Neue Anforderungen an die Vertragsgestaltung und Informationspflichten von Energievertrieben

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03.08.2021 | 

In seiner letzten Sitzungswoche der aktuellen Legislaturperiode hat der Bundestag zwei Gesetze mit weitreichenden Auswirkungen auf Energielieferverträge und die Abläufe in Energieversorgungsunternehmen beschlossen. Dies zum einen durch das Gesetz für faire Verbraucherverträge und zum anderen durch das Gesetz zur Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben und zur Regelung reiner Wasserstoffnetze im Energiewirtschaftsrecht (EnWG-Novelle).

Über die im Rahmen des Gesetzentwurfs zum Gesetz für faire Verbraucherverträge berichteten wir Ihnen bereits mit unserer Kurzinformation zum Energierecht vom 16. Februar 2021. Im Rahmen der Beratung des Bundestags hat der Gesetzentwurf aber noch einmal erhebliche Änderungen erfahren, die einige problematische Regelungen angepasst haben.

Die Implementierung der weitreichenden gesetzlichen Änderungen ist eine Herausforderung. Um Ihnen bei der Umsetzung der neuen gesetzlichen Anforderungen in der Vertragsgestaltung und –abwicklung zu helfen, werden wir eine Online-Informationsveranstaltung zu den gesetzlichen Änderungen anbieten.

Im Rahmen dieser Informationsveranstaltung werden wir Sie umfassend über die durch das Gesetz für faire Verbraucherverträge und die EnWG-Novelle eintretenden Änderungen informieren und Ihnen die Gestaltungsmöglichkeiten aufzeigen, die auch nach den gesetzlichen Änderungen noch für Ihre Verträge verbleiben.

Die Online-Informationsveranstaltung wird am

12. August 2021, ab 10:00 Uhr

stattfinden.

Nach Verabschiedung der Gesetze durch den deutschen Bundestag können wir nun verlässlichere Aussagen über die daraus resultierenden Änderungen in der Gesetzeslage treffen. Hierzu geben wir Ihnen im Folgenden eine Zusammenfassung der Änderungen, die eine direkte Auswirkung auf Energielieferverträge haben.

Den Mandanten, die unser Vertragscontrolling gebucht haben, werden wir noch die konkreten Änderungen aufzeigen, die an ihren Vertragswerken künftig nötig werden.

Die Regelungen der EnWG-Novelle sind bereits seit dem 27. Juli 2021 in Kraft getreten. Eine Verkündung des Gesetzes für faire Verbraucherverträge steht indes noch aus. Wir werden im Folgenden auch auf ein Inkrafttreten der neuen Regelungen eingehen.

Zusätzlich hat der Bundesrat in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause die Verordnung über die Verbrauchserfassung und Abrechnung bei der Versorgung mit Fernwärme oder Fernkälte (Fernwärme- oder Fernkälte-Verbrauchserfassungs- und-Abrechnungsverordnung – FFVAV) sowie Änderungen an der AVBFernwärmeV beschlossen. Die FFVAV, die der Umsetzung der Energieeffizienz-Richtlinie dient, hat der Bundesrat allerdings nur mit (umfangreichen) Änderungen verabschiedet. Die Bundesregierung kann daher zunächst entscheiden, ob sie die vom Bundestag vorgenommenen Änderungen zustimmt und die Verordnung so in Kraft treten kann. Sie kann aber auch von der Beschlussempfehlung des Bundesrats abweichen und diese dem Bundesrat abermals vorlegen. Entschließt sich die Bundesregierung zu letzterem, ist mit einem Beschluss des Bundesrats nicht vor September zu rechnen.

Auch wenn im Moment noch nicht endgültig klar ist, ob die FFVAV und die Änderungen an der AVBFernwärmeV wie beschlossen kommen werden, stellen wir Ihnen bereits eine Übersicht über die wichtigsten Änderungen zur Verfügung.

A. Gesetz für faire Verbraucherverträge

Das Gesetz für faire Verbraucherverträge enthält insbesondere Regelungen zu Vertragslaufzeiten und zur Möglichkeit von Online-Vertragskündigungen. Die neuen Bestimmungen zur Vertragslaufzeit wirken sich auch direkt auf neu zu schließende Energielieferverträge (außerhalb der Grundversorgung) aus.

1. Vertragslaufzeiten und Kündigungsfristen

Bedeutende Änderungen ergeben sich für den Bereich der Vertragslaufzeiten. § 309 Nr. 9 BGBG n.F. (neue Fassung) enthält künftig eine Regelung zu den erlaubten Vertragslaufzeiten in Verbraucherverträgen.

Die von § 309 Nr. 9 BGB auch bisher auf maximal zwei Jahre begrenzte Vertragslaufzeit bleibt unverändert bestehen.

Im Vergleich zu der bisher maximal um ein Jahr möglichen stillschweigenden Verlängerung des Vertrages ergeben sich jedoch Änderungen. Künftig wird nur eine Verlängerung auf unbestimmte Zeit zulässig sein. Bei dieser ist dann eine jederzeitige Kündigungsfrist von einem Monat zu vereinbaren.

Auch hinsichtlich der Kündigungsfristen ergeben sich Änderungen. Bisher waren Kündigungsfristen von maximal drei Monaten vor Ablauf der Vertragsdauer zulässig. Künftig dürfen Kündigungsfristen höchstens einen Monat betragen.

Die Regelung gilt für alle Verträge über die regelmäßige Lieferung von Waren. Darunter sind auch Verträge über die Lieferung von Strom und Gas zu verstehen.

Hinweis: Bei neu geschlossenen Verträgen werden künftig keine Verlängerungen um ein oder zwei Jahre mehr vereinbart werden können. Sollen Verträge nach Ablauf der ursprünglichen Vertragslaufzeit stillschweigend verlängert werden, muss der Kunde danach jederzeit den Vertrag mit einer Frist von einem Monat kündigen können.
Auch sind bei neu abzuschließenden Verträgen mit stillschweigender Verlängerung die ordentlichen Kündigungsfristen zu überprüfen. Diese dürfen künftig nicht länger als einen Monat zum Vertragsende betragen.
Um hier unkalkulierbare Vertragslaufzeiten nach einer Verlängerung zu vermeiden, kann es sich künftig anbieten, nur noch Verträge mit festen Laufzeiten zu vereinbaren.

Inkrafttreten: Die Regelungen werden sieben Monate nach Verkündung des Gesetzes in Kraft treten. Das Gesetz ist momentan (Stand: 22. Juli 2021) noch nicht verkündet, mit seiner Verkündung kann aber alsbald gerechnet werden. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass die neuen gesetzlichen Regelungen etwa ab Februar 2022 in Kraft treten werden.
Diese neuen Anforderungen gelten für vor dem Inkrafttreten geschlossene Bestandsverträge nicht. Dies wird auch gesetzlich durch Art. 229 EGBGB ausdrücklich angeordnet.

2.    Elektronischer Geschäftsverkehr

Besondere Vorschriften für den elektronischen Geschäftsverkehr werden künftig in dem neugeschaffenen § 312k BGB n.F. getroffen.

Die Vorschriften treffen lediglich Unternehmen, die mit Verbrauchern Verträge über Dauerschuldverhältnisse im elektronischen Geschäftsverkehr schließen.

Hinweis: Dies umfasst Energielieferverträge, die unter Nutzung elektronischer Kommunikationsmittel abgeschlossen werden. Elektronische Kommunikationsmittel sind dabei neben Verträgen, die über eine Webseite zustande kommen, auch per E-Mail geschlossene Verträge.
Da auf den Vertragsschluss abgestellt wird, werden davon keine Geschäfte umfasst, bei denen der Kunde etwa ein Auftragsformular von einer Unternehmenswebseite herunterlädt, ausfüllt und per Post einsendet oder per Post eine Vertragsbestätigung erhält.

Diese Unternehmen haben nach § 312k BGB n.F. künftig zusammengefasst die Pflicht, Verbrauchern die Kündigung des Vertrags auch online zu ermöglichen. Hierzu hat der Gesetzgeber genaue Angaben zu dem Prozess der Online-Vertragskündigung gemacht.

Dabei ist künftig umzusetzen, dass der Kunde die ordentliche und außerordentliche Vertragskündigung auf der Webseite des Unternehmens über eine mit „Verträge hier kündigen“ (oder einer entsprechenden eindeutigen Formulierung) versehene Schaltfläche kündigen kann. Ein Klick auf diese Schaltfläche muss eine Bestätigungsseite öffnen, auf der der Verbraucher Angaben zu der Art der Kündigung und, bei außerordentlichen Kündigungen, zum Kündigungsgrund machen kann. Hier muss er sich eindeutig identifizieren können und eine eindeutige Bezeichnung des Vertrags eingeben. Auch muss hier durch den Verbraucher angegeben werden können, zu welchem Zeitpunkt das Vertragsverhältnis enden soll. Der Kunde muss Angaben zu einer schnellen elektronischen Übermittlung der Kündigungsbestätigung (beispielsweise eine E-Mail-Adresse) machen können.

Ein weiterer Klick auf eine gut lesbar mit „Jetzt kündigen“ (oder einer entsprechenden eindeutigen Formulierung) versehenen Schaltfläche muss die Kündigung an das Unternehmen übersenden. Danach muss dem Verbraucher ermöglicht werden, eine Bestätigung der Kündigung mit Datum und Uhrzeit der Abgabe speichern zu können (etwa durch Möglichkeit zum Ausdrucken). Es muss ihm ebenfalls eine sofortige Bestätigung der Kündigung elektronisch in Textform (z.B. E-Mail) mit Inhalt, Datum und Uhrzeit des Zugangs sowie Zeitpunkt, zu dem Vertragsverhältnis beendet wird, zugesandt werden.

Auf die Kündigungsfristen, wie im Vertrag vorgesehen, wirkt sich dies nicht aus. Allerdings sieht § 312k BGB n.F. Konsequenzen für Unternehmen vor, die diese elektronische Kündigungsmöglichkeit nicht anbieten. Der Verbraucher hat dann die Möglichkeit, jederzeit ohne Einhaltung von Kündigungsfristen zu kündigen.

Inkrafttreten: Diese Anforderungen müssen bis 01. Juli 2022 umgesetzt werden. Sie gelten auch für Bestandsverträge, die vor diesem Datum abgeschlossen werden.

B. EnWG-Novelle

Umfangreiche Änderungen am EnWG werden durch das Gesetz zur Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben und zur Regelung reiner Wasserstoffnetze im Energiewirtschaftsrecht vorgenommen. Das Gesetz enthält dabei – neben Regelungen für Wasserstoffnetze, die hier nicht dargestellt werden sollen – insbesondere umfangreiche zusätzliche Vorschriften für die Abwicklung von Energielieferverträgen mit Verbrauchern.

§§ 40 und 41 EnWG werden durch die §§ 40 bis 41e EnWG n.F. ersetzt werden.

1. Inhalt von Strom- und Gasrechnungen

Bereits bisher enthält § 40 EnWG unter anderem Regelungen für Strom- und Gasrechnungen für Letztverbraucher. § 40 EnWG wird künftig neu gefasst und sich nur noch mit Strom- und Gasrechnungen befassen.

Durch Änderungen an § 40 EnWG werden die Pflichten in Bezug auf Rechnungen für Energielieferungen künftig ausgeweitet.

a. Erläuterungspflicht

Bisher besteht eine gesetzliche Verpflichtung, dass Rechnungen für Energielieferungen einfach und verständlich sind. Die für die Forderung maßgeblichen Berechnungsfaktoren sind vollständig und in allgemein verständlicher Form auszuweisen.

Die Verpflichtung, dass Rechnungen einfach und verständlich sein müssen, bleibt vorhanden. Auf Wunsch des Letztverbrauchers ist die Rechnung künftig auch verständlich und unentgeltlich zu erklären. Der Rechnungsbetrag und das Datum der Fälligkeit des Rechnungsbetrags müssen deutlich erkennbar und hervorgehoben sein.

Hinweis: Der Wortlaut der Regelung stellt auf das „Datum der Fälligkeit“ ab. Es wird also künftig nötig sein, hinsichtlich der Fälligkeit des Rechnungsbetrags ein konkretes Datum anzugeben. Die Angabe eines bloßen Zeitraums („zwei Wochen ab Rechnungszugang“) wird wohl nicht mehr ausreichen.

Unter § 40 Abs. 4 EnWG n.F. ist künftig die Verpflichtung enthalten, dass die für die Forderungen maßgeblichen Berechnungsfaktoren vollständig und in allgemein verständlicher Form auszuweisen sind. Hinzugetreten ist, dass hierfür standardisierte Begriffe und Definitionen zu verwenden sind.

b. Weitere Angaben auf Rechnungen

§ 40 Abs. 2 S. 1 EnWG enthält bisher bereits umfangreiche Pflichtangaben für Rechnungen an Letztverbraucher. Die EnWG-Novelle weitet diese abermals aus.

Die meisten auch neu hinzugekommenen Pflichtangaben dürften dabei bereits in den verwendeten Rechnungen enthalten sein.

Überblicksweise sind folgende zusätzliche Pflichtangaben hinzugekommen:

  • Angaben, die eine unverzügliche telefonische und elektronische Kontaktaufnahme ermöglichen (statt bisher: schnelle elektronische Kontaktaufnahme), einschließlich E-Mail-Adresse und Telefonnummer der Kunden-Hotline

Hinweis: Der Gesetzgeber möchte eine einfache und gut zugängliche telefonische Erreichbarkeit für den Verbraucher erreichen. Insbesondere sind laut der Gesetzesbegründung technische Hindernisse (verwirrende Menüführungen, überlange Warteschleifen) bei der Hotline zu vermeiden.

  • Belieferte Verbrauchsstelle, einschließlich Identifikationsnummer der Entnahmestelle
  • Anfangszählerstand, Endzählerstand des abgerechneten Zeitraums (bisher: nur für Haushaltskunden); ermittelter Verbrauch, Art wie Zählerstand ermittelt wurde
  • Bei den Angaben der für die Belieferung maßgeblichen Zählerpunktbezeichnung ist künftig die Identifikationsnummer der Messlokation anzugeben; die stellt eine Anpassung an den aktuellen Sprachgebrauch dar
  • Vergleich des ermittelten Verbrauchs zum Verbrauch des vergleichbaren Vorjahreszeitraums, auch grafisch

Hinweis: Diese Verpflichtung ist neu.
Die Verpflichtung, auch in grafischer Form, den Vergleich des eigenen Jahresverbrauchs mit dem Jahresverbrauch von Vergleichskundengruppen darzustellen, besteht künftig gegenüber allen Letztverbrauchern und nicht nur, wie bisher, bei den Haushaltskunden.

  • Künftig ist bei allen Letztverbrauchern auf deren Rechte im Hinblick auf Streitbeilegungsverfahren, die ihnen im Streitfall zur Verfügung stehen, einschließlich der für Verbraucherbeschwerden nach § 111b EnWG einzurichtenden Schlichtungsstelle und deren Anschrift hinzuweisen
  • Informationen über Kontaktstellen, darunter Internetadressen, zur Beratung in Energieangelegenheiten
  • Hinweise zu Verfügbarkeit und Möglichkeiten des Lieferantenwechsels; Informationen über mit einem Vertrauenszeichen versehene Preisvergleichsinstrumente für Vertragsangebote der Stromlieferanten nach § 41c EnWG n.F.
  • Einschlägige Tarif- oder Produktbezeichnung; Hinweis, ob Belieferung im Rahmen der Grundversorgung oder außerhalb der Grundversorgung erfolgt ist

Hinweis: Der Gesetzgeber geht davon aus, dass viele Verbraucher nicht wissen, ob sie in der Grundversorgung oder außerhalb der Grundversorgung beliefert werden und wie ihre einschlägige Tarif- bzw. Produktbezeichnung lautet. Es kann vor diesem Hintergrund davon ausgegangen werden, dass daher auch ein ausdrücklicher Hinweis erforderlich ist, ob eine Belieferung innerhalb oder außerhalb der Grundversorgung erfolgt.

§ 40 Abs. 3 EnWG n.F. verpflichtet ferner in Rechnungen besondere Belastungen auszuweisen, sofern diese Kalkulationsbestandteile der in die Rechnung einfließenden Preise sind. Dies war bisher in § 40 Abs. 2 Nr. 7 EnWG geregelt.

Insgesamt auszuweisen sind:

  • Stromsteuer oder Energiesteuer
  • Konzessionsabgabe
  • Jeweils gesondert: EEG-Umlage, KWK-Umlage, § 19 Abs. 2 StromNEV-Umlage, AbLaV-Umlage
  • Jeweils gesondert: Netzentgelte; Entgelte des Messstellenbetreibers (soweit Gegenstand des Liefervertrags)
  • Nur bei Gasrechnungen bis 31. Dezember 2025: Kosten in Cent/kWh für Erwerb von CO2-Emissionszertifikaten nach BEHG

d. Verbrauchsermittlung

§ 40a EnWG n.F. wird künftig Regelungen zur Verbrauchsermittlung für Strom- und Gasrechnungen enthalten. Der Gesetzgeber will damit einheitliche Regelungen zur Ermittlung des Energieverbrauchs schaffen.

aa. Verbrauchsermittlung

§ 40 Abs. 1 EnWG n.F. nennt nun Varianten, wie für die Zwecke der Abrechnung des Energieverbrauchs der Verbrauch ermittelt werden kann:

  • Ablesewerte oder rechtmäßig ermittelte Ersatzwerte, die von Messstellenbetreiber oder Netzbetreiber stammen
  • Ablesung der Messeinrichtung durch Energielieferant selbst
  • Selbstablesung durch Letztverbraucher, wenn keine Fernübermittlung der Verbrauchsdaten erfolgt

Eine Doppelablesung soll vermieden werden. Bei der Verwendung von intelligenten Messsystemen oder bei registrierender Lastgangmessung ist ausdrücklich angeordnet, dass dabei die Ablesewerte, die vom Messstellenbetreiber oder Netzbetreiber stammen vorrangig zu verwenden sind.

Der Selbstablesung kann der Haushaltskunde widersprechen, wenn sie ihm unzumutbar ist. Eine solche Unzumutbarkeit kann beispielsweise in persönlichen und gesundheitlichen Einschränkungen wie einer Gebrechlichkeit liegen. Ein berechtigter Widerspruch führt dazu, dass der Energielieferant die Messeinrichtung selbst ablesen muss, wobei er dafür kein Entgelt erheben darf.

Hinweis: Letztverbrauchern, die keine Haushaltskunden sind, steht ein solches Widerspruchsrecht nicht zu. Von ihnen kann stets die Selbstablesung verlangt werden.

Auf den Rechnungen ist ausdrücklich anzugeben, wie ein verwendeter Zählerstand ermittelt wurde. Dabei ist die Art der Ermittlung für jeden Ablesewerte anzugeben. Es muss kenntlich gemacht werden, ob der Wert abgelesen, geschätzt oder berechnet wurde und von wem. Die Ausweisung muss sichtbar sein, sie muss in angemessener Schriftgröße angegeben werden und mit einer Erklärung versehen sein.

bb. Verbrauchsschätzung

§ 40a Abs. 2 EnWG n.F. enthält Regelungen, wann eine Schätzung des Verbrauchs zulässig ist. Dies stellt eine Erweiterung der aus § 40 Abs. 2 S. 3 EnWG bekannten Regelung dar. Die Regelungen für die Schätzung werden hier nur ausführlicher getroffen und mit Hinweispflichten versehen. An der grundsätzlichen Frage, wann eine Schätzung zulässig ist, ändert sich nichts. Die Regelung gilt für alle Letztverbraucher.

Voraussetzung für die Schätzung ist, dass durch den Letztverbraucher trotz Verpflichtung zur Selbstablesung keine Ablesedaten übermittelt werden. Alternativ ist der Lieferant zur Schätzung berechtigt, wenn er aus anderen, nicht von ihm zu vertretenen Gründen, den tatsächlichen Verbrauch nicht ermitteln kann.

Die Schätzung muss die tatsächlichen Verhältnisse angemessen berücksichtigen.

Wird eine Schätzung vorgenommen, muss ausdrücklich und optisch besonders hervorgehoben unter Nennung des Grunds für die Zulässigkeit auf die Schätzung hingewiesen werden. Die der Schätzung zugrunde gelegten Faktoren sind in der Rechnung anzugeben und auf Wunsch des Letztverbrauchers in Textform und unentgeltlich zu erläutern.

2. Abrechnungsturnus

Die bisherigen Regelungen zum Abrechnungsturnus in § 40 Abs. 3 EnWG werden durch § 40b EnWG n.F. erheblich erweitert und geändert.

Künftig darf der Energielieferant nach seiner Wahl in Zeitabschnitten abrechnen, die ein Jahr nicht überschreiten dürfen.

Hinweis: Dies stellt eine Verkürzung im Vergleich zur bisherigen Regelung dar. Bisher durfte in einem Zeitraum, der zwölf Monate nicht wesentlich überschreitet, abgerechnet werden. Künftig ist eine jährliche Abrechnung verpflichtend.

Zu dem schon bisher bestehenden verpflichtenden Angebot kürzerer Abrechnungszeiträume treten zwei weitere Angebotspflichten hinzu:

  • Unentgeltliche elektronische Übermittlung der Abrechnungen und Abrechnungsinformationen
  • Mindestens einmal jährlich: unentgeltliche Übermittlung der Abrechnungen und Abrechnungsinformationen in Papierform

Erfolgt bei einem Letztverbraucher keine Fernübermittlung der Verbrauchsdaten und haben sie sich für eine elektronische Abrechnungsübermittlung entschieden, sind alle sechs Monate – auf Verlangen einmal alle drei Monate – Abrechnungsinformationen unentgeltlich zur Verfügung zu stellen (§ 40b Abs. 2 EnWG n.F.).

Soweit bei Letztverbrauchern eine Fernübermittlung der Verbrauchsdaten erfolgt, müssen monatlich Abrechnungsinformationen unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden. Das kann auch über das Internet erfolgen (§ 40b Abs. 3 EnWG n.F.).

Zusätzlich haben Letztverbraucher den Anspruch, vom Lieferanten auf Verlangen ergänzende Informationen zu ihrer Verbrauchshistorie, soweit verfügbar, zu erhalten. Die Informationen müssen dem Letztverbraucher selbst und zusätzlich auch einem vom Letztverbraucher benannten Dritten zur Verfügung gestellt werden. Sie haben mindestens die kumulierten Daten für die vorangegangenen drei Jahre zu umfassen, längstens aber für den Zeitraum seit Beginn des Energieliefervertrags. Die Informationen müssen den Intervallen der Abrechnungsinformation entsprechen (§ 40b Abs. 5 EnWG n.F.).

3. Zeitpunkt von Fälligkeit von Strom- und Gasrechnungen

§ 40c Abs. 1 EnWG n.F. schafft Regelungen zur Fälligkeit von Rechnungen. Wie auch in § 17 Abs. 1 S. 1 StromGVV/GasGVV werden Rechnungsbeträge zu dem von dem Energielieferanten angegebenen Zeitpunkt, frühestens jedoch zwei Wochen nach Zugang der Rechnung, fällig.

Hinweis: Diese Regelung gilt für alle Letztverbraucher und nicht lediglich für Haushaltskunden. In Verträgen mit Geschäftskunden wurde in der Vergangenheit jedoch meist eine sofortige Fälligkeit vorgesehen.
Gerade bei Geschäftskunden ist diese gesetzliche Änderung ungünstig. Es wird ein zweiwöchiger Zeitraum geschaffen, in denen der Energielieferant ein zusätzliches Insolvenzrisiko trägt. Zur Kompensation dieses Risikos kann darüber nachgedacht werden, ob eine Sicherheitsleistung in Höhe eines zweiwöchigen Energieverbrauchs oder eine Vorauszahlung zu verlangen ist.

Die bisher in § 40 Abs. 4 EnWG enthaltene Regelung hinsichtlich der Höchstfrist zur Rechnungsstellung, findet sich nun in § 40c Abs. 2 EnWG n.F.

Es bleibt bei der alten Regelung: Die Rechnung hat dem Letztverbraucher spätestens sechs Wochen nach Beendigung des abzurechnenden Zeitraums zur Verfügung zu stehen. Für Abschlussrechnungen gilt dieselbe Frist nach Beendigung des Lieferverhältnisses.

Neu ist dabei: Bei einer monatlichen Abrechnung beträgt die Frist nur drei Wochen.

Sich aus Abrechnungen ergebende Guthaben sind entweder mit der nächsten Abschlagszahlung zu verrechnen oder binnen zwei Wochen auszuzahlen. Auch hier gab es bisher keine Fristen.

4. Ausweitung besondere Bestimmungen für Haushaltskunden auf Letztverbraucher

Die in § 41 EnWG enthaltenen Sonderbestimmungen für Energielieferverträge mit Haushaltskunden werden künftig auf alle Verträge mit Letztverbrauchern erweitert.

5. Informationsschreiben nach Vertragsabschluss

Künftig muss Letztverbrauchern innerhalb einer angemessenen Frist nach dem Vertragsabschluss in knapper, leicht verständlicher und klar gekennzeichneter Zusammenfassung die wesentlichen Vertragsbedingungen zur Verfügung gestellt werden. In dieser Zusammenfassung müssen insbesondere enthalten sein:

  • Kontaktdaten des Energielieferanten
  • Verbrauchsstelle
  • Geltende Preise
  • Voraussichtlicher Belieferungsbeginn
  • Kündigungsfrist
  • Etwaige Bonusvereinbarungen und Mindestvertragslaufzeiten

Hinweis: Nach der Gesetzesbegründung sind auch etwaige weitere vereinbarte Vertragsbedingungen aufzulisten. Insbesondere gilt dies für Vereinbarungen, die von Standardregelungen abweichen.

6. Pflichtangaben in Verträgen

Die in § 41 Abs. 1 EnWG aufgeführten Pflichtangaben in Energielieferverträgen mit Haushaltskunden werden künftig auf alle Energielieferverträge mit Letztverbrauchern ausgeweitet. Auch sind deutlich mehr Angaben zu machen.

Hinweis: Die meisten (auch neuen) Pflichtangaben dürften sich bereits in den verwendeten Auftragsformularen und AGB finden.
Gerade aber in den Verträgen mit Geschäftskunden sowie in der Grundversorgung wäre, durch die Erweiterung der Pflichtinhalte auch auf diese Kunden, besonders darauf zu achten, dass auch alle Pflichtangaben gemacht werden.

Neu aufgeführt sind:

  • Name und Anschrift des Energielieferanten
  • Belieferte Verbrauchsstelle, einschließlich der Identifikationsnummer der Entnahmestelle
  • Vertragsbeginn, Bedingungen für eine Verlängerung und Beendigung des Vertrags
  • Zu erbringende Leistungen, einschließlich damit gebündelter Produkte oder Leistungen, sowie angebotener Wartungsdienste (Insbesondere ist anzugeben, ob Messstellenbetrieb und hierfür anfallende Entgelte von den vertraglichen Leistungen umfasst sind)
  • Preise
  • Einschlägige Tarif- bzw. Produktbezeichnung, sowie Hinweis ob Belieferung im Rahmen der Grundversorgung oder außerhalb der Grundversorgung erfolgt
  • Zeitpunkt der Abrechnungen
  • Art und Wiese, wie aktuelle Informationen über gebündelte Produkte oder Leistungen erhältlich sind
  • Haftungs- und Entschädigungsregelungen bei ungenauen oder verspäteten Abrechnungen

7. Zahlungsarten

§ 41 Abs. 2 EnWG n.F. ersetzt und ergänzt § 40 Abs. 2 S. 1 EnWG. Die Geltung wird auf alle Letztverbraucher (zuvor: Haushaltskunden) erweitert.

Es bleibt bei der Verpflichtung, verschiedene Zahlungsmöglichkeiten anzubieten. Soweit Unterschiede zwischen den Zahlungsarten gemacht werden, müssen diese objektiv, diskriminierungsfrei und verhältnismäßig sein.

Werden für Zahlungsarten oder Vorauszahlungssysteme Kosten in Rechnung gestellt, dürfen diese die unmittelbaren Kosten, die dem Lieferanten für die Nutzung entstehen, nicht übersteigen.

Hinweis: Es bleibt dabei, dass der Versorger weiterhin bestimmen kann, welche Zahlungsmöglichkeiten er anbietet. Macht er aber Unterschiede in den angebotenen Zahlungsmöglichkeiten, müssen diese objektiv, diskriminierungsfrei und verhältnismäßig sein.

8. Preisanpassungen und Änderung der Vertragsbedingungen

Zusätzliche Regelungen für die Ausübung von Preisanpassungsrechten und einseitigen Vertragsänderungen in Energielieferverträgen enthält § 40 Abs. 5 EnWG n.F. Damit werden die Pflichten aus § 41 Abs. 3 EnWG erweitert.

Soll eine Preisanpassung oder Änderung der Vertragsbedingungen stattfinden, muss künftig rechtzeitig, in jedem Fall vor Ablauf der Abrechnungsperiode, einfach und verständlich über die beabsichtigte Ausübung des Preisanpassungsrechts informiert werden. Dabei sind auch auf die Rechte zu Vertragsbeendigung zu informieren.

Über Preisänderungen muss mindestens zwei Wochen vorher informiert werden, bei Haushaltskunden ist die Information vier Wochen vorher zu erteilen.

Die Unterrichtung über Preisänderungen hat unmittelbar zu erfolgen. Sie muss verständlich und einfach sein. Es muss Hinweise auf Anlass, Voraussetzungen und Umfang der Preisänderungen geben.

Hinweis: Ausdrücklich ist nun geregelt, dass auch einseitige Preisänderungen ein Sonderkündigungsrecht des Letztverbrauchers auslösen.
Eine Preiserhöhung aufgrund einer vertraglich vereinbarten automatischen Weitergabe von Kostenänderungen über eine Preisgleitklausel stellt aber keine einseitige Preiserhöhung in diesem Sinne dar.

Die einseitige Änderung der Preise oder die einseitige Änderung von Vertragsbedingungen durch das Energieversorgungsunternehmen gibt dem Kunden das Recht, den Vertrag ohne Einhaltung einer Frist zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderungen zu kündigen. Ein zusätzliches Entgelt darf für diese Kündigung nicht verlangt werden.

Die unveränderte Weitergabe von umsatzsteuerlichen Mehr- oder Minderbelastungen löst auch weiterhin kein Sonderkündigungsrecht aus.

9. Lastvariable, tageszeitabhängige oder dynamische und sonstige Stromtarife

Durch Einfügen von § 41a EnWG werden Stromlieferanten zum Anbieten bestimmter Tarife verpflichtet:

  • Tarif, der Anreiz zu Energieeinsparung oder Steuerung des Energieverbrauchs setzt, soweit technisch machbar und wirtschaftlich zumutbar (Insbesondere: lastvariable oder tageszeitabhängige Tarife (dynamische Stromtarife))
  • Mindestens ein Tarif für Haushaltskunden, für den die Datenaufzeichnung und –übermittlung auf die Mitteilung der innerhalb eines bestimmten Zeitraums verbrauchten Gesamtstrommenge begrenzt bleibt

Zusätzlich gilt für Stromlieferanten, die zum 31. Dezember eines Jahres mehr als 100.000 Letztverbraucher beliefern (ab 01. Januar 2025: 50.000 Letztverbraucher), dass diese Letztverbrauchern, die über ein intelligentes Messsystem verfügen, den Abschluss eines Stromliefervertrags mit dynamischen Tarifen anbieten müssen. Sie müssen eine umfassende Unterrichtung über Kosten und Vor- und Nachteile des Vertrages sowie Informationen über Einbau des intelligenten Messsystems anbieten.

10. Sonderregelungen für Haushaltskundenverträge

Nachdem die ursprünglich nur für Haushaltskunden außerhalb der Grundversorgung vorgesehenen Regelungen des § 41 EnWG durch die Novelle auf alle Letztverbraucher erweitert wurden, führt § 41b EnWG n.F. zusätzliche Vorschriften für Energielieferverträge mit Haushaltskunden außerhalb der Grundversorgung ein.

Hinweis: Der Gesetzgeber hat bereits in der Gesetzesbegründung angekündigt, dass die Vorschriften der StromGVV/GasGVV zeitnah angepasst werden soll. Das Schutzniveau, das Haushaltskunden außerhalb der Grundversorgung im Rahmen des § 41b EnWG n.F. gewährt wird, soll auch in der Grundversorgung umgesetzt werden.
Sie können also bereits davon ausgehen, dass die hier unter Ziff. 9 genannten Punkte alsbald auch für die Grundversorgung umgesetzt werden.

a. Formvorschrift, Kündigungsbestätigung

Energielieferverträge mit Haushaltskunden außerhalb der Grundversorgung bedürfen künftig gemäß § 41b Abs. 1 EnWG n.F. der Textform.

Dies gilt auch für die Kündigung des Vertrags durch den Energielieferanten.

Hinweis: Mit Textform ist hier die Textform i.S.d. § 126b BGB gemeint. Dieses Formerfordernis setzt die Abgabe der Erklärung auf einem dauerhaften Datenträger voraus (bspw. Papier, Festplatte, USB-Stick, CD-ROM, aber auch E-Mail). Damit bleiben auch weiterhin Vertragsabschlüsse im elektronischen Geschäftsverkehr, etwa über Vergleichsportale oder Onlineplattformen, möglich.
Vertragsabschlüsse in einer anderen Form mit höheren Anforderungen – etwa die Schriftform – bleiben weiterhin möglich.

Ebenfalls neu ist, dass Haushaltskunden die Kündigung in Textform innerhalb von einer Woche nach Zugang bestätigt werden muss. Dabei muss das Ende von Vertrag und Belieferung genannt werden. Die Verpflichtung ähnelt der Regelung in § 20 Abs. 2 S. 2 StromGVV/GasGVV, sieht aber konkrete Zeiträume vor.

Hinweis: Diese Regelung gilt für jede Kündigung, gleich aus welchem Grund, also sowohl für ordentliche als auch für außerordentliche Kündigungen oder die Ausübung von Sonderkündigungsrechten.
Auch wenn der Neulieferant in Vertretung des Haushaltskunden kündigt, muss die Kündigungsbestätigung an den Haushaltskunden erfolgen.
Die Fristen des technischen Wechselprozesses bleiben hierdurch unberührt.

b. Informationspflichten bei geplanter Versorgungsunterbrechung

Künftig müssen Haushaltskunden nach § 41b Abs. 2 EnWG n.F. vier Wochen vor einer geplanten Versorgungsunterbrechung wegen Nichtzahlung über Möglichkeiten zur Vermeidung der Versorgungsunterbrechung informiert werden, die für den Haushaltskunden keine Mehrkosten verursachen. Die Informationen müssen deutlich und leicht verständlich die Maßnahme selbst sowie die Konsequenzen aufzeigen.

§ 41b Abs. 2 S. 2 EnWG n.F. nennt eine Reihe von beispielhaften Möglichkeiten. Dazu zählen etwa Hilfsangebote zur Abwendung einer Versorgungsunterbrechung wegen Nichtzahlung, Vorauszahlungssysteme, alternative Zahlungspläne verbunden mit einer Stundungsvereinbarung oder eine Schuldnerberatung.

c. Voraus- oder Abschlagszahlungsvereinbarungen

§ 41b Abs. 3 EnWG n.F. entspricht weitgehend § 41 Abs. 2 S. 2, 3 EnWG. Die Regelung galt bisher aber nur für Vorauszahlungen. Sie wird künftig auf Abschlagszahlungen erweitert.

Voraus- oder Abschlagszahlungsvereinbarungen müssen sich nach dem Verbrauch des vorhergehenden Abrechnungszeitraums oder dem durchschnittlichen Verbrauch vergleichbarer Kunden richten. Der Haushaltskunde kann glaubhaft machen, dass sein Verbrauch erheblich geringer ist, was dann bei der Bemessung angemessen zu berücksichtigen ist.

Vereinbarte Voraus- oder Abschlagszahlungen werden bei der Belieferung von Haushaltskunden nicht vor Lieferbeginn fällig.

Hinweis: Durch § 41b Abs. 3 S. 4 EnWG n.F. bleiben die spezielleren Regelungen des § 321 BGB und § 14 StromGVV/GasGVV zur Fälligkeit von Vorauszahlungen unberührt.

d. Außerordentliches Kündigungsrecht bei Umzug

§ 41b Abs. 4 EnWG n.F. wird künftig ein Sonderkündigungsrecht geschaffen, wenn ein Haushaltskunde seinen Wohnsitz wechselt.

Hinweis: Oftmals enthalten Verträge mit Haushaltskunden bereits solche Sonderkündigungsreche bei Umzügen. Auch wenn solche Rechte bereits vorgesehen sind, empfiehlt sich aufgrund der neuen, detaillierten gesetzlichen Vorschriften eine Überprüfung der Klausel.

Der bisherige Liefervertrag kann dann unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Wochen durch den Haushaltskunden gekündigt werden. Die Kündigung kann dabei mit Wirkung zum Termin des Auszuges oder später erklärt werden.

Die Kündigung wird nicht wirksam, wenn der Lieferant nach Erhalt der Kündigung binnen zwei Wochen in Textform die Fortsetzung des Liefervertrages am neuen Wohnsitz zu den bisherigen Vertragsbedingungen in Textform anbietet und die Belieferung an der neuen Entnahmestelle möglich ist. Hierfür muss der Kunde seine zukünftige Anschrift und die Identifikationsnummer der zukünftigen Entnahmestelle mitteilen.

Hinweis: Als Umzug im Sinne dieser Vorschrift wird der Wechsel der jeweiligen Wohnung verstanden. Wohnung ist dabei die durch eine auf diese Wohnung bezogene Identifikationsnummer an der Entnahmestelle identifizierte Wohnung. Daher stellt auch ein Umzug innerhalb eines Hauses einen Umzug im Sinne dieser Vorschrift dar.

Der Lieferant darf die Ausübung dieses Sonderkündigungsrechts nicht von Zahlungen des Kunden abhängig machen. Von dem Kunden dürfen keine Abschlagszahlungen als Strafzahlungen verlangt werden. Es ist auch nicht gestattet, ein Entgelt für die Vertragsmitnahme zu verlangen.

Auch wenn der Lieferant zu einer Belieferung an der neuen Entnahmestelle bereit ist, behält der Kunde sein Sonderkündigungsrecht, wenn die Belieferung dort nicht möglich ist.

Hinweis: Dies ist beispielsweise der Fall, wenn bei einer Haushaltszusammenlegung ansonsten ein zusätzlicher, nicht genutzter Liefervertrag bezahlt werden müsste.

11. Vergleichsportal

Haushaltskunden und Kleinstunternehmen (< 100.000 kWh/Jahr) müssen Zugang zu mindestens einem unabhängigen und unentgeltlichen Vergleichsinstrument für Stromlieferungen haben. Diese Verpflichtung ergibt sich aus Art. 14 RL (EU) 2019/944. Dies wird die Bundesnetzagentur künftig sicherstellen.

Vergleichsportale, die besondere Anforderungen an die Unabhängigkeit und Objektivität erfüllen, werden künftig durch die BNetzA ein Vertrauenszeichen erhalten.

Die BNetzA kann (muss aber nicht) ein Vertrauenszeichen auch für Vergleichsportale für die Lieferung von Erdgas vergeben.

Hinweis: Wenn Energielieferanten Informationen veröffentlichen, dürfen diese durch Dritte zur Bereitstellung unabhängiger Vergleichsinstrumente genutzt werden. Energielieferanten müssen eine kostenlose Nutzung unmittelbar angebotsrelevanter Informationen in offenen Datenformaten ermöglichen (d.h. ein ohne rechtliche und technische Einschränkungen nutzbares Dateiformat, z.B. CSV). Daraus dürfte wohl eine Verpflichtung folgen, Daten über unmittelbar angebotsrelevante Informationen in einem entsprechenden Dateiformat auch kostenfrei über die Lieferantenhomepage abrufbar zu machen.

12. Erbringung von Dienstleistungen außerhalb bestehender Liefer- oder Bezugsverträge

Nach § 41d EnWG n.F. muss Betreibern von Erzeugungsanlagen und Letztverbrauchern mit Zählerstandsgangmessung oder viertelstündiger RLM auf Verlangen ermöglicht werden, bestimmte Dienstleistungen zu erbringen. Umfasst davon sind Mehr- oder Mindererzeugung sowie Mehr- oder Minderverbrauch elektrischer Arbeit unabhängig von einem bestehenden Liefer- oder Bezugsvertrag gegenüber Dritten oder über einen anderen Bilanzkreis. Dafür darf ein angemessenes Entgelt verlangt werden. Das Entgelt darf nur so hoch sein, dass es den Großhändler, Lieferanten und Bilanzkreisverantwortlichen wirtschaftlich so stellt, wie er ohne Erbringung der Dienstleistung stünde.

Hierdurch wird der diskriminierungsfreie Marktzutritt von unabhängigen Aggregatoren ermöglicht. Aggregierungsverträge können ohne Zustimmung des Lieferanten geschlossen werden.

Die Regelung dient dem Interessenausgleich zwischen den Beteiligten. Die wirtschaftlichen Interessen des Großhändlers und Lieferanten von Elektrizität und seiner Bilanzkreisverantwortlichen sollen gewahrt bleiben.

Dieses Recht kann vertraglich nicht ausgeschlossen werden. Die BNetzA kann die Rechte und Pflichten durch Festlegung konkretisieren.

13. Verträge mit Aggregatoren

§ 41e EnWG n.F. enthält Regelungen über Verträge zwischen Aggregatoren und Betreibern einer Erzeugungsanlage oder Letztverbrauchern. Diese Verträge bedürfen der Textform.

14. Stromkennzeichnung

Die Vorschriften hinsichtlich der Stromkennzeichnung werden geändert. Künftig soll der EEG-Anteil nur noch im Produktmix nach § 42 Abs. 3 EnWG ausgewiesen werden. Dies soll der besseren Verständlichkeit der Stromkennzeichnung dienen.

Es sind nun bei den Anteilen der einzelnen Energieträger gem. § 42 Abs. 1 Nr. 1 EnWG zu nennen: Kernkraft, Kohle, Erdgas und sonstige fossile Energieträger, Mieterstrom, finanziert aus der EEG-Umlage, erneuerbare Energien mit Herkunftsnachweis, nicht finanziert aus der EEG-Umlage. Anzugeben ist der Gesamtenergieträgermix, den der Lieferant im letzten oder vorletzten Jahr im Land des Liefervertrags verwendet hat.

Nimmt ein Elektrizitätsversorgungsunternehmen keine Produktdifferenzierung mit unterschiedlichen Energieträgermixen vor, muss es künftig den Gesamtenergieträgermix unter Einbeziehung des Anteils der „erneuerbaren Energien, finanziert aus der EEG-Umlage“ als „Unternehmensverkaufsmix“ ausweisen.

15. Inkrafttreten

Das Gesetz zur Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben und zur Regelung reiner Wasserstoffnetze im Energiewirtschaftsrecht wurde am 26. Juli 2021 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht (BGBl. I S. 3026). Die Änderungen traten am Tag nach der Verkündung, d.h. am 27. Juli 2021, in Kraft. Damit ist die Frist für die Umsetzung der umfangreichen neuen Pflichten ausgesprochen kurz.

C. FFVAV, Änderung AVBFernwärmeV

Wie eingangs bereits erläutert, ist im Moment noch unklar, inwieweit die im Folgenden dargestellten Neuerungen durch die FFVAV und die Änderungen an der AVBFernwärmeV in Kraft treten werden. Durch die umfangreichen zusätzlichen Änderungen, die der Bundesrat vorgesehen hat, muss nun die Bundesregierung entscheiden, ob sie diesen Änderungen zustimmt und die Verordnungen so umsetzt.

Wir werden Sie weiter über den Stand der Gesetzgebung informieren. Im Folgenden stellen wir den Stand nach dem Beschluss des Bundesrats dar.

1. FFVAV

a. Begriffsdefinition

Erstmals soll durch die FFVAV eine Definition der Begriffe Fernwärme und Fernkälte erfolgen. Nach dem Willen des Bundesrats soll als solche die gewerbliche Lieferung von Wärme bzw. Kälte aus einer nicht im Eigentum des Gebäudeeigentümers stehenden Wärme- bzw. Kälteerzeugungsanlage verstanden werden.

Hinweis: Nicht von den Regelungen der FFVAV wären daher Fälle erfasst, in denen die Wärme- bzw. Kälteerzeugungsanlage im Eigentum des Gebäudeeigentümers steht.

b. Anforderungen an Messeinrichtungen

§ 3 Abs. 3 FFVAV sieht eine Verpflichtung zum Einbau fernablesbarer Messeinrichtungen vor. Ab dem Datum des Inkrafttretens der Verordnung sollen nur noch fernablesbare Messeinrichtungen eingebaut werden dürfen.

Für Messeinrichtungen im Bestand ist vorgesehen, dass diese bis einschließlich 31. Dezember 2026 entweder mit der Funktion der Fernablesbarkeit nachzurüsten oder gegen fernablesbare Zähler auszutauschen sind.

Der Bundesrat hat zudem weitere Anforderungen an die Messeinrichtungen beschlossen. Die Messeinrichtungen sollen auch zu den Messeinrichtungen gleicher Art von anderen Herstellern interoperabel sein. Im Falle der Übernahme der Ablesung durch eine andere Person muss diese die Messeinrichtungen selbst ablesen können. Datenschutz und Datensicherheit müssen gewährleistet sein.

Zudem müssen Smart-Meter-Gateways, die an die Messeinrichtungen angeschlossen sind, den technischen Vorgaben an Datenschutz und Datensicherheit des MsbG entsprechen. Die Einrichtung und die Abrechnung des Messstellenbetriebs unterliegen dann ebenfalls dem MsbG.

c. Abrechnung und Abrechnungsinformationen

Nach § 4 Abs. 1 FFVAV werden Versorgungsunternehmen künftig verpflichtet, den Kunden Abrechnungen und Abrechnungsinformationen, einschließlich der Verbrauchsinformationen, kostenfrei zu übermitteln.

Gemäß § 4 Abs. 1a FFVAV sollen, nach Willen des Bundesrats, Versorgungsunternehmen verpflichtet werden, die Kosten für fernauslesbare Messeinrichtungen, die Einsparungen durch die entfallende Vor-Ort-Ablesung und Einsparungen durch spartenübergreifende Fernablesungen klar und verständlich ihren Kunden ofenzulegen.

Nach § 4 Abs. 2 FFVAV muss eine Abrechnung mindestens jährlich erfolgen.

Werden fernablesbare Messeinrichtungen verwendet, so sind nach § 4 Abs. 3 FFVAV Abrechnungsinformationen einschließlich Verbrauchsinformationen mindestens zweimal jährlich zur Verfügung zu stellen. Auf Verlangen des Kunden sind sie mindestens vierteljährlich zur Verfügung zu stellen. Das gilt auch, wenn der Kunde für seine Abrechnungen die elektronische Bereitstellung gewählt hat.

Ab dem 01. Januar 2022 sind die Abrechnungsinformationen stets monatlich zur Verfügung zu stellen. Der Bundesrat möchte hiervon auch keine Ausnahmen zulassen, die noch im Regierungsentwurf (für die typischerweise verbrauchsarmen Sommer- bzw. Winterzeiten) vorgesehen waren.

Abrechnungen müssen nach § 5 Abs. 1 FFVAV klar und verständlich sein. Es werden Mindestinhalte für die Abrechnungen vorgesehen.

Insbesondere sind auch ein Vergleich des gegenwärtigen, witterungsbereinigten Wärme- und Kälteverbrauchs des Kunden mit dessen witterungsbereinigten Wärme- und Kälteverbrauch im gleichen Zeitraum des Vorjahres in grafischer Form zur Verfügung zu stellen. Auch müssen Vergleiche mit normierten oder durch Vergleichstests ermittelten Durchschnittskunden derselben Nutzerkategorie zur Verfügung gestellt werden. Erfolgt eine elektronische Übermittlung der Abrechnung, können diese Informationen alternativ online bereitgestellt werden, ein Verweis in der Abrechnung genügt dann.

Ebenfalls müssen dem Kunden in leicht zugänglicher Form – etwa auf der Internetseite oder in den Abrechnungen – Informationen über den Primärenergiefaktor seines technisch zusammenhängenden Fernkälte- oder Fernwärmesystems zugänglich gemacht werden. Er muss ebenfalls Informationen über den prozentualen Anteil der eingesetzten erneuerbaren Energien erhalten.

2. AVBFernwärmeV

Nachdem der Regierungsentwurf nur Änderungen an § 18 AVBFernwärmeV vorgesehen hatte, die im Wesentlichen daraus bestanden, dass für die Messung und Abrechnung die FFVAV gilt, hat der Bundesrat erhebliche weitere Änderungen an der AVBFernwärmeV beschlossen. Wie eingangs erläutert, ist noch nicht klar, ob die Bundesregierung den Änderungen zustimmen wird.

Wir möchten Ihnen im Folgenden einen kurzen Überblick über wesentliche Änderungen an der AVBFernwärmeV bieten.

a. Veröffentlichungspflichten

§ 1a Abs. 1 AVBFernwärmeV n.F. soll nach Willen des Bundesrates vorsehen, dass ein Fernwärmeversorgungsunternehmen seine allgemeinen Versorgungsbedingungen, einschließlich Preiseregelungen, Preisanpassungsklauseln und Preiskomponenten, nebst eindeutiger Verweise auf die Quellen verwendeter Indizes und Preislisten barrierefrei im Internet veröffentlichen muss.

Dazu sollen nach § 1a Abs. 2 AVBFernwärmeV n.F. Informationen über die Netzverluste in MWh/a veröffentlicht werden.

b. Leistungsanpassung

Den Kunden soll künftig nach § 3 Abs. 1 AVBFernwärmeV das Recht eingeräumt werden, eine Leistungsanpassung bis 50 % vorzunehmen. Erfolgt eine Reduzierung wegen des Einsatzes erneuerbarer Energien, sind sogar höhere Reduktionen gestattet.

Hinweis: Dies wirkt sich, anders als bei der bisherigen Regelung in der AVBFernwärmeV, auch auf den vertraglich vereinbarten Leistungswert aus und könnte daher grundpreisrelevant sein.

c. Bekanntgabe von Änderungen an Preisanpassungsklauseln

§ 24 Abs. 4 S. 4 AVBFernwärmeV n.F. soll künftig die einseitige Änderung von Preisänderungsklauseln durch öffentliche Bekanntgabe untersagen.

Hinweis: Erfasst davon sind Änderungen der Preisänderungsklauseln selbst, nicht die Erhöhung von Preisen durch Anwendung der Klauseln.
Ob die einseitige Änderung der Preisänderungsklauseln durch öffentliche Bekanntmachung zulässig ist, ist bisher in der Rechtsprechung umstritten. Der Bundesrat möchte diesen Streit dadurch beilegen.

Die Regelung birgt ein Risiko für Versorgungsunternehmen. Wird eine Anpassung von Preisänderungsklauseln vorgenommen, um veränderten Vorgaben durch die AVBFernwärmeV und die Rechtsprechung gerecht zu werden, könnte dies nach dem Willen des Bundesrats nicht mehr einseitig geschehen. Hängt die Änderung vom Willen des Kunden ab, droht dadurch die vorzeitige Beendigung des Vertrags noch vor Ende der eigentlichen Vertragslaufzeit und dadurch ein Verlust.

d. Übergangsvorschriften für Messung der Wassermenge

Wurde vor dem 30. September 1989 eine Einrichtung zur Messung der Wassermenge installiert, so soll nach § 18 Abs. 1 S. 2 bis 4 AVBFernwärmeV n.F. ersatzweise anstelle der Wärmemessung auch eine Verbrauchserfassung durch Messung der Wassermenge ausreichend.

D. Fazit

Die bereits geltenden aber auch die zu erwartenden Änderungen werden nicht nur Änderungen in der Vertragsgestaltung erfordern, sondern auch eine Anpassung von Prozessen, Werbematerial und Homepage mit sich bringen. Der Gesetzgeber hat dabei leider nicht nur die verbraucherschützenden EU-Vorgaben umgesetzt, sondern ist weit über das Ziel hinausgeschossen.

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