Arbeitsrechtliche Ausschlussfristen ohne Mindestlohnregelung

Ausschlussfristen, Mindestlohnregelung, Mindestlohn, Transparenzgebot, Bundesarbeitsgericht, Entscheidung, 9 AZR 162/18, Regelverjährung, Verfallfristen, Arbeitsrecht
01.04.2019 | 

Die Entscheidung:

Mit Urteil vom 18. September 2018 - Az: 9 AZR 162/18 - hat das Bundesarbeitsgericht zum Schicksal formularmäßiger Ausschluss-/Verfallsklauseln im Arbeitsvertrag nach Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes am 01. Januar 2015 Stellung genommen. Für die Praxis steht hiernach fest, dass vorformulierte arbeitsvertragliche Ausschluss- oder Verfallsklauseln, die ohne jede Einschränkung aller beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und damit auch den gesetzlich garantierten Mindestlohn erfassen, gegen das sog. Transparenzgebot verstoßen und daher - ohne Chance auf Heilung - vollumfänglich rechtsunwirksam sind. 

Rechtsfolgen für Neuabschlüsse ab dem 01. Januar 2015

Eine vom Arbeitgeber ab dem 01. Januar 2015 gestellte arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelung (§§ 305 Abs. 1 Satz 1, 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB), die auch den gesetzlichen Mindestlohn mit erfasst, ist daher uneingeschränkt und insgesamt nichtig. Dies gilt gleichermaßen auch für wesentliche Änderungen von Altverträgen seit Einführung des Mindestlohns. Die Entscheidung des BAG hat große praktische Bedeutung, da die wenigsten seit dem Januar 2015 geschlossenen Arbeitsverträge schon entsprechend geänderte Ausschlussfristen enthalten dürften.

Bestandsschutz für Altverträge vor dem 31. Dezember 2014

Etwas anderes gilt nur für - unverändert - fortgeltende Arbeitsverträge, die bereits vor dem 31. Dezember 2014 abgeschlossen wurden. Zwar ist die Ausschlussfristenregelung insoweit zum Teil unwirksam, soweit sie der gesetzlichen Unabdingbarkeit des Mindestlohnanspruch entgegensteht, sie bleibt jedoch im Wege geltungserhaltender Reduktion im Übrigen, mithin für alle anderen Ansprüche, weiterhin wirksam und anwendbar. 

Keine Geltung für tarifvertragliche Ausschlussfristen

Entsprechendes gilt auch für die Ausschlussfristen in Tarifverträgen. Auch diese nehmen bisher nur in ganz seltenen Fällen die Mindestlohnansprüche vom Geltungsbereich aus. Der diesbezügliche Rechtsverstoß führt aber - wie bei Altverträgen - nicht zur Unwirksamkeit der gesamten Ausschlussfrist. Die Ausschlussfrist ist nur insoweit unwirksam, als Ansprüche in Höhe des Mindestlohngesetzes erfasst werden, da die AGB-Kontrolle von Arbeitsverträgen auf Tarifverträge keine Anwendung findet (§ 310 Abs. 4 Satz 1 BGB). 

Praxisempfehlung:

Arbeitgeber sollten ihre Vertragsmuster darauf hin überprüfen, ob die verwendeten Ausschlussklauseln Mindestlohnansprüche ausdrücklich ausnehmen und ggf. entsprechend anpassen. Vorsicht geboten ist auch bei Vertragsänderungen. Werden Verträge angepasst (z. B. Gehalt, Befristung etc.), kann aus einem „Altvertrag“ schnell ein „Neuvertrag“ werden. Daher sollten Arbeitgeber bei Änderung von Altverträgen die Gelegenheit nutzen und versuchen, mit dem Arbeitnehmer einvernehmlich eine Anpassung der Ausschlussfristen vorzunehmen. Anderenfalls besteht die Gefahr der Unwirksamkeit dieser Klauseln. Ansprüche der Arbeitnehmer verfallen dann nicht in der kurzen vereinbarten Verfallsfrist, sondern unterliegen der Regelverjährung von drei Jahren. 

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