Die aktuelle Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Rechtsstellung von Treugebergesellschaftern einer Publikumsgesellschaft

IMMOBILIENRECHT Nr. 15
12.06.2013 | Dr. Christian Stari

Einleitung

Oftmals sind Anleger eines geschlossenen Immobilienfonds nicht unmittelbar als Gesellschafter an der Fondsgesellschaft beteiligt, vielmehr wird die Beteiligung in diesen Fällen von einem Treuhänder gehalten, der formal die Gesellschafterstellung inne hält, während wirtschaftlich Berechtigte in Bezug auf die gezeichnete Einlage die Anleger sind. Hintergrund hierfür ist in der Regel die vereinfachte Handhabung der Gesellschaft im Rechtsverkehr. So macht die Einschaltung eines Treuhandgesellschafters die Eintragung der einzelnen Anleger im Handelsregister im Fall einer offenen Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft entbehrlich; im Fall einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts entfällt das Erfordernis, alle Anleger im Grundbuch eintragen zu lassen. Schließlich wird auch im Fall der Abwicklung der Gesellschaft im Rahmen der Veräußerung des gesellschaftseigenen Vermögens der Veräußerungsvorgang vereinfacht. Im Zusammenhang mit der treuhänderischen Beteiligung haben sich in den vergangenen Jahren verschiedene Fragestellungen ergeben. Im Vordergrund stand zunächst die Frage der Haftung dieser Treugebergesellschafter für Verbindlichkeiten der Fondsgesellschaft. Im Folgenden schloss sich die Frage nach den Rechten der Treugebergesellschafter, insbesondere dem Recht auf Auskunft über Namen und Anschriften der Mittreugebergesellschafter an.

1. Haftung des unmittelbar beteiligten Gesellschafters      

Spätestens seit den Urteilen des Bundesgerichtshofs vom 17. Oktober 2006, Az: XI ZR 19/05 und XI ZR 185/05, steht fest, dass Anleger eines geschlossenen Immobilienfonds, Gesellschafter einer Immobilienfonds-Personengesellschaft für die Verbindlichkeiten der Fondsgesellschaft persönlich haften (vgl. hierzu unsere Kurzinfos Immobilienrecht Nr. 1 vom 27. Februar 2007 und Nr. 5 vom 15. Oktober 2008). Auch wenn die Haftung aufgrund der vertraglichen Ausgestaltung in der Regel auf eine quotale Haftung beschränkt ist, verbleiben für die unmittelbar beteiligten Anleger erhebliche Haftungsrisiken (zur quotalen Haftung vgl. unsere Kurzinfo Immobilienrecht Nr. 12 vom 01. Juli 2011).    

2. Haftung des Treugebergesellschafters      

In den vergangenen Jahren hat sich die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Haftung des nur mittelbar über einen Treuhänder beteiligten Gesellschafters dahingehend verfestigt, dass dieser für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft, anders als der unmittelbar beteiligte Gesellschafter, nicht unmittelbar persönlich haftet (BGH, Urt. v. 11. November 2008, Az: XI ZR 468/07, BGH, Urt. v. 21. April 2009, Az: XI ZR 148/08, BGH, Urt. v. 20. Juli 2010, Az: XI ZR 465/07, BGH, Urt. v. 22. März 2011, Az: II ZR 271/08). Diese Haftung trifft im Außenverhältnis allein den Treuhänder. Allerdings hat der Bundesgerichtshof schon in diesen Entscheidungen bestätigt, dass den Anleger die Haftung über das Treuhandverhältnis gegenüber dem Treuhänder trifft. Das Treuhandverhältnis ist als Geschäftsbesorgungsvertrag i. S. d. § 675 Abs. 1 BGB einzuordnen. Im Rahmen dieses Geschäftsbesorgungsvertrages steht dem Treuhänder gegen den Anleger aus §§ 675 Abs. 1, 670, 257 BGB ein Anspruch auf Freistellung von seiner Haftung als Gesellschafter gegenüber dem Anleger zu. 

Wie der BGH ebenfalls mehrfach bestätigt hat, ist der Treuhänder darüber hinaus berechtigt, seinen Freistellungsanspruch an Dritte, insbesondere den ihn in Anspruch nehmenden Gläubiger abzutreten. In diesem Fall wandelt sich der Freistellungsanspruch des Treuhänders unmittelbar in einen Zahlungsanspruch des Gläubigers gegenüber dem Anleger um, so dass er im Ergebnis über diesen Umweg der Abtretung von Freistellungsansprüchen gegenüber dem Gläubiger unmittelbar haftet (BGH, Urt. v. 12. November 2009, Az: III ZR 113/09, BGH, Urt. v. 05. Mai 2010, Az: III ZR 209/09). 

