Bundeskartellamt verhängt Millionen-Bußgelder gegen Hersteller von Feuerwehrfahrzeugen - Kommunen sollten Schadensersatzansprüche prüfen
Bundeskartellamt verhängt Millionen-Bußgelder gegen Hersteller von Feuerwehrfahrzeugen - Kommunen sollten Schadensersatzansprüche prüfen
Das Bundeskartellamt hat durch seine Pressemitteilung vom 10. Februar 2011 mitgeteilt, dass es einen Bußgeldbescheid in einer Gesamthöhe von 20,5 Mio. EUR gegen drei Hersteller von Feuerwehrlöschfahrzeugen verhängt hat. Bei den drei Unternehmen handelt es sich um die Albert Ziegler GmbH & Co. KG, die Schlingmann GmbH & Co. KG sowie die Rosenbauer-Gruppe. Gegen einen vierten Hersteller wird das Verfahren noch fortgeführt.
Die vier Mitglieder des Kartells haben sich gegenseitig über Jahre hinweg bestimmte Verkaufsanteile, sog. "Soll-Quoten", zugesandt. Die Unternehmen meldeten ihre Auftragseingänge an einen in der Schweiz ansässigen Wirtschaftsprüfer. Dieser erstellte daraus Listen, auf deren Basis die Einhaltung der vereinbarten Quoten bei regelmäßigen Kartelltreffen am Züricher Flughafen überprüft wurde. Darüber hinaus haben die Unternehmen Erhöhungen ihrer Angebotspreise abgesprochen.
In der Pressemitteilung wird der Präsident des Bundeskartellamtes wie folgt zitiert:
"Die am Kartell beteiligten Unternehmen haben seit mindestens 2001 verbotene Preis- und Quotenabsprachen praktiziert und den Markt für Feuerwehrlöschfahrzeuge in Deutschland untereinander aufgeteilt. Vielen Kommunen ist dadurch ein großer finanzieller Schaden entstanden."
Es stellt sich nun für viele Gemeinden die Frage, ob sie ihren Schaden gegen die Feuerwehrfahrzeughersteller geltend machen können.
Die Gemeinden könnten einen Anspruch auf Schadensersatz gegen die Feuerwehrfahrzeughersteller aus § 33 Abs. 3 Satz 1 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) haben.
Bei der Prüfung, ob eine Schadensersatzklage gegen die Feuerwehrfahrzeughersteller Aussicht auf Erfolg hat, sind folgende Punkte zu berücksichtigen:
- Es müsste ein Kartellverstoß vorliegen.
- Der Gemeinde müsste tatsächlich ein Schaden entstanden sein, der sie berechtigt, einen Schadensersatzanspruch geltend zu machen.
- Die Feuerwehrfahrzeughersteller müssten den Kartellverstoß schuldhaft begangen haben.
- Die Gemeinden müssten darlegen, in welcher Höhe Ihnen ein Schaden entstanden ist.
- Der Schadensersatzanspruch der Gemeinde dürfte nicht verjährt sein.
Will die Gemeinde einen Schadensersatz gerichtlich durchsetzen, muss sie grundsätzlich die eben genannten Voraussetzungen beweisen.
Für die Gemeinden wird es in der Regel problematisch sein, folgende zwei Punkte zu beweisen:
- Kartellverstoß
- Wie hoch der Schaden ist
Wir möchten daher im Folgenden insbesondere auf diese beiden Punkte eingehen.
Kartellverstoß
Ein Schadensersatzanspruch setzt voraus, dass die Feuerwehrfahrzeughersteller gegen eine Vorschrift des GWB oder gegen die Art. 101 und 102 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) - vormals die Art. 81 und 82 EGV - verstoßen haben.
Für die Frage, ob die Gemeinde einen Verstoß der Feuerwehrfahrzeughersteller gegen § 1 GWB oder gegen den Art. 101 AEUV beweisen kann, hat die seit dem 01. Juli 2005 eingeführte Regelung des § 33 Abs. 4 GWB besondere Bedeutung.
Nach § 33 Abs. 4 GWB ist das Gericht an eine bestandkräftige Feststellung des Verstoßes durch die Kartellbehörde gebunden. Sobald die Bundeskartellbehörde also bestandskräftig einen Verstoß gegen das GWB oder die Art. 101 und 102 AEUV festgestellt hat, müsste die Gemeinde in einem Schadensersatzprozess den Kartellrechtsverstoß nicht weiter darlegen.
