RECHTLICHE ASPEKTE DES "CROWDFUNDING"
Einleitung
Mit Datum vom 05. September 2012 hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zum Thema "Crowdfunding" in aufsichtsrechtlicher Hinsicht Stellung genommen. Sie hat darauf hingewiesen, dass das "Crowdfunding" im Einzelfall einer Erlaubnis nach dem Kreditwesengesetz (KWG) bedarf und eine Prospektpflicht bestehen kann. Dies nehmen wir zum Anlass, diese rechtlichen Aspekte dieser noch recht jungen Finanzierungsart nachfolgend kurz darzustellen.
1. Was bedeutet "Crowdfunding"?
Das "Crowdfunding" (auch "Schwarmfinanzierung" genannt) bezeichnet eine erst in den letzten Jahren aufgekommene Art der Finanzierung. Dabei werden Vorhaben mit Hilfe zahlreicher Kapitalgeber finanziert, die über Internet-Plattformen geworben werden. Zu den Vorhaben gehören beispielsweise Musikproduktionen, Filme oder Bücher. Vermehrt wird das "Crowdfunding" aber beispielsweise auch zur Finanzierung von Unternehmensgründungen eingesetzt (sog. "Crowdinvesting").
Mediale Aufmerksamkeit erlangte insbesondere das im Dezember 2011 zur Finanzierung des Spielfilms zur Fernsehserie "Stromberg" durchgeführte "Crowdfunding". Binnen einer Woche hätten sich mehr als 3.000 Investoren gefunden, die jeweils Anteile in Höhe von mindestens 50,00 erworben hatten, so dass in dieser kurzen Zeit rund eine Million Euro eingesammelt worden seien.
2. Wie funktioniert "Crowdfunding"?
Beim "Crowdfunding" möchte ein Ideengeber bzw. Initiator ein Projekt realisieren (z. B. ein Buch veröffentlichen, einen Film drehen, ein Musikalbum aufnehmen). Er ist jedoch entweder nicht in der Lage oder gewillt, das Projekt selbst zu finanzieren. Daher tritt er über den Betreiber einer "Crowdfunding"-Plattform an die anonyme Masse der Internetnutzer heran. Auf der "Crowdfunding"-Plattform wird das zu finanzierende Projekt vorgestellt und ein fester (Mindest-)Betrag genannt, der zur Umsetzung des Projekts eingesammelt werden muss.
Zu diesem Zweck müssen sich aus der Masse der Internetnutzer eine Vielzahl von Geldgebern ("Crowd") finden, die ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung stellen, um den vorgegebenen Mindestbetrag zu erreichen, respektive das Projekt zu finanzieren. Wird der vorgegebene Mindestbetrag nicht erreicht, sind die Geldgeber nicht zur Zahlung verpflichtet.
Die dem Geldgeber angebotene Gegenleistung kann ganz unterschiedlich aussehen. Neben der Gewährung von Sach- und Geldleistungen, werden auch Rechte übertragen oder immaterielle Werte angeboten. Beispielsweise könnte der Geldgeber als Gegenleistung ein produziertes Musikalbum mit persönlicher Widmung oder eine Einladung zu einem Konzert erhalten, im Abspann des finanzierten Films auftauchen oder zur Präsentation oder Lesung des finanzierten Buches eingeladen werden.
3. Ist "Crowdfunding" erlaubnispflichtig?
Je nach Ausgestaltung des jeweiligen "Crowdfunding"-Modells bedarf das Betreiben einer entsprechenden "Crowdfunding"-Plattform einer Erlaubnis der BaFin nach § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG (dazu unter a), einer Erlaubnis nach dem Zahlungsdienstaufsichtsgesetz (ZAG) (unter b) und/oder einer Erlaubnis nach der Gewerbeordnung (GewO) (unter c). Wegen der unterschiedlichen Ausgestaltung kann die Frage der Erlaubnispflicht nicht allgemein beantwortet werden, sondern bedarf stets einer Einzelfallprüfung.
a) Erlaubnispflicht nach dem Kreditwesengesetz (KWG)
Nach § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG bedarf der schriftlichen Erlaubnis der BaFin, wer im Inland gewerbsmäßig oder in einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, Bankgeschäfte betreiben oder Finanzdienstleistungen erbringen will. Werden Finanzdienstleistungen ohne die erforderliche Erlaubnis erbracht, kann die BaFin insbesondere die sofortige Einstellung des Geschäftsbetriebs anordnen (§ 37 KWG). Zudem ist das Erbringen von Finanzdienstleistungen ohne Erlaubnis strafbar (§ 54 KWG).