Wie der Bundesgerichtshof schließlich in dem zitierten Urteil vom 05. Mai 2010 ausführt, verjährt der Freistellungsanspruch innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren, wobei diese Frist jedoch nicht schon mit Fälligkeit des Feststellungsanspruchs beginnt, sondern mit dem Schluss des Jahres, in dem die Drittforderung fällig geworden ist, von der freizustellen ist. In den oft im Mittelpunkt stehenden Fällen der Geltendmachung von Haftungsansprüchen für Darlehensverbindlichkeiten der Fondsgesellschaft ist somit für den Beginn der Verjährung auf das Ende des Jahres abzustellen, in dem die Darlehensforderung gegenüber der Fondsgesellschaft fällig geworden ist.    

3. Aufrechnungsmöglichkeiten des Treugebergesellschafters      

Vor dem Hintergrund dieser wirtschaftlich im Ergebnis der Haftung eines unmittelbar beteiligten Gesellschafters gleichzustellenden Haftung des Treugebergesellschafters stellte sich aus Sicht dieses Treugebergesellschafters die Frage, inwieweit es ihm möglich ist, mit eigenen Schadensersatzansprüchen gegenüber dem Treuhänder aufzurechnen. Namentlich ging es insbesondere um Schadensersatzansprüche aus Prospekthaftung im weiteren Sinne, mit denen der Anleger aufrechnen wollte. 

Der Bundesgerichtshof hat jüngst mit zwei Urteilen vom 24. Juli 2012, Az: II ZR 297/11, sowie vom 18. Oktober 2012, Az: III ZR 150/11, diese Aufrechnungsmöglichkeit ausdrücklich ausgeschlossen. Im Ergebnis führt dies zu einem Aufrechnungsverbot von Treugebergesellschaftern gegen Freistellungsansprüche des Treuhänders.

Der Bundesgerichtshof geht in seiner Entscheidung noch weiter: Er betont, dass nicht nur die Möglichkeit der Aufrechnung ausgeschlossen ist; vielmehr ist jedes Gegenrecht des Treugebers bzw. Anlegers ausgeschlossen, welches auf Einwendungen gegen den Treuhandgesellschafter gestützt wird, wie beispielsweise ein Zurückbehaltungsrecht oder die "dolo-agit-Einrede". 

