Neue Regeln für Preisanpassungen: Die geplanten Änderungen der StromGVV/GasGVV

ENERGIERECHT Nr. 40
03.09.2014 | 

Das Wirtschaftsministerium hat am 27. August 2014 dem Bundeskabinett die "Verordnung zur transparenten Ausweisung staatlich gesetzter oder regulierter Preisbestandteile in der Strom- und Gasgrundversorgung" vorgelegt. Nach der Vorstellung des Ministeriums sollen durch diese neue Verordnung die Verbraucher künftig besser in die Lage versetzt werden, die Zusammensetzung und Änderungen ihres örtlichen Grundversorgungspreises zu bewerten. Die Verordnung sieht mehrere Ergänzungen der Strom- und der Gasgrundversorgungsverordnung hinsichtlich der Tarifgestaltung und Ausweisung von Preisbestandteilen durch den örtlichen Grundversorger vor.

 

Der Verordnungsentwurf wird im nächsten Schritt dem Bundesrat zur Beschlussfassung zugeleitet. Ziel ist ein Inkrafttreten noch im Herbst 2014. Der aktuelle Entwurf kann auf der Website des BMWi (www.bmwi.de) abgerufen werden.

Was soll sich ändern?

Künftig soll der Grundversorger verpflichtet sein, in seinen Vertragsbedingungen und im Internet gemeinsam mit dem Grundversorgungspreis, die darin enthaltenen staatlich veranlassten Preisbestandteile (EEG-Umlage, KWK-Umlage etc.) sowie im Strombereich auch die einkalkulierten Netzentgelte gesondert auszuweisen. Wegen der heterogenen Gestaltung der Netzentgelte im Gasbereich ist davon abgesehen worden, die Pflicht zum Ausweisen der Netzentgelte auch in die Ergänzung des § 2 Absatz 3 GasGVV aufzunehmen. Darüber hinaus muss künftig im Grundversorgungsvertrag bzw. in der Vertragsbestätigung gem. § 2 Abs. 3 StromGVV/GasGVV auf die Veröffentlichung der Belastungen auf der Informationsplattform der Übertragungsnetzbetreiber (www.netztransparenz.de) hingewiesen werden.

Weiterhin wird in einer Ergänzung der bisher schon in der StromGVV/GasGVV enthaltenen Regelungen zur Preisanpassung noch einmal ausdrücklich klargestellt, dass Änderungen dieser gesondert ausgewiesenen Preisbestandteile den Grundversorger zu einer Neukalkulation des Grundversorgungspreises berechtigen und bei gesunkenen Kosten sogar verpflichten.

Im Fall einer Preisanpassung soll der Grundversorger darüber hinaus künftig verpflichtet sein, dem Kunden nicht nur wie bisher durch öffentliche Bekanntgabe und briefliche Mitteilung bisher die Preisänderung zur Kenntnis zu bringen, sondern ihm auch den Umfang, den Anlass und die Voraussetzungen der Änderung mitzuteilen und ihn auf sein gesetzliches Sonderkündigungsrecht hinzuweisen.

Was bedeutet das für die Praxis?

1. Preiskalkulation wie bisher

Für die Kalkulation von Preisanpassungen ändert sich durch die geplante Ergänzung der Grundversorgungsverordnungen der rechtliche Spielraum nicht. Die vorgesehene Ergänzungen des gesetzlichen Preisanpassungsrechtes hinsichtlich der Preisänderung bei Änderung von Umlagen und Belastungen spiegeln nur die ohnehin bereits durch die bisherige Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur billigen Preiskalkulation i.S.d. § 315 BGB wider. in der Begründung zum Verordnungsentwurf gibt der Verordnungsgeber allerdings die Erwartung zu erkennen, dass es nur einmal jährlich zu Preisanpassungen wegen veränderter Umlagen kommt:

"Die erfassten Entgelte, die als Kostenbelastungen des Grundversorgers in dessen Kalkulation einfließen, werden typischerweise jeweils zum 1. Januar eines Jahres neu bestimmt, so dass grundsätzlich einmal pro Jahr eine Änderung der ausgewiesen Bestandteile und gegebenenfalls deren Saldos erfolgen kann" [S. 13 der Begründung des Entwurfs]

"§ 5a Absatz 1 Satz 3 trägt dem Anliegen Rechnung, nicht mehrfache unterjährige Preisänderungen zu erzwingen." [S. 29 der Begründung des Entwurfs]

2. Erhöhte Preistransparenz

Künftig muss allerdings die Kalkulation des Gesamtpreises vom Grundversorger stärker als bisher transparent gemacht werden. Nach bisher geltendem Recht mussten die verschiedenen Preisbestandteile gem. § 40 Abs. 2 Nr. 7 EnWG i.V.m. § 4 Abs. 1 S. 1 KAV, § 53 Abs. 1 EEG 2012 nur im Rahmen der individuellen Verbrauchsabrechnung des Kunden angegeben werden. Künftig muss die Kostenaufschlüsselung unter Angabe der einzelnen Kostenfaktoren i.S.d. § 5a StromGVV/GasGVV n.F. bereits im Preisblatt erkennbar sein. Trotz der erhöhten Transparenzanforderungen ist der Grundversorger auch weiterhin nicht verpflichtet seine eigenen Bezugskosten oder seine Gewinnmarge offen zu legen. 

Bei der Ausweisung der Kostenfaktoren ist laut ausdrücklichem Hinweis der Verordnungsbegründung § 3 Preisangabenverordnung (PAngV) zu beachten.

"Nach § 3 S. 1 PAngV ist bei der Angabe von Preisen der verbrauchsabhängige Preis je Mengeneinheit einschließlich der Umsatzsteuer und aller spezifischen Verbrauchssteuern (Arbeits- oder Mengenpreis) im Angebot oder der Werbung anzugeben. Nach § 3 Satz 2 PAngV ist bei Elektrizität und Gas als Mengeneinheit für den Arbeitspreis eine Kilowattstunde zu verwenden. Wer neben dem Arbeitspreis leistungsabhängige Preise fordert, hat diese nach § 3 Satz 3 PAngV vollständig in unmittelbarer Nähe des Arbeitspreises anzugeben. Dies gilt nach § 3 Satz 4 PAngV entsprechend für die Forderungen nicht verbrauchsabhängiger Preise." [vgl. S. 10 der Begründung des Entwurfs der "Verordnung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie Verordnung zur transparenten Ausweisung staatlich gesetzter oder regulierter Preisbestandteile in der Strom- und Gasgrundversorgung"]

3. Begründungspflicht für Preisanpassungen

Der Bekanntgabe von Preisanpassungen kommt künftig eine erhöhte Bedeutung zu, da nicht wie bisher nur die Geltung der neuen Preise, sondern auch deren Anlass und Voraussetzungen dem einzelnen Kunden mitgeteilt werden müssen. Preisanpassungen unterliegen damit auch einer Art rechtlicher Begründungspflicht.

"Daneben sind Anlass und Voraussetzungen einer Änderung anzugeben. Als Voraussetzung in diesem Sinne erscheint die jeweilige Rechtsgrundlage einer Änderung. Der Kunde erfährt auf diese Weise den Rechtsgrund einer Änderung und den Anlass, aus dem die rechtliche Grundlage von dem Grundversorger im konkreten Fall genutzt wird." [S. 27 a.a.O.]

Aus dem bisherigen Entwurf ist leider nicht erkennbar, ob die persönliche briefliche Mitteilung der Preisanpassung inkl. Begründung künftig Wirksamkeitsvoraussetzung einer Preisanpassung werden soll oder ob hierfür wie bisher allein die öffentliche Bekanntgabe maßgeblich bleibt.

4. Umsetzung

Empfehlung: Jetzt schon die Umsetzung vorbereiten!

Der vorliegende Änderungsentwurf enthält keine Übergangsvorschrift. Die Vorschrift soll am Tag nach ihrer Verkündung in Kraft treten. Das bedeutet, dass unmittelbar nach InKrafttreten, die transparente Preisausweisung bei den veröffentlichten Allgemeinen Tarifen der Grundversorgung und in den entsprechenden Vertragsmustern eingehalten werden muss. Hier empfiehlt es sich bereits jetzt, die Aufschlüsselung vorzunehmen und entsprechend angepassten Preisblätter und Vertragsmuster vorzubereiten. Die auf der Website des BMWi veröffentlichte Begründung zum Verordnungsentwurf enthält auf Seite 25/26 "zur Orientierung" ein nicht verbindliches Muster zur künftigen Darstellung der Zusammensetzung der allgemeinen Tarifpreise der Grundversorgung.

Weiterhin ist zu beachten, dass zum 01. Januar 2015 eine Neukalkulation des Strompreises wegen der jährlich neu festgesetzten EEG-Umlage erfolgen muss. Bei einem derzeit geplanten Inkrafttreten der novellierten Grundversorgungsverordnung im Herbst 2014 muss die innerhalb der 6-Wochenfrist vorzunehmende Ankündigung dieser Preisanpassung bereits die neuen Begründungsanforderungen der Verordnung erfüllen.

Wir unterstützen Sie gerne bei der

  • transparenten Gestaltung der Preisblätter und Internetveröffentlichung
  • Anpassung der bestehenden Vertragsmuster
  • Begründung für Preisanpassungen

Als Ansprechpartner stehen Ihnen

  • Frau Rechtsanwältin Wibke Reimann,
  • Herr Rechtsanwalt Dr. Christian Dümke und
  • Frau Rechtsanwältin Dr. Fatima Massumi

zur Verfügung.

 

Redaktion:

Rechtsanwalt Dr. Christian Dümke

BEHTGE.REIMANN.STAR Rechtsanwälte, Berlin

Sekretariat: Katja Schäbsdat, Tel.: 030 / 89 04 92 - 12, Fax: 030 / 89 04 92 - 10

 

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# Tags: Recht Aktuell, Energierecht, Dr. Fatima Massumi-Kindermann, Dr. Christian Dümke, Dr. Birgit Ortlieb, Wibke Reimann