Neue Transparenzanforderungen bei Preisanpassungen für Sondervertragsvertragskunden (Strom & Gas)

Rechtsanwältin Wibke Reimann, Rechtsanwalt Pascal Werner • 3. Juni 2025

Kurzinfo zum Energierecht Nr. 87 / 09. März 2023

Wir informieren über zwei sehr aktuelle Entscheidungen des BGH vom 21. Dezember 2022 (VIII ZR 199/20 u. VIII ZR 200/20), deren Begründung seit Anfang Februar 2023 vorliegt. Der BGH hat darin festgestellt, dass die aus der Grundversorgung bekannten Transparenzanforderungen für Preisanpassungen auch im Sondervertragsbereich für Haushaltskunden gelten. Geführt wurden die Verfahren von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen gegen einen Strom- und einen Gasversorger. Die Verbraucherzentrale machte einen Unterlassungsanspruch nach dem Unterlassungsklagegesetz 
(§ 2 Abs. 1 UKlaG) geltend.

Der BGH hatte deshalb nicht darüber zu entscheiden,
ob eine formell unzureichende Preisanpassung auch zur Unwirksamkeit führen kann. Diese Frage bleibt damit umstritten.
 

I. Aus der Grundversorgung bekannte Ausgangslage

Die Voraussetzungen für die grundversorgten Kunden ergeben sich aus § 5 Abs. 2 StromGVV bzw. GasGVV.


§ 5 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2, 1. Hs. bestimmt für die Form und Frist zunächst, dass Änderungen der Allge­meinen Preise und der ergänzenden Bedingungen
sechs Wochen vor der beabsichtigten Än­derung öffentlich bekannt gegeben werden müssen. Zugleich müssen die Kunden zeitgleich eine brief­liche Mitteilung erhalten. Zudem müssen die Änderungen auf der Internetseite veröffentlicht werden.

Nach § 5 Abs. 2, 2. Hs StromGVV und GasGVV sind als weitere
Pflichtangaben Umfang, Anlass und Vor­aus­setzungen anzugeben. Die Informationen müssen für den Kunden sowohl sprachlich als auch im Hinblick auf die Darstellung transparent und verständlich sein. Im Falle von Preis­än­derungen dürften demnach deren Rechtsgrundlage, der Umfang von Preiser­höhun­gen/Preis­senkungen (sowohl absolut als auch prozentual) sowie deren Anlass, beispiels­weise die Erhöhung von Bezugskosten oder zum Beispiel eine Erhöhung von Netzentgelten anzugeben sein.

Ferner ist der Kunde bei Preisanpassungen auf das
Sonderkündigungsrecht (§ 5 Abs. 3 StromGVV und GasGVV) hinzuweisen.

  1. Weitere Pflichtangaben im Strombereich
    Im Übrigen ist nach dem Gesetzeswortlaut auf die Rechte des Kunden nach § 2 Abs. 3 Satz 1 Nummer 5 und Satz 3 StromGVV bzw. § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 GasGVV hinzuweisen.
    Schon jetzt empfiehlt es sich, die Preise in einem Vorher-/Nachher-Vergleich gegenüberzustellen und zusätzlich ist es erforderlich, folgende Belastungen
    im Vergleich zum vorherigen Preisstand gesondert auszu­weisen:

    - die
    Stromsteuer,
    - die
    Konzessionsabgabe,
    - jeweils gesondert die
    Umlagen und Aufschläge nach § 12 Absatz 1 des Ener­gie­finan­zierungsgesetzes, § 19 Absatz 2 der      - Stromnetzentgeltverordnung und § 18 der Verordnung zu abschaltbaren Lasten in der jeweils geltenden Fassung
    - jeweils gesondert die
    Netzentgelte und, soweit sie Gegenstand des Grund­ver­sor­gungsvertrages sind, die Entgelte des            Messstellenbetreibers oder die Entgelte der Betreiber von Energieversorgungsnetzen für den Messstellenbetrieb und die Mes­-    sung sowie
      der nach Abzug der Umsatzsteuer und der vorbezeichneten Kosten verbleibende Anteil („Versorgeranteil“).

  2. Weitere Pflichtangaben im Gasbereich
    Für den
    Gasbereich sind nach § 5 Abs. 2 Satz 2, 2. Hs. V i.V.m. § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 GasGVV folgende Informationen zusätzlich zum allgemeinen Vorher/-Nachher-Vergleich ebenfalls vergleichsweise anzugeben:

    - die Energiesteuer nach § 2 des Energiesteuergesetzes ,
    - die
    Konzessionsabgabe sowie
    - bis zum 31. Dezember 2025 die Kosten in Cent je Kilowattstunde für den Erwerb von
    Emissionszertifikaten nach dem            Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG).

II. BGH-Entscheidung: Geltung der Transparenzbestimmungen auch im Sondervertragskundenbereich bei Haushaltskunden

Für Letztverbraucher, die nicht zu den grund- oder ersatzversorgten Kunden gehören, be­stimmt § 41 Abs. 5 EnWG die Anforderungen an eine Preisanpassung, die sich weitgehend an den Vorgaben der Grundversorgung orientieren.

Leicht abweichend bestimmt § 41 Abs. 5 Satz 2 EnWG allerdings zunächst, dass über Preisänderungen spätestens zwei Wochen, bei Haushaltskunden (überwiegender Eigenverbrauch oder Jahresverbrauch bis 10.000 kWh) spätestens einen Monat vor Eintritt der beabsichtigten Änderung zu unterrichten ist. Im Übrigen ist eine briefliche Mitteilung nicht erforderlich. Es genügt eine Information in Textform.

Hinsichtlich des Hinweises auf das Sonderkündigungsrecht sowie Anlass, Umfang und Voraussetzung der Änderung ergaben sich hingegen schon bislang keine Unterschiede im Vergleich zu den grundversorgten Kunden. Dennoch zeigt sich hier schon, dass manche Versorger zum Anlass und Umfang teilweise kaum Ausführungen machen.

Zusätzlich hat der BGH nun in seiner aktuellen Rechtsprechung die vergleichende Gegenüberstellung der Preisbestandteile (vorher/nachher) kor­res­pon­dierend zur Grundversorgung verlangt.

Hintergrund ist, dass der BGH eine gleichartige Schutzbedürftigkeit für Haushaltskunden annimmt.

Zu diesem Ergebnis kommt der BGH trotz der unterschiedlichen Wortlaute der Normen. Damit sind die dargestellten Preisbestandteile bei allen Haushaltskunden sowohl in der Grundversorgung als auch außerhalb der Grundversorgung jeweils gegenüberzustellen.


III. Empfehlung

Angesichts der eingangs dargestellten Rechtsunsicherheit hinsichtlich möglicher Konsequenzen der Nichtbeachtung dieser Transparenzanforderungen raten wir dringend zu prüfen, ob Ihre Preisanpassungsmitteilungen den dargestellten Anforderungen genügen und, falls nicht, diese zukünftig anzupassen.


Bei Rückfragen oder Unterstützungsbedarf stehen Ihnen die Unterzeichneri gerne zur Verfügung.


gez.                               

Wibke Reimann       Pascal Werner        

Rechtsanwältin        Rechtsanwalt  

Download:  Neue Transparenzanforderungen bei Preisanpassungen


Redaktion:

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