Der Bundesgerichtshof geht dabei von einer weitgehenden Verzahnung von Gesellschafts- und Treuhandvertrag aus, welche dazu führt, dass der Treugeber einem Gesellschafter im Wesentlichen gleichgestellt ist. Hieraus leitet der Bundesgerichtshof ab, dass der Treugebergesellschafter im Innenverhältnis zur Gesellschaft die Stellung eines unmittelbaren Gesellschafters inne hat. Dies wiederum führt dazu, dass der Treugeber in Gesellschaften dieser Art grundsätzlich nicht schlechter, aber auch nicht besser gestellt werden soll, als der unmittelbar beteiligte Gesellschafter. Vor diesem Hintergrund habe, so der Bundesgerichtshof, auch der Treugebergesellschafter das Anlagerisiko ebenso wie der unmittelbar beteiligte Gesellschafter zu tragen. Nochmals betont der Bundesgerichtshof auch, dass der Treuhänder berechtigt ist, seine Freistellungsansprüche abzutreten, um somit dem Gläubiger zu ermöglichen, Ansprüche unmittelbar gegenüber dem Anleger geltend zu machen. Dem Treuhänder sei es nicht zuzumuten, sich durch die unmittelbar drohende Inanspruchnahme einer Insolvenzgefahr auszusetzen. Treugeber, die sich vertragswidrig weigern, dem Freistellungsanspruch des Treuhänders zu genügen, verdienen danach keinen Schutz. Vielmehr müssten die Interessen der Gläubiger berücksichtigt werden, die darauf vertrauen können, dass die wirtschaftlich berechtigten Anleger im Rahmen des vertraglich vereinbarten Umfangs tatsächlich in Anspruch genommen werden können, ohne dass dem Einwendungen entgegengehalten werden können, die ihren Rechtsgrund außerhalb dieses vertraglichen Haftungsverhältnisses haben.  Im Ergebnis steht nunmehr fest, dass auch mittelbar beteiligte Anleger an geschlossenen Immobilienfonds wirtschaftlich wie unmittelbar beteiligte Gesellschafter haften, wenn diese Haftung rechtlich auch über den "Umweg" Freistellungsverpflichtungen aus dem Treuhandvertrag geltend gemacht werden muss.     II. Zum Anspruch eines Treugebergesellschafters auf Mitteilung von Namen und Anschriften weiterer Treugeber       Weiter      Mit unserer Kurzinfo Immobilienrecht Nr. 13 vom 19. August 2011 hatten wir auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom 11. Januar 2011, Az: II ZR 187/09, hingewiesen, wonach grundsätzlich ein Anspruch des treuhänderisch beteiligten Anlegers auf Auskunft über Namen und Anschriften der anderen Treugeber besteht, sofern im Innenverhältnis die Treugeber eine BGB-Gesellschaft begründen.  Diese Rechtsprechung wird durch aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofs vom 05. Februar 2013, Az: II ZR 134/11, bestätigt. Auch in diesem Zusammenhang stellt der Bundesgerichtshof wieder auf eine besondere Verzahnung von Gesellschaftsvertrag und Treuhandvertrag ab.  Wird dem Treugeber auf Basis der vertraglichen Regelungen eine Stellung wie ein Gesellschafter eingeräumt ("Quasi-Gesellschafter"), so müssten ihm auch die gleichen Rechte zustehen. Der Bundesgerichtshof betont in diesem Zusammenhang, dass es selbstverständlich sei, Gesellschaftern einer Personen- bzw. Personenhandelsgesellschaft das Recht einzuräumen, die Vertragspartner, d. h. die Mitgesellschafter, zu kennen. Der Bundesgerichtshof bezeichnet dies als "unentziehbares mitgliedschaftliches Recht".  Dieses Recht steht auch einem Treugeber zu, der aufgrund der vertraglichen Regelungen einem unmittelbar beteiligten Gesellschafter im Ergebnis gleichgestellt ist. Eine solche Gleichstellung ist regelmäßig dann anzunehmen, wenn eine Verzahnung zwischen Gesellschaft und Treuhand im Gesellschaftsvertrag von vornherein vorgesehen ist. Der Treuhänder bevollmächtigt auf Basis der Vereinbarungen jedenfalls schlüssig in der Regel den dahinter stehenden Anleger, die Gesellschafterrechte unmittelbar wahrzunehmen. Der Treuhänder fungiert nur als rechtstechnisches Mittel zum Zweck. Hieraus leitet der Bundesgerichtshof eine nicht bloß schuldrechtliche Rechtsbeziehung ab, sondern betont, dass dadurch auch gesellschaftsrechtliche Bindungen zwischen dem Anleger und der Gesellschaft begründet würden, wovon gerade dieses unentziehbare Auskunftsrecht umfasst sei. In diesem Zusammenhang verweist der Bundesgerichtshof auch auf die oben zitierte Rechtsprechung zur Haftung der Gesellschafter. Treugebergesellschaftern, die im Außenverhältnis ähnlich wie ein unmittelbar beteiligter Gesellschafter haften, müssten im Innenverhältnis entsprechende Rechte zustehen.  Der Bundesgerichtshof betont schließlich, dass diesem Anspruch weder datenschutzrechtliche Erwägungen noch etwaige Anonymitätsklauseln in Treuhandverträgen entgegen gehalten werden können. Solche Klauseln können das umfassende Informations- und Auskunftsrecht des Gesellschafters nicht einschränken.  Allerdings hebt der Bundesgerichtshof ausdrücklich hervor, dass dieses weitgehende Recht nur dann gelte, wenn der Treugebergesellschafter im Gesellschaftsvertrag selbst einem unmittelbaren Gesellschafter gleichgestellt sind. Er lässt es ausdrücklich offen, ob dies ebenfalls dann gilt, wenn nur der Treuhandvertrag, nicht jedoch der Gesellschaftsvertrag entsprechende Abreden enthält.

