Beachtliche gesetzliche Neuregelung zum 01.01.2021

Gewerbemietrecht, § 313 BGB, Störung der Geschäftsgrundlage
12.01.2021 | 

Einschränkungen von Mietern durch staatliche Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie als Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 BGB?

Zum 31. Dezember 2020 ist das Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei der COVID-19-Pandemie konkretisiert worden. Im Gewerbemietrecht ist insoweit die folgende, beachtliche gesetzliche Neuregelung in Kraft getreten:

Art. 240 EGBGB Vertragsrechtliche Regelungen aus Anlass der COVID-19-Pandemie

§ 7 Störung der Geschäftsgrundlage von Miet- und Pachtverträgen

(1) Sind vermietete Grundstücke oder vermietete Räume, die keine Wohnräume sind, infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie für den Betrieb des Mieters nicht oder nur mit erheblicher Einschränkung verwendbar, so wird vermutet, dass sich insofern ein Umstand im Sinne des § 313 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, der zur Grundlage des Mietvertrags geworden ist, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert hat.

(2) Absatz 1 ist auf Pachtverträge entsprechend anzuwenden.

Bislang hatte der Gesetzgeber im Gewerbemietrecht im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie lediglich geregelt, dass ein Mietverhältnis über Räume nicht allein aus dem Grund gekündigt werden kann, dass der Mieter im Zeitraum vom 01. April bis 30. Juni 2020 trotz Fälligkeit die Miete nicht leistet, sofern die Nichtleistung auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht. Ausweislich der Gesetzesbegründung blieb die Verpflichtung der Mieter zur Zahlung der Miete im Gegenzug im Grundsatz ausdrücklich bestehen.

Während des zweiten Lockdowns will der Gesetzgeber offenbar Gewerbemieter und Vermieter nunmehr an den Verhandlungstisch bringen. So heißt es in dem Beschluss vom 13. Dezember 2020 der Bundeskanzlerin und der Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder, der die gesetzliche Änderung vorbereitete, dass mit der Einfügung von § 7 Verhandlungen zwischen Gewerbemietern und Eigentümern vereinfacht werden sollen.

Die Kernfrage aber, wessen Risikosphäre es zuzuordnen ist, wenn Geschäfte, Restaurants etc. aufgrund einer COVID-Maßnahme vom Inhaber geschlossen werden müssen, hat der Gesetzgeber weiterhin nicht beantwortet. Das ist insoweit bemerkenswert, weil sich derjenige nicht auf die Regelungen der Störungen der Geschäftsgrundlage berufen kann, in dessen Risikosphäre die Störung fällt. Dies wird derzeit von den Gerichten unterschiedlich beurteilt.

Zwar wird in der Rechtsprechung bislang das Risiko überwiegend dem Mieter zugeordnet (vgl. u.a. LG Stuttgart, Urt. v. 19.11.2020 - 11 O 215/20; LG München II, Urt. v. 06.10.2020 – 13 O 2044/20; LG Heidelberg, Urt. v. 30.07.2020 – 5 O 66/20) mit der Folge, dass der Mieter insoweit keinen Anspruch auf eine Reduzierung der Miete hat.

Mittlerweile liegen aber erste Entscheidungen vor, in denen das Risiko beim Vermieter verortet wird (vgl. LG München I, Urt. v. 22.09.2020 – 3 O 4495/20, LG Mönchengladbach, Urt. v. 02.11.2020 - 12 O 154/20). Dies kann gleichwohl nur dann zu einer Reduzierung der Miete führen, wenn im konkreten Einzelfall das Festhalten am Vertrag für den Mieter unzumutbar wäre.

Vor diesem Hintergrund kann das neue Gesetz als Aufruf an Mieter verstanden werden, sich auf die Vorschrift zu berufen und mit ihrem Vermieter in Verhandlungen zu treten. Mit anderen Worten wird auf diejenigen Vermieter etwas zukommen, deren Mieter von den Geschäftsschließungen (vollständig/teilweise) betroffen waren bzw. derzeit weiterhin sind.

Das ist und bleibt alles sehr spannend und erfordert kreative Lösungen.

 

 

Redaktion:

Rechtsanwalt Stefan Hagen und Rechtsanwalt Linus Spohn

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