Wichtige Rechtsänderungen für 2011

ENERGIERECHT Nr. 8
24.02.2011 | Wibke Reimann, Tatjana Schleicher

I. Neue Vorgaben für Messrahmenverträge

Wie Ihnen bekannt ist, hat die Bundesnetzagentur mit den Beschlüssen BK6-09-034 und BK7-09-001 vom 09. September 2009 (WiM-Beschlüsse) die Verträge und Geschäftsprozesse im Bereich des Messwesens standardisiert. Dabei hat sie den Wortlaut der Standardverträge festgelegt. Ab dem 15. Oktober 2010 sollen neue Vertragsverhältnisse nur mit dem festgelegten Inhalt abgeschlossen werden. Die bestehenden Vertragsverhältnisse sind spätestens mit Wirkung zum 01. Februar 2011 an die Festlegungen anzupassen.

Hinweis: Es dürfen nur noch die neuen Vertragsmuster verwendet werden.

1. Geschäftsprozesse und neue Datenformate ab 01.10.2011


Nach Ziffer 1 der WiM-Festlegungen sind die Wechselprozesse ab dem 01.10.2011 in den in der Anlage 1 zu den Beschlüssen beschriebenen Geschäftsprozessen und Datenformaten abzuwickeln. Die WiM-Festlegungen ersetzen bzw. ergänzen teilweise auch die Festlegungen der Bundesnetzagentur GPKE und GeLi.

Nach § 17 Ziffer 5 der festgelegten Messstellenrahmenverträge hat der Datenaustausch bis zum Wirksamwerden der Festlegungen nach den Vorgaben des Netzbetreibers unter Beachtung des § 12 Abs. 1 MessZV zu erfolgen.

Hinweis: Für den Übergangszeitraum sollten Fristen und Mindestanforderungen an Datenumfang und Datenqualität in Übereinstimmung mit den derzeit geltenden Bestimmungen nach GPKE/GeLi vom Netzbetreiber z.B. als Anlage zum Mustervertrag zum Vertragsbestandteil gemacht werden. Bitte achten Sie darauf, dass diese Anlage automatisch mit Wirkung zum 01. Oktober 2011 durch die Anlagen 1 zu den WiM-Beschlüssen ersetzt wird.


Ab dem 01. Oktober 2011 gelten zum Teil neue Datenformate. Es handelt sich um Nachrichtentypen, die für die Aufforderung zur Abgabe von Angeboten und für die Abgabe von Angeboten selbst sowie für die Aufgabe von Bestellungen und deren Quittierung und für die Übermittlung von Status- und Störungsmeldungen verwendet werden sollen. Auch bei den Lieferantenwechselprozessen wird der Nachrichtentyp REQDOC durch neue Formate ORDERS und ORDRSP ersetzt.

Empfehlung: Beauftragen Sie rechtzeitig Ihren Softwareanbieter mit der Umstellung, da bei nicht fristgerechter Umsetzung Zwangsgelder der Regulierungsbehörde drohen.


Bitte beachten Sie, dass Fristverlängerungen nach Ziffer 6 der WiM-Beschlüsse ausdrücklich nur für Pilotprojekte vorgesehen sind, wie es beim gegenwärtig laufenden Pilotprojekt zur Erforschung der Möglichkeiten von Smart-Grid-Anwendungen der Fall ist.
 

2. Entgelte für die Fortführung des Messstellenbetriebs auf Wunsch des Netzbetreibers


Nach dem neuen § 8 Abs. 8 des Standardrahmenvertrages muss beim Wechsel des bisherigen Anschlussnutzers der bisherige Messstellenbetreiber auf Wunsch des Netzbetreibers den Messstellenbetrieb maximal drei Monate fortführen. Der Mustervertrag enthält keine konkrete Angabe zu den Entgelten, sondern spricht lediglich davon, dass in diesem Fall "angemessene Entgelte" verlangt werden können.

Empfehlung: Um Streitigkeiten in diesem Zusammenhang zu vermeiden, empfehlen wir Ihnen, ein Preisblatt als Anlage zum Messstellenrahmenvertrag beizufügen.

