Aktuelle Rechtsprechung zur Zulässigkeit von Bankentgelten

BANK- UND KAPITALMARKTRECHT Nr. 4
23.05.2011 | Malte Beuster

I. Entgelte für Dienstleistungen der Banken

In den letzten Monaten sind zahlreiche neue Entscheidungen zur Zulässigkeit von Bankentgelten ergangen.

Die von den Banken zu erbringenden Dienstleistungen sind - wie alle Dienstleistungen - grundsätzlich entgeltpflichtig (Zinsen und andere Entgelte). Diese Entgelte werden in der Regel durch einen Verweis in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken auf ihren Preisaushang und ihr Preis- und Leistungsverzeichnis vereinbart.

Hierbei werden oftmals Entgelte für solche Leistungen vereinbart, welche nicht zwingend zur Hauptleistung der Banken gehören. In diesem Grenzbereich hat sich die Rechtsprechung beispielsweise mit der Zulässigkeit von Entgeltklauseln beschäftigt, welche Abschlussgebühren für Bausparkassen, Bearbeitungsgebühren bei Privatkrediten, Kontoführungsentgelte für Darlehenskonten, Entgelte für die Bewertung von Sicherheiten, der Übersendung von Kontoauszügen oder der Bearbeitung von Nachlassfällen vorsehen.

II. Grundsätze zur Wirksamkeitsprüfung von Bankenentgelten

Aus der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs lassen sich Grundsätze für die Prüfung der Wirksamkeit solcher Entgeltklauseln ableiten.

1. Möglichkeit der Inhaltskontrolle

Allgemeine Geschäftsbedingungen unterliegen grundsätzlich der Inhaltskontrolle. Danach sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen (vgl. § 307 BGB). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs können auch die im Preis-/Leistungsverzeichnis der Kreditinstitute geregelten Entgeltklauseln einer solchen AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle unterliegen.

Allerdings muss nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 15. Juli 1997, Az: XI ZR 269/96; zuletzt zur Prüfung von Preisanpassungsklauseln in einem Erdgassondervertrag: BGH, Urteil vom 24. März 2010, Az: VIII ZR 178/08) zwischen sog. Preisvereinbarungen und sog. Preisnebenabreden unterschieden werden.

Preisvereinbarungen unterliegen nicht der Inhaltskontrolle, soweit sie Art und Umfang der Vergütung unter der hierfür zu erbringenden Vergütung unmittelbar regeln. Begründet wird dies damit, dass die Vertragsparteien nach dem im bürgerlichen Recht geltenden Grundsatz der Vertragsfreiheit die gegenseitig zu erbringenden Leistungen frei regeln können. Neben der Hauptleistung (beispielsweise die Erbringung einer Dienstleistung) können die Parteien somit auch die als Gegenleistung zu erbringende Vergütung frei vereinbaren. Die Festlegung der Vergütung ist grundsätzlich Sache der Vertragsparteien, weil es vielfach keine gesetzlichen Preisregelungen gibt, welche bei Unwirksamkeit der vertraglichen Abrede an deren Stelle treten könnten. Zu den einer rechtlichen Inhaltskontrolle entzogenen Preisbestimmungen zählen auch solche Klauseln, welche den Preis bei Vertragsschluss zwar nicht unmittelbar beziffern, jedoch für die Ermittlung des Preises maßgeblichen Bewertungsfaktoren und das hierbei einzuhaltende Verfahren festlegen, weil auch die vertragliche Festlegung preisbildender Faktoren zum Kernbereich privatautonomer Vertragsgestaltung gehört.

Hiervon zu unterscheiden sind jedoch die kontrollfähigen (Preis-) Nebenabreden, also Abreden, welche zwar mittelbare Auswirkungen auf Preis und Leistung haben, an deren Stelle aber, wenn eine wirksame vertragliche Regelung fehlt, solche gesetzliche Regelungen treten, von denen die Parteien abgewichen waren. Denn anders als die unmittelbaren Preisabreden bestimmen diese nicht das Ob und den Umfang von Entgelten, sondern treten als ergänzende Regelungen, die lediglich die Art und Weise der zu erbringenden Vergütung und/oder etwaige Preismodifikationen zum Inhalt haben, "neben" eine bereits bestehende Preishauptabrede. Sie weichen von dem das abbedingbare Recht beherrschenden Grundsatz ab, nach welchem die Preisvereinbarung der Parteien nach Vertragsschluss für die gesamte Vertragsdauer bindend ist und sind daher einer Inhaltskontrolle unterworfen.

