Neues BGH-Urteil zu Preisanpassungsklauseln in Fernwärmelieferungsverträgen

ENERGIERECHT Nr. 39
19.08.2014 | 

Der BGH hat in seinem aktuellen Urteil seine bisherige Rechtsprechung zu Preisanpassungsklauseln in Fernwärmelieferungsverträgen in wichtigen Punkten konkretisiert (BGH, Urteil vom 25. Juni 2014, Az. VIII ZR 344/13). Er hat konkrete Aussagen zur Darstellung des Kosten- und des Wärmemarktelementes getroffen und sich erfreulicherweise zu der Frage geäußert, wie Wärmelieferanten damit umzugehen haben, wenn sich die Bezugssituation (und somit das Kostenelement) während der Vertragslaufzeit ändert.

Neben dem BGH-Urteil dürfen wir Sie auch auf ein interessantes (noch nicht rechtskräftiges) Urteil des OLG Naumburg aufmerksam machen. Nach dem OLG Naumburg müssen Kunden die Unwirksamkeit von Preisanpassungsklauseln spätestens zwei Jahre nach Zugang der Schlussabrechnung, geltend machen (OLG Naumburg, Urteil v. 08. Mai 2014; AZ: 2 U 95/13).

I. BGH-Urteil

Worum ging es?

Ein Kunde hatte vom WVU die gezahlten Wärmelieferpreise für die Jahre 2008 bis 2010 (teilweise) zurückgefordert. In der Preisanpassungsklausel war der Arbeitspreis zu 10 % an einen Lohnindex und zu 90 % an HEL gebunden. Bis 2009 hatte der Wärmelieferant mit der identischen HEL-Bindung Erdgas von seinem Vorlieferanten bezogen. Seit 2010 sah der Erdgasliefervertrag im Vorlieferantenverhältnis jedoch keine HEL-Bindung, sondern eine Bindung an die Rotterdamer Notierung für Gasoil und Fueloil vor. Der Arbeitspreis war dennoch nach wie vor zu 90 % an HEL gekoppelt.

Der BGH hat hierzu im Wesentlichen festgestellt:

Zur Änderung der Kosten- und/oder Markverhältnisse während der Vertragslaufzeit:

  • Grundsätzlich muss die Preisanpassungsklausel die Kosten-und Marktverhältnisse zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses darstellen.
  • Ändern sich die Kosten- und/oder Marktverhältnisse während der Vertragslaufzeit (und das WVU passt die Preisanpassungsklausel nicht an die neuen Kosten- und/oder Marktverhältnisse an) ist die Klausel ab diesem Zeitpunkt nichtig.

Zur HEL-Bindung (als Kostenelement):

  • Die HEL-Bindung ist dann zulässig, wenn der Wärmelieferant selbst unter einer HEL-Bindung Erdgas bezieht. Die HEL-Bindung im Erdgasbezugsvertrag des Wärmelieferanten muss identisch zu der des Wärmelieferungsvertrages sein.
  • Ist die HEL-Bindung nicht identisch, kann der Wärmelieferant den Nachweis erbringen, dass dennoch ein Gleichlauf der Kostenentwicklung vorliegt.

Zur HEL-Bindung (als Wärmemarktelement):

  • Durch HEL kann sowohl das Kosten- als auch das Marktelement abgebildet werden.
  • HEL ist nach wie vor ein angemessener Repräsentant für den Wärmemarkt.

Was bedeutet die Entscheidung für Ihre Preisanpassungsklausel?

Sie als Wärmelieferant müssen spätestens ab dem Zeitpunkt der Änderung der Kostensituation Ihre Preisanpassungsklauseln anpassen. Auch wenn vertretbar ist, dass  Sie als Wärmelieferant nach § 4 AVBFernwärmeV Ihre Preisanpassungsklausel anpassen können, empfehlen wir Ihnen, diesen Fall bereits in der Preisanpassungsklausel zu regeln. Zumindest bei Ihren Neukunden sollten Sie von dieser Möglichkeit Gebrauch machen.

Passen Sie Ihre Preisanpassungsklauseln nicht an die veränderte Kostensituation an, können Ihre Kunden die zuviel gezahlten Fernwärmelieferpreise (soweit sie nicht verjährt sind) von Ihnen zurückfordern.

In diesem Zusammenhang dürfen wir Sie auf unseren unverbindlichen "§ 24-Check" hinweisen. Gerne können Sie uns Ihr derzeitiges Preisblatt mit Ihrer Preisanpassungsklausel übermitteln und wir geben Ihnen (auf Grundlage eines von Ihnen auszufüllenden Fragekataloges) ein kurzes Feedback dazu, für wie rechtssicher wir Ihre Klausel halten.

II. Zum OLG Naumburg

Worum ging es?

Der Kunde hatte, die aufgrund einer unwirksamen Preisanpassungsklausel zu viel gezahlten Wärmelieferpreise für das Jahr 2008 zurückgefordert. Die Jahresschlussabrechnung für das Jahr 2008 war dem Kunden im Januar 2009 zugegangen. Erst im Dezember 2011 hatte der Kunde die Unwirksamkeit der Preisanpassungsklausel geltend gemacht.

Hierzu hat das OLG Naumburg im Wesentlichen festgestellt:

  • Fernwärmelieferungsverträge, können ergänzend dahingehend ausgelegt werden, dass die konkrete Preisanpassung innerhalb von 2 Jahren nach Zugang der Schlussabrechnung, in welcher sie erstmalig wirksam geworden ist, beanstandet werden muss!
  • Wenn der Kunde heute (erstmals) Preisanpassungen widerspricht, gilt der zwei Jahre zuvor geltende Preis und nicht der ursprünglich vereinbarte Anfangspreis!

Was bedeutet diese Entscheidung für Sie?

Wenn Kunden Preisanpassungen aus der Vergangenheit widersprechen und Zahlungen zurückfordern, sollten Sie in jedem Einzelfall - unabhängig von der Verjährung - prüfen, ob die 2-jährige Ausschlussfrist gewahrt wurde. Der guten Ordnung halber dürfen wir Sie darauf hinweisen, dass das Urteil des OLG Naumburg noch nicht rechtskräftig ist. Es bleibt also abzuwarten, ob der BGH diese versorgerfreundliche Entscheidung bestätigen wird.

 

 

 

Redaktion:

Rechtsanwältin Wibke Reimann und Rechtsanwältin Dr. Fatima Massumi

BEHTGE.REIMANN.STAR Rechtsanwälte, Berlin

Sekretariat: Katja Schäbsdat, Tel.: 030 / 89 04 92 - 12, Fax: 030 / 89 04 92 - 10

 

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