Mietendeckel

01.04.2020 | 

Bekanntermaßen ist am 23. Februar 2020 das Gesetz zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen in Berlin (MietenWoG Bln) – überwiegend – in Kraft getreten.

In unserem Informationsschreiben zum Berliner Mietendeckel vom 12. März 2020 haben wir Ihnen einen ersten Überblick über das Gesetz gegeben, wobei wir dabei die maßgeblichen Regelungen zusammengefasst und darauf hingewiesen haben, was von Vermietern nunmehr kurzfristig zu tun und worauf zwingend zu achten ist.

Da wir aufgrund der COVID-19-Pandemie leider gezwungen waren, unsere für den 25. März 2020 geplante Informationsveranstaltung mit dem Thema „Der Mietendeckel – Handlungspflichten und Gestaltungsoptionen für Investoren und Vermieter“ abzusagen, haben wir nachfolgend – orientierend an der geplanten Tagesordnung und geordnet nach den gegenwärtig relevanten Bereichen Mietrecht sowie notarielle Vertragsgestaltung – die zum jetzigen Zeitpunkt praxisrelevanten Aspekte für Sie zusammengefasst.

Einleitend möchten wir zur Systematik des MietenWoG Bln und dessen Auswirkungen auf bestehende sowie neu abzuschließende Mietverträge ein paar grundsätzliche Ausführungen machen. Nach unserem Verständnis, gestützt durch erste Entscheidungen zum Mietendeckel, handelt es sich bei dem Gesetz um einen rein ordnungsrechtlich und damit öffentlich-rechtlichen Eingriff in den Berliner Mietenmarkt.

Ausweislich der Gesetzesbegründung handelt es sich bei dem MietenWoG Bln um Regelungen des öffentlichen Rechts, die in Abgrenzung zum Mietvertragsrecht nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) stehen. Das MietenWoG Bln soll hierbei selbständig neben dem Mietrecht des BGB treten und unabhängig hiervon bestehen. Vor diesem Hintergrund soll das MietenWoG Bln nicht unmittelbar (aus)gestaltend in bestehende oder nach dem Inkrafttreten des Gesetzes abzuschließende Vertragsverhältnisse eingreifen, deren Zustandekommen und Inhalt sich vielmehr allein nach den Bestimmungen des BGB richtet. Die sich aus solchen Vereinbarungen ergebenden Rechte können im Geltungszeitraum des Gesetzes allerdings nur in den vom MietenWoG Bln gesetzten öffentlich-rechtlichen Grenzen ausgeübt werden (Änderungsantrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 22. Januar 2020 zur Drucksache 18/2347, S. 4 f.).

Dies bedeutet nach unserem Verständnis, dass auch nach dem Inkrafttreten des Gesetzes höhere als die nach dem Gesetz zulässige Miete vereinbart werden und Mieterhöhungen nach dem BGB eintreten können. Diese können lediglich während der Dauer des Gesetzes nicht gefordert oder entgegengenommen werden, da hierdurch eine Ordnungswidrigkeit nach dem Gesetz verwirklicht werden würde.

Im Vordergrund stehen daher nach unserem Verständnis die in § 11 MietenWoG Bln kodifizierten Ordnungswidrigkeiten, über welche das Gesetz gegenüber den Vermietern Wirkung entfalten soll. Hiernach werden bestimmte Verhaltensweisen der Vermieter, auf welche wir unter Ziffer 2. dieser Info noch genauer eingehen, mit Geldbußen belegt, um so steuernd auf den Mietenmarkt einwirken zu können.

Die rein zivilrechtlich zu beurteilenden Mietverträge werden hierdurch nach unserem Verständnis nicht berührt, so dass diese weiterhin alleine nach Maßgabe der mietrechtlichen Regelungen des BGB zu betrachten sind und lediglich flankierend sichergestellt werden muss, dass Sie als Vermieter keine der im MietenWoG Bln definierten Pflichten verletzen und damit einen der definierten Ordnungswidrigkeitstatbestände erfüllen.

Wenn man sich diese Systematik vergegenwärtigt, ist man auf vertraglicher Ebene auch bestens gerüstet für den Fall, dass das Gesetz ausläuft oder aber für verfassungswidrig und damit nichtig erklärt wird.

Solange Sie sich an die mietrechtlichen Regelungen des BGB halten und die Ihnen darin aufgezeigten Möglichkeiten im Rahmen der bestehenden oder neu zu schließenden Verträge ausschöpfen und zugleich die Pflichten des MietenWoG Bln erfüllen, sind Sie als Vermieter auch weiterhin bestmöglich aufgestellt. Auf die Gestaltungsmöglichkeiten gehen wir unter Ziffer 3. vertiefend ein.

1. Welche Sonderregelungen zum Schutz von Vermietern und Mietern sieht der Mietendeckel vor?

Vermieterschutz

Gemäß § 8 MietenWoG Bln kann die Investitionsbank Berlin zur Vermeidung von Härtefällen eine höhere als die nach dem Gesetz zulässige Miete genehmigen, soweit dies aus Gründen, die nicht im Verantwortungsbereich des Vermieters liegen, erforderlich ist.

In den Verantwortungsbereich des Vermieters fallen nach dem Willen des Gesetzgebers Wertsteigerungserwartungen, Renditeerwartungen, Finanzierungskosten außerhalb des Marktüblichen, Ertragserwartungen, denen auch unabhängig von dem Gesetz überhöhte Mieten zugrunde liegen und Verluste, die durch die Aufteilung in Wirtschaftseinheiten entstehen, so dass ein Härtefallantrag auf diese Aspekte nicht gestützt werden kann.

Fraglich und mit Inhalt zu füllen ist vielmehr, wann eine unbillige Härte im Sinne des Gesetzes anzunehmen ist. Nach dem Gesetzgeber ist dies der Fall, wenn die nach dem MietenWoG Bln zulässige Miete (a) auf Dauer zu Verlusten oder (b) zur Substanzgefährdung der maßgeblichen Wirtschaftseinheit führen würde. Eine Wirtschaftseinheit ist dabei eine einzelne Wohnung, wenn an dieser Wohneigentum besteht, ein Gebäude oder mehrere Wohnungen oder Gebäude, wenn diese gemeinsam bewirtschaftet werden oder in einem unmittelbaren räumlichen Zusammenhang stehen.

Ein Verlust liegt vor, wenn die laufenden Aufwendungen die Erträge übersteigen. Fraglich ist, wann die hierfür erforderliche Dauer erreicht wird. Anhaltspunkte finden sich im Gesetz hierzu nicht. Fündig wird man allerdings auf der Internetpräsenz der Investitionsbank Berlin. Nach deren Antragsformular, abzurufen unter - www.ibb.de/de/immobilienfoerderung/themen/mietendeckel/mietendeckel.html , wird der Verlust ausgehend vom Zeitpunkt der Mietreduzierungen für die nächsten sechs Monate ermittelt. Dabei werden die Mieteinnahmen inklusive Stellplatzmiete und sonstige Einnahmen der Wirtschaftseinheit mit den Ausgaben (angemessene Erbbauzinsen, angemessene nicht umlagefähige Verwaltungskosten, sowie dem Finanzierungsaufwand) gegenüber gestellt. Anhand dieser Kriterien ist insoweit eine Prognoseentscheidung zu treffen.

Ebenfalls ausgehend vom Antragsformular der IBB kann eine Substanzgefährdung der Wirtschaftseinheit dann angenommen werden, wenn die Erträge für die Erhaltung nicht mehr ausreichen. Zugrunde gelegt werden hier die Instandhaltungskosten im Sinne der Verordnung über wohnungswirtschaftliche Berechnungen nach dem zweiten Wohnungsbaugesetz (2. Berechnungsverordnung – II. BV). Gem. § 28 II. BV bedeutet Erhaltung jedenfalls die Beseitigung von denjenigen Mängeln, die durch Abnutzung, Alterung und Witterung entstehen.

Im Ergebnis wäre demnach eine Mieterhöhung gem. § 8 MietenWoG Bln in dem Rahmen möglich, um hierdurch die Fremdfinanzierungsaufwendungen bestreiten zu können oder die Instandhaltung der Einheit sicherzustellen.

Mieterschutz

Wird eine höhere Miete entsprechend § 8 MietenWoG Bln genehmigt, kann der Mieter gem. § 9 MietenWoG Bln bei der Investitionsbank Berlin einen Zuschuss beantragen. Darüber hinaus können Mieter beim Bezirksamt ein Verwaltungsverfahren in Gang setzen, wonach per Bescheid die Miete heruntergesetzt wird. Denn ausweislich der Gesetzesbegründung sind die zuständigen Stellen (Bezirksamt oder Senatsverwaltung) ermächtigt, derartige privatrechtsgestaltende Verwaltungsakte zu erlassen (vgl. Änderungsantrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 22. Januar 2020 zur Drucksache 18/2347, S.9).

2. Welche Handlungspflichten und welche Sanktionen sieht der Mietendeckel im Einzelnen vor?

Das MietenWoG Bln enthält in § 11 insgesamt fünf Ordnungswidrigkeitstatbestände, die nachfolgend genauer betrachtet werden sollen. Anzumerken ist, dass jede dieser Ordnungswidrigkeiten mit einem Bußgeld von bis zu 500.000,00 € geahndet werden kann und gemäß § 30 OWiG eine solche Geldbuße auch unmittelbar gegen die Vertreter juristischer Personen (Vorstände, Geschäftsführer) verhängt werden können.

Auch wenn der Berliner Senat in einer Pressemitteilung vom 24. März 2020 angekündigt hat, dass bis auf weiteres auf Sanktionen wegen Verstößen gegen die Melde- und Informationspflichten nach dem MietenWoG Bln verzichtet wird, sollten diese Pflichten dennoch beachtet werden. Dies vor allem deshalb, weil der Tatbestand des § 11 Abs. 1 Nr. 4 – als eine der wichtigsten Ordnungswidrigkeitsvorschriften – weder eine Melde-, noch eine Informationspflicht im Sinne der Pressemitteilung des Senats vom 24. März 2020 sanktioniert und daher zumindest fraglich erscheint, ob die Sanktionierung auch in Bezug auf diesen Tatbestand ausgesetzt wird.

§ 11 Abs. 1 Nr. 1

Gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 1 handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder fahrlässig seiner Pflicht zur Mitwirkung nach § 2 Abs. 3 Satz 3 nicht, nicht richtig oder nicht vollständig nachkommt.

Nach § 2 Abs. 3 Satz 3 muss der Vermieter auf Verlangen der zuständigen Stellen (Bezirksamt, Investitionsbank Berlin oder Senatsverwaltung für Stadtentwicklung) alle zur Einhaltung der Vorschriften des Gesetzes erforderlichen Auskünfte erteilen und Unterlagen vorlegen.

Hierbei handelt es sich um eine Generalnorm, welche die zuständigen Behörden umfassend die Möglichkeit verschaffen soll, die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften überhaupt überprüfen zu können. Entsprechenden Anfragen ist daher grundsätzlich Folge zu leisten, wobei natürlich stets zumindest eine Plausibilitätsprüfung stattfinden sollte, ob die geforderten Auskünfte und Unterlagen tatsächlich erforderlich für den definierten Zweck sind.

§ 11 Abs. 1 Nr. 2

Gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 2 handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder fahrlässig seiner Pflicht zur Mitteilung nach § 3 Abs. 1 nicht, nicht richtig oder nicht vollständig nachkommt.

Nach § 3 Abs. 1 ist die zum Stichtag, dem 18. Juni 2019 wirksam vereinbarte oder im Fall von Index- oder Staffelmieten, die zu diesem Zeitpunkt geschuldete Miete schriftlich oder elektronisch dem Mieter mitzuteilen. Diese Mitteilung muss jederzeit auf Verlangen des Mieters erfolgen sowie unaufgefordert vor jedem neuen Mietvertragsschluss.

§ 11 Abs. 1 Nr. 3

Gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 3 handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder fahrlässig die Auskunft nach § 6 Abs. 4 nicht, nicht richtig oder nicht vollständig erteilt.

Nach § 6 Abs. 4 muss der Vermieter dem Mieter unaufgefordert Auskunft erteilen, über die zur Berechnung der Mietobergrenze maßgeblichen Umstände. Es muss hiernach über die erstmalige Bezugsfertigkeit und Ausstattung (§ 6 Abs. 1), darüber, ob die Wohnung in einem Gebäude mit mehr oder weniger als zwei Wohnungen liegt (§ 6 Abs. 2) und schließlich darüber, ob eine moderne Ausstattung im Sinne des § 6 Abs. 3 anhand der dort beschriebenen Merkmale aufweist, informieren.

Diese Auskunft muss den Mietern bis spätestens zum 23. April 2020 erteilt werden.

§ 11 Abs. 1 Nr. 4

Gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 4 handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder fahrlässig ohne erforderliche Genehmigung nach § 8 eine höhere als die nach §§ 3 bis 7 zulässige Miete fordert oder entgegennimmt.

Diese Pflicht war bereits für die Miete des Monats März zu berücksichtigen, so dass diese für jeden Vermieter unmittelbar von Bedeutung ist. Nach dieser Regelung ist dem Vermieter untersagt, eine Höhere als die nach Mieten WoG Bln zulässige Miete zu fordern. Hier fallen also die zivilrechtlichen Ansprüche aus dem Mietvertrag und die Berechtigung diese Ansprüche geltend zu machen auseinander.

Jeder Vermieter muss daher ab sofort prüfen, welche Miete er noch berechtigt ist, gegenüber den Mietern geltend zu machen. Hierbei ist zwischen solchen Mietverträgen zu unterscheiden, die bereits vor dem Stichtag bestanden, solchen die nach dem Stichtag und vor dem Inkrafttreten des Gesetzes geschlossen wurden und schließlich solchen, die erst jetzt nach dem Inkrafttreten geschlossen wurden. Von Einzugsermächtigungen darf nur noch in dem zulässigen Umfang Gebrauch gemacht werden, da das Einziehen unzweifelhaft den Tatbestand des Einforderns erfüllen würde.

Hierbei ist darauf hinzuweisen, dass auch Verstöße gegen die Mietpreisbremse auf diesem Wege mit einem Bußgeld sanktioniert werden können, was die Frage aufwirft, ob der Berliner Gesetzgeber überhaupt die Befugnis hat, einen Verstoß gegen die Vorschriften des BGB landesgesetzlich zu sanktionieren.

Besonders zu berücksichtigen ist hierbei, dass neben dem aktiven Fordern, auch das passive Entgegennehmen den Ordnungswidrigkeitstatbestand erfüllt. Dieser Fall tritt aber in der Praxis besonders häufig auf, da die meisten Mieter die Mieten auf das Mietkonto des Vermieters überweisen und damit ein Entgegennehmen im Sinne des Tatbestandes gegeben ist. Es ist daher den Vermietern zu empfehlen, Mietzahlungen die über die nach dem MietenWoG Bln zulässige Miete hinausgehen, unter dem Vorbehalt der Rückforderung an die Mieter zurück zu zahlen und zugleich auf eine Änderung der Überweisungen bzw. Daueraufträge für die Zukunft hinzuwirken.

In jedem Fall sollten Sie als Vermieter den Mietern gegenüber erklären, dass Sie sich eine Nachforderung der nach dem MietenWoG Bln nicht einforderbaren Beträge vorbehalten, um nicht Gefahr zu laufen, dass sich die Mieter auf einen konkludenten Verzicht berufen, was gerade bei Rückzahlungen durchaus naheliegend ist.

§ 11 Abs. 1 Nr. 5

Gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 5 handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder fahrlässig entgegen § 7 die Erhöhung nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig anzeigt.

Nach § 7 sind Mieterhöhungen nach Inkrafttreten des MietenWoG Bln aufgrund von Modernisierungen der Investitionsbank Berlin schriftlich oder elektronisch anzuzeigen. Ebenso sind Mieterhöhungen für Modernisierungsmaßnahmen anzuzeigen, die zwischen dem Stichtag und dem Inkrafttreten des Gesetzes erfolgt sind. Hierfür ist eine Frist bis zum 23. Mai 2020 zu beachten. Diese Mieterhöhungen dürfen dann ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes in der zulässigen Höhe geltend gemacht werden.

3. Welche Gestaltungsmöglichkeiten bestehen für Vermieter und Investoren im Rahmen von Mietverträgen?

Bei der Gestaltung von Mietverträgen und Mieterhöhungsverlangen ist - wie einleitend ausgeführt - zwischen der vereinbarten und der geltend gemachten (zu fordernden/ entgegen zu nehmenden) Miete zu differenzieren. Insoweit gilt es, geschickt zu formulieren und inhaltlich beides zu berücksichtigen.

Insbesondere sind bei der Gestaltung neuer Mietverträge die Regelungen der Mietpreisbremse (§ 556d f. BGB) im Hinblick auf die geltend gemachte Miete nunmehr zwingend zu beachten, wenn eine Ordnungswidrigkeit vermieden werden soll. Denn – zur Erinnerung - gem. § 3 Abs. 1 MietenWoG ist eine Miete verboten, die die am Stichtag (dem 18. Juni 2019) wirksam vereinbarte Miete übersteigt. Gleiches gilt u.a. für jetzt neu abzuschließende Mietverhältnisse. Da sich die Wirksamkeit der Vereinbarung nach dem BGB richtet und gem. § 556g BGB eine zum Nachteil des Mieters von den Vorschriften der Mietpreisbremse abweichende Vereinbarung nicht wirksam ist, muss jedenfalls eine Mietpreisbremsenkonforme Miete geltend gemacht werden, um nicht ordnungswidrig zu handeln.

Auch Mieterhöhungen nach dem BGB (Staffelmieten, Indexmieten, bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete, nach Modernisierungsmaßnahmen) sind nach unserem Verständnis nicht verboten, Vermieter dürfen nur die hierdurch erhöhte Miete während der Geltungsdauer des MietenWoG Bln nicht geltend machen, wenn die nach dem Gesetz zulässige Miete dadurch überschritten wird. Das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg erachtete demnach mit Urteil vom 04. März 2020, Az: 213 C 136/19 auch ein Mieterhöhungsverlangen vom 13. Juni 2019 mit Wirkung ab dem 01. September 2019 für rechtmäßig, weil das Gesetz eben nur eine Miete verbiete, die die nach dem Gesetz zulässige überschreite, nicht aber den Ausspruch eines, hierüber hinausgehenden Mieterhöhungsverlangens gem. § 558a BGB.

Wir empfehlen Ihnen daher in Ihre Mietverträge und Mietererhöhungsverlangen besondere Klauseln aufzunehmen, mit welchen Sie deutlich machen, dass Sie zur Vermeidung einer Ordnungswidrigkeit nur die nach dem MietenWoG Bln zulässige Miete geltend machen, sich aber ausdrücklich vorbehalten, für den Fall, dass die Verfassungswidrigkeit und damit Nichtigkeit des Gesetzes festgestellt wird, die vereinbarte und nicht eingeforderte Miete nachzufordern.

4. Welche Gestaltungsmöglichkeiten bestehen im Rahmen notarieller Kaufverträge?

Ein Regelungsbedarf besteht nur für notarielle Grundstückskaufverträge für in Berlin belegene Immobilien. In diesem Fall sollten insbesondere die nachfolgenden Vertragsregelungen geprüft und gegebenenfalls angepasst werden:

  • Kaufgegenstand
  • Kaufpreis
  • Besitz- und Gefahrübergang
  • Gewährleistungsrecht
  • Exkurs: Die Finanzierung der Immobilie

Was ist bei der Bezeichnung des Kaufgegenstandes zu berücksichtigen?

Bei der Bezeichnung des Kaufgegenstandes sollte darauf geachtet werden, dass nicht ungeprüft solche Begriffe verwendet werden, die für die Anwendung und den Umfang der Regelungen des Mietendeckels von Relevanz sind. Daher sollten Begriffe wie „Neubau“ oder „umfassend sanierte Wohnung“ nicht ohne Weiteres Verwendung finden.

Stattdessen sollte sich die Beschreibung des Kaufgegenstandes möglichst in der Grundbuchbezeichnung erschöpfen.

Was ist bei der Kaufpreisregelung zu beachten?

Für die Bemessung des Kaufpreises kommt es in der Regel entscheidend darauf an, ob und mit welcher Miethöhe der Kaufgegenstand vermietet werden kann. Um den Wert einer vermieteten Immobilie überschlägig zu bestimmen, wird oftmals einfach die Jahresnettokaltmiete mit einem Erfahrungswert (Multiplikator) multipliziert (z. B. Kaufpreis entspricht 25 Jahresnettokaltmieten). Dieser Multiplikator hat sich gerade für Wohnimmobilien in Berlin in den letzten Jahren wesentlich erhöht. Unabhängig von der Höhe dieses Multiplikators kommt es jedoch entscheidend auf die Höhe der (Jahres-) Nettokaltmiete an.

Die Parteien sollten daher bereits bei der Bemessung des Kaufpreises berücksichtigen, dass die gegenwärtig vereinbarte Miete unter dem Regime des Mietendeckels gegebenenfalls nicht eingefordert werden darf und sich daher faktisch die Nettomieteinnahmen verringern.

Sollten die Parteien die Höhe des Kaufpreises variabel davon abhängig machen wollen, ob das Gesetz zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen in Berlin Bestand hat oder für verfassungswidrig erklärt wird, muss dies im Kaufvertrag ausdrücklich vereinbart werden.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass einer der Vertragsparteien in diesem Fall eine ungesicherte Vorleistung erbringt. Erhöht sich der Kaufpreis für den Fall, dass das Gesetz für verfassungswidrig erklärt wird und der Käufer somit eine höhere Nettokaltmiete verlangen kann, wird der Käufer gleichwohl bereits Eigentümer geworden sein. In diesem Fall hat der Verkäufer seine Verpflichtung zur Eigentumsverschaffung bereits erbracht ohne die volle Gegenleistung erhalten zu haben. Soll sich umgekehrt der Kaufpreis reduzieren für den Fall, dass die Wirksamkeit des Gesetzes festgestellt wird, wäre der Rückforderungsanspruch des Käufers nicht gesichert.

Hier könnte der Eigentümer z. B. durch eine Grundschuld abgesichert werden, wobei dies mit einer finanzierenden Bank abgestimmt werden müsste. Alternativ kommen auch andere Sicherungsmittel, wie z. B. eine Bankbürgschaft in Betracht.

Der sicherste Weg ist vor diesem Hintergrund die Vereinbarung eines festen Kaufpreises unter Abwägung der Risiken, die sich aus dem Gesetz ergeben. Sollten die Parteien hier abweichende Vereinbarungen zum Kaufpreis treffen wollen, bedarf es individueller Regelungen, die die Interessen der Parteien hinreichend berücksichtigen.

Was gilt für die Besitzübergabe und den Nutzen- und Lastenwechsel?

Auch nach vollständiger Kaufpreiszahlung dauert es in der Regel mehrere Wochen bis Monate, bis der Käufer als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen wird. Daher vereinbaren die Parteien regelmäßig, dass der (mittelbare) Besitz bereits nach Zahlungseingang übergeht und zugleich ein Nutzen- und Lastenwechsel stattfindet und die Verkehrssicherungspflicht auf den Käufer übergeht.

Der Käufer tritt jedoch erst mit Eigentumsumschreibung im Grundbuch gemäß § 566 BGB in bestehende Mietverhältnisse ein. Daher vereinbaren die Parteien regelmäßig, dass dem Käufer mit Besitzübergabe auch die Mietzinsen samt etwaiger pauschaler Nebenkostenvorauszahlungen zustehen.

Zu berücksichtigen ist hierbei, dass die Mitteilungs- und Auskunftspflichten nach dem MietenWoG Berlin den Vermieter und somit bis zur Eigentumsumschreibung in der Regel den Verkäufer als Eigentümer treffen. Dieser hat also Sorge dafür zu tragen, dass diese Pflichten erfüllt werden, weil er sich ansonsten der Gefahr aussetzt, wegen einer der in § 11 MietenWoG Berlin genannten Ordnungswidrigkeit in Anspruch genommen zu werden.

Zwischen den Vertragsparteien kann vereinbart werden, dass der Käufer mit Besitzübergabe sämtliche Pflichten nach dem MietenWoG Berlin übernimmt. Zudem könnte sich der Käufer verpflichten, den Verkäufer im Innenverhältnis sowohl von diesen Pflichten, als auch von etwaigen Bußgeldern freizustellen. Es ist jedoch zum einen fraglich, inwieweit eine Freistellung von Bußgeldern wirksam vereinbart werden kann. Zum anderen haftet der Verkäufer im Außenverhältnis unbeschränkt weiter. Unter Berücksichtigung der Bußgeldhöhe von bis zu 500.000,00 EUR pro Verstoß stellt die rein schuldrechtliche Freistellungsvereinbarung für den Verkäufer keine sichere Regelung dar.

Hier bietet es sich an, festzuhalten, welche Pflichten bereits vom Verkäufer erfüllt worden sind und weiter zu regeln, wer welche Pflichten zu erfüllen hat und wann und wie dies nachzuweisen ist.

Was gilt für das Gewährleistungsrecht?

Im Rahmen der Gewährleistung ist zu berücksichtigen, dass Angaben des Verkäufers zur Höhe der erzielten Mieten nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vom Käufer grundsätzlich dahin zu verstehen sind, dass es sich um Erträge aus einer rechtlich zulässigen Vermietung handelt. Verstößt das Fordern oder die Geltendmachung der im Kaufvertrag genannten Miete gegen das MietenWoG Berlin, könnte es sich daher um einen Sachmangel handeln.

Bei der Gestaltung gilt es, zwischen den Interessen des Verkäufers und des Käufers zu unterscheiden:

1. Gewährleistungsrecht aus Sicht des Verkäufers

Der Verkäufer sollte im eigenen Interesse entweder keine Angaben zur Miethöhe machen oder ausdrücklich auf die gesetzlichen Bestimmungen des MietenWoG Berlin und darauf hinweisen, dass die Einschränkungen durch dieses Gesetz bei der Kaufpreisfindung bereits Berücksichtigung gefunden haben.

Zudem kann es durchaus sinnvoll sein, darauf hinzuweisen, ob und inwieweit der Verkäufer die Mitteilungs- und Auskunftspflichten gegenüber den Mietern bereits erfüllt hat.

2. Gewährleistungsrecht aus Sicht des Käufers

Der Käufer kann sich grundsätzlich auf die Angaben des Vermieters verlassen und gegebenenfalls gesetzliche Gewährleistungsrechte geltend machen. Um seine Rechtsposition zu verstärken, könnte er alternativ Garantieversprechen des Verkäufers zur gesetzlich zulässigen Miethöhe einfordern.

Auch aus Sicht des Käufers ist es jedoch auch sinnvoll, sich vom Verkäufer mitteilen zu lassen, ob und in welchem Umfang der Verkäufer die Mitteilungs- und Auskunftspflichten bereits erfüllt hat, denn nach Eigentumsumschreibung treffen diese Pflichten den Käufer als neuen Vermieter. Dann drohen ihm u. U. Bußgelder, wenn diese Pflichten nicht erfüllt worden sind.

Exkurs: Die Finanzierung der Immobilie

Zu berücksichtigen ist im Zusammenhang mit der Immobilienfinanzierung, dass es für die Bestimmung des Beleihungswertes durch die Bank entscheidend auch auf die Kapitaldienstfähigkeit des Darlehensnehmers ankommt, für die die Nettomieteinnahmen der zu finanzierenden Immobilie eine entscheidende Rolle spielen können. Stellt sich im Nachhinein heraus, dass die angegebenen Nettomieteinnahmen nicht erzielt werden können, könnte die Bank u. U. nicht den gesamten Darlehensbetrag auszahlen oder einen Anspruch auf Nachbesicherung geltend machen. Möchte der Käufer die Immobilie also (teilweise) fremdfinanzieren, sollte sich der Käufer bereits im Vorfeld über die zulässige Miethöhe informieren. Dies kann – wie bereits aufgezeigt – auch ein Argument bei der Kaufpreisfindung sein.

Wie Sie sehen, besteht aufgrund des MietenWoG Bln akuter Handlungsbedarf, um nicht Gefahr zu laufen, einen der Ordnungswidrigkeitstatbestände des § 11 zu erfüllen. Zudem müssen bei der Vertragsgestaltung von notariellen Grundstückskaufverträgen über in Berlin belegene Immobilien die Regelungen des Gesetzes zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen in Berlin Berücksichtigung finden.

Wir möchten Sie auf diesem Weg begleiten und stehen Ihnen daher für alle Fragen rund um den Berliner Mietendeckel gerne zur Verfügung.

 

Redaktion:

Rechtsanwalt Andreas Noack

BEHTGE.REIMANN.STARI Rechtsanwälte Partnerschaft mbB, Berlin

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