSG als Grundregelung für alle datenschutzrechtlichen Maßnahmen im Beschäftigungsverhältnis sowie die Aufnahme eines Sonderkündigungsschutzes für die betrieblichen Datenschutzbeauftragten in § 4 f Abs. 3 BDSG dar.

I. Sonderkündigungsschutz des Datenschutzbeauftragten

Mit der Änderung des BDSG ist die Rechtsposition des Datenschutzbeauftragten erheblich gestärkt worden. Neben dem bereits vor der Novellierung geltenden Benachteilungsverbot sowie der eingeschränkten Widerrufsmöglichkeit gewährt die Neuregelung in § 4 f Abs. 3 BDSG dem Datenschutzbeauftragten nun ausdrücklich auch einen gesetzlichen Sonderkündigungsschutz. Danach ist dieser während seiner Amtszeit sowie für einen nachwirkenden Zeitraum von einem Jahr nur noch außerordentlich aus sog. "wichtigem Grund" im Sinne des § 626 BGB kündbar. 

Eine ordentliche Kündigung des Datenschutzbeauftragten ist demnach - vergleichbar mit der Rechtslage bei Betriebsratsmitgliedern - grundsätzlich ausgeschlossen. Das Verbot der ordentlichen Kündigung findet überdies - im Gegensatz zur alten Rechtslage - auch auf Kündigungen Anwendung, die in keinem Bezug zur Amtsausübung des Arbeitnehmers als Datenschutzbeauftragtem stehen. Folglich ist beispielsweise auch die betriebsbedingte Kündigung eines "Teilzeit-Datenschutzbeauftragten", bei dem die Amtsführung nur einen geringen Teil seiner gesamten betrieblichen Arbeit ausmacht, unzulässig. Aufgrund dieses Sonderkündigungsschutzes nehmen die Datenschutzbeauftragten insoweit auch nicht an der regelmäßig gebotenen Sozialauswahl teil. 

Eine Ausnahme vom Sonderkündigungsschutz gilt nur bei der freiwilligen Beauftragung. 

Denn das gesetzliche Kündigungsverbot betrifft dem Wortlaut nach private Unternehmen nur dann, wenn sie gem. § 4 Abs. 1 BDSG zur Bestellung eines Beauftragten für Datenschutz "verpflichtet" sind. Dies ist dann der Fall, wenn ständig mindestens 10 Personen im Unternehmen mit sog. automatisierter - bzw. wenigstens 20 Personen mit nichtautomatisierter - Datenverarbeitung personenbezogener Daten beschäftigt sind. Bestellt ein Unternehmen hingegen - ohne gesetzliche Verpflichtung - freiwillig einen Datenschutz-beauftragten, greift der Sonderkündigungsschutz nicht.

II. Sondervorschrift zum Arbeitnehmerdatenschutz

Neu in das Gesetz eingeführt wurde § 32 BDSG als spezialgesetzliche Regelung für die Datenverarbeitung personenbezogener Daten im Arbeitsverhältnis. Diese Vorschrift geht im Rahmen ihres unmittelbaren Anwendungsbereichs der bisher maßgeblichen Regelung des § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BDSG nunmehr unmittelbar vor. 

Auch nach § 32 Abs. 1 BDSG ist Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit aller datenschutzrechtlichen Maßnahmen, dass diese für die Entscheidung über die Begründung, Durchführung oder Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich sind. Welche Anforderungen hierbei an die "Erforderlichkeit" zu stellen sind, ist offen. Allerdings ist zu beachten, dass - obwohl nicht ausdrücklich genannt - die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten zu Beschäftigungszwecken darüber hinaus auch angemessen sein muss. Dies ist nur dann der Fall, wenn berechtigte Interessen des Arbeitgebers anders nicht gewährleistet werden können. 

