Kurzinfo für Netzbetreiber von Strom und Gas! Insolvenz des Energielieferanten TelDaFax Energy GmbH
Einleitung
Sehr geehrte Damen und Herren,
wie Ihnen sicherlich bekannt ist, ist über das Vermögen der TelDaFax Energy GmbH (im Folgenden TelDaFax) das vorläufige Insolvenzverfahren eröffnet worden. TelDaFax verkündet auf ihrer Homepage, dass sie die Endkundenbelieferung seit 17. Juni aussetzt. Aus diesem Grund haben nach unserer Kenntnis bereits einige Übertragungsnetzbetreiber und Marktgebietsverantwortliche ihre Bilanzkreisverträge mit TelDaFax gekündigt. Ferner kündigt TelDaFax an, dass sie die Wiederaufnahme ihrer Geschäfte mit einem neuen Investor anstrebt.
Mit diesem Informationsschreiben möchten wir Ihnen Handlungsoptionen für folgende Fälle aufzeigen:
- Lieferantenrahmenvertrag wurde noch nicht gekündigt,
- TelDaFax will Netznutzung zur Kundenbelieferung wieder aufnehmen.
Handlungsempfehlung:
Sollten Sie die mit TelDaFax bestehenden Lieferantenrahmenverhältnisse noch nicht gekündigt haben, empfehlen wir Ihnen eine außerordentliche Kündigung auszusprechen. Dies gilt auch dann, wenn Sie TelDaFax zuvor den Netzzugang ohne Abschluss eines Lieferantenrahmenvertrages gewährt haben. Auf welcher Grundlage und unter welchen Voraussetzungen Sie eine Kündigung wirksam aussprechen können, muss je nach Einzelfall beurteilt werden. Hierzu erhalten Sie nachfolgend Anhaltspunkte.
Sollte TelDaFax ihre Geschäfte wiederaufnehmen, empfehlen wir, in die neuen Lieferantenrahmenverträge die Pflicht zur Leistung von Sicherheiten und/oder Vorauszahlungen vorzusehen und eine Sicherheitsleistung bzw. Vorauszahlung auch vor Beginn des Vertrages einzufordern.
I. Kündigung bestehender Lieferantenrahmenverträge
Falls Sie mit TelDaFax einen Lieferantenrahmenvertrag abgeschlossen haben, muss der Vertragstext daraufhin geprüft werden, ob und unter welchen Voraussetzungen er Ihnen ein außerordentliches Kündigungsrecht einräumt. Mögliche Kündigungsgründe könnten sein:
- Wegfall des Bilanzkreisvertrages
- Verschlechterung der Vermögenslage der TelDaFax
- Zahlungsrückstände
- Verweigerung einer Sicherheitsleistung
1. Wegfall der Bilanzkreisverträge
Wenn die Übertragungs- bzw. Bilanzkreisnetzbetreiber die Bilanzkreisverträge mit TelDaFax kündigen bzw. gekündigt haben, könnte darin ein Recht zur außerordentlichen Kündigung des Lieferantenrahmenvertrages liegen. In solchen Fällen wäre die Belieferung der Endkunden durch TelDaFax nicht mehr möglich.
Die Netznutzung setzt voraus, dass die Entnahmestellen der Letztverbraucher des Lieferanten in ein vertraglich begründetes Bilanzkreissystem einbezogen sind. Nicht alle Lieferantenrahmenverträge regeln den Wegfall des Bilanzausgleichs als einen außerordentlichen Kündigungsgrund.
Sollte Ihr Lieferantenrahmenvertrag Ihnen ein außerordentliches Kündigungsgrund wegen des Wegfalls des Bilanzausgleichs einräumen, können Sie ihn aus diesem Grund kündigen.
Sollte dies nicht der Fall sein, müssten Sie sich auf andere Kündigungsgründe berufen. Welche Kündigungsgründe in Betracht kommen, hängt vom Vertragstext sowie von den Umständen des Einzelfalls ab.
2. Insolvenz der TelDaFax
Sind in Ihrem Lieferantenrahmenvertrag z. B. ein Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, das vorläufige Insolvenzverfahren oder eine wesentliche Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Lieferanten als mögliche Kündigungsgründe vereinbart, muss zunächst die Rechtmäßigkeit dieser Klausel für jeden Einzellfall geprüft werden. Diese Frage ist äußerst umstritten, eine pauschale Empfehlung können wir ohne Kenntnis des Vertragstextes nicht abgeben.
Empfehlung:
Lassen Sie Ihren Lieferantenrahmenvertrag prüfen, ob und unter welchen Voraussetzungen er Ihnen ein außerordentliches Kündigungsrecht einräumt.