Im Ergebnis bleibt somit festzuhalten, dass bei einer entsprechenden Verzahnung von Treuhandvertrag und Gesellschaftsvertrag ein unmittelbarer Auskunftsanspruch des Treugebergesellschafters hinsichtlich der weiteren Treugeber besteht. Es ist jedoch in jedem Einzelfall zu prüfen, ob auf Basis der vertraglichen Ausgestaltung eine solche Verzahnung anzunehmen ist.

II. Zum Anspruch eines Treugebergesellschafters auf Mitteilung von Namen und Anschriften weiterer Treugeber      

Mit unserer Kurzinfo Immobilienrecht Nr. 13 vom 19. August 2011 hatten wir auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom 11. Januar 2011, Az: II ZR 187/09, hingewiesen, wonach grundsätzlich ein Anspruch des treuhänderisch beteiligten Anlegers auf Auskunft über Namen und Anschriften der anderen Treugeber besteht, sofern im Innenverhältnis die Treugeber eine BGB-Gesellschaft begründen. 

Diese Rechtsprechung wird durch aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofs vom 05. Februar 2013, Az: II ZR 134/11, bestätigt. Auch in diesem Zusammenhang stellt der Bundesgerichtshof wieder auf eine besondere Verzahnung von Gesellschaftsvertrag und Treuhandvertrag ab. 

Wird dem Treugeber auf Basis der vertraglichen Regelungen eine Stellung wie ein Gesellschafter eingeräumt ("Quasi-Gesellschafter"), so müssten ihm auch die gleichen Rechte zustehen. Der Bundesgerichtshof betont in diesem Zusammenhang, dass es selbstverständlich sei, Gesellschaftern einer Personen- bzw. Personenhandelsgesellschaft das Recht einzuräumen, die Vertragspartner, d. h. die Mitgesellschafter, zu kennen. Der Bundesgerichtshof bezeichnet dies als "unentziehbares mitgliedschaftliches Recht". 

Dieses Recht steht auch einem Treugeber zu, der aufgrund der vertraglichen Regelungen einem unmittelbar beteiligten Gesellschafter im Ergebnis gleichgestellt ist. Eine solche Gleichstellung ist regelmäßig dann anzunehmen, wenn eine Verzahnung zwischen Gesellschaft und Treuhand im Gesellschaftsvertrag von vornherein vorgesehen ist. Der Treuhänder bevollmächtigt auf Basis der Vereinbarungen jedenfalls schlüssig in der Regel den dahinter stehenden Anleger, die Gesellschafterrechte unmittelbar wahrzunehmen. Der Treuhänder fungiert nur als rechtstechnisches Mittel zum Zweck. Hieraus leitet der Bundesgerichtshof eine nicht bloß schuldrechtliche Rechtsbeziehung ab, sondern betont, dass dadurch auch gesellschaftsrechtliche Bindungen zwischen dem Anleger und der Gesellschaft begründet würden, wovon gerade dieses unentziehbare Auskunftsrecht umfasst sei. In diesem Zusammenhang verweist der Bundesgerichtshof auch auf die oben zitierte Rechtsprechung zur Haftung der Gesellschafter. Treugebergesellschaftern, die im Außenverhältnis ähnlich wie ein unmittelbar beteiligter Gesellschafter haften, müssten im Innenverhältnis entsprechende Rechte zustehen. 

Der Bundesgerichtshof betont schließlich, dass diesem Anspruch weder datenschutzrechtliche Erwägungen noch etwaige Anonymitätsklauseln in Treuhandverträgen entgegen gehalten werden können. Solche Klauseln können das umfassende Informations- und Auskunftsrecht des Gesellschafters nicht einschränken. 

Allerdings hebt der Bundesgerichtshof ausdrücklich hervor, dass dieses weitgehende Recht nur dann gelte, wenn der Treugebergesellschafter im Gesellschaftsvertrag selbst einem unmittelbaren Gesellschafter gleichgestellt sind. Er lässt es ausdrücklich offen, ob dies ebenfalls dann gilt, wenn nur der Treuhandvertrag, nicht jedoch der Gesellschaftsvertrag entsprechende Abreden enthält. 

Im Ergebnis bleibt somit festzuhalten, dass bei einer entsprechenden Verzahnung von Treuhandvertrag und Gesellschaftsvertrag ein unmittelbarer Auskunftsanspruch des Treugebergesellschafters hinsichtlich der weiteren Treugeber besteht. Es ist jedoch in jedem Einzelfall zu prüfen, ob auf Basis der vertraglichen Ausgestaltung eine solche Verzahnung anzunehmen ist.

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