 

3. Eigene technische Mindestanforderungen des Netzbetreibers


Nach § 12 Abs. 1 des neuen Standardvertrages ist der Netzbetreiber berechtigt, sachlich gerechtfertigte und nicht diskriminierende technische Mindestanforderungen und Mindestanforderungen in Bezug auf Datenumfang und Datenqualität einheitlich für sein Netzgebiet gemäß § 21 b Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 EnWG vorzugeben. Haben Sie solche Bedingungen formuliert, können sie ebenfalls zur Anlage zu dem Messstellenrahmenvertrag gemacht werden.

Sprechen Sie uns an, falls Sie Fragen zu den WiM-Festlegungen haben oder die Standardverträge um die zulässigen Inhalte ergänzen möchten. Wir helfen Ihnen gern bei dieser Aufgabe.

 

4. Sind abweichende Vereinbarungen durchsetzbar?


Nach Tenor zu 3) des WiM-Beschlusses müssen die zwischen einem Netzbetreiber und einem Messstellenbetreiber verwendeten Messstellenrahmenverträge wörtlich der Anlage 3 zum Beschluss entsprechen. In der Begründung zu § 1 des Vertrages lässt die Bundesnetzagentur jedoch zu, dass die Standardverträge "im Einzelfall übereinstimmend" mit den vertraglichen Regelungen zu den Punkten, die dort bis jetzt keinen Niederschlag gefunden haben, ergänzt werden. Änderungen bzw. Ergänzungen müssen nach Maßgabe der Bundesnetzagentur vom Netzbetreiber diskriminierungsfrei jedem Messstellenbetreiber angeboten werden, um zulässig zu sein.

Wie bereits aus den Sachverhalten zum Netzzugang bekannt, darf der Netzbetreiber die Aufnahme des Messstellenbetriebes nicht von dem Hinweis auf die fehlende Einigung über die Ergänzungsregelung abhängig machen.

Hinweis: Können Sie sich mit Messstellenbetreibern nicht auf einen um das Preisblatt und die technischen Mindestanforderungen ergänzten Messstellenrahmenvertrag verständigen, müsste dennoch die Übergabe der Messstelle an den neuen Messstellenbetreiber erfolgen. Das Preisblatt und die Mindestanforderungen würden nicht Vertragsbestandteil werden. Allerdings könnten Sie eine Einigung hinsichtlich der von der Bundesnetzagentur festgelegten Mindestinhalte im Übrigen verlangen.

II. Dienstleistungsgesetz - Neue Pflichten für Energielieferanten!

 Am 24. September 2010 wurde vom Bundesrat das neue Energiedienstleistungsgesetz (EDL-G) verabschiedet. Mit dem Gesetz wird die EU-Richtlinie 2006/32/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 05. April 2006 umgesetzt. Das Gesetz hat die Steigerung der Effizienz der Energienutzung durch die Endkunden zum Ziel, das überwiegend durch sog. Energiedienstleistungen umgesetzt werden soll.

Zu diesem Zweck legt der Gesetzgeber den Energielieferanten und Energieunternehmen neue Pflichten auf. Im Einzelnen handelt es sich um eine Informationspflicht (§ 4 EDL-G), eine Sorgepflicht (§ 5 EDL-G) und eine Mitteilungspflicht (§ 11 EDL-G).

1. Informationspflicht nach § 4 EDL-G

Nach § 4 Abs. 1 EDL-G sind die Energielieferanten, die Energie an Endkunden liefern, verpflichtet, ihre Endkunden mindestens jährlich in geeigneter Form über die Wirksamkeit von Energieeffizienzmaßnahmen sowie über die für sie verfügbaren Angebote, die durch drei bestimmte Anbietergruppen durchgeführt werden, zu informieren.

Die Pflicht gilt für Energielieferanten:

  •     deren Umsatz dem Äquivalent von 75 GWh an Energie pro Jahr entspricht oder darüber liegt oder
  •     die 10 oder mehr Personen beschäftigen oder
  •     deren Jahresumsatz und Jahresbilanz 2 Mio. EUR übersteigt.


