Neue Transparenzanforderungen bei Preisanpassungen für Sondervertragsvertragskunden (Strom & Gas)
Kurzinfo zum Energierecht Nr. 87 / 09. März 2023
Wir informieren über zwei sehr aktuelle Entscheidungen des BGH vom 21. Dezember 2022 (VIII ZR 199/20 u. VIII ZR 200/20), deren Begründung seit Anfang Februar 2023 vorliegt. Der BGH hat darin festgestellt, dass
die aus der Grundversorgung bekannten Transparenzanforderungen für Preisanpassungen auch im Sondervertragsbereich für Haushaltskunden gelten. Geführt wurden die Verfahren von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen gegen einen Strom- und einen Gasversorger. Die Verbraucherzentrale machte einen Unterlassungsanspruch nach dem Unterlassungsklagegesetz
(§ 2 Abs. 1 UKlaG) geltend.
Der BGH hatte deshalb nicht darüber zu entscheiden,
ob eine formell unzureichende Preisanpassung auch zur Unwirksamkeit führen kann. Diese Frage bleibt damit
umstritten.
I. Aus der Grundversorgung bekannte Ausgangslage
Die Voraussetzungen für die grundversorgten Kunden ergeben sich aus § 5 Abs. 2 StromGVV bzw. GasGVV.
§ 5 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2, 1. Hs. bestimmt für die Form und Frist zunächst, dass Änderungen der Allgemeinen Preise und der ergänzenden Bedingungen
sechs Wochen vor der beabsichtigten Änderung öffentlich bekannt gegeben werden müssen. Zugleich müssen die Kunden zeitgleich eine
briefliche Mitteilung erhalten. Zudem müssen die Änderungen auf der Internetseite veröffentlicht werden.
Nach § 5 Abs. 2, 2. Hs StromGVV und GasGVV sind als weitere
Pflichtangaben Umfang, Anlass und Voraussetzungen anzugeben. Die Informationen müssen für den Kunden sowohl sprachlich als auch im Hinblick auf die Darstellung transparent und verständlich sein. Im Falle von Preisänderungen dürften demnach deren Rechtsgrundlage, der Umfang von Preiserhöhungen/Preissenkungen (sowohl absolut als auch prozentual) sowie deren Anlass, beispielsweise die Erhöhung von Bezugskosten oder zum Beispiel eine Erhöhung von Netzentgelten anzugeben sein.
Ferner ist der Kunde bei Preisanpassungen auf das
Sonderkündigungsrecht (§ 5 Abs. 3 StromGVV und GasGVV) hinzuweisen.
- Weitere Pflichtangaben im Strombereich
Im Übrigen ist nach dem Gesetzeswortlaut auf die Rechte des Kunden nach § 2 Abs. 3 Satz 1 Nummer 5 und Satz 3 StromGVV bzw. § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 GasGVV hinzuweisen.
Schon jetzt empfiehlt es sich, die Preise in einem Vorher-/Nachher-Vergleich gegenüberzustellen und zusätzlich ist es erforderlich, folgende Belastungen im Vergleich zum vorherigen Preisstand gesondert auszuweisen:
- die Stromsteuer,
- die Konzessionsabgabe,
- jeweils gesondert die Umlagen und Aufschläge nach § 12 Absatz 1 des Energiefinanzierungsgesetzes, § 19 Absatz 2 der - Stromnetzentgeltverordnung und § 18 der Verordnung zu abschaltbaren Lasten in der jeweils geltenden Fassung
- jeweils gesondert die Netzentgelte und, soweit sie Gegenstand des Grundversorgungsvertrages sind, die Entgelte des Messstellenbetreibers oder die Entgelte der Betreiber von Energieversorgungsnetzen für den Messstellenbetrieb und die Mes- sung sowie
der nach Abzug der Umsatzsteuer und der vorbezeichneten Kosten verbleibende Anteil („Versorgeranteil“). - Weitere Pflichtangaben im Gasbereich
Für den Gasbereich sind nach § 5 Abs. 2 Satz 2, 2. Hs. V i.V.m. § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 GasGVV folgende Informationen zusätzlich zum allgemeinen Vorher/-Nachher-Vergleich ebenfalls vergleichsweise anzugeben:
- die Energiesteuer nach § 2 des Energiesteuergesetzes ,
- die Konzessionsabgabe sowie
- bis zum 31. Dezember 2025 die Kosten in Cent je Kilowattstunde für den Erwerb von Emissionszertifikaten nach dem Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG).
II. BGH-Entscheidung: Geltung der Transparenzbestimmungen auch im Sondervertragskundenbereich bei Haushaltskunden
Für Letztverbraucher, die nicht zu den grund- oder ersatzversorgten Kunden gehören, bestimmt § 41 Abs. 5 EnWG die Anforderungen an eine Preisanpassung, die sich weitgehend an den Vorgaben der Grundversorgung orientieren.
Leicht abweichend bestimmt § 41 Abs. 5 Satz 2 EnWG allerdings zunächst, dass über Preisänderungen
spätestens zwei Wochen, bei
Haushaltskunden (überwiegender Eigenverbrauch oder Jahresverbrauch bis 10.000 kWh) spätestens
einen Monat vor Eintritt der beabsichtigten Änderung zu unterrichten ist. Im Übrigen ist eine
briefliche
Mitteilung nicht erforderlich. Es genügt eine Information in Textform.
Hinsichtlich des Hinweises auf das Sonderkündigungsrecht sowie Anlass, Umfang und Voraussetzung der Änderung ergaben sich hingegen schon bislang keine Unterschiede im Vergleich zu den grundversorgten Kunden. Dennoch zeigt sich hier schon, dass manche Versorger zum Anlass und Umfang teilweise kaum Ausführungen machen.
Zusätzlich hat der BGH nun in seiner aktuellen Rechtsprechung die
vergleichende Gegenüberstellung der Preisbestandteile (vorher/nachher) korrespondierend zur Grundversorgung verlangt.
Hintergrund ist, dass der BGH eine gleichartige Schutzbedürftigkeit für Haushaltskunden annimmt.
Zu diesem Ergebnis kommt der BGH trotz der unterschiedlichen Wortlaute der Normen. Damit sind die dargestellten Preisbestandteile bei allen Haushaltskunden sowohl in der Grundversorgung als auch außerhalb der Grundversorgung jeweils gegenüberzustellen.
III. Empfehlung
Angesichts der eingangs dargestellten Rechtsunsicherheit hinsichtlich möglicher Konsequenzen der Nichtbeachtung dieser Transparenzanforderungen raten wir dringend zu prüfen, ob Ihre Preisanpassungsmitteilungen den dargestellten Anforderungen genügen und, falls nicht, diese zukünftig anzupassen.
Bei Rückfragen oder Unterstützungsbedarf stehen Ihnen die Unterzeichneri gerne zur Verfügung.
gez.
Wibke Reimann Pascal Werner
Rechtsanwältin Rechtsanwalt
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Neue Transparenzanforderungen bei Preisanpassungen
Redaktion:
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