Die „Verrentung“ von Immobilienvermögen - Chancen für Immobilieneigentümer und Kapitalanleger
Die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank hat auch auf alle langfristigen Anlageentscheidungen erhebliche Auswirkungen. Für Immobilieninvestoren ist sie Segen und Fluch zugleich. So sind die Finanzierungsbedingungen für Immobilien noch immer so attraktiv, wie seit Jahrzehnten nicht. Auf der anderen Seite ist der Markt für Wohnimmobilien in attraktiven Ballungsräumen, wie z. B. Berlin, so gut wie leer gefegt. Die herkömmlichen Lieblingsanlageprodukte der Deutschen, wie das Sparbuch oder die private Renten- oder Lebensversicherung, bringen keine Rendite mehr und stellen insbesondere keine allein ausreichenden Instrumente zur Sicherung von Rentenbezügen mehr dar. Dabei bekommen schon heute viele Senioren zu spüren, dass sie sich mit ihrer monatlichen Rente nicht das leisten können, was sie sich ursprünglich einmal erhofft hatten. Auch Diejenigen, die zur Altersvorsorge hochwertiges Immobilieneigentum zur Selbstnutzung erworben haben, werden in ihren Erwartungen häufig enttäuscht. Denn auch unter ihnen gibt es einige, die so geringe monatliche Rentenbezüge erhalten, dass sie damit gerade die laufenden Kosten decken können. Oftmals fehlen die liquiden Mittel, um notwendige Instandhaltungsarbeiten auszuführen, altersgerechte Umbauten am Wohneigentum vornehmen zu können oder in eine für ihre Bedürfnisse angemessene Seniorenresidenz einziehen zu können.
Das Modell der sog. Immobilienverrentung bringt die Interessen dieser Immobilieneigentümer und Immobilieninverstoren zusammen. Sie ermöglicht den Immobilieneigentümern auf der einen Seite, sich Liquidität für eine höhere Lebensqualität zu verschaffen und gleichzeitig in ihrer Immobilie wohnen bleiben zu können. Auf der anderen Seite verschafft sie Investoren Zugang zu teilweise hochwertigen Immobilien, die ansonsten nicht auf den Markt gekommen wären.
1. Grundidee und Herkunft der Immobilienverrentung
Die Grundidee hinter der Immobilienverrentung ist, dass der Investor dem Immobilieneigentümer entweder einen Einmalbetrag zahlt oder monatliche Zahlungen (wie eine zusätzliche Rente) leistet und die Immobilie als Gegenwert für diese Zahlungen vom Investor ab einem bestimmten Zeitpunkt verwertet werden kann.
Die Idee der Immobilienverrentung stammt aus den USA. Sie ist dort unter dem Begriff „reverse mortgage“ (auf Deutsch: „Rückwärts-Darlehen“) gängige Praxis und als sog. „Umkehrhypothek“ nach Europa gelangt. Bei diesem Modell behält der Immobilieneigentümer sein Eigentum und nimmt auf die Immobilie ein Darlehen auf. Aus diesem Darlehen erhält der Eigentümer eine monatliche Auszahlung („die Rente“). Sein Kredit steigt somit von Monat zu Monat. Die Immobilie dient dem Kapitalgeber als Sicherheit. Wird die Immobilie veräußert oder verstirbt der Eigentümer, muss das Darlehen abgelöst werden. Die Erben können in diesem Fall entscheiden, ob die Immobilie zu diesem Zweck verkauft wird oder ob sie die Immobilie behalten wollen und das Darlehen ablösen.
Dieses Verrentungsmodell konnte sich in Deutschland nicht durchsetzen. Es entspricht augenscheinlich nicht der deutschen Mentalität und Erwartung, dass die Darlehensvaluta nicht abnimmt, sondern immer weiter ansteigt. Die seit März 2016 geltende Wohnimmobilienkreditrichtlinie dürfte zudem endgültig dazu führen, dass ein sog. „Umkehrdarlehen“ in Europa nicht Fuß fassen wird. Denn danach muss zum Zeitpunkt der Darlehensaufnahme jedenfalls höchst wahrscheinlich sein, dass ein Darlehensnehmer sein Darlehen bis zum Erreichen der statistischen Lebenserwartung zurückzahlen kann. Dies widerspricht jedoch gerade dem Gedanken, dass die Darlehensvaluta immer höher wird und zum Lebensende des Darlehensnehmers den Höchststand erreicht hat.
2. Modelle der Immobilienverwertung in Deutschland
Auch auf Grundlage des deutschen Rechts lassen sich verschiedene Rentenmodelle vereinbaren, die zudem individuell auf die Bedürfnisse der Immobilieneigentümer und der Investoren zugeschnitten werden können. Eine umfassende rechtliche Beratung, die die Interessen der Parteien berücksichtigen, ist dabei unerlässlich.
Eine Möglichkeit ist der Kauf auf Leibrente, der auch für nicht selbstgenutzte Immobilien sinnvoll sein kann. Danach wird die Immobilie vom Investor gekauft und der bisherige Eigentümer erhält – als Kaufpreis – eine monatliche Rente bis zu seinem Tod (sog. Leibrente, vgl. §§ 759ff. BGB). In diesem Zusammenhang kann eine Wertsicherungsklausel in den Vertrag aufgenommen werden, um einen inflationsbedingten Wertverlust der Rentenzahlungen auszugleichen. Für die Sicherung der Leibrente kann die Eintragung einer Reallast ins Grundbuch vereinbart werden. Für den Fall, dass der Investor zahlungsunwillig oder zahlungsunfähig wird, kann zu Gunsten des Verkäufers zudem ein Rückübertragungsanspruch vereinbart werden, der durch eine Vormerkung gesichert wird. Daneben können weitere Sicherungsrechte für den Verkäufer vereinbart werden. Der Investor wird durch die Eintragung einer Eigentumsvormerkung im Grundbuch gesichert.
Hierzu gibt es zahlreiche Varianten. So kann z. B. eine Rentengarantiezeit vereinbart werden, so dass auch die Erben für einen gewissen Zeitraum Zahlungen erhalten. Für den Verkäufer kann auch ein Nießbrauch oder ein (lebenslanges oder zeitlich befristetes) Wohnrecht eingeräumt werden, das sich auf den Verkäufer oder auch auf dessen Ehepartner beziehen kann. Zudem kann statt monatlichen Zahlungen auch die Zahlung eines Einmalbetrages vereinbart werden.
3. Fazit
Die Immobilienverrentung bildet somit ein interessantes Modell sowohl für Immobilieneigentümer, die ihre Lebensqualität durch eine zusätzliche Rente aufbessern wollen, als auch für Immobilieninvestoren in angespannten Immobilienmärkten, denen sonst nicht zugängliche Immobilien als Anlageobjekte zur Verfügung stehen.
Wir beraten Sie als Immobilieninvestoren und Immobilieneigentümer in allen Bereichen des Immobilienrechts und stehen Ihnen auch gerne bei der Vorbereitung, der Durchführung und Abwicklung eines Immobilienverrentungsmodells beratend und gestaltend zur Seite.
Redaktion:
Rechtsanwalt und Dipl.-Kfm. (FH) Malte Beuster, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht
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