Die Informationspflicht kann in erleichterter Form nach § 4 Abs. 1 Satz 2 EDL-G erfüllt werden, indem die Energielieferanten im Rahmen der Abrechung des Energieverbrauchs ausdrücklich auf die Anbieterliste bei der Bundesstelle für Energieeffizienz oder auf eine vergleichbare private Anbieterliste verweisen. Eine Anbieterliste hat die Bundesstelle für Energieeffizienz nach § 7 Abs. 1 EDL-G öffentlich zu führen. Die Liste beinhaltet Anbieter von Dienstleistungen, Energieaudits oder Energieeffizienzmaßnahmen. Es kommt auch ein Verweis auf eine vergleichbare Liste qualifizierter Anbieter (z.B. unter www.dabako.de) in Betracht. Allerdings ist noch nicht geklärt, ob diese Liste als eine vergleichbare Liste im Sinne des EDL-G akzeptiert wird, da die entsprechenden Anforderungen an eine solche privatwirtschaftlich geführte Drittliste noch nicht abschließend formuliert sind.

Eine vergleichbare Informationspflicht richtet sich auch an andere Energieversorgungsunternehmen (§ 4 Abs. 2 EDL-G), wie z.B. auch an Netzbetreiber, wobei auch hier die Unternehmen unter der bereits oben zu § 4 Abs. 1 EDL-G dargestellten Größe nicht betroffen sind.

Der Bundesregierung ist die Ermächtigung eingeräumt worden, durch eine Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen, welche Art von Informationen und Beratungsangeboten über Energieeffizienz den Endkunden von den Marktteilnehmern zur Verfügung zu stellen sind. Davon hat die Bundesregierung bislang noch keinen Gebrauch gemacht.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Energielieferanten zwei Informationspflichten treffen: sowohl die Endkunden einmal jährlich über die Angebote zu Energieeffizienzmaßnahmen und deren Wirksamkeit zu informieren als auch Ihnen zusammen mit den Verträgen, Vertragsänderungen, Abrechnungen oder Quittungen Kontaktinformationen der Stellen, von denen sie Informationen über Energieeffizienzmaßnahmen und technische Besonderheiten erhalten können, zur Verfügung zu stellen. Andere Energieunternehmen, wie z.B. Netzbetreiber, trifft "nur" die zuletzt genannte Informationspflicht.

 

Empfehlung für Energielieferanten: Wir empfehlen Ihnen, entweder in die an die Endkunden versandten Unterlagen wie Verbrauchsabrechnungen, Informationen zur Vertragsänderungen, aber auch in die Verträge mit den Endkunden selbst folgenden Hinweis aufzunehmen oder einen separaten Flyer mit folgenden Hinweisen zu erstellen:


Weitere Informationen über Anbieter von Energieeffizienzmaßnahmen, Energieaudits, Endkunden-Vergleichsprofilen sowie Informationen zu technischen Spezifikationen von energiebetriebenen Geräten erhalten Sie auf der Seite der Bundesstelle für Energieeffizienz (www.bfee-online.de).

Informationen zu Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz und der Energieeinsparung mit Vergleichswerten zum Energieverbrauch sowie ggf. Spezifikationen von energiebetriebenen Geräten erhalten Sie u.a. bei der Deutschen Energie-Agentur unter www.initiative-energieeffizienz.de, bei Ihrer Verbraucherzentrale unter www.vz-berlin.de oder auch bei der Bundesstelle für Energieeffizienz unter www.bfee-online.de.

Empfehlung für Energieunternehmen: Für andere Energieunternehmen reicht ein Hinweis auf die Liste der Bundesstelle für Energieeffizienz aus. Der Formulierungsvorschlag entspricht dem ersten Absatz des für Energielieferanten empfohlenen Hinweises.


 

Aus unserer Sicht müssen Sie wegen der Aufnahme der oben dargestellten Information in die mit den Endkunden bestehenden Verträge, keine Vertragsänderung veranlassen. Sie sollten jedoch Ihre Informationspflicht bei der nächsten Vertragsanpassung berücksichtigen und den entsprechenden Hinweis in die neuen Verträge aufnehmen oder den Hinweis mittels separatem Flyer den Verträgen etc. beifügen.

