Gesetz über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie (COVID-19 GesRAG)

COVID-19, Erleichterungen im Gesellschaftsrecht, schriftliche Beschlussfassungen, elektronische Stimmabgabe, elektronische Kommunikation, Umwandlugsrecht
26.03.2020 | 

Was regelt der Gesetzentwurf?

Die Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus beinhalten – regional unterschiedliche – Kontaktbeschränkungen bis hin zu Ausgangssperren. Dies hat zum Teil erhebliche Auswirkungen auf die Handlungsfähigkeit von Unternehmen, da diese nicht mehr in der Lage sind, auf herkömmlichem Weg Beschlüsse auf Versammlungen der entsprechenden Organe herbeizuführen. Betroffen hiervon sind Haupt-, Gesellschafter- bzw. Mitgliederversammlungen ebenso wie Sitzungen von Vorständen, Geschäftsführern und Aufsichtsräten. Es besteht die Gefahr, dass Unternehmen erforderliche Beschlüsse nicht bzw. nicht rechtzeitig innerhalb ihrer Organe fassen können, so dass sie ihren Verpflichtungen nicht nachkommen können. Dies betrifft u.a. die Verpflichtung zur fristgemäßen Feststellung des Jahresabschlusses mit anschließender Veröffentlichung des festgestellten Jahresabschlusses im elektronischen Bundesanzeiger, Beschlussfassungen über Gewinnausschüttungen sowie Wirtschaftspläne, etwaig erforderlich werdende Bestellungen und Abberufung von Organen (z.B. Vorstände, Geschäftsführer und Aufsichtsräte), aber auch erforderliche Maßnahmen zur Umstrukturierungen des Unternehmens wie Kapitalmaßnahmen bis hin zu umwandlungsrechtlichen Vorgängen.

Das Gesetz schafft nun zunächst befristet bis zum 31. Dezember 2020 etliche Vereinfachungen, die die Handlungsfähigkeit der Unternehmen erhalten sollen. Es bezieht sich auf Unternehmen in der Rechtsform von Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien, Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit, Europäische Gesellschaften (SE) und Gesellschaften mit beschränkter Haftung, aber auch auf Genossenschaften und Vereine sowie Wohnungseigentümergemeinschaften.

Welche Erleichterungen sieht das Gesetz im Einzelnen vor?

a) Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien, Europäische Gesellschaften (SE), Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit

Für die Aktiengesellschaften regelt § 118 AktG bereits grundsätzlich, dass die Satzung vorsehen oder den Vorstand dazu ermächtigen kann, dass Aktionäre an der Hauptversammlung auch ohne Anwesenheit und ohne einen Bevollmächtigten teilnehmen und sämtliche oder einzelne ihrer Rechte ganz oder teilweise im Wege elektronischer Kommunikation ausüben können. Darüber hinaus kann die Satzung vorsehen oder den Vorstand ermächtigen vorzusehen, dass Aktionäre ihre Stimme, auch ohne an der Versammlung teilzunehmen, schriftlich oder im Wege elektronischer Kommunikation abgeben dürfen. Gem. § 1 Abs. 1 COVID-19 GesRAG ist eine solche Satzungsregelung bzw. Satzungsermächtigung nunmehr entbehrlich. Auch ohne entsprechende Regelung in der Satzung der Aktiengesellschaft kann der Vorstand die Durchführung der Hauptversammlung im Wege elektronischer Kommunikation bzw. die Stimmabgabe auf diesem Wege vorsehen. Es bedarf hierzu allerdings der Zustimmung des Aufsichtsrats. Unabhängig davon kann der Vorstand nach § 1 Abs. 2 COVID-19 GesRAG mit Zustimmung des Aufsichtsrats entscheiden, dass die Versammlung ohne physische Präsenz der Aktionäre oder ihrer Bevollmächtigten als reine virtuelle Hauptversammlung abgehalten wird, wenn die Durchführbarkeit der virtuellen Hauptversammlung technisch gesichert ist.

Darüber hinaus wird die Einberufungsfrist des § 123 AktG von 30 Tagen bis zur Hauptversammlung auf 21 Tage verkürzt.

Zur Erleichterung von Auszahlungen an die Aktionäre ist die nach § 59 AktG erforderliche Ermächtigung des Vorstandes in der Satzung entbehrlich. Der Vorstand kann – mit Zustimmung des Aufsichtsrates – auch ohne Satzungsermächtigung nach Ablauf des Geschäftsjahres auf den voraussichtlichen Bilanzgewinn einen Abschlag an die Aktionäre zahlen.

Ferner wird auch die Frist für die Abhaltung einer Hauptversammlung des § 175 Abs. 1 Satz 2 AktG, von acht auf zwölf Monate verlängert. Die Hauptversammlung kann somit bis zum 31. Dezember 2020 durchgeführt werden.

Gem. § 1 Abs. 7 COVID-19 GesRAG ist schließlich klargestellt, dass eine Anfechtung von Hauptversammlungsbeschlüssen nicht auf eine Verletzung dieser Verfahrenserleichterungen gestützt werden kann, es sei denn der Gesellschaft sei Vorsatz nachzuweisen.

Diese Regelungen zur Aktiengesellschaft gelten entsprechend für die Kommanditgesellschaft auf Aktien, für die Europäische Gesellschaft (SE) sowie Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit. § 3 COVID-19 GesRAG sieht ähnliche Erleichterungen für Genossenschaften vor.

b) Gesellschaft mit beschränkter Haftung

Gem. § 48 Abs. 2 GmbHG können Beschlüsse der Gesellschafter einer GmbH in Textform oder durch schriftliche Abgabe der Stimmen mit Einverständnis sämtlicher Gesellschafter ohne Regelung in der Satzung hierzu wirksam gefasst werden. § 2 COVID-19 GesRAG sieht nun vor, dass dies auch ohne Einverständnis sämtlicher Gesellschafter möglich sein soll. Dies wird weder im Gesetzestext noch in den Erläuterungen näher ausgeführt. Es ist daher davon auszugehen, dass im Übrigen die satzungsgemäßen oder sich aus dem Gesetz ergebenden Voraussetzungen für die Durchführung einer Gesellschafterversammlung beachtet werden müssen, um nunmehr auch auf schriftlichem Wege oder in Textform Beschlüsse fassen zu können. Die schriftliche Beschlussfassung steht somit gleichwertig neben der Beschlussfassung im Rahmen einer Gesellschafterversammlung.

c) Umwandlungsrecht

Eine wesentliche Erleichterung sieht § 4 COVID-19 GesRAG für das Umwandlungsrecht vor. Die Frist des § 17 Abs. 2 Satz 4 UmwG, wonach die Bilanz, auf die im Rahmen der Umwandlung abgestellt wird, auf einen höchstens acht Monate vor der Anmeldung liegenden Stichtag aufgestellt worden sein darf, wird auf zwölf Monate verlängert. Umwandlungen, die den Jahresabschluss zum 31.12.2019 zugrunde legen wollen, müssen somit (erst) bis zum 31.12.2020 zur Eintragung im Handelsregister angemeldet werden.

d) Vereine, Stiftungen, Wohnungseigentümergemeinschaften

§§ 5 und 6 enthalten noch Sonderregelungen für Vereine und Stiftungen sowie Wohnungseigentümergemeinschaften. Es wird klargestellt, dass zur Vermeidung einer Führungslosigkeit das Vorstandsmitglied bzw. der zuletzt bestellte Verwalter bis zu seiner ausdrücklichen Abberufung bzw. zur Neubestellung eines Nachfolgers im Amt bleibt.

Was gilt für Personengesellschaften?

Das Gesetz enthält keine Regelungen zu Personengesellschaften. Dies war indes auch nicht erforderlich, da das Recht der Personengesellschaft die Gesellschafterversammlung als Organ nicht kennt. Grundsätzlich können nach dem Recht der Personengesellschaften diese Beschlüsse auch außerhalb von Gesellschafterversammlungen fassen.

Regelmäßig sehen allerdings Gesellschaftsverträge Regelungen zu Beschlussfassungen im Rahmen von Gesellschafterversammlungen aber auch außerhalb solcher Versammlungen vor. Diese Regelungen zu Beschlussfassungen außerhalb von Gesellschafterversammlungen sind zum jetzigen Zeitpunkt anzuwenden.

Für welchen Zeitraum gilt das Gesetz?

Die Regelung gilt zunächst befristet bis zum 31. Dezember 2020. Ab dem 01.01.2021 sollen die Erleichterungen wegfallen. Allerdings enthält das Gesetz eine Verordnungsermächtigung, wonach das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz die Frist bis zum 31. Dezember 2021 verlängern kann, wenn dies aufgrund fortbestehender Auswirkungen der COVID-19-Pandemie geboten erscheint.

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