aa) Gewerbsmäßigkeit, kaufmännischer Geschäftsbetrieb
Regelmäßig betreiben die Betreiber einer "Crowdfunding"-Plattform ihre Geschäfte gewerbsmäßig. Dies ist der Fall, wenn die Geschäfte mit der Absicht der Gewinnerzielung verfolgt werden und der Betrieb auf eine gewisse Dauer angelegt ist, wobei insbesondere die Entgeltlichkeit des Geschäfts ein Indiz für die Gewinnerzielungsabsicht ist. Die Geschäfte der Plattformbetreiber sind fast ausschließlich entgeltlich. Regelmäßig erheben die Plattformbetreiber gegenüber dem Initiator jedenfalls für eine erfolgreiche Finanzierung Gebühren i. H. v. 5 - 10 % der Finanzierungssumme (ggf. zzgl. Transaktionskosten). Ob das alternative Erfordernis eines in kaufmännischer Weise eingerichteten Gewerbebetriebs vorliegt, bedarf stets einer Einzelfallprüfung. Voraussetzung hierfür ist, dass die Geschäfte einen derartigen Umfang haben, dass objektiv eine kaufmännische Organisation erforderlich ist. Das kann je nach Umfang der vom Plattformbetreiber getätigten Geschäfte unterschiedlich sein. Sind die Betreiber der "Crowdfunding"-Plattform als Kapitalgesellschaft (GmbH, AG) organisiert, ist das Erfordernis eines in kaufmännischer Weise eingerichteten Gewerbebetriebes kraft Rechtsform erfüllt.
bb) Betreiben von Bankgeschäften und Erbringen von Finanzdienstleistungen
Bei den derzeit erkennbaren "Crowdfunding"-Modellen werden - auch nach Einschätzung der BaFin - regelmäßig keine Bankgeschäfte betrieben. Auch das sog. Einlagengeschäft, bei dem unbedingt rückzahlbare Gelder angenommen werden und welches gemäß § 1 Abs. 1 KWG zu den Bankgeschäften gehört, wird in der Regel nicht betrieben. Der Kapitalgeber soll dem Initiator üblicherweise gerade kein Darlehen (§ 488ff BGB) oder ähnliches gewähren, mithin keinen - erfolgsunabhängigen - Rückzahlungsanspruch erhalten. Vielmehr wird dem Kapitalgeber - wie ausgeführt - eine nicht zurückzuzahlende Entlohnung versprochen, die unterschiedlich ausgestaltet sein kann.
Je nach Ausgestaltung dieser Entlohnung kann sich die Finanzierung indes als Vermögensanlage i. S. d. § 1 Abs. 2 VermAnlG darstellen, welche ihrerseits als Finanzinstrument i. S. d. § 1 Abs. 11 KWG einzuordnen ist. Dann erbringen die Betreiber der Plattform Finanzdienstleistungen und bedürfen hierfür einer Erlaubnis. Entscheidend ist also, wie die Entlohnung ausgestaltet ist.
Beim "klassischen" "Crowdfunding" besteht die Entlohnung darin, dass der Kapitalgeber unter der Voraussetzung dass der vom Initiator vorgebende Mindestbetrag erreicht wird eine vom wirtschaftlichen Erfolg des Projekts unabhängige Gegenleistung in Form der Übertragung von Sachen oder Rechten oder immaterieller Werte erhält (z. B. ein Exemplar des finanzierten Werkes mit Widmung oder ähnliches ). In diesem Fall kann die zugrunde liegende Vereinbarung zwischen Initiator und Kapitalgeber rechtlich regelmäßig als Kaufvertrag unter der aufschiebenden Bedingung qualifiziert werden, dass der vorgegebene Mindestbetrag erreicht wird. Die Voraussetzungen einer Vermögensanlage liegen dann nicht vor.
Insbesondere zur Finanzierung größerer Projekte oder bei Unternehmensgründungen (sog. "Crowdinvesting") werden den Kapitalgebern indes regelmäßig auch Gewinnbeteiligungen versprochen, was den wirtschaftlichen Erfolg des Projekts voraussetzt. Hierbei kann es sich beispielsweise um eine stille Beteiligung (§§ 230 ff. HGB) oder um Genussrechte bzw. Genussscheine und somit um Vermögensanlagen im Sinne des § 1 Abs. 2 VermAnlG und somit um ein Finanzinstrument i. S. d. KWG handeln.