 

Hinweis: Eigene Energieeffizienzberatung: Sollten Sie in Sachen Energieeffizienz beraten oder andere Energieeffizienzmaßnahmen erbringen, wäre für Sie eventuell die Aufnahme in die besagte Liste der Bundesstelle für Energieeffizienz und/oder in die DABAKO-Liste von Interesse.

Die Aufnahme in eine solche Liste setzt Zuverlässigkeit und Fachkunde voraus, wobei die Fachkunde vermutet wird, wenn Sie in den letzten drei Jahren Energiedienstleistungen, Energieaudits oder Energieeffizienzmaßnahmen für mindestens zehn Endkunden durchgeführt haben. Alle drei Dienstleistungen sind gesetzlich definiert. Darunter fallen z.B. Informationsbeschaffung über das Energieverbrauchsprofil eines Gebäudes, eines Betriebsablaufs oder privater oder öffentlicher Dienstleistungen zur Prüfung von Energieeinsparmöglichkeiten, andere Maßnahmen, die zur überprüfbaren und/oder der Höhe nach mess- oder schätzbaren Energieeffizienzverbesserungen führen.

 

2. Verfügbarkeit von ausreichenden Energieauditanbietern nach § 5 EDL-G


 

Die Energieunternehmen sind nach § 5 Abs. 1 EDL-G verpflichtet, für den Fall, dass den Endkunden keine ausreichende Zahl von Anbietern von Energieaudits mit wettbewerbsorientierter Preisgestaltung zur Verfügung steht, für die Verfügbarkeit eines solchen Angebots auf eigene Kosten zu sorgen (die sog. Sorgepflicht). Der Bundesregierung ist aber die Ermächtigung eingeräumt worden, ohne Zustimmung des Bundesrates zu regeln, welche Anzahl von Anbietern ausreichend ist, auf welche Weise für ein ausreichendes Angebot zu sorgen ist und wie einzelne Energieunternehmen in der Region für die Kosten eines ausreichenden Angebots heranzuziehen sind. Bislang fehlt es hierzu noch an Vorgaben.

Über weitere Entwicklungen und Hinweise zur Sorgepflicht werden wir Sie informieren.

 

3. Auskunftspflichten der EVU


 

Nach § 11 Abs. 1 EDL-G kann die Bundesstelle für Energieeffizienz die Übermittlung zusammengefasster Daten über deren Endkunden in anonymisierter Form, insbesondere zum Verbrauch der Endkunden, zur Art und zum Umfang der jeweiligen Kundengruppen, etc., verlangen und dies auch - falls erforderlich - mittels Zwangsgeld durchsetzen. Die Bundesstelle für Energieeffizienz kann die benannten Daten jedoch nur zur Erfüllung ihrer Aufgaben anfordern, d.h. z.B. wenn sie eine Zwischenprüfung nach § 13 EDL-G durchführt. Das Gesetz sieht dafür den Zeitpunkt Mitte 2012 vor.

III. Handlungsbedarf wegen einer Änderung der Strom- und Energiesteuer

 Durch das Haushaltsbegleitgesetz 2011 wurden das Stromsteuer- und das Energiesteuergesetz (StromStG und EnergieStG) geändert. Vereinfacht dargestellt, handelt es sich um folgende Änderungen:

  •     Absenkung der Steuerbegünstigungen (z.B. beim Entlastungsbetrag Strom von 8,20 €/MWh auf 5,13 €/MWh),
  •     Erhöhung des Sockelbetrages (von 512,50 € auf 1.000 €)
  •     Absenken des Spitzenausgleichs (von 95 % auf 90 %)
  •     Neues Verfahren zur Steuererstattung
  •     Wegfall der Begünstigung von Contracting-Sachverhalten, wenn Nutzer kein Unternehmen des produzierenden Gewerbes ist.

 

Hinweis: Energieversorgungsunternehmen sind unmittelbar von der Gesetzesänderung betroffen.

