Reform der Kontopfändung ab 01. Juli 2010

ZIVILRECHT Nr. 3
29.06.2010 | Dieter Bethge

Der Gesetzgeber hat zum Schutz der Sicherung der Lebensunterhaltung des Schuldners und seiner Familie mit dem Gesetz zur Reform des Kontopfändungsschutzes vom 07. Juli 2009 (BGBl. I S. 1707), das am 01. Juli 2010 in Kraft tritt, einen automatischen Pfändungsschutz des Schuldners auf einem gesonderten Pfändungsschutzkonto (dem sog. P-Konto) geschaffen. Der Gesetzgeber will damit in erster Linie einen einfacheren und effektiveren Pfändungsschutz zugunsten des Schuldners etablieren, in zweiter Linie jedoch auch gleichzeitig eine Entlastung der Vollstreckungsgerichte herbeiführen.

Während bis zum 30. Juni 2010 der Gläubiger mittels einer Pfändung in das Kontoguthaben des Schuldners erreichen konnte, dass zunächst der Schuldner über sein Kontoguthaben nicht verfügen konnte und er beim zuständigen Vollstreckungsgericht einen Antrag auf Freigabe seines pfändungsgeschützten Guthabens stellen musste, wird nunmehr ab dem 01. Juli 2010 durch die Einrichtung eines P-Kontos als Einzelkonto einer natürlichen Person ein automatischer Pfändungsschutz für das pfändungsgeschützte Guthaben des Schuldners gewährt.

Dieser Pfändungsschutz kommt nunmehr erstmalig auch selbständigen Unternehmern zu, für die bislang kein vergleichbarer Pfändungsschutz bestand, da ihre Vergütungen nicht zu den bei der Kontopfändung geschützten Einkünften wie Arbeitseinkommen, Sozialleistungen gehörte. Dem selbständigen Unternehmer verblieb bislang lediglich ein allgemeiner Schutz über § 765 a ZPO.

Durch die Einrichtung eines Einzelkontos (also nicht eines Kontos für eine Gesellschaft oder Gemeinschaftskonten) eines Schuldners (natürliche Person) wird nunmehr ein automatischer Pfändungsschutz durch Errichtung eines P-Kontos dadurch möglich, dass ein Kunde entweder ein neu zu eröffnendes Girokonto (präventiv) als P-Konto bei seiner Bank führen lässt oder aber ein bestehendes Girokonto nachträglich in ein P-Konto umwandeln lässt. Für die Bank besteht ein sog. Umwandlungskontrahierungszwang, d. h. eine Verpflichtung der Bank, das bereits bestehende Girokonto binnen vier Bankarbeitstagen mit Rückwirkung zum 01. eines Monats in ein P-Konto umzuwandeln. Diese Umwandlung kann der Kunde jederzeit, d. h. auch noch nach einer Pfändung verlangen, wobei jedoch bei dieser Umwandlung der Schuldner höchst persönlich tätig werden muss, d. h. eine rechtsgeschäftliche Vertretung ausscheidet.

In den Fällen der Schaffung eines P-Kontos hat der Schuldner zu versichern, dass er nur ein P-Konto führt. Ob dies der Fall ist, kann seitens der Bank durch eine Auskunft bei der SCHUFA Holding AG, der die P-Konten gemeldet werden, überprüft werden. Sofern der Schuldner mehrere P-Konten führt, wäre die Bank zur außerordentlichen Kündigung des Bankvertrages berechtigt, da das Vertrauensverhältnis zum Kunden wohl zerstört sein müsste. In diesem Fall wäre die Bank nicht verpflichtet, zunächst das P-Konto wieder in ein normales Girokonto rückzuwandeln. Auch strafrechtliche Konsequenzen wegen Vollstreckungsvereitelung oder Betruges drohen dem Schuldner insoweit.

Mit der Einrichtung des P-Kontos wird dem Schuldner somit ein Pfändungsbasisschutz ungeachtet einer Kontopfändung auf diesem P-Konto gewährt, über das er bis zum Ende des Kalendermonats in Höhe des monatlichen Pfändungsfreibetrages verfügen kann. Die bereits vor der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses ausgeführten Verfügungen auf diesem Konto werden nicht mehr berücksichtigt, was sich sicherlich zum Nachteil des Gläubigers auswirken wird.

Dieser pfändungsfreie Betrag kann sich auch noch im Hinblick darauf, dass der Gesetzgeber in § 850 k Abs. 2 ZPO weitere Beträge ausdrücklich pfändungsfrei gestellt hat, noch erhöhen. Dies betrifft insbesondere die Leistungen von Kindergeld, Unterhaltszahlungen u. ä. Das Bankinstitut darf, abgesehen von etwaigen Kontoführungsgebühren und sonstigen Überweisungsaufwendungen, mit eigenen Forderungen gegen diesen Freibetrag nicht aufrechnen.

Unverbrauchtes pfändungsfreies (Rest-)Guthaben kann der Schuldner, ggf. auch anteilig noch in den Folgemonat übertragen. Erst wenn es auch im Folgemonat nicht verbraucht wird, steht es dem Gläubiger zur Verfügung.

Bis zum 31. Dezember 2011 kann der Schuldner auch die bisherigen Kontoschutzmechanismen (Antrag beim Vollstreckungsgericht) weiterhin in Anspruch nehmen. Dies könnte für ihn wegen der längeren Pfandfreiheit von Vorteil sein. Er müsste jedoch glaubhaft machen, dass er über kein P-Konto verfügt. Ab dem 01. Januar 2012 wird der Pfändungsschutz sodann nur noch über das P-Konto gewährleistet.

Es besteht allerdings kein Anspruch auf Eröffnung eines P-Kontos für einen Schuldner bei einer Bank, bei der bislang noch kein Girokonto eingerichtet wurde. Die Bank wird wohl ohnehin in Anbetracht des mit der Einrichtung eines P-Kontos verbundenen Verwaltungs- und Kostenaufwandes eher die Einrichtung eines P Kontos in diesem Fall ablehnen. Der Gläubiger wird seine Strategie zur Beitreibung seiner Forderung wohl überdenken und ggf. ändern müssen.

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Redaktion: Rechtsanwalt Dieter Bethge

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