3. Weitere Kündigungsgründe
Sollte Ihr Lieferantenrahmenvertrag keinen solchen Kündigungsgrund regeln oder zwischen Ihnen und TelDaFax kein Lieferantenrahmenvertrag bestehen, ist fraglich, ob Sie sich allein auf die Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Kündigungsgrund berufen können. Diese Frage ist, wie bereits oben ausgeführt, schon bei ihrer ausdrücklichen Regelung im Vertrag umstritten. Wir empfehlen Ihnen daher, Ihre Kündigung nicht auf der Eröffnung des Insolvenzverfahrens als dem alleinigen Kündigungsgrund aufzubauen.
a. Zahlungsrückstand
Um eine wirksame Kündigung zu bewirken, müssten Sie sich auf weitere Kündigungsgründe, z. B. eine Vertragspflichtverletzung, berufen können, die eine Unzumutbarkeit der Vertragsfortführung begründet. Eine solche liegt - vorbehaltlich Abweichungen in Einzelfällen - in der grundlosen und nachhaltigen Nichtzahlung der Netznutzungsentgelte. Ist TelDaFax ihren vertraglichen Zahlungspflichten nicht nachgekommen, stellt dies in der Regel einen zulässigen Kündigungsgrund dar.
b. Verweigerung einer Sicherheitsleistung
Sollte TelDaFax Ihnen gegenüber ausnahmsweise die Netznutzungsentgelte bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens gezahlt haben, würden Sie sich nicht auf die Verletzung von vertraglichen Zahlungspflichten berufen können. In diesen Fällen könnten Sie gegenüber dem vorläufigen Insolvenzverwalter Ihren ggf. bestehenden Anspruch auf Erbringung einer Sicherheitsleistung geltend machen. Ein solcher Anspruch und seine Voraussetzungen ergeben sich ggf. aus dem Lieferantenrahmenvertrag oder aus § 321 BGB. Lehnt TelDaFax bzw. der vorläufige Insolvenzverwalter die Sicherheitsleistung ab, kommt ebenfalls eine außerordentliche Kündigung in Betracht.
Empfehlung:
Auch wenn Ihr Lieferantenrahmenvertrag keine Gründe für eine außerordentliche Kündigung regelt oder zwischen Ihnen und TelDaFax gar kein Lieferantenrahmenvertrag abgeschlossen wurde, können Sie solche Netznutzungsverhältnisse kündigen. Auf welcher Grundlage und unter welchen Voraussetzungen Sie eine Kündigung aussprechen können, muss je nach Sachverhalt individuell beurteilt werden.
II. Wiederaufnahme der Belieferung
1. Lieferantenrahmenverträge wurden nicht gekündigt
Sollten Sie die Lieferantenrahmenverträge mit TelDaFax dennoch nicht gekündigt haben oder kündigen wollten, stellt sich die Frage, was bei Wiederaufnahme der Lieferung durch TelDaFax gilt. In diesem Fall sollten Sie Leistung einer Sicherheit aus dem noch bestehenden Vertrag oder nach den gesetzlichen Bestimmungen geltend machen. Das Bestehen des Anspruchs auf eine Sicherheitsleistung und seine Voraussetzungen müssen je nach Einzelfall anhand des Vertragstextes und des Sachverhalts geprüft werden. Lehnt TelDaFax bzw. der vorläufige Insolvenzverwalter die Sicherheitsleistung ab, könnte - wie oben gezeigt - eine Kündigung in Betracht kommen.
2. Neuabschluss von Lieferantenrahmenverträgen
Sollte TelDaFax nach gekündigten Verträgen den Neuabschluss für die Belieferung von Kunden verlangen, sollten Sie zunächst auf den Abschluss eines Lieferantenrahmenvertrags bestehen. Bitte achten Sie dabei darauf, Änderungswünsche der TelDaFax nicht unbeantwortet zu lassen.
Im Lieferantenrahmenvertrag sollten Sie die Leistung einer Sicherheit und/oder Vorauszahlungen wegen der in der Vergangenheit bekannt gewordenen Zahlungspflichtverletzung der TelDaFax zum Vertragsgegenstand machen und diese unbedingt auch einfordern. Falls TelDaFax hierauf nicht eingeht, müsste geprüft werden, ob der Netzzugang verweigert werden kann. Dies wird auch davon abhängen, wie die Bonität von TelDaFax einzuschätzen ist. Bitte beachten Sie, dass Sie jede Netzzugangsverweigerung der Regulierungsbehörde anzeigen müssen.
Falls Sie noch weitere Fragen zu dieser Thematik haben, wenden Sie sich bitte an die nachstehenden Ansprechpartner:
Rechtsanwältin Wibke Reimann: reimann@brs-rechtsanwaelte.de, 030/890492-12
Rechtsanwältin Tatjana Schleicher: schleicher@brs-rechtsanwaelte.de, 030/890492-12
gez.
Wibke Reimann
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Tatjana Schleicher
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Redaktion
Redaktion: Rechtsanwältin Wibke Reimann und Rechtsanwältin Tatjana Schleicher
Herausgeber: Bethge.Reimann.Stari Rechtsanwälte, Berlin
Sekretariat: Susanne Rothe, Tel: 030 - 890492-11, Fax: 030 - 890492-10
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