In diesem Fall erbringt der Betreiber der Internetplattform u. U. eine Finanzdienstleistung. Gemäß § 1 Abs. 1a KWG sind Finanzdienstleistungen u. a. die Vermittlung von Geschäften über die Anschaffung und die Veräußerung von Finanzinstrumenten (Anlagenvermittlung), die Anschaffung und die Veräußerung von Finanzinstrumenten in fremden Namen für fremde Rechnung (Abschlussvermittlung) und das Platzieren von Finanzinstrumenten ohne feste Übernahmeverpflichtung (Platzierungsgeschäft).
In der Regel erfüllen die "Crowdfunding"-Plattformen zumindest die Voraussetzungen der Anlagenvermittlung. Hierbei leitet der Betreiber der Internetseite als Bote des Kapitalgebers dessen Willenserklärung, Finanzinstrumente anzuschaffen oder zu veräußern, an den Initiator weiter. Die BaFin weist in ihrer Stellungnahme ausdrücklich darauf hin, dass es für diese Botentätigkeit ausreichend ist, ein EDV-System zur Verfügung zu stellen, durch das die Willenserklärungen der potentiellen Kapitalgeber weitergeleitet werden.
Grundsätzlich bedarf der Betreiber der "Crowdfunding"-Plattform in diesem Fall einer Erlaubnis der BaFin. Allerdings sieht § 2 KWG unter bestimmten Voraussetzungen Ausnahmen vor. Der Betreiber einer "Crowdfunding"-Plattform braucht insbesondere dann keine Erlaubnis nach dem KWG, wenn er ausschließlich die Anlagen- oder Abschlussvermittlung zwischen Kunden und Anbietern oder Emittenten von Vermögensanlagen i. S. d. § 1 Abs. 2 VermAnlG betreibt, soweit sich die Finanzdienstleistungen auf die genannten Vermögensanlagen beschränken und er keine Gelder des Kapitalgebers annimmt. Auch dies bedarf stets einer Einzelfallprüfung.
FAZIT: Um nicht einer Erlaubnispflicht nach dem KWG zu unterliegen, sollte der Betreiber genau darauf achten, wie die Beteiligungsmöglichkeiten des Kapitalgebers ausgestaltet sind. Die Entlohnung sollte so ausgestaltet werden, dass eine vom wirtschaftlichen Erfolg unabhängige Gegenleistung erbracht wird, so dass die zugrunde liegende Vereinbarung als Kaufvertrag eingeordnet werden kann. Alternativ sollte sich der Betreiber zumindest auf die Anlagen- und Abschlussvermittlung zwischen Kapitalgebern und Initiatoren für Vermögensanlagen beschränken, ohne selbst Gelder von den Kapitalgebern anzunehmen.
b) Erlaubnispflicht nach dem Zahlungsdienstaufsichtsgesetz (ZAG)
Nimmt der Betreiber einer "Crowdfunding"-Plattform Gelder von Geldgebern entgegen, um diese sofort oder ggf. nach Erreichen der Mindestsumme an den Initiator weiterzuleiten, kann es sich darüber hinaus um ein erlaubnispflichtiges Finanztransfergeschäft nach § 1 Abs. 2 Nr. 6 ZAG handeln. Auch aus diesem Grund sollten Zahlungen zwischen dem Geldgeber und dem Initiator nicht über den Betreiber der "Crowdfunding"-Plattform abgewickelt werden.
c) Erlaubnispflicht nach der Gewerbeordnung (GewO)
Unabhängig davon, ob eine Erlaubnispflicht nach dem KWG besteht, bedarf der Betreiber einer "Crowdfunding"-Plattform u. U. einer gewerberechtlichen Erlaubnis. Dies gilt insbesondere dann, wenn er gewerbsmäßig Vermögensanlagen i. S. d. § 1 Abs. 2 VermAnlG vermittelt. Die Erlaubnispflicht für Finanzanlagenvermittler und die Voraussetzungen für deren Erteilung wurden in § 34f GewO neu geregelt. Diese Regelung tritt zum 01. Januar 2013 in Kraft (vgl. hierzu: Recht Aktuell Bank- und Kapitalmarktrecht Nr. 6 vom 14. September 2012).