Es gilt somit immer zunächst zu prüfen, ob es sich bei der einschlägigen Bankenentgeltklausel um eine Preisabrede handelt, welche einer Inhaltskontrolle nicht unterliegt oder um eine Preisnebenabrede, welche einer Inhaltskontrolle unterliegt und somit auf deren Wirksamkeit geprüft werden muss. Bereits im Rahmen dieser Prüfung gibt es - wie noch aufzuzeigen wird - teilweise entgegenstehende Entscheidungen der Instanzgerichte.

2. Anforderungen an die Wirksamkeit der Entgeltklauseln

Soweit es sich um der Inhaltskontrolle unterliegende Preisnebenabreden handelt, prüft der Bundesgerichtshof deren Wirksamkeit im Wesentlichen nach Entscheidungsgrundsätzen, welche er in den letzten Jahren selbst aufgestellt hat. Nach Darstellung des ehemaligen vorsitzenden Richters des für das Bankenrecht zuständigen XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs, Dr. Gerd Nobbe, lässt sich der Bundesgerichtshof hierbei von fünf Grundprinzipien leiten (Nobbe, Zulässigkeit von Bankenentgelten, WM 2008, 185). Danach sind Klauseln in der Regel unzulässig, welche folgende Regelungen vorsehen:

  1. Eine Bepreisung von Tätigkeiten, welche keine Dienstleistungen für den Kunden sind;
  2. Verpflichtung zur Zahlung eines Entgelts für vertraglich geschuldete Nebenleistungen der Bank oder für die Erfüllung von Pflichten der Bank zur Vermeidung von sekundären vertraglichen Schadensersatzansprüchen;
  3. Verpflichtung zur Zahlung eines Entgelts für die Erfüllung gesetzlicher Pflichten der Bank;
  4. Klauseln, welche dem Kunden im Ergebnis eine Haftung ohne Verschulden auferlegen;
  5. Klauseln, die eine zeitanteilige Erstattung eines nach einem bestimmten Zeitraum bemessenen Entgelts bei vorzeitiger Beendigung des Vertrages ausschließen.

 

Wie sich nicht zuletzt aus der unten dargestellten aktuellen Rechtsprechung ergibt, sind jedoch auch diese fünf Grundprinzipien nicht geeignet, eine einheitliche Rechtsprechung der Instanzgericht zu gewährleisten.

III. Aktuelle Entscheidungen zu einzelnen Entgeltklauseln

In den letzten Monaten waren zahlreiche Bankenentgeltklauseln Gegenstand von Gerichtsentscheidungen, wobei die unter Ziffer II. dargestellten Grundsätze zwar überwiegend Berücksichtigung fanden, jedoch nicht immer zum gleichen Ergebnis führten.

1. Abschlussgebühren bei Bausparkassen

Das Oberlandesgericht Hamm (OLG Hamm, Urteil vom 01. Februar 2010, Az: 31 U 130/09) hatte im Februar 2010 über die Wirksamkeit einer in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Bausparkasse enthaltene Klausel über Abschlussgebühren für Bausparverträge zu entscheiden. Die Klausel lautete:

"Mit Abschluss des Bausparvertrages wird eine Abschlussgebühr in Höhe von 1 % der Bausparsumme fällig. Eingehende Zahlungen werden zunächst auf die Abschlussgebühr angerechnet. Die Abschlussgebühr wird nicht - auch nicht anteilig - zurückgezahlt oder herabgesetzt. Dies gilt auch, wenn der Bausparvertrag gekündigt, die Bausparsumme durch Bildung eines Teilbausparvertrages ermäßigt oder nicht voll in Anspruch genommen wird."

Das Oberlandesgericht Hamm vertrat die Auffassung, dass diese Klausel über Abschlussgebühren für Bausparverträge wirksam sei. Diese unterliege bereits nicht der Inhaltskontrolle, weil es sich hierbei um einen Teil des vom Bausparer für die Hauptleistung der Bausparkasse zu zahlenden Preises, also um eine nicht der Inhaltskontrolle unterliegende Preisvereinbarung, handeln würde.

Der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 07. Dezember 2010, Az: XI ZR 3/10), welcher über die Wirksamkeit einer inhaltsgleichen Klausel zu entscheiden hatte, folgte dieser Auffassung nur im Ergebnis.