1. Absenkung der Ermäßigungen der Strom- und Energiesteuer für das Produzierende Gewerbe

Im Wesentlichen besteht die neue Mehrbelastung aus dem Zusammenwirken der Absenkung der Steuerbegünstigungen, der Erhöhung des Sockelbetrages und der Absenkung des Spitzenausgleichs.

So wird der zukünftige Entlastungsbetrag nach § 9 b Abs. 2 Satz 1 StromStG nur noch 5,13 €/MWh anstatt der bisherigen Steuerermäßigung in Höhe von 8,20 €/MWh (20,50 - 12,30 €/MWh) betragen.

Der Sockelbetrag ist angehoben worden. Nach § 9 Abs. 5 a.F. wurde eine Steuerermäßigung für den Strom, der u.a. von einem Unternehmen des Produzierenden Gewerbes für betriebliche Zwecke entnommen wurde, bis zu 25 MWh/a mit 20,5 €/MWh (25 MWh/a X 20, 5 €/MWh = 512,5 €/a) versteuert, für die darüber liegende Menge wurde ein ermäßigter Steuersatz gewährt. Nunmehr werden Steuererstattungen, Steuernachlässe oder Vergütungen nach § 10 Abs. 1 StromStG erst ab Überschreitung des Betrages in Höhe von 1000 Euro gewährt, was einer Menge von ca. 49 MWh (1.000 € / 20,5 €/MWh) entspricht.

Nach § 10 Abs. 2 StromStG werden für ein Kalenderjahr 90 % der Steuer erlassen, erstattet oder vergütet. Im Gegensatz dazu betrug der sog. Spitzenausgleich früher 95 % der Steuer. Die Abhängigkeit des Spitzenausgleichs von den Beitragssätzen in der Rentenversicherung wurde beibehalten.about:newtab

Entsprechendes gilt für die Energiesteuer, wobei die Steuerentlastungen für verschiedene Energieerzeugnisse gesenkt wurden, § 54 EnergieStG.

Auf der Seite des Hauptzollamtes beim Bundesministerium für Finanzen sind drei Beispiele zur Berechnung der Entlastungen nach § 10 StromStG und § 55 des EnergieStG veröffentlicht worden (Vordruck Nr. 1451(2011)). Der Vergleich der Berechnungsergebnisse aus dem Jahr 2011 zu den Beispielsberechnungen aus dem Jahr 2010 (Vordruck Nr. 1451(2010)) zeigt, dass die Belastung der Unternehmen mit geringerem Verbrauch überproportional zur Belastung der Unternehmen mit höherem Verbrauch gestiegen ist. Welche Auswirkungen die Änderungen des Stromsteuergesetzes und des Energiesteuergesetzes auf die Steuerentlastung des jeweiligen Unternehmens haben, kann nur durch die Berechnung aller Entlastungstatbestände unter Berücksichtigung des Gesamtverbrauchs und der jeweiligen Unternehmensmerkmale beurteilt werden.

2. Neues Verfahren zur Steuererstattung nach dem StromStG

Hinweis: Nach der neuen Rechtslage müssen Sie zunächst den Regelsteuersatz bezahlen und können erst nachträglich auf Antrag die Steuerermäßigung erstattet bekommen.


Nach der alten Rechtslage konnte der Lieferant auf seiner Rechnung die ermäßigte Steuer ausweisen, wenn er über eine entsprechende Erlaubnis nach § 9 StromStG verfügt hat. Nunmehr muss ein Lieferant die volle Steuer abrechnen, erst nachträglich kann der Abnehmer, wenn er ein Unternehmen des Produzierenden Gewerbes ist und den Strom tatsächlich entnommen hat, einen Entlastungsantrag beim Hauptzollamt einreichen, § 9 b StromStG.

Hinweis: Stromlieferanten können nun nicht mehr zum ermäßigten Steuersatz liefern!

Bitte überprüfen Sie Ihre Verträge! Die Vertragsklauseln mit der Angabe des ermäßigten Steuersatzes müssen je nach Wortlaut Ihrer AGB-Änderungsklauseln bzw. Ihrer Preisanpassungsklauseln geändert werden.