4. Besteht beim "Crowdfunding" eine Prospektpflicht?
Werden im Rahmen des "Crowdfunding" Vermögensanlagen öffentlich angeboten, besteht für den Initiator grundsätzlich die Pflicht zur Veröffentlichung eines Verkaufsprospekts. Dies gilt sowohl für in Wertpapiere verbriefte (z. B. Genusscheine), als auch für nicht in Wertpapiere verbriefte (z. B. stille Beteiligungen, Genussrechte) Vermögensanlagen (vgl. hierzu Recht aktuell, Bank- und Kapitalmarktrecht Nr. 5 vom 14. September 2012).
Beim "Crowdfunding" werden in der Regel nicht in Wertpapiere verbriefte Vermögensanlagen i. S. d. VermAnlG angeboten. In diesem Fall besteht für den Initiator (als Anbieter bzw. Emittent der Vermögensanlage) gemäß § 6 VermAnlG eine Prospektpflicht und gemäß § 13 VermAnlG zugleich die Pflicht ein Vermögensanlagen-Informationsblatt zu erstellen (vgl. hierzu Recht aktuell, Bank- und Kapitalmarktrecht Nr. 5 vom 14. September 2012).
Die BaFin hat in ihrer Stellungnahme darauf hingewiesen, dass zwar der Initiator, der seine Vermögensanlage auf der Plattform zur Verfügung stellt, grundsätzlich prospektpflichtig ist. Den Betreiber der "Crowdfunding"-Plattform trifft indes grundsätzlich keine Prospektpflicht.
Schließlich sind nach § 2 Nr. 2 VermAnlG bestimmte Angebote von Vermögensanlagen von der Prospektpflicht ausgenommen. Für das Crowdfunding ist in diesem Zusammenhang insbesondere von Interesse, dass Angebote bei einem Emissionserlös bis 100.000,00 von der Prospektpflicht ausgenommen sind.
ACHTUNG: ggf. Haftung auch ohne Prospektpflicht Wenn eine Prospektpflicht nicht besteht, bedeutet das nicht, dass der Anbieter oder Vermittler von Vermögensanlagen nicht für die Verletzung ggf. bestehender vertraglicher Aufklärungspflichten haftet. So können der Initiator und im Einzelfall sogar der Betreiber der "Crowdfunding" - Plattform verpflichtet sein, den Kapitalgeber über etwaige nicht offensichtliche Risiken im Zusammenhang mit dem zu finanzierenden Projekt aufzuklären. Bei Verletzung dieser Pflicht machen sie sich u. U. sogar schadensersatzpflichtig.
5. Fazit und Ausblick
Das "Crowdfunding" und das "Crowdinvesting" scheint sich als alternative Finanzierungsart zu etablieren. Hierbei müssen sowohl die Betreiber einer "Crowdfunding" - Plattform, als auch die Initiatoren darauf achten, etwaige gesetzliche Vorgaben zu erfüllen.
Der Betreiber einer "Crowdfunding"-Plattform sollte genau darauf achten, wie die Beteiligungsmöglichkeiten der Kapitalgeber ausgestaltet sind. Werden den Kapitalgebern vom wirtschaftlichen Erfolg unabhängige Gegenleistungen versprochen besteht grundsätzlich keine Erlaubnispflicht. Werden jedoch gewinnabhängige Gegenleistungen versprochen, erbringt der Plattformbetreiber ggf. eine Finanzdienstleistung und bedarf daher einer Erlaubnis.
Der Initiator, der über die "Crowdfunding"-Plattform eine Beteiligung anbietet, kann u. U. verpflichtet sein, einen Verkaufsprospekt und ein Vermögensanlagen-Informationsblatt zu erstellen. Ist der Initiator trotz des Angebots von Vermögensanlagen im Einzelfall nicht prospektpflichtig, kann er gegenüber dem Anleger u. U. gleichwohl auf Schadensersatz haften, wenn er falsche Angaben macht oder nicht offensichtliche mit der Vermögensanlage verbundene Risiken verschweigt.
Gerne stehen wir sowohl den Betreibern einer "Crowdfunding" - Plattform, als auch den Initiatoren bei entsprechenden Vorhaben beratend zur Seite.
Redaktion
Redaktion: Rechtsanwalt Malte Beuster
Herausgeber: Bethge.Reimann.Stari Rechtsanwälte, Berlin
Sekretariat: Susanne Rothe, Tel: 030 - 890492-11, Fax: 030 - 890492-10
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