Er vertrat die Auffassung, dass diese Klausel nicht der Inhaltskontrolle entzogen sei, weil es sich vorliegend um eine Klausel handele, welche kein Entgelt für eine Leistung, die gegenüber dem Kunden auf rechtsgeschäftlicher Grundlage erbracht wird, zum Gegenstand habe. Vielmehr sollten durch diese Klausel die Vertriebskosten der Bausparkasse abgegolten werden.

Gleichwohl kommt der Bundesgerichtshof zum Ergebnis, dass diese Klausel der Inhaltskontrolle standhält. Eine unangemessene Benachteiligung sei anzunehmen, wenn der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten eines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen. Dies könne bei der Umlegung der Vertriebskosten auf den Kunden im Einzelfall der Fall sein.

Die Neukundewerbung stelle keine vertragliche Leistung der Bausparkasse gegenüber ihren Kunden dar. In dem zu entscheidenden Fall sei jedoch zu berücksichtigen, dass es sich um eine Bausparkasse handele. Beim Bausparen komme ein stetiges Neukundengeschäft gerade nicht nur dem Unternehmer zu Gute, sondern unmittelbar auch der Bauspargemeinschaft, so dass die Bausparkassen mit dieser durch die Abschlussgebühr zu vergütenden Tätigkeit auch kollektive Gesamtinteressen wahrnehmen würden. Dies ergebe sich daraus, dass die Zuteilung der zinsgünstigen Bauspardarlehen nur aus den Mitteln erfolgen könne, die durch die Einlage-, Zins- und Tilgungsleistungen anderer Bausparer erwirtschaftet werden, wozu das Anwerben neuer Kunden notwendig sei. Dem kollektiven Systemzweck des Bausparens entspreche eine Regelung, welche die Kosten der Akquisition neuer Kunden durch eine gesonderte Gebühr beim Vertragsschluss deckt.

Ob die Überwälzung einer Abschlussgebühr auch dann der Inhaltskontrolle stand hält, wenn es sich nicht um ein Bausparmodell handelt, bleibt abzuwarten.

2. Bearbeitungsgebühren beim Privatkredit

Das OLG Celle (OLG Celle, Urteil vom 02. Februar 2010, Az: 3 W 109/09) sowie das OLG Bamberg (OLG Bamberg, Urteil vom 04. August 2010, Az: 3 U 78/10) hatten über die Wirksamkeit eines gemäß Preisaushang eines Kreditinstituts verlangten Bearbeitungsentgeltes für Privatkredite (Bearbeitungsentgelt in Höhe von 2 % des ursprünglichen Kreditvertrages) zu entscheiden.

a) OLG Celle, Urteil vom 02. Februar 2010, Az: 3 W 109/09

Nach Auffassung des OLG Celle sei die entsprechende Klausel wirksam.

Bei den Bearbeitungsentgelten für Privatkredite handele es sich um eine Preisvereinbarung, welche nicht der Inhaltskontrolle unterliege. Die Bearbeitungsgebühr sei vorliegend in die Berechnung des effektiven Jahreszinses miteinbezogen worden, war somit also Teil der Gesamtkalkulation der Kreditkosten und betreffe folglich Art und Umfang der vertraglichen Hauptleistungspflicht.

Dies könne jedoch im Ergebnis dahinstehen, weil die entsprechende Klausel, selbst wenn es sich hierbei um eine der Inhaltskontrolle unterliegende Preisnebenabrede handeln würde, wirksam sei. Auch wenn das Bearbeitungsentgelt, d. h. der für die Bearbeitung des Darlehensantrags veranschlagte Betrag, im Ergebnis vor allem der Prüfung der Bonität des Kreditnehmers und des Wertes der von ihm angebotenen Sicherheiten diene, erfolge dies nicht allein im Vermögensinteresse der Bank, sondern stelle zugleich auch eine Dienstleistung für den Kunden dar. Anlässlich dieser Prüfung werde zugleich ermittelt, mit welchen Konditionen der Kredit an den Darlehensnehmer ausgereicht werden könne. Ohne eine solche individuelle, auf den einzelnen Kunden bezogene Bonitätsprüfung sei es denkbar, dass eine Bank ihre Darlehen nur nach generalisierenden Maßstäben unter Kalkulation eines durchschnittlichen Risikos vergeben würde, was zum Nachteil von Kunden mit guter Bonität gehen würde.