Entsprechend den Hinweisen zum Antrag auf Entlastung von der Stromsteuer nach § 9b StromStG des Hauptzollamtes beim Bundesministerium für Finanzen (Vordruck Nr. 1453 (2011)) können die Unternehmen des Produzierenden Gewerbes, zu dem auch die Energieversorgung gehört, u.a. entscheiden, ob sie den Antrag vierteljährlich, halbjährlich oder jährlich stellen. Das Hauptzollamt kann auf Antrag einen Zeitraum von einem Kalendermonat zulassen. Auf diese Weise könnten die Liquiditätsnachteile reduziert werden.

3. Einschränkungen in den Contracting-Vertragsverhältnissen

Die Contracting-Unternehmen können nunmehr nur noch dann von den Steuerentlastungen Gebrauch machen, wenn die von ihnen gelieferte Energie von einem Unternehmen des Produzierenden Gewerbes genutzt worden ist.

Da die meisten Contractingverträge über längere Zeiträume abgeschlossen werden, sollten Sie prüfen bzw. prüfen lassen, wie und ob sich die Gesetzesänderung auf die Vertragsabwicklung auswirkt. Versorgen Sie als Contractor ein Unternehmen des nicht produzierenden Gewerbes bzw. werden Sie von einem Contractor mit Nutzenergie versorgt und gehören Sie nicht zu einem Unternehmen des produzierenden Gewerbes, darf die Steuerermäßigung nicht mehr beansprucht werden. In diesen Fällen sollte geprüft werden, ob die Fortführung des Contractingsvertrages noch Sinn macht, ob die Preise angepasst werden können oder ob eine Vertragsaufhebung möglich wäre.

Wurden dem Abnehmer der Nutzenergie Preisvorteile überwiegend aus den Steuererstattungen gewährt, könnte die Gesetzesänderung den Wegfall der Geschäftsgrundlage darstellen. Zu prüfen wäre, ob der Vertrag angepasst werden kann oder im beidseitigen Einvernehmen aufgehoben werden sollte.

Ist aufgrund der Gesetzesänderung eine Preisanpassung erforderlich, sollten Sie prüfen bzw. prüfen lassen, ob der Contractingvertrag dafür eine wirksame Grundlage enthält.

Hinweis: Sollte bei Ihnen auf der Seite des Abnehmers oder auf der Seite des Contractors ein Vertrag bestehen, ist ein solcher Vertrag daraufhin zu prüfen, inwiefern er von der Gesetzesänderung betroffen ist und ob Anpassungs- oder Aufhebungsmöglichkeiten bestehen.

IV. Achtung! Frist zur Beantragung des vereinfachten Verfahrens Gas 30. Juni 2011

 Bitte beachten Sie, dass nach den §§ 24 Abs. 4, 3, 34 Abs. 1 b) die Frist zur Beantragung des vereinfachten Verfahrens für Gasnetznutzungsentgelte am 30. Juni 2011 abläuft. Die Teilnahme am vereinfachten Verfahren kommt für Sie in Betracht, wenn an Ihr Gasverteilnetz weniger als 15.000 Kunden unmittelbar oder mittelbar angeschlossen sind. Für die Teilnehmer am vereinfachten Verfahren wird der Effizienzwert als ein durchschnittlicher Wert aller im bundesweiten Effizienzvergleich für die vorangegangene Regulierungsperiode ermittelten Effizienzwerte gebildet. Ferner ist der Anteil von nicht beeinflussbaren Kosten gesetzlich festgelegt.

Bitte sprechen Sie uns an, wenn Sie bei der Entscheidung, ob für Sie ein vereinfachtes Verfahren in Betracht kommt, eine Hilfestellung benötigen. Die Entscheidung sollten Sie aufgrund des relativ hohen Aufwandes bei der Antragstellung im ersten Quartal 2011 fällen.

Die Frist für die Beantragung des vereinfachten Verfahrens zur Bestimmung der Stromentgelte läuft ein Jahr später, d.h. am 30. Juni 2012, ab.