Mit § 32 Abs. 1 Satz 2 BDSG wurde zudem ein neuer Erlaubnistatbestand eingeführt, welcher ausdrücklich die Voraussetzungen für die Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten zur Kriminalitätsbekämpfung im Arbeitsverhältnis festlegt. Obwohl nach dem Wortlaut der Norm datenschutzrechtliche Maßnahmen unter den dort genannten engen Grenzen nur zur Aufdeckung von Straftaten erlaubt sind, können wohl auch künftig präventive Maßnahmen weiterhin durchgeführt werden. Solche sind von der Generalklausel des § 32 Abs. 1 BDSG umfasst, sofern auch hierbei der Grundsatz der Datensparsamkeit und der Verhältnismäßigkeit gewahrt wird. 

Von erheblicher praktischer Bedeutung ist zudem § 32 Abs. 2 BDSG, der nunmehr den Anwendungsbereich des Arbeitnehmerdatenschutzes auch auf die - nicht automatisierte - Erhebung, Nutzung und Verarbeitung personenbezogener Daten ausdehnt. Damit ist jede Form der personenbezogenen Datenerfassung im Arbeitsverhältnis, gleich ob strukturiert oder unstrukturiert, an diesen Vorgaben des BDSG zu messen. Dies hat zur Folge, dass beispielsweise auch bereits schon einfache handschriftliche Notizen oder die Befragung des Arbeitnehmers dem gesetzlichen Anwendungsbereich unterfallen können.

III. Fazit

Die Kündigung des Datenschutzbeauftragten ist aufgrund der Neuregelung künftig nur noch unter den strengen Voraussetzungen der außerordentlichen Kündigung und daher in der Praxis wohl regelmäßig nur noch in seltenen Einzelfällen zulässig. Vor diesem Hintergrund sollte die (unbefristete) Einstellung / Bestellung interner Datenschutzbeauftragter gut überlegt sein. Denn der Einsatz von "Externen", welchen das Gesetz ausdrücklich zulässt, bietet durchaus Vorteile. Neben der möglichen Kostenersparnis gilt in diesem Fall mangels eines Arbeitsverhältnisses auch der Sonderkündigungsschutz des BDSG nicht. 

Zwar ist auch bei einem firmenunabhängigen Datenschutzbeauftragten ein "Widerruf" der Bestellung nur aus wichtigem Grund möglich, doch kann mit diesem eine bestimmte Laufzeit des Vertrages vereinbart werden, mit deren Ablauf die Bestellung automatisch endet. Eine solche Zeitbefristung ist hingegen bei der Beauftragung eines Arbeitnehmers nur in engen Voraussetzungen - und längstens bis zu einem Zeitraum von zwei Jahren - möglich. 

Mit § 32 BDSG hat der Gesetzgeber eine Rahmenregelung für alle datenschutzrechtlichen Maßnahmen im Arbeitsverhältnis eingeführt. Auch wenn diese speziell auf den Arbeitnehmerdatenschutz ausgerichtete Norm nunmehr besondere Bedeutung erlangt, werden die allgemeinen und bereichsspezifischen Regelungen des Gesetzes nicht verdrängt. So ist z. B. die Übermittlung von Arbeitnehmerdaten an außen stehende Dritte (bspw. für die Durchführung einer "Due Diligence") auch weiterhin möglich. Darüber hinaus können auch künftig datenschutzrechtliche Maßnahmen stets auf der Grundlage einer freiwillig erteilten Einwilligung des Arbeitnehmers (§§ 4, 4 a BDSG) durchgeführt werden. 

Die wohl wichtigste praktische Bedeutung hat die Ausdehnung des Anwendungsbereichs des BDSG im Arbeitsverhältnis auf jede Form der Datenerfassung und - Verarbeitung. Hier ist Vorsicht geboten, denn auch eine einfache Befragung des Arbeitnehmers - z. B. schon im Bewerbungsgespräch - könnte dann nach dem BDSG unzulässig sein, wenn sie nicht erforderlich oder verhältnismäßig ist.

Redaktion

Redaktion: Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht Glenn Dammann und Rechtsanwältin Stephanie Musiol, LL.M.

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