Dringender Handlungsbedarf für Gaslieferanten – Preisanpassung jetzt auch wegen der Gasumlage nach § 26 EnSiG vorbereiten!

§ 26 Energiesicherheitsgesetz, EnSiG, Gasumlage, Gaspreisanpassungsverordnung, Gasspeicherumlage nach § 35e EnWG
04.08.2022 | 

I. Einführen einer weiteren Umlage mit kurzer Vorlauffrist

Wir hatten bereits darüber berichtet, dass aufgrund der sog. Speicherumlage gem. § 35 e EnWG ab Oktober und aufgrund des erforderlichen Zusammenführens ggf. vorliegender unterschiedlicher Grundversorgungstarife für Alt- und Neukunden ab November 2022 Preisänderungen von den Gasversorgungsunternehmen vorzubereiten sind (vgl. Kurzinfo zum Energierecht Nr. 78 vom 04. Juli 2022).

Nun hat der Gesetzgeber sich erneut rechts überholt und anstelle der erst kürzlich eingeführten außerordentlichen Preisanpassungsrechte nach § 24 Energiesicherheitsgesetz (EnSiG) im Falle einer festgestellten Gasmangellage mit verkürzten Anpassungsfristen nun auf der Grundlage des § 26 Energiesicherheitsgesetz (EnSiG) die Einführung einer weiteren Gasumlage auf den Weg gebracht (dazu unter II.).

Die Höhe dieser Gasumlage wird mit voraussichtlich 1,5 – 5 ct/kWh erwartet, so dass eine zeitnahe Preisanpassung insoweit nahezu unumgänglich sein wird. Die konkrete Höhe steht derzeit – ebenso wie die Höhe der Speicherumlage nach § 35 e EnWG – noch nicht fest.

Wichtiger Hinweis: Die Höhe der ab 01.10.2022 gültigen Speicherumlage wird spätestens sechs Wochen vor Beginn der Umlageperiode veröffentlicht (Quelle: Pressemitteilung tradinghub.eu vom 01.08.2022) (Dazu unter IV.). Die Veröffentlichung der Höhe der weiteren Gasumlage nach § 26 EnSiG i.V.m. GaspreisanpassV wird voraussichtlich am 15. August 2022 erwartet.

Der Vorlauf könnte ggf. für eine Preiserhöhung in der Grundversorgung mit den üblichen Fristen (6 Wochen zum Monatsbeginn) sehr knapp sein. Deshalb sollten Sie sich bereits jetzt auf die Umsetzung vorbereiten (siehe hierzu unter III.).

II. Gasumlage

Die Einführung der Gasumlage erfolgt mit der derzeit im Referentenentwurf vorliegenden zur Verordnung nach § 26 des Energiesicherungsgesetzes über einen finanziellen Ausgleich durch eine saldierte Preisanpassung (Gaspreisanpassungsverordnung – GaspreisanpassV) vor. Die Rechtsverordnung soll vom Kabinett im Umlaufverfahren verabschiedet werden. Soweit erkennbar, ist es dazu bis zum 04. August 2022 noch nicht gekommen. Es kann aber damit gerechnet werden, dass dies in den nächsten Tagen erfolgt, da schon in kurzer Frist die Höhe der Umlage bekannt gegeben werden soll (siehe hierzu III. mit dringenden Handlungshinweisen für die nötigen Preisanpassungen). Da die finale Fassung der GaspreisanpassV noch nicht bekannt ist, beziehen sich die folgenden Ausführungen auf den Referentenentwurf vom 27. Juli 2022.

Die Bundesregierung beabsichtigt, die erhöhten Kosten für Gasimporteure für nötige Ersatzbeschaffungen, im Wege einer auf alle Gaskunden umzulegenden Gasumlage abzufangen. Die Bundesregierung möchte auf diese Weise, von ihr befürchtete Zahlungsunfähigkeiten bei Gasimporteuren zu verhindern. Sie befürchtet bei einer Preisanpassung nach § 24 EnSiG entlang der Lieferkette, dass die Kosten nicht gleichmäßig weitergegeben werden oder eine Weitergabe unterbrochen wird und dies zu einer erheblichen finanziellen Belastung einzelner Energieversorgungsunternehmen führen könnte. Deshalb soll durch eine gleichmäßige Weitergabe im Rahmen einer Umlage eine gleichmäßige Verteilung des Kostenrisikos erreicht werden.

Die Gasumlage wird durch den Marktgebietsverantwortlichen Trading Hub Europe (THE) dann auf alle umlagefähigen Gasmengen der Bilanzkreisverantwortlichen in EUR/MWh umgelegt. Sie wird gegenüber den Bilanzkreisverantwortlichen spätestens nach zwei Monaten abgerechnet, fällig wird die Zahlung zehn Tage nach Rechnungsstellung.

Die Gasumlage soll befristet bis zum 01. April 2024 erhoben werden. Die erste Umlageperiode beginnt am 01. Oktober 2022. Die Umlageperioden dauern jeweils drei Monate.

III. Dringender Handlungsbedarf für die Gaslieferanten

Nach derzeitigem Stand ist mit einer Bekanntgabe der Höhe der Gasumlage nach § 26 EnSiG zum 15. August 2022 durch den Marktgebietsverantwortlichen THE zu rechnen.

Die Bundesregierung geht in ihrem Referentenentwurf von einer Höhe der Umlage zwischen 1,5 und 5 ct/kWh aus.

1. Preisanpassungen in Bestandsverträgen und der Grundversorgung

Durch die Bekanntgabe der Umlagenhöhen am 15. August 2022 und ihre erstmalige Erhebung am 01. Oktober 2022 bleibt für Preisanpassungsschreiben anhand der gesetzlichen Fristen – insbesondere in der Gasgrundversorgung – nur sehr wenig Zeit.

Für die Grundversorgung wäre eine Preiserhöhung spätestens am 19. August 2022 auf den Weg zu bringen.

Wir empfehlen daher dringend, bereits jetzt die Preisanpassungsschreiben so vorzubereiten, dass am 15. August 2022 nur noch die finale Höhe der Gasumlage nach § 26 EnSiG einzutragen ist. Die Schreiben sollten dann so schnell wie möglich versandt werden. Dies ist aus unserer Sicht dringend erforderlich, um eine Umsetzung der Preisanpassungen aufgrund der Gasumlage zum 01. Oktober 2022 unter Beachtung der langen Fristen insbesondere in der Grundversorgung überhaupt erreichen zu können.

Die in § 24 EnSiG festgelegten deutlich kürzeren Fristen für Preisanpassungsschreiben gelten für die nun durch die Bundesregierung gewählte Umlagelösung nach § 26 EnSiG bisher nicht!

Bereits jetzt ist absehbar, dass sich diese Problematik bei der zu erwartenden Anpassung der Gasumlage im dreimonatlichen Takt bis zum Erlöschen der Gasumlage zum 01. April 2024 regelmäßig wiederkehrend stellen wird.

a. Bestandsverträge außerhalb der Grundversorgung

aa. Weitergabemöglichkeit

Weder § 26 EnSiG noch die GaspreisanpassV schaffen ein eigenständiges Preisanpassungsrecht gegenüber dem Kunden.

Die Bundesregierung setzte hier auf vertragliche Preisanpassungsrechte. In Bestandsverträgen wird eine Preisanpassung in den meisten Fällen durch vertragliche Regelungen möglich sein, die für nach Vertragsschluss hinzugekommene Steuern, Abgaben oder allgemein verbindliche hoheitlich veranlasste Kosten eine Weitergabe an den Kunden vorsehen. Bei der Gasumlage handelt es sich um hoheitlich veranlasste Kosten.

Empfehlung: Verträge auf Weitergabemöglichkeit prüfen. Regelungen zur Weitergabe hinzukommender Steuern, Abgaben und allgemein verbindlich hoheitlich veranlasster Kosten finden sich in der Regel, aber nicht immer in jedem Gasliefervertrag. Die Möglichkeit der Weitergabe sollte daher nicht pauschal angenommen werden, sondern für jeden Vertrag geprüft werden. Dies gilt in besonderem Maße in Verträgen mit Festpreisen oder gültigen Preisgarantien. Es kann nicht pauschal gesagt werden, dass in jedem dieser Verträge eine Weitergabe problemlos möglich ist.

bb. Weitergabefrist

Nach § 41 Abs. 5 Satz 2 EnWG sind Haushaltskunden spätestens einen Monat und sonstige Kunden spätestens zwei Wochen vor Inkrafttreten der Preisänderungen durch den Lieferanten zu unterrichten.

Bei einem Wirksamwerden der Preisänderungen zum 01. Oktober 2022 müssen daher die Haushaltskunden in Sonderverträgen bis spätestens vor dem 01. September 2022 über die Preisanpassung informiert werden.

b. Grund- und Ersatzversorgung

Die Fristen für eine Änderung der Allgemeinen Preise in der Grund- und Ersatzversorgung sind länger und setzen eine noch raschere Umsetzung voraus. Nach § 5 Abs. 2 GasGVV müssen Änderungen mindestens sechs Wochen zum Monatsersten öffentlich bekanntgegeben und auf der Internetseite des Grundversorgers veröffentlich werden. Zudem ist zeitgleich mit der öffentlichen Bekanntmachung erforderlich, dass an die Bestandskunden eine Mitteilung per Brief versendet wird, in denen sie über die Anpassung informiert werden.

Nach § 5 Abs. 2 S. 1 GasGVV ist eine Preisanpassung zudem nur jeweils zum Monatsbeginn möglich. Es ist daher in besonderem Maße wichtig, dass eine Preisanpassung zum 01. Oktober 2022 in rechtssicherer Form vollzogen wird. Gelingt dies nicht, wäre eine Preisanpassung erst wieder zum 01. November 2022 möglich und den Grundversorgern droht, die Gasumlage für alle Grundversorgungskunden für einen Monat selbst tragen zu müssen, was eine erhebliche finanzielle Belastung bedeuten kann.

Umso mehr ist in der Grundversorgung erforderlich, die Preisanpassungsschreiben bereits vollständig vorzubereiten und etwaige Abstimmungen mit den Aufsichtsgremien so schnell wie möglich abzuschließen, damit möglichst ohne jeden Zeitverzug über die Preisanpassung informiert werden kann, sobald die genaue Höhe der Umlage bekannt ist.

Die öffentliche Bekanntgabe und der Versand der brieflichen Mitteilung müssen spätestens am 19. August 2022 erfolgen um eine rechtssichere Preisanpassung zum 01. Oktober 2022 zu ermöglichen.

c. Art der Weitergabe

Hinsichtlich der Anforderungen an die Preisanpassungsschreiben gelten unverändert die bisher bekannten Kriterien, nach denen die Kunden transparent über Anlass und Umfang der Preisänderung aufzuklären sind. Insbesondere im Hinblick auf die Einführung von zwei neuen Umlagen auf den Gaspreis zum 01. Oktober 2022 (siehe dazu auch unter III.) ist auf eine sprachlich klare Trennung zwischen der Gasumlage nach § 26 EnSiG und der Gasspeicherumlage zu achten.

2. Änderungen für Neuverträge

In Neuverträgen sollte bereits jetzt, aber spätestens nachdem die Höhe der Gasumlage bekannt ist, die Gasumlage als Preisbestandteil benannt werden.

3. Anpassung der Abschläge prüfen!

Da die Höhe der Gasumlage mit bis zu 5 ct/kWh vergleichsweise hoch ausfällt, empfehlen wir Ihnen auch zu prüfen, ob die vom Kunden zu leistenden Abschlagszahlungen angepasst werden sollen. Dadurch kann das Risiko erheblicher Nachzahlungen im Vertrag deutlich gesenkt werden.

IV. Bekanntgabe der Höhe der Gasspeicherumlage nach § 35e EnWG

Das vom Marktgebietsverantwortlichen Trading Hub Europe (THE) vorgelegte Konzept zur Gasspeicherumlage wurde durch die BNetzA am 29. Juli 2022 genehmigt. Danach wird zum 01. Oktober 2022 erstmals die Gasspeicherumlage erhoben. Die Höhe wird durch den Marktgebietsverantwortlichen sechs Wochen vor Beginn der ersten Umlageperiode bekannt gegeben werden (also spätestens am 20. August 2022). Die Umlageperioden werden jeweils sechs Monate dauern, wobei in jeder Umlageperiode eine Änderung der Höhe der Gasspeicherumlage zu erwarten ist.

Für Rückfragen wenden Sie sich gerne an einen der Unterzeichner.

 

Redaktion:

Rechtsanwältin Wibke Reimann

Rechtsanwalt Daniel Bürgermeister, LL.M.

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