V. Umsetzung des Tenors 5 GPKE / 3 GeLi / Umstellung auf organisatorische Lösung noch möglich!

Wir stellen immer wieder fest, dass der Datenaustausch vereinzelt immer noch nicht festlegungskonform erfolgt.

Hinweis: Sie müssen unbedingt tätig werden, wenn bei Ihnen der Datenaustausch immer noch nicht festlegungskonform erfolgt, sonst drohen Ihnen Zwangsgelder!

Wie Ihnen bekannt ist, ist die Frist zur Umsetzung des Ausnahmetatbestands gemäß Ziffer 5 GPKE / 3 GeLi über die Verwendung eines alternativen Formats beim Datenaustausch zum 1. Oktober 2010 abgelaufen. Die Bundesnetzagentur droht gegenwärtig Zwangsgelder gegen die Netzbetreiber an, die die Ziffer 5 GPKE / 3 GeLi noch nicht umgesetzt oder ihr das Gebrauchmachen von dieser Ausnahme noch nicht angezeigt haben. In der Regel wird den Betroffenen zunächst eine Frist gesetzt, binnen derer sie sich zum Umsetzungsstand äußern können. Diese Frist ist oft ausreichend, um die sog. Organisatorische Lösung umzusetzen, die von der Bundesnetzagentur anerkannt wird.

Die Organisatorische Lösung ist für Stadtwerke mit integriertem Vertrieb geeignet, in denen der Netzbereich und der Vertriebsbereich im sog. Ein-Mandanten-Modell auf der Grundlage der Softwarelösung der Firma Schleupen kommunizieren. Nach unserer Erfahrung lässt sich die organisatorische Lösung aber auch bei SAP- oder SIV-Anwendern umsetzen. Hier ist jedoch eine vorherige Prüfung der Prozesse zwingend erforderlich.

Hinweis: Sie können grundsätzlich den Anforderungen der GPKE- und GeLi-Festlegungen genügen, ohne Ihre Software auf das Zwei-Mandanten-Modell umzustellen oder weitere Dienstleistungen einzukaufen bzw. anzubieten, wenn Sie Ihre internen Prozesse im Sinne der sog. Organisatorischen Lösung umstellen. Die Umsetzung ist kurzfristig möglich!


Wir haben die Organisatorische Lösung zusammen mit der Stadtwerke Schüttorf GmbH entwickelt und sie mittlerweile bei einer Vielzahl von Stadtwerken mit unterschiedlichen EDV-Systemen umgesetzt. Anhand der Darstellung Ihrer internen Prozesse strukturieren wir diese, z.B. die einzelnen Informationsflüsse, Ableseschritte, ggf. Korrespondenz etc., so, dass der Datenaustausch zwischen dem Netzbereich und dem integrierten Vertrieb diskriminierungsfrei im Sinne der Ziffer 5 GPKE / 3 GeLi erfolgt und die Möglichkeit einer identischen Prozessabwicklung gegenüber den Drittlieferanten eröffnet wird.

Für die theoretische Umorganisation der Prozesse sowie für die Gestaltung der entsprechenden Verträge benötigen wir in der Regel drei Tage. Den Aufwand zur Umstellung Ihrer internen Prozesse nebst einer Probephase schätzen wir bei zügiger Arbeit auf ca. 5 Werktage ein. Teilweise könnten noch einzelne Auskünfte Ihrer EDV-Anbieter bzw. der Systemadministrator oder Ihrer Dienstleister erforderlich werden, für die ein zusätzlicher Zeitrahmen eingeplant werden sollte.

gez.
Wibke Reimann
Rechtsanwältin

gez.
Tatjana Schleicher
Rechtsanwältin

Redaktion

Redaktion: Rechtsanwältin Wibke Reimann und Rechtsanwältin Tatjana Schleicher

Herausgeber: Bethge.Reimann.Stari Rechtsanwälte, Berlin 

Sekretariat: Susanne Rothe, Tel: 030 - 890492-11, Fax: 030 - 890492-10

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# Tags: Recht Aktuell, Energierecht, Wibke Reimann