Geschäftsverteilungspläne – Chancen und Risiken
Der Bundesgerichtshof hat in einem Urteil vom 06. November 2018 (II ZR 11/17) erneut Konkretisierungen in Bezug auf die formellen Anforderungen an Aufgabenzuweisungen auf Geschäftsführungsebene vorgenommen, welche zum Anlass genommen werden sollten, bestehende Geschäftsverteilungspläne auf ihr Zulässigkeit zu überprüfen.
Ausgehend vom Grundgedanken der Gesamtverantwortung, nach welcher bei einer aus mehreren Mitgliedern bestehenden Geschäftsführung sämtliche Geschäftsführer für alle Belange der Gesellschaft verantwortlich sind, gibt es in der Praxis ein starkes Bedürfnis nach einer Verteilung der Geschäftsführungsaufgaben, was in der Regel durch entsprechende Ressortaufteilung bzw. Geschäftsverteilungspläne umgesetzt wird.
Der BGH hat in seiner Entscheidung zunächst noch einmal bestätigt, dass eine solche zulässige Verteilung der Geschäftsführungsaufgaben nicht dazu führt, dass derjenige, dem hiernach bestimmte Aufgaben zur Erledigung zugewiesen werden, von seiner eigenen Verantwortung für die ordnungsgemäße Führung der sonstigen Geschäfte der Gesellschaft befreit würde. Vielmehr ist jeder Geschäftsführer verpflichtet, auch die nicht in seinen Zuständigkeitsbereich fallenden Geschäftsvorgänge gewissenhaft zu überwachen.
Soweit es zudem um die Wahrnehmung von nicht übertragbaren Aufgaben geht, wie die Einstandspflicht des Geschäftsführers für die Gesetzmäßigkeit der Unternehmensleitung, ist ein strenger Maßstab an die Erfüllung der in einem solchen Falle besonders weitgehenden Kontroll- und Überwachungspflichten gegenüber einem Mit-Geschäftsführer anzulegen.
Hinsichtlich der inhaltlichen Ausgestaltung einer solchen Geschäftsverteilung hat der Senat folgende Voraussetzungen definiert:
Eine Geschäftsverteilung oder Ressortaufteilung auf Ebene der Geschäftsführung setzt eine klare und eindeutige Abgrenzung der Geschäftsführungsaufgaben aufgrund einer von allen Mitgliedern des Organs mitgetragenen Aufgabenzuweisung voraus, die die vollständige Wahrnehmung der Geschäftsführungsaufgaben durch hierfür fachlich und persönlich geeignete Personen sicherstellt und ungeachtet der Ressortzuständigkeit eines einzelnen Geschäftsführers die Zuständigkeit des Gesamtorgans insbesondere für nicht delegierbare Angelegenheiten der Geschäftsführung wahrt.
Liegt ein Geschäftsverteilungsplan vor, welcher diesen Anforderungen gerecht wird, sind die Pflichten des Geschäftsführers für Aufgaben, die ihm nicht besonders zugewiesen sind, auf die Überwachung seiner Mit-Geschäftsführer beschränkt.
Voraussetzung ist hierfür jedoch, dass der Geschäftsführer sich der Wahrung der Anforderungen an den Geschäftsverteilungsplan auch persönlich überzeugt hat. Dies umfasst sowohl die objektive Geeignetheit der Geschäftsverteilung als auch die Eignung der Mit-Geschäftsführer, die ihnen zugewiesenen Aufgaben ordnungsgemäß im Interesse der Gesellschaft zu erfüllen.
Ist der Geschäftsführer einer solche Überprüfung ordnungsgemäß nachgekommen und hat sich vergewissert, dass die Geschäftsverteilung sowohl objektiv als auch subjektiv geeignet ist, so folgt aus der Geschäftsverteilung, dass die einzelnen Geschäftsführer jeweils vorrangig für die ihnen zugewiesenen Bereich zuständig sind und darüber hinaus die ordnungsgemäße Geschäftsführung in den jeweils nicht zuständigen Bereichen durch geeignete Kontrollmaßnahmen zu überwachen haben. In diesem Zusammenhang besteht für den jeweils zuständigen Geschäftsführer auch ohne ausdrückliche Regelung im Geschäftsverteilungsplan eine Verpflichtung, die jeweils anderen Geschäftsführer zuverlässig und rechtzeitig mit den Informationen zu versorgen, die für die Wahrnehmung der jedem Geschäftsführer obliegenden Aufgaben erforderlich sind.
Darüber hinaus hat sich der Senat in der Entscheidung mit der Frage beschäftigt, ob ein solcher Geschäftsverteilungsplan zwingend schriftlich dokumentiert sein muss, was aufgrund der Gegebenheiten des konkreten Einzelfalls verneint wurde. Ungeachtet dieser Klarstellung ist selbstverständlich in der Praxis stets eine schriftliche Fixierung zu empfehlen, zumal der Senat in der Entscheidung durchaus offengelassen hat, ob eine Dokumentation unter Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse im Einzelfall doch erforderlich sein könnte.
Hieraus folgt im Ergebnis, dass die in der Praxis sehr verbreiteten Geschäftsverteilungspläne durchaus ein nicht unerhebliches Haftungsrisiko auch für diejenigen Geschäftsführer beinhalten, denen konkrete Aufgabenbereiche nicht zugewiesen sind. Es ist davon auszugehen, dass aufgrund dieser Entscheidung eine Exkulpation im Falle einer Inanspruchnahme des nicht ressortzuständigen Geschäftsführer weiter erschwert wird.
Wir empfehlen Ihnen daher, Ihre bestehenden Geschäftsverteilungspläne auf diese Anforderungen zu überprüfen, um etwaige Risiken in Ihrem Unternehmen zu vermeiden. Selbstverständlich sind wir Ihnen gerne dabei behilflich und können Sie bei den erforderlichen Prüfungsmaßnahmen unterstützen.
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