Beachte: Der Bußgeldbescheid gegen die Feuerwehrfahrzeughersteller ist noch nicht bestandskräftig. Sollte eine Gemeinde also einen Schadensersatzanspruch gerichtlich geltend machen wollen, sollte sie zunächst abwarten, bis der Bußgeldbescheid bestandskräftig wird. Dies könnte für die Gemeinde das Prozessrisiko minimieren.
Schadenshöhe
In einem Schadensersatzprozess müssten die Gemeinden weiter darlegen, wie hoch der Schaden ist, der ihnen entstanden ist. Die Gemeinden müssen also aufzeigen, welcher Schaden ihnen durch die Kartellverstöße der Feuerwehrfahrzeughersteller entstanden ist.
In diesem Zusammenhang ist insbesondere auf das Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 14. Juni 2008 hinzuweisen. Das OLG Düsseldorf hatte über die sog. "Zementkartellfälle" zu entscheiden. Der Kläger hatte Schadensersatzansprüche gegen Zementhersteller geltend gemacht. Das Bundeskartellamt hatte Bußgeldbescheide gegen mehrere Zementhersteller auf der Grundlage des § 1 GWB erlassen. Die Bußgeldbescheide waren zum Zeitpunkt der Klageerhebung bereits rechtskräftig. Im Prozess hatte der Kläger als Schaden die Differenz zwischen den kartellbedingt überhöhten Preisen für Zement und denjenigen Preisen, die sich bei funktionierendem Wettbewerb (hypothetischer Preis) ergeben hätten, geltend gemacht.
Es muss also der hypothetische Marktpreis ermittelt werden.
Der hypothetische Marktpreis könnte sich entweder aus dem Bußgeldbescheid der Bundeskartellbehörde selbst ergeben. Hierzu fehlen jedoch noch nähere Informationen.
Es wäre jedoch auch denkbar, den hypothetischen Wettbewerbspreis wie folgt zu ermitteln:
Das Bundeskartellamt hat ein Kartell für die Zeit mindestens ab 2001 festgestellt. Damit ist nicht ausgeschlossen, dass auch in der Zeit vor 2001 das Kartell bereits Wirkung entfalten hatte. Dennoch sollten die Preise vor 2001 in den Blick genommen werden, um mindestens eine Vergleichsgröße zu haben. Insoweit könnten die durchschnittlichen Kaufpreiserlöse vor 2001 als hypothetischer Wettbewerbspreis angenommen werden.
Eine Alternative wäre, jetzt Preise abzufragen und daraus einen hypothetischen Wettbewerbspreis zu errechnen.
Weitere Voraussetzungen
Anspruchsberechtigung
Schadensersatzberechtigt ist die Marktgegenseite - also eine Gemeinde -, da diese durch ein Preis- oder Konditionenkartell beeinträchtigt ist.
Verschulden
Der Kartellverstoß muss durch die Feuerwehrfahrzeughersteller schuldhaft begangen sein. Hierfür genügt jedoch Fahrlässigkeit nach § 276 BGB. Die Feuerwehrfahrzeughersteller haben zumindest dann fahrlässig gehandelt, wenn sie ihre objektive Sorgfaltspflicht verletzt haben.
Verjährung
Die Gemeinden müssen darauf achten, dass ihre Ansprüche nicht verjähren. Der Schadensersatzanspruch nach § 33 Abs. 3 GWB verjährt nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 194 ff. BGB - also in der Regel in drei Jahren. Die Verjährung beginnt, wenn der Schadensersatzanspruch entstanden ist und der Gläubiger Kenntnis hatte. Es spricht viel dafür, dass die Gemeinden erst jetzt durch den Bußgeldbescheid Kenntnis erlangt haben. Ein Schadensersatzanspruch beginnt somit erst mit Ende des Jahres 2011 zu laufen und verjährt somit am 31. Dezember 2014.
Durch die Einführung des § 33 GWB wurde die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen wegen Kartellverstößen erheblich erleichtert. Die Gemeinden sollten durchaus diesen Weg in Erwägung ziehen.
Sollten Sie hierzu noch Fragen haben, steht Ihnen Frau Rechtsanwältin Dr. Massumi, Tel.: 030/ 89049212, Massumi@brs-rechtsanwaelte.de gerne zur Verfügung.
Redaktion
Redaktion: Rechtsanwältin Wibke Reimann und Rechtsanwältin Dr. Fatima Massumi
Herausgeber: Bethge.Reimann.Stari Rechtsanwälte, Berlin
Sekretariat: Susanne Rothe, Tel: 030 - 890492-11, Fax: 030 - 890492-10
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