 

b) OLG Bamberg, Urteil vom 04. August 2010, Az: 3 U 78/10

Das OLG Bamberg hat indes entschieden, dass eine Entgeltklausel im Preisaushang über ein einmaliges Bearbeitungsentgelt für Privatkredite unwirksam sei.

Die entsprechende Klausel sei der Inhaltskontrolle unterworfen, weil die Bearbeitungsgebühr nicht als Teil der Hauptleistung, sondern als Preisnebenabrede einzustufen sei. Leistung und Gegenleistung des Darlehensvertrages seien im Gesetz (vgl. § 488 Abs. 1 BGB) geregelt. Während es die Hauptpflicht des Darlehensgebers ist, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen, ist der Darlehensnehmer verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und das Darlehen bei Fälligkeit zurückzuzahlen. Entgelt für die Gewährung eines Darlehens sei beim gesetzlichen Regelfall somit der zu entrichtende Zins. Die Bearbeitungsgebühr sei jedoch nicht Teil des zu entrichtenden Zinses und daher keine Hauptleistung.

Darüber hinaus benachteilige die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Sparkasse verwendete Entgeltklausel zur Zahlung eines einmaligen Bearbeitungsentgelts für Privatkredite den Privatkunden unangemessen und sei daher unwirksam. Das Kreditinstitut sei grundsätzlich nicht verpflichtet, einen Darlehensvertrag abzuschließen oder im Vorfeld die Bonität oder Sicherheiten zu überprüfen. Dies folge ausschließlich im eigenen Interesse der Bank. Die Ausführungen des OLG Celle in seinem Urteil vom 02. Februar 2010 (a. a. O.) würden nicht überzeugen. Auch wenn eine solche Prüfung für einen boniblen Kunden zu günstigeren Konditionen führen mag, beantworte diese Überlegung nicht die Frage, welches Interesse ein Kunde mit ungünstiger Bonität an einer solchen Überprüfung haben könnte, zumal auch dieser mit dem Bearbeitungsentgelt belastet werden würde.

3. Kontoführungsentgelte für Darlehenskonten

Das OLG Stuttgart (OLG Stuttgart, Urteil vom 21. Oktober 2010, Az: 2 U 30/10) und das OLG Karlsruhe (OLG Karlsruhe, Urteil vom 08. Februar 2011, Az: 17 U 138/10) hatten sich mit der Frage zu beschäftigen, ob eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Kreditinstituts wirksam ist, durch welche sich das Kreditinstitut eine Kontoführungsgebühr für ein Darlehenskonto versprechen lässt.

a) OLG Stuttgart, Urteil vom 21. Oktober 2010, Az: 2 U 30/10

Das OLG Stuttgart vertritt die Auffassung, dass es sich hierbei um eine Preisabrede handeln würde, welche der Inhaltskontrolle entzogen sei. Zwar kenne der Darlehensvertrag keine originäre, vertragstypische Pflicht des Darlehensgebers, dem Darlehensnehmer Rechenschaft zu legen über die Verbuchung seiner Zahlungen oder den Stand der Darlehensrestschuld. Die Kontoführungsgebühr sei jedoch wirtschaftlich betrachtet ein pauschalisierter Verwaltungskostenersatz und Teil des Gefüges aus Leistungen und Gegenleistungen des konkreten Vertragsverhältnisses. Die damit einhergehenden Kosten seien Teil der allgemeinen Betriebskosten, welche die Beklagte über eine Kombination aus Darlehenszins und Kontoführungsgebühr zu decken sucht und somit Gegenstand der Preiskalkulation.

Zwar könnten Entgelte nur für Leistungen verlangt werden, die auf rechtsgeschäftlicher Grundlage für den einzelnen Kunden erbracht werden, mit denen also nicht versucht wird, Aufwendungen für die Erfüllung eigener Pflichten oder für Zwecke des Verwenders abzuwälzen. Diese rein vertragsbezogene Betrachtung reiche jedoch nicht aus, in der durch Allgemeine Geschäftsbedingungen festgeschriebenen Kontoführungsgebühr eine unangemessene Benachteiligung des Kunden zu sehen. Vielmehr habe der Gesetz- und Verordnungsgeber in Rechtsvorschriften erkennen lassen, dass er Kontoführungsgebühren nicht generell missbillige, sondern im Gegenteil als im Wirtschaftsleben üblich anerkannt habe. In diesem Zusammenhang verweist das OLG Stuttgart insbesondere auf § 6 Abs. 3 Nr. 3 der Preisangabenverordnung (PAngV), nach der im Zusammenhang mit Darlehenskonten Kontoführungsgebühren als typische Vertragsbestandteile zumindest vorausgesetzt werden würden.

Das Urteil des OLG Stuttgart ist nicht rechtskräftig. Der Rechtsstreit ist gegenwärtig beim Bundesgerichtshof anhängig (BGH, Az: XI ZR 388/10).

 

b) OLG Karlsruhe, Urteil vom 08. Februar 2011, Az: 17 U 138/10

Dagegen hat das Oberlandesgericht Karlsruhe entschieden, dass die im Preis-/Leistungsverzeichnis eines Kreditinstituts verwendete Klausel zur Verpflichtung zur Zahlung von Kontoführungsgebühren für Darlehenskonten im Bankverkehr mit Verbrauchern unwirksam sei.

Die aufgrund der streitgegenständlichen Entgeltklausel beanspruchten Kontoführungsgebühren für Darlehenskonten seien nicht als Teil der Hauptleistung des Kunden aus dem Darlehensvertrag anzusehen, sondern vielmehr als eine der Inhaltskontrolle unterliegende Preisnebenabrede zu qualifizieren. Die Klausel regele nicht die Höhe der vom Darlehensnehmer für die Überlassung des Kapitalbetrages zu entrichtenden Zinsen, sondern lege eine zusätzliche Vergütung für eine Kontoführung fest, obwohl eine echte (Gegen-)Leistung für den Vertragspartner nicht erbracht werde.

Die Klausel zur Verpflichtung zur Zahlung von Kontoführungsgebühren für Darlehenskonten halte der Inhaltskontrolle nicht stand, weil sie mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelungen unvereinbar sei und private Darlehensnehmer (Verbraucher) in unangemessener Weise benachteilige. Die Einrichtung eines gesonderten Zahlungsabwicklungskontos (Girokonto, Kontokorrentkonto) sei bei der Gewährung eines normalen Darlehens an Privatpersonen (Verbraucher) nicht erforderlich. Regelmäßig werde das Darlehen auf ein vom Darlehensnehmer angegebenes vorhandenes Girokonto ausgezahlt. Verfügungen über das Darlehenskonto als solches seien dem Darlehensnehmer nicht möglich. Vielmehr diene ein Darlehenskonto lediglich der Verbuchung der Zahlungen des Darlehensnehmers. Damit liege die Kontoführung ausschließlich im eigenen Interesse des Kreditinstituts, welches die Zahlungen des Darlehensnehmers entgegennehmen und überwachen müsse, ohne hierfür ein gesondertes Entgelt verlangen zu können. Das Verlangen zusätzlicher Kontoführungsgebühren führe damit zu einer verdeckten Verteuerung der Kredite durch die Abwälzung von anteiligen allgemeinen Betriebskosten und Verwaltungsaufwendungen, welche das Kreditinstitut jedoch aus den Kreditzinsen decken müsse.

4. Entgeltklausel für die Bewertung von Sicherheiten

Das OLG Düsseldorf (OLG Düsseldorf, Urteil vom 05. November 2009, Az: 6 U 17/09) hatte darüber zu entscheiden, ob eine gegenüber Verbrauchern in Darlehensverträgen genutzte Formularklausel wirksam ist, durch welche Verbraucher zur Zahlung einer "Schätzgebühr/ Besichtigungsgebühr" verpflichtet werden sollen.

Nach Auffassung des OLG Düsseldorf ist eine fomularmäßige Erhebung von Schätz- und Besichtigungsgebühren zur Ermittlung des Wertes von Sicherheiten des Kunden unwirksam, weil sie die Kunden des Kreditinstituts entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligt.

Bei der streitigen Klausel zur Erhebung einer "Schätzgebühr/Besichtigungsgebühr" handele es sich um eine der Inhaltskontrolle unterliegende Preisnebenabrede. Die Besichtigung der von den Darlehensnehmern angebotenen Sicherheiten und die sonstigen Aufwendungen der Beklagten zur Schätzung dienten ausschließlich der Wertermittlung der in Betracht kommenden Beleihungsobjekte. Diese erfolge allein im Interesse des Darlehen gebenden Kreditinstituts, welches durch die Vereinbarung der Bestellung einer Grundschuld oder der Überlassung einer sonstigen Sicherheit seine eigenen Interessen absichern wolle und klären möchte, ob das ihr als Sicherheit angebotene Objekt im Fall der Nichtbedienung durch den Darlehensnehmer ausreichend werthaltig sei. Das Kreditinstitut sei daher auch zu einer Offenlegung des Ergebnisses der Wertermittlung gegenüber dem Darlehensnehmer nicht verpflichtet.

Die somit zulässige Kontrolle der streitigen Klausel führe zu deren Unzulässigkeit. Bemerkenswert ist, dass das OLG Düsseldorf in diesem Zusammenhang darauf hinweist, dass die Einordnung der Klausel als Preisnebenabrede mittelbar bereits auch deren Qualifizierung als nicht angemessen beinhalte und somit zu ihrer Unwirksamkeit führe.

5. Entgeltklausel für die Übersendung von Kontoauszügen

Das Landgericht Frankfurt am Main (LG Frankfurt a. M., Urteil vom 14. März 2011, Az: 2-25 O 260/10) hatte über eine Entgeltklausel für die Übersendung von Kontoauszügen zu entscheiden. Nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Bank bekommen deren Kunden den Kontoauszug per Post zugeschickt, wenn sie einen solchen nicht innerhalb von 30 Bankarbeitstagen am Kontoauszugsdrucker abrufen. Nach den entsprechenden Entgeltklauseln der Bank sollten die Kunden hierfür im Ergebnis ein Entgelt in Höhe von € 1,94 zahlen.

Nach Auffassung des Landgerichts Frankfurt am Main sind die entsprechende Entgeltklauseln unwirksam.

Die Entgeltklauseln seien als Preisnebenabreden zu qualifizieren und unterliegen daher der Inhaltskontrolle. Die Übersendung der nicht abgerufenen Kontoauszüge erfolge im Wesentlichen zur Übersendung und Mitteilung des regelmäßigen Kontoabschlusses und damit im Interesse der Bank, weil die Bank daraus ein Anerkenntnis erlange. Da die Klausel somit Aufwendungen für Tätigkeiten der Bank im eigenen Interesse auf den Kunden abwälze, sei sie unwirksam.

6. Entgeltklausel für Bearbeitung von Nachlassfällen

Mit Anerkenntnisurteil vom 08. Februar 2011 (BGH, Az: XI ZR 232/10) hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass eine Klausel im Rechtsverkehr mit Verbrauchern, wonach für die Bearbeitung von Nachlassfällen ein Entgelt erhoben wird, den Kunden unangemessen benachteilige und daher unwirksam sei.

IV. Zusammenfassung

Die Frage der Zulässigkeit von Bankenentgelten wird die Rechtsprechung weiterhin beschäftigen. Bereits die Abgrenzung der Preisabreden, welche nicht der Inhaltskontrolle unterliegen, von den Preisnebenabreden, welche einer Inhaltskontrolle voll zugänglich sind, bereitet vor allem den Instanzgerichten Probleme und führt zu teilweise sich widersprechenden Entscheidungen. Auch die sich aus den Entscheidungen des Bundesgerichtshofs herauskristallisierenden Grundsätze zur Wirksamkeit von Preisnebenabreden waren bisher nicht geeignet, eine einheitliche Rechtsprechung der Instanzgerichte zu gewährleisten. Wir werden Sie über die weitere Entwicklung in diesem Bereich in Kenntnis setzen.

Redaktion

Redaktion: Rechtsanwalt Malte Beuster

Herausgeber: Bethge.Reimann.Stari Rechtsanwälte, Berlin 

Sekretariat: Susanne Rothe, Tel: 030 - 890492-11, Fax: 030 - 890492-10

Recht aktuell wird nach sorgfältig ausgewählten Unterlagen erstellt. Diese Veröffentlichung verfolgt ausschließlich den Zweck, bestimmte Themen anzusprechen und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Für die Anwendung im konkreten Fall kann eine Haftung nicht übernommen werden. Sollten Sie weitere Fragen zu den angesprochenen Themen haben, so wenden Sie sich bitte an unsere Ansprechpartner. Der Nachdruck - auch auszugsweise - ist nur mit Quellenangabe gestattet.

Wenn Sie die Publikation nicht mehr erhalten wollen, teilen Sie uns dies bitte per E-Mail mit.



# Tags: Malte Beuster, Bank- und Kapitalmarktrecht, Recht Aktuell