Novelle zu §§ 46 ff. EnWG im Bundestag verabschiedet

ENERGIERECHT Nr. 60
13.12.2016 | 

Der Bundestag hat am 01.12.2016 die langerwartete Novellierung zu §§ 46 ff. EnWG beschlossen (BT-Drs 18/10503). Nun muss das Gesetz noch den Bundesrat passieren. Auf der Tagesordnung am 16.12.2016 – letzte Bundesratssitzung in 2016 – ist eine Beschlussfassung noch nicht vorgesehen, so dass mit einem Inkrafttreten und einer Beschlussfassung erst Anfang nächsten Jahres zu rechnen ist. Nach Auffassung der Bundesregierung liegt kein zustimmungspflichtiges Gesetz vor, so dass es zu keinen weiteren Änderungen kommen wird.

Damit gilt spätestens ab dem nächsten Jahr voraussichtlich Folgendes:

  • Die der Gemeinde vor Beginn des Verfahrens (1 Jahr) zu übermittelnden Netzdaten werden konkretisiert. Hier wird die Rechtsprechung des BGH umgesetzt.
  • Es wird eine Interessenbekundungsfrist von mindestens 3 Monaten vorgegeben. Mit der Bekanntmachung zum Auslaufen des Konzessionsvertrages ist zwingend auch das Ausschreibungsverfahren zu beginnen.
  • Die Auswahlkriterien werden weiterhin an § 1 Abs. 1 EnWG ausgerichtet. Besonderes Gewicht soll aber der Versorgungssicherheit und der Kosteneffizienz zukommen. Örtliche Belange dürfen berücksichtigt werden aber zu keiner Diskriminierung führen. Ein Ermessen der Gemeinde bei der Gewichtung und Aufstellung der Auswahlkriterien soll erhalten bleiben.
  • Es wird erstmalig ein Rügeregime wie folgt etabliert:
    • Bekanntmachungsfehler sind bis zum Ablauf der Interessenbekundungsfrist zu rügen.
    • Auswahlkriterien sind binnen 15 Tagen ab Zugang der Vergabeunterlagen zu rügen.
    • Die Auswahlentscheidung ist binnen 30 Tagen ab Bekanntgabe und Zugang der Auswahlentscheidung zu rügen.
  • Unternehmen haben Anspruch auf Akteneinsicht, es sei denn, es liegen Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse vor.
  • Sofern die Gemeinde Rügen nicht abhilft, ist die Nichtabhilfeentscheidung zu begründen. Bieter haben innerhalb von 15 Tagen eine Einstweilige Verfügung einzureichen, wenn sie keinen Rügeausschluss riskieren wollen. Im Einstweiligen Rechtsschutz ist keine Eilbedürftigkeit (Verfügungsgrund) glaubhaft zu machen, sondern nur der Verfügungsanspruch (Rechtsverstoß).
  • Fortzahlung von Konzessionsabgaben soll nun nicht mehr auf 1 Jahr begrenzt bleiben, sondern wird bis zur Netzübernahme geschuldet. Voraussetzung ist aber die vorherige Durchführung eines Ausschreibungsverfahrens.
  • Als Netzkaufpreis wurde der objektivierte Ertragswert festgeschrieben.

Mit dem Beschluss des Bundestages vom 01.12.2016 neu aufgenommen wurden folgende Punkte:

  • in laufenden Verfahren können die Gemeinden das Rügeregime auch noch nachträglich einbeziehen! Eine Pflicht hierzu besteht aber nicht.
  • Der maximale Gerichtskostenstreitwert für einstweilige Verfügungsverfahren auf Überprüfung von Konzessionsverfahren wird auf 100.000 EUR begrenzt!

Viele Punkte der Gesetzesnovelle sind zu begrüßen. Dennoch verbleibt weiterhin eine gewisse Rechtsunsicherheit. Gerade die Neuregelung zu den von den Gemeinden zu beachtenden Auswahlkriterien, die Rechtswegzuständigkeit im Verhältnis zum Vergaberecht und auch die Pflicht zur Fortzahlung von Konzessionsabgaben werden in der Zukunft voraussichtlich weiterhin noch die Rechtsprechung beschäftigen.

Sollten Sie Fragen zu den Folgen der Gesetzesänderungen haben oder Unterstützung bei ihrer Umsetzung benötigen, sprechen Sie uns an.

 

Redaktion:

Rechtsanwältin Wibke Reimann

BEHTGE.REIMANN.STARI Rechtsanwälte Partnerschaft mbB, Berlin

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