Modernisierung des Personengesellschaftsrechts - Die GbR gewinnt an Attraktivität

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02.07.2020 | 

1. Was ist Hintergrund der Reform des Personengesellschaftsrechts

Mit seiner bahnbrechenden Entscheidung „Weißes Ross“ im Jahr 2001 (BGH, Urt. v. 29.01.2001, Az. II ZR 331/00) hat der Bundesgerichtshof (BGH) angefangen, das Personengesellschaftsrecht grundlegend umzugestalten. In dieser Entscheidung hat er die Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechtes (GbR) anerkannt. Der Gesetzgeber hat hierauf bislang nur unzureichend reagiert. Tatsächlich müssen Juristen regelmäßig von den aus dem 19. Jahrhundert stammenden gesetzlichen Regelungen abweichen und praxistaugliche gesellschaftsvertragliche Regelungen finden.

Lediglich für das Grundbuchrecht hat der Gesetzgeber durch die Einführung der §§ 899a BGB und 47 GBO Regelungen aufgenommen, die die Rechtsprechung des BGH zur Grundbuchfähigkeit der GbR berücksichtigen. Sind GbR an Grundstücksgeschäften beteiligt, müssen jedoch ergänzende Regelungen zum Schutz der Vertragspartner in die notarielle Urkunde aufgenommen werden, um die weiterhin unzulänglichen gesetzlichen Vorschriften auszugleichen

Es ist daher zu begrüßen, dass das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) eine Expertenkommission eingesetzt hat, die einen Entwurf für eine Reform vorgelegt hat. Dieser Entwurf greift nicht nur die Rechtsprechung auf, sondern möchte ein moderneres praxisorientiertes Recht schaffen. Hierzu sollen insgesamt 39 Gesetze geändert werden, neben dem BGB zählen dazu das Handelsgesetzbuch (HGB), die Grundbuchordnung (GBO) und das Umwandlungsgesetz (UmwG).

2. Was ist der wesentliche Inhalt des Gesetzesentwurfs?

- Drei Formen der GbR – Einführung einer eingetragenen GbR (eGbR)

Es soll zukünftig drei Formen der GbR geben:

Erstens eine nur teilweise geregelte nicht-rechtsfähige Innengesellschaft, zweitens eine rechtsfähige Außengesellschaft bürgerlichen Rechts und drittens eine in einem Gesellschaftsregister eingetragene Außengesellschaft bürgerlichen Rechts. Diese eingetragene Außengesellschaft bürgerlichen Rechts darf im Rechtsverkehr als eingetragene GbR – kurz „eGbR“ – auftreten.

Tatbestandliche Voraussetzung für die Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist (nur), dass sie nach dem gemeinsamen Willen der Gesellschafter am Rechtsverkehr teilnehmen soll. Den Außengesellschaften wird das Gesellschaftsvermögen zugeordnet. 

Der Hauptvorteil der eGbR würde darin liegen, dass allein sie Grundstücksrechte erwerben kann und umwandlungsfähig ist.

- Die GbR bleibt die Grundform aller Personengesellschaftsformen

Dem Ansatz folgend, dass die GbR die Grundform aller Gesellschaftsformen ist, soll der Normenkomplex der §§ 128 ff. HGB in das BGB (§§ 721 ff. BGB-E) transferiert werden. Auf die offene Handelsgesellschaft (OHG) und die Kommanditgesellschaft (KG) würden diese Regelungen über die allgemeinen Verweisungsnormen anwendbar bleiben. Auch künftig soll daher die GbR selbst haften. Ihre Gesellschafter sollen für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern als Gesamtschuldner persönlich, unmittelbar und uneingeschränkt einstehen.

- Keine Einführung einer GbR mbH

Es soll weiterhin nicht gesetzlich die Möglichkeit eingeräumt werden, die Gesellschafterhaftung von einer Vereinbarung mit dem Gesellschaftsgläubiger auf eine bestimmte Einlage zu beschränken („GbR mbH“).

- Beibehaltung des Kaufmannsbegriffs

Der Kaufmannsbegriff soll beibehalten werden. Es soll also kein „Unternehmensgesetzbuch“ geschaffen werden und es verbleibt bei der Trennung zwischen den Personenhandelsgesellschaften und den nicht gewerblichen Personengesellschaften.

- Fortsetzung der Gesellschaft bei Ausscheiden eines Gesellschafters

Künftig sollen der Tod oder die Kündigung eines Gesellschafters auch ohne eine gesellschaftsvertragliche Fortsetzungsklausel nicht zur Auflösung der Gesellschaft, sondern nur zu dessen Ausscheiden führen. Dies entspricht regelmäßig dem Willen der Gesellschafter, so dass die – bisher ausdrücklich zu regelnde – Ausnahme nunmehr zum gesetzlich geregelten Grundsatz wird. Die Beendigung der Innengesellschaft soll sich hingegen weiterhin nach den herkömmlichen Grundsätzen vollziehen.

- Neuregelung des Beschlussmängelrechts

Das Beschlussmängelrecht soll grundlegend neu geregelt werden. Dem aktienrechtlichen Vorbild folgend sollen Mängel eines Beschlusses künftig nicht mehr generell zur Nichtigkeit führen, sondern es soll zwischen solchen Mängeln, die bereits aus sich heraus zur Nichtigkeit des Beschlusses führen und solchen, bei denen der Beschluss erst durch eine befristete Anfechtungsklage gegen die Gesellschaft vernichtet werden kann, differenziert werden. Diese Neuordnung des Beschlussmängelrechts würde zu mehr Rechtssicherheit führen, weil künftig nicht mehr fristungebunden gegen Beschlussmängel vorgegangen werden könnte, sondern eine dreimonatige Klagefrist zu beachten wäre.

- Einräumung eines Sitzwahlrechts

Personengesellschaften sollen nach der Reform in der Lage sein, ihren Verwaltungssitz an einen anderen Ort als den Vertragssitz zu verlegen (sog. Sitzwahlrecht). Unternehmen wären somit künftig in der Lage, problemlos eine deutsche Personengesellschaft einzig für Geschäftstätigkeiten im Ausland zu nutzen.

- Öffnung der Personengesellschaften für Freiberufler

Nach dem Gesetzesentwurf sollen die Personenhandelsgesellschaften für Freiberufler geöffnet werden. Vor allem die Rechtsform der GmbH & Co. KG könnte künftig eine Alternative für Freiberufler darstellen, weil sie – anders als die Partnerschaftsgesellschaft (PartG) mit beschränkter Berufshaftung – eine generelle Haftungsbeschränkung auf das Vermögen der Gesellschaft ermöglicht und nicht nur für Verbindlichkeiten, die ihre Ursache in einer fehlerhaften Berufsausübung haben. Allerdings sollen die Personenhandelsgesellschaften den Freiberuflern nur insoweit zur Verfügung stehen, als es das jeweilige Berufsgesetz vorsieht. Damit soll der berufsspezifische Schutzbedarf (z. B. der Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung ggf. mit erhöhter Mindestversicherungssumme) zielgenau befriedigt werden können.

- Fantasiebezeichnungen auch bei der Partnerschaftsgesellschaft zulässig

Das Namensrecht der Partnerschaftsgesellschaft (PartG) soll geändert werden. Der Zwang zur Benennung mindestens eines Partners und zur Berufsbezeichnung aller vertretenen Partner soll entfallen. Damit würden grundsätzlich reine Sach- oder Fantasiebezeichnungen zulässig werden.

3. Was bedeuten die Änderungen und wie geht es weiter?

Die geplanten Änderungen sind zu begrüßen. Insbesondere würde die GbR als Rechtsform an Attraktivität gewinnen. Die bei der GbR im Grundbuchverkehr auftretenden Schwierigkeiten würden durch die Eintragung der GbR in ein Gesellschaftsregister weitgehend beseitigt werden. Die GbR könnte dann auch als Rechtsform für vermögensverwaltende (Immobilien-) Gesellschaften wieder zunehmend in den Fokus rücken.

Einen bestimmten Zeitpunkt für das Inkrafttreten des Gesetzes hat die Expertenkommission nicht vorgeschlagen, weil sich der zeitliche Vorlauf für die Einrichtung des Gesellschaftsregisters noch nicht zuverlässig vorhersagen lasse. Das BMJV hat aber angekündigt, auf der Grundlage des Entwurfs mit der Diskussion mit Ländern, Verbänden und der Fachöffentlichkeit zu beginnen und sodann zeitnah das Gesetzgebungsverfahren einzuleiten. Es bleibt zu hoffen, dass dieses Gesetzgebungsverfahren – wie im Koalitionsvertrag vereinbart – noch in dieser Legislaturperiode zum Abschluss gebracht werden wird.

 

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