Modernisierung des Personengesellschaftsrechts

Personengesellschaftsrecht, Gesellschaft bürgerlichen Rechts, GbR, Teilrechtsfähigkeit der GbR, Mauracher Entwurf, Gesellschaftsregister, Immobiliengesellschaften, Personenhandelsgesellschaften
22.09.2020 | 

Ausgangspunkt

Im Mittelpunkt der Pläne zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts steht die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR).

Nach früher ganz herrschender Auffassung schlossen sich innerhalb einer GbR die Gesellschafter in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit zusammen. Die GbR hatte jedoch keine eigenständige Rechtspersönlichkeit.

Diese Auffassung wurde im Rahmen sich ständig weiterentwickelnder höchstrichterlicher Rechtsprechung seit dem Jahr 2001 aufgegeben. Nach neuerer Auffassung ist anerkannt, dass die GbR als Personengruppe am Rechtsverkehr teilnehmen kann (vgl. nur BGH, Urt. v. 19.11.2013, Az. II ZR 150/12, NJW 2014, S. 1107). Tritt sie im Rechtsverkehr auf, spricht man von einer Außengesellschaft. Es ist mittlerweile allgemein anerkannt, dass diese Außengesellschaft (Teil-)Rechtsfähigkeit besitzt und eigene Rechte und Pflichten begründen kann, ohne jedoch den Status einer juristischen Person zu erlangen.

Insbesondere ist die GbR auch in Prozessen parteifähig. Seit längerem anerkannt ist die Grundbuchfähigkeit der GbR (BGH, Beschl. v. 02.12.2010, Az. V ZB 84/10, NJW 2011, S. 615 und Beschl. v. 28.04.2011, Az. V ZB 194/10, NJW 2011, S. 1958).

Diese anerkannte Teilrechtsfähigkeit der GbR stößt in der Praxis immer wieder auf Probleme, insbesondere dann, wenn die GbR in Folge eines Rechtserwerbs in öffentlichen Registern eingetragen werden soll. Dies betrifft namentlich die grundsätzlich mögliche Übernahme von Beteiligungen an Kapital- oder Personengesellschaften durch eine GbR oder den Erwerb von Grundstücken oder grundstücksgleichen Rechten. Sobald die GbR als Gesellschafterin im Handelsregister oder als Eigentümerin oder sonstige Berechtigte im Grundbuch einzutragen ist, stellt sich die Frage, in welcher Form die Eintragung erfolgt, ob und in wie weit die Gesellschafter namentlich zu benennen sind und welche Publizitätswirkungen sich aus der Eintragung von Gesellschaftern in anderen öffentlichen Registern ergeben.

Der Gesetzesentwurf

Vor diesem Hintergrund hat eine Expertenkommission zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts im April diesen Jahres mit dem so bezeichneten „Mauracher Entwurf“ einen Gesetzestext vorgelegt, der umfassende Änderungen des Personengesellschaftsrechts insbesondere in Bezug auf die GbR vorsieht, das Recht insoweit durchaus revolutioniert.

So sieht der Entwurf in Umsetzung der aktuellen höchstrichterlichen Rechtsprechung zunächst in § 705 Abs. 2 BGB-E ausdrücklich vor, dass die GbR Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen kann, wenn sie nach außen am Rechtsverkehr teilnimmt. Damit wird die Rechtsfähigkeit der Außen-GbR gesetzlich statuiert.

Neu ist, dass nunmehr für alle Formen der Personengesellschaften, mithin auch für die GbR, die Eintragung im Gesellschaftsregister jedenfalls möglich ist. Zwar sollen sich die Gesellschafter der GbR grundsätzlich entscheiden können, ob sie eine Eintragung wünschen oder nicht (auch die nicht eingetragene GbR soll künftig rechtsfähig sein) (§ 707 Abs. 1 BGB-E), um effektiv am Rechtsverkehr teilnehmen zu können, wird jedoch eine Eintragung im Gesellschaftsregister zwingend erforderlich sein. Dies ist besonders wichtig für die vielfach nach wie vor in der Rechtsform der GbR begründeten Immobiliengesellschaften. Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass § 47 Abs. 2 der Grundbuchordnung dahingehend ergänzt wird, dass für eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts ein Recht nur dann eingetragen werden kann, wenn die GbR im Gesellschaftsregister eingetragen ist. Künftig wird dann im Grundbuch die GbR mit ihrer Bezeichnung eingetragen, während aus dem Gesellschaftsregister die Gesellschafter ersichtlich sind.

Die Geschäftsführung innerhalb der GbR soll weiterhin grundsätzlich allen Gesellschaftern gemeinschaftlich obliegen (Gesamtgeschäftsführungsbefugnis - § 715 Abs. 1 – 2 BGB-E). Es wird jedoch nunmehr ausdrücklich vorgesehen, dass die Gesellschafter durch Beschluss einzelnen Gesellschaftern ganz oder teilweise jedenfalls bei Vorliegen eines wichtigen Grunds die Geschäftsführung entziehen können, was bislang grundsätzlich mangels anderweitiger gesellschaftsvertraglicher Absprachen nur durch gerichtliche Entscheidung möglich war (§ 715 Abs. 5 – 6 BGB-E).

Ohnehin sieht der Entwurf nunmehr vor, dass Gesellschafter Entscheidung betreffend die Gesellschaft grundsätzlich im Beschlusswege herbeizuführen haben (§ 714 BGB-E). Neu ist in diesem Kontext auch die Tatsache, dass gem. dem Entwurf Streitigkeiten über die Wirksamkeit oder Unwirksamkeit von Gesellschafterbeschlüssen in einem recht formalen Verfahren in Anlehnung an die aktienrechtlichen Vorschriften zu Beschlussmängelstreitigkeiten zu klären sind. Es wird auch für das Recht der Personengesellschaften nunmehr zwischen anfechtbaren und nichtigen Beschlüssen unterschieden, wobei schwerwiegende Mängel zur Nichtigkeit führen, d.h. derartige Beschlüsse von Anfang an nichtig sind, während bei nur anfechtbaren Beschlüssen die Nichtigkeit durch Gerichtsentscheidung erst festgestellt werden muss (§ 714a BGB-E). Eine Klage muss grundsätzlich innerhalb von drei Monaten seit Mitteilung des Beschlusses gegenüber dem Gesellschafter erhoben werden (§ 714c BGB-E). Dabei wird für den klageführenden Gesellschafter das Verfahren deutlich vereinfacht, da nunmehr klargestellt ist, dass die Klage gegen die Gesellschaft und nicht gegen sämtliche Mitgesellschafter zu richten ist. Die übrigen Gesellschafter sind von der klagenden Partei über die Erhebung der Klage allerdings zu unterrichten. Das Urteil soll dann für und gegen alle Gesellschafter wirken (§ 714 BGB-E).

Zu erwähnen sind auch die Regelungen zur persönlichen Haftung der Gesellschafter, die dem bisherigen Recht der Personenhandelsgesellschaften (oHG und KG) nachgebildet werden. Die Gesellschafter haften danach für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft Gläubigern gegenüber als Gesamtschuldner persönlich.

Auch der Austritt aus der Gesellschaft soll schließlich in Anlehnung an das bisherige Recht der Personenhandelsgesellschaften geregelt werden. Der Austritt eines Gesellschafters aus der Gesellschaft führt danach auch ohne ausdrückliche vertragliche Regelung nicht mehr zur Auflösung der Gesellschaft. Vielmehr wird die Gesellschaft grundsätzlich mit den verbleibenden Gesellschaftern fortgeführt, während der ausscheidende Gesellschafter einen Anspruch auf Ausgleich eines Abfindungungsguthabens hat bzw. ggf. verpflichtet sein soll, einen Auseinandersetzungsfehlbetrag zu begleichen (§ 723 BGB-E). Auch sieht das Gesetz künftig vor, dass einzelne Mitgesellschafter aus wichtigem Grund ausgeschlossen werden können (§ 727 BGB-E). Die Gesellschaft wird beim Versterben eines Gesellschafters grundsätzlich mit den Erben fortgesetzt (§ 724 BGB-E).

Fazit und Ausblick

Nachdem die Rechtsfähigkeit der GbR in weiten Teilen anerkannt war, ist grundsätzlich zu begrüßen, dass durch Einführung eines Gesellschaftsregisters der Rechtsverkehr mit Gesellschaften bürgerlichen Rechts deutlich vereinfacht und nicht zuletzt im Hinblick auf Immobiliengeschäfte und Gesellschaftsbeteiligungen für Rechtssicherheit gesorgt wird.

Grundsätzlich ist beabsichtigt, auf Grundlage des Entwurfes das Gesetzgebungsverfahren noch im Laufe der Legislaturperiode abzuschließen. Es bleibt abzuwarten, ob dies tatsächlich umgesetzt wird. Wir werden Sie diesbezüglich selbstverständlich